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gegenüber der Regierung begründet hatten, beantragten die s Radikalen den Borrang für ihre Tagesordnung. Ministerprüsideitt Laval stellte die Vertrauensfrage gegen die Annahme dieser Tagesordnung und machte die Kammer auf die ernsten Folgen aufmerksam, die ihre Annahme kurz vor Ablauf der Amtszeit des Präsidenten Doumcrgue haben würde. Die Kammer lehnte darauf den Vorrang für die radikale Tages- ordnung mit Z18 gegen ZKt Stimmen ab. ?m Anschluß daran wurde nach dem Antrag Franklin-Bouillons c b s ch n i t t s w e i f e über die Tagesordnung Drouos abgestimmt, die folgenden Wortlaut hat:Die Kammer billigt die Cr- . tlärungen der Regierungen, vertraut darauf, daß sie die durch die Tagesordnung vom 5. Mai bestätigte Friedenspolitik durchseht und geht unter Ablehnung jedes Zusatzes zur Tages- ordnung über. Der erste Teil svilligung der Regierungserklärungen) wurde mit 298 gegen 263 Stimmen angenommen, der Rest unter Stellung der Vertrauensfrage mit 3l9 gegen 254 Stimmen. Die gesamte Tagesordnung wurde schließlich unter nochmaliger Stellung der Vertrauensfrage mit 332 gegen 236 Stimmen gebilligt. Die Zweideutigkeit dauert fort. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, daß der f r a n z ö> fische Nationalist Franklin-Bouillon sich um den Nachweis be- müht, daß B r i a n d in Genf nichts erreicht habe und daher seinen Rücktritt fordert, während die deutschen Nationalisten gleich- zeitig Dr. Curtius' Beseitigung fordern, weil er aus Genf als Besiegter zurückgekehrt sei. Uns will es allerdings scheinen, daß die hiesigen Nationalisten es diesmal etwas leichter haben als ihre fron- zösifchen Gesinnungsgenossen bei der Kritik der Genfer Leistungen des eigenen Außenministers. Andererseits muß man zugeben, daß Franklin-Bouillon die Logik auf seiner Seite hat, wenn er das Ergebnis der Präsi- dentenwahl von Versailles als eine persönliche und politische Niederlage des Außenministers bezeichnet, aus der dieser die Folgerungen hätte ziehen müsten. Briand war übrigens durchaus bereit und ursprünglich auch entschlossen, diese Konsequenzen zu ziehen. Doch dem ungeheuren Druck, der seit Tagen von allen Seiten auf ihn ausgeübt wurde, hat er schließlich nicht stand- zuhalten vermocht und sein« Demission zurückgezogen. Noch vor einer Woche versicherten seine engsten Freunde in Genf übereinstimmend, daß er nicht daran denke, sich diesem Druck zu fügen. Er wisse nur zu gut, daß die eifrigsten Befürworter seines Verbleibens im Kabinett zum Teil dieselben seien, die seine Präsi- dentschaftskandidatur entweder offen oder heimtückisch bekämpft hätten. Er habe keinen Anlaß, ihnen den Gefallen zu erweisen und sie aus der Verlegenheit zu retten, die ihnen seine Niederlage in Versailles bereitet habe. Indem er auf seinem Rücktritt beharre, werde er in einigen Monaten, spätestens nach dem Siege der Linken bei den Neuwahlen im Frühjahr lS32, umso stärker wiederkehren. Dann würden sein Prestige und seine Autorität, die iuirch den Tag von Versailles einen bösen Schlag erlitten hätten, besonders gegen- über dem Ausland größer fein denn zuvor. Wie schnell sind die Vorsätze wieder aufgegeben worden! Briands neuer Entschluß ist zweifellos ein schweres persönliches Opfer, das er im nationalen Interesse Frankreichs bringt auf Kosten seiner eigenen Interessen. Das Hauptargument, mit dem man ihn ZINN Bleiben veranlaßt hat, war, daß fein Rücktritt allgemein im Auslande gedeutet werden würde, als betrachte er selber sein« Nieder­lage gegen Doullier als eine Absage Frankreichs an die Verständigungspolitik der letzten Jahre und als ziehe er daraus jene Konsequenzen, die für das Urteil de» Auslande, über Frankreich höchst nachteilig sein würden. Wenn er sich dagegen durch die Bitten des Kabinetts und namentlich feines erfolgreichen Rivalen Doumer selber dazu bewegen laste, sein« Demission wieder zurück- zunehmen, dann würde die Welt jene Schlußfolgerung nicht ziehen können. Im Gegenteil, es würde damit deutlich bewiesen sein, daß das Ergebnis von Versailles nicht durch außenpolitische, sondern aus- schließlich durch innenpolitische Motiv« zu erklären sei. Briand hat sich dieser patriotischen Beweisführung gefügt. Ob er recht gehandelt hat, darüber steht uns ein Urteil nicht zu. Sicher ist, daß dieser Mann nicht aus persönlichem Ehrgeiz gehandelt hat: über diesen Verdacht ist er bestimmt erhaben, denn er hat oft ge- nug bewiesen, daß er freiwillig auf ein Ministeramt verzichten kann und daß er Monate, ja sogar Jahre geduldig zu warten versteht, bis man ihn wieder holt. Der neue Vorstoß Franklin-Bouillons gegen Briand beweist, daß der Kampf der Rationalisten gegen ihn erst recht von neusm einsetzen wird. Dieser erbitterte Gegner der Verständigungspolitik kann sich mit Recht darauf kkerufen. daß die N a t i o n a l i st« n geschlossen für Doumer gestimmt haben. Doumer hat sich mit Hilfe dieser Stimmen wählen lassen, er hat vor der Wahl nichts getan, um von dem Infamierungsfeldzug gegen Äriand abzurücken, bei dem der Außenminister als derKandidat Deutsch- lands* bezeichnet wurde. Die Nationalisten, die jetzt Briands Rücktritt abermals fordern, sind logischer ol« jene Kreis«, die Briand in Versailles niedergestimmt, die ihn ober nachträglich an- gefleht haben, fein Demifsionsgefuch� zurückzunehmen. Das ge­samt« K a b i n e t t hat in diesem Sinn« auf Briand eingewirkt, aber am Tage von Versailles war es ein offenes Geheimnis, daß von den zwei Dutzend Mimstern und Staatssekretären der Regie- rung Laval wahrscheinlich nur der Ministerpräsident selber seine Stimme für Briand abgegeben und für sein« Wahl Propaganda gemacht hatte, während alle anderen unter Führung von T a r d i e u mehr oder weniger verschämt für Doumer agi- tiert hatten. Selbstverständlich hat sich die groß« Mehrheit der Kammer wieder einmal in der neuen öffentlichen Kraftprobe für Briand und gegen Franklin-Bouillon erklärt dieselbe Mehrheit, die vor Zwei Wochen bei geheimer Stimmabgab« dem Mann« von La- carno die schlimmst« Niederlage seiner langen politischen Laufbahn beigebracht hatte! Was folgert daraus? Es bedeutet, daß die Zweideutig- keit der französischen Politik, die in den letzten drei Iahren so oft in Erscheinung getreten ist. fortbesteht. Da» Land in seiner großen Mehrheit W für Briand . das wissen die Abge- ordneten und deshalb wagen sie nicht, offen gegen ihn Stellung zu nehmen. Aber die Mehrheit des Parlaments ist reaktionSr und nationalistisch verseucht. Briand war und ist fast der einzige zuverlässige Exponent einer demokratischen Verständigungspolitik in der jetzigen Regierung, die Mehrheit haßt ihn. aber sein Prestige als derMann des Friedens" ist im Volke so groß, daß man chm immer ein Vertrauen ausspricht, das er weit mehr bei der Oppo» sition, namentlich bei den Sozialisten, genießt als im Lager der Regicrung- Briands Rücktritt hätte eine Klärung gebracht, eine Scheidung der Geister, die vor den kommenden Wahlen dringend notwendig gewesen wäre. Sein Verbleiben Hilst zwar Frankreich außenpolitisch aus einer schwierigen Situation, läßt ober die Doppelzüngig- keit der französischen Regierungspolitit fort- dauern.

sooooo Mark für Sitter. h&Z*

Man muß seinem Esel Futter geben!"

Gasmasken für die Hausfrau. Ver neueste Tip der Geschäftemacher.

In dieser Zeit vorzeitiger Hundstagshitze und allgemeiner Wirt- schaftskrise muß etwas zur Hebung der Wirtschaft getan werden. Wie aber wird so etwas gemocht? Man gründet nach altem deut- schen Rezept einen Verein, der zunächst einmal Briefköpfe drucken läßt zur Unterstützung o«s Buchdruckgewerbes und verschickt dann Zirkulare. Alles weitere findet sich von selbst. Da gibt es überall Leute, die etwa an einen nahe bevorstehenden Krieg oder ein sonstiges Unheil glauben. Was brauchen sie in dieser Notzeit am dringendsten? Natürlich Gasmasten. Folglich hat der Berein schon eine Ausgabe. Sie erhellt au» folgendem Brief, der uns auf den Redattionstifch weht: All g« m e-i n«r,. H a u.sj r a von-Rabatt-Spar»« rein G m. b. H. Berlin NW. 46, den..... 1931. Potts check. Konto: Berlin Nr. 11-573. In den Zelten 13. Unser« G.-Nr. Zi/Ac höflich erbeten. Tel.: C6 Moabit 1313. AI Sichrer 1315. Firma.................. Berlin . DerAllgem. Hausfrauen-Rabatt-Sparverein". ein Spitzen. verband, dem olle Haussrauenvereine und Vereinigungen ange- schlössen werden, bittet hiermit höfl., seinen Mitgliedern bei Ein- kauf von Waren dieselben Rabatte g ä h r e n zu wollen, wie sie den Mitgliedern desWirtschastsverbandes der Berliner Beamtenvsreinigung" von Ihnen z. Zt. gewährt werden bzw­gewährt worden sind. Die Rabatte fallen dazu verwandt werden, die Mitglieder und deren Angