Einzelbild herunterladen
 

a

Morgenausgabe

r. 243

A 123

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bi, monatlich 3,60 R im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einfchließlich 60 Pf. Postzeitungs- und 72 Bf. Bostbestellgebühren. Auslands abonnement 6,-M. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drudiachen. porto 5,- M *

Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend Illuftrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme, Technit", Blid in die Büchermelt",

Vorwärts

Jugend- Borwärtsu Stadtbeilage 6 pu

Mond

Berliner Boltsblatt

but

Donnerstag

28. Mai 1931

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die ein palt. Nonpareillezeile 80 4. Reflamezeile 5,- RM ,, Kleine An zeigen das fettgebrudte Wort 25 f. ( zulässig zwei fettgebrudte Borte), jedes meitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf fedes weitere Bort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmartt Seile 60 Bf. Familien. anzeigen Beile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, mochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablebnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Lebt Piccard noch?

Sein Ballon noch nicht gelandet.- Nachts über 3talien.

drei Tage Proviant und auch genügend Sauerstoff mit sich führten, vielleicht doch noch am Leben seien. Es sei nicht ausgeschloffen, daß sie die Abkühlung der Luft am Abend zum Abstieg und zur Landung benutzen wollen.

Der gewagte Ballonflug des Stratosphärenforschers| Hoffnung Ausdrud gegeben, daß die Insassen, die für zwei bis Professor Piccard und seines Assistenten Dr. Kipfer scheint einen verhängnisvollen Verlauf zu nehmen. Bis 10 Uhr abends war die Landung des Ballons nirgends beobachtet worden. Mit unter. gehender Sonne wurde er noch in sehr großzer Höhe etwa in der Gegend der Oektaler Alpen gesichtet. Die zunehmende Dunkelheit machte dann weitere Benb. achtungen unmöglich.

d

Flug im Kreise.id, d

München , 27. Mai. ( Eigenbericht.) Piccards Ballon hat den Tag über folgenden Weg ge nommen: Bon Augsburg, wo er gegen 4 Uhr früh gestartet war, wurde der Ballon zunächst in südwestlicher Richtung ins Allgäu getrieben, wo er um sieben 1hr in Kaufbeuren , um 8,30 Uhr in Kempten und eine Stunde später in Isny an der württembergischen Grenze gesichtet wurde. Hier wurde der Ballon durch Höhenmolten den Blicken entzogen. Dazu erklärte die Augsburger Ballonfabrit Riedinger, auf deren Gelände der Aufstieg erfolgte, daß der Ballon nach ihren Beobachtungen und Berechnungen am Mitwoch um die Mittagszeit die Höhe von 16 000 Metern überschritten haben müffe. Leberaschend wurde der Ballon um 14,30 Uhr in der Gegend Don Garmisch Parten firchen als winziger, glänzender Bunft in außerordentlicher Höhe gesichtet. Die Bindrichtung hatte inzwischen gedreht und den Ballon im Abstieg nach Südosten getrieben. Aber auch hier änderte er wieder die Richtung und trieb in nördlicher Richtung gegen das Flachland hinaus, wo er um 15,30 Uhr zwischen Ober. ammergau und Peisenberg in einer Höhe Don etma 4000 Metern beobachtet wurde. Einige Zeit später wurde er über Landsberg am Lech gefichtet, das schon ziemlich im Flachland liegt. Dann trieb der Ballon wieder in füblicher Richtung dem Gebirge zu und wurde um 17 Uhr über dem 1800 Meter hohen Bank gesehen, auf den von Partenkirchen aus eine Seilschwebe­bahn führt. Aus der Tatsache, daß Piccard sich bereits in den frühen Nachmittagsstunden über Flachland befand, ohne zu landen, wird in Fachkreisen geschlossen, daß die beiden Infaffen nicht mehr am Leben sind, weil sie fonft vermutlich in der Ebene eine Landung versucht hätten.

Gegen 19.30 11hr befand sich der Ballon über dem, Inn tal in der Gegend von Imst . Die letzten Baobachtungsmeldungen flammen von dem Wetterwart des Zugspitze - Observatoriums, nach deffen Auffaffung der Ballon abends gegen 19,30 Uhr in rund 7000 Meter Höhe in eine nordsüdliche Sturmschicht geraten iff. Um 19,45 Uhr wird aus Innsbrud gemeldet, daß der Ballon in etwa 5000 Meter Höhe zwischen dem Biztal und dem Detal steht und fich offenbar in fintendem Zustande befindet. Von der Ballonfabrik Riedinger in Augsburg mird der

Bechengeld für Hitler.

Der Bergbauverein Effen gibt eine halbe Million Mart. Köln , 27. Mai. ( Eigenbericht.) Die Rheinische Zeitung " meldet in ihrer Mittwochausgabe aus Essen :

,, Vor kurzer Zeit hat der Bergbauverband in Essen, im wesentlichen identisch mit dem Zechenverband, der schon vor den Septemberwahlen des vorigen Jahres gewaltige Summen in dic Kassen der Nationalsozialisten gegeben hat, der national. sozialistischen Parteileitung wiederum eine halbe Million bewilligt. Zwar fanden die Antragsteller, die führenden Leute des Verbandes, in der Sihung der Zechengewaltigen einigen Widerspruch, aber schließ lich wurde der Antrag mit unerheblicher Mehrheit an genommen und beschlossen, di Summe im 1mlegungs verfahren nach einer bestimmten Verrechnungs. methode auf die angeschlossenen Zechen zu verteilen. Einige Persönlichkeiten des Bergbaues hatten Bedenken gegen die Bewilligung des Geldes. Sie wiesen auf sozialistische Forderungen im Programm der National­sozialisten hin.

Hohnlachend wurde ihnen von den Wissenden versichert: Ach was Programm, man weiß doch, was das bei dieser Bewegung besagen will, und wir haben auch entsprechende Garantien." # 1 2011

ipnice day sid

Besorgnisse überall.

Augsburg , 27. Mai. Bei der Riedinger Ballonfabrik laufen unaufhörlich aus Nah und Fern Anfragen nach dem Schicksal Piccards ein. Unter anderen hat auch die Universität Brüssel bereits fünfmal tele­phonische Erfundigungen eingezogen. Bei der Leitung, der Rie dinger Ballonfabrit glaubt man aus dem Umstand, daß der Ballon in den letzten drei Stunden seinen Standort nur wenig verändert hat und in faft gleicher Höhe geblieben ist, darauf schließen zu fönnen, daß er in eine heiße Luftschicht geraten ist, die ein Ablassen des Gases unmöglich macht.

110

Flugzeug zur Ballonbeobachtung aufgeffiegen.

d

München 27. Mai.

Die Süddeutsche Lufthansa teilt mit: Um 19.25 Uhr ist eine Maschine des Leichtflugzeugklubs München , Führer Fechner, vom Flugplatz München - Oberwiesenfeld in Richtung Garmisch Parten firchen gestartet, um Biccarbs Ballon zu beobachten. Es ist möglich, daß noch weitere Apparate starten werden.

Notsignale?

$

Jnnsbrud, 27. Mai.

Wie der Leiter des Junsbruder Flughafens Hauptmann Novi, der den Ballon Profeffor Piccards vom Innsbruder Flughafen aus beobachtet, mitteilt, hat der Flughafen, während der Ballon füd­westlich von Innsbrud schwebte, Signale gegeben, die, wie man glaubt, aber nicht bestimmt fagen fann, vom Ballon aus mit einem Signal beantwortet wurden. Seit Einbruch der Dunkelheit, gegen 49 Uhr abends, ist der Ballon nicht mehr fichtbar, hat aber unzweifelhaft kurs nach Süden genommen. Er ist bereits auf etwa 3000 meter niedergegangen. Der Ballon wurde auch von der Nordkettenalm am Hafeletar gesichtet.

Nachts über Italien .

Ja in

München , 27. Mai.

Um 22.15 Uhr wird der Telegraphen- Union von der Ballonfabrik Riedinger die Mitteilung gemacht, daß der Ballon Piccards nach Meldungen aus Garmisch be­reits in Italien gesichtet worden sei. Der Ballon, der sich in großer Höhe befand, wurde eine Zeitlang von Automobilen verfolgt. Mehrere Schweizer Freunde des Professors, die in Garmisch wohnen, sollen sich bereits mit den italienischen Behörden in Verbindung gesetzt haben.

Sozialfortschritt der Republik . Arbeitslofenunterstützung und Mutterschaftsversicherung in Spanien .

Madrid , 27. Mai. ( Eigenbericht.)

In einem Erlaß der Regierung wird bestimmt, daß alle Er werbslosen zwischen dem 16. und 65. Lebensjahre und zwar männlichen und weiblichen Geschlechts, soweit sie jährlich bisher nicht mehr als 6000 Beseten( 4800 mart) verdient haben, fünftig Ar beitslosenunterstützung beziehen fönnen. Ausgenommen von der Unterstüßung sind öffentliche Beamte und Hausangestellte. Ausländer sollen gemäß dem Washingtoner Abkommen behandelt

werden.

Außerdem hat die Regierung eine Mutterschutzversiche rung beschlossen, die am 1. Ottober in Kraft treten soll und nach der alle Arbeitnehmerinnen vierteljährlich 1,90 Befeten( 1,50 Mart), die Arbeitgeber 1,85 Bejeten( 1,45 Mart) als Versicherungsquote zu entrichten haben. Dafür wird im Falle der Schwangerschaft ent­fprechende Hilfe gewährt.

Bullerjahn wird freigelassen.

Auf Anordnung des Oberreichsanwalts..

In dem Wiederaufnahmeverfahren gegen Bullerjahn hat der Oberreichsanmalt dem Antrag des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, auf fofortige Unterbrechung der Strafvoll­firedung ftattgegeben. Bullerjahn wird am Donnerstag aus der Strafbaft entlaffen.

Postscheckkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3, Dt. B. u. Disc.- Ges., Depofitent., Jerusalemer Str. 65/66.

ted bo

Spaltung?- Nie wieder!

e3um Leipziger Parteitag.

Von Franz Künstler.

Sozialdemokratische Parteitage haben schon in der Vor­friegszeit bei Freund und Feind stets das lebhaftefte Inter­effe gefunden. Kaum je hat eine Tagung anderer Parteien so im Mittelpunkt der politischen Diskussion gestanden wie der regelmäßig wiederkehrende Bertretertag der größten deutschen Arbeiterpartei.

Oft gingen auf Parteitagen die Wogen der Auseinander­setzungen sehr hoch, und die Gegner erwarteten und prophe­zeiten als Folge den Niedergang der Sozialdemokratie. Das war so auch damals schon, als noch August Bebel anerkannter Führer der deutschen Arbeiterbewegung war.

Mit ganz besonderem Interesse merden nun die Gegner den bevorstehenden Leipziger Parteitag verfolgen. Mit leicht erkennbarer Absicht wird von ihnen seit Monaten von dem angeblichen Abstieg der Sozialdemokratie gesprochen. Man glaubt durch Stimmungsmache die Tatsachen zwingen zu können, die eine ganz andere Sprache sprechen. Geben zu können, die eine ganz andere Sprache sprechen. Geben doch die Berichte des Parteivorstandes und der einzelnen Bezirke einen bis ins fleinste gehenden Aufschluß darüber, wie trotz Wirtschaftskrise und Erwerbslosennot die Partei Mit­organisatorisch immer mehr erstarkt. lichkeit so übersichtlich und eingehend aufgezeigt worden, daß gliederzahl und Finanzen der Partei sind vor aller Deffent­die gegnerischen Parteien, vor allem Nationalsozialisten und Rommunisten, gut fun würden, auch ihrerseits einen so flaren Bericht über die eigene Stärke den politisch interessierten Kreisen Deutschlands vorzulegen. Mit allgemeinen Redens­arten fann man Tatsachen nicht ersetzen.

Auch das vom Zentralkomitee der KPD. soeben heraus­gebrachte Referentenmaterial zum Barteitag der SPD. in Leipzig " und eine kommunistische Agitationsbroschüre Wo bleibt der zweite, Mann?" sind. fein Ersatz für ein kommunistisches Handbuch über Mitgliederbewegung und Stand der Finanzen der Kommunistischen Partei. Die KPD. hat allerdings Grund, ein Handbuch nach Art des sozial­demokratischen nicht herauszubringen, aus dem sich ergeben würde, daß die Zahl der organisierten Kommunisten viermal fleiner ist als die Zahl der organisierten Nationalsozialisten.

Was aber die Nationalsozialisten betrifft, so möge doch endlich einmal Herr Hitler in einem Bericht darlegen, mit welchen Geldmitteln die braunen Paläste in München gebaut werden. Es wäre für die politische Welt nicht uninteressant zu erfahren, woher die Gelder fließen, die die SA. finanzieren. Wenn die Sozialdemokratie sich nicht scheut, die Einnahmen und Ausgaben des letzten Parteibezirks der Deffentlichkeit vorzulegen, so sollte eine wirklich starke und sauber geführte nationalsozialistische Organisation jede Gelegenheit benutzen, das auch zu tun.

Nun hat man auch wieder einmal die Frage auf­geworfen, ob die Sozialdemokratische Partei nicht vor einer Spaltung steht. Gewisse Literaturhusaren haben schon vor Monaten in einer Halbmonatsschrift sehr ernsthaft" diese Frage diskutiert. Die große Masse der merftätigen Bevölke= rung, die jahraus, jahrein einen zähen aber zielbemußten Kampf für sozialistische uno republikanische Forderungen und Ziele führt, lehnt alle Ratschläge einer bestimmten Sorte von Salonrevolutionären, die zu einer Spaltung führen sollen oder zu ihr führen könnten, ganz entschieden ab.

Diese Masse weiß ganz genau, daß das Verbreiten von Flugblättern von Haus zu Haus, treppauf und treppab, meit mehr bedeutet als ein paar mehr oder weniger gut stilisierte Artikel aus dem neuen Westen Berlins . Die Sozialdemo­fratie ist und bleibt infolgedessen trotz aller Meinungsver= schiedenheiten im einzelnen, trotz aller gelegentlichen Diffe­renzen über taktische Fragen nicht nur eine Partei wie die anderen auch, sondern die festest gefügte politische Organisation Deutschlands .

Zwischen ihr und ihren Hauptgegnern von heute gibt es freilich einen großen grundsäglichen Unterschied. National­sozialisten und Kommunisten werfen unbequeme Kritiker hin­aus, ohne ihnen auch nur die Möglichkeit gegeben zu haben, ihre Auffaffung innerhalb der Organisation einer breiten Deffentlichkeit darzulegen.

Die demokratische Verfassung der Sozial­demokratie erlaubt nicht nur, sondern ver pflichtet, jede fachliche Opposition zu Worte tom men zu lassen. Was hätte wohl Adolf Hitler oder das Zentralfomitee der KPD . mit Abgeordneten getan, die gegen die Mehrheit ihrer Fraktion gestimmt hätten? Gewiß hätten solche Abgeordnete feine Möglichkeit mehr gefunden,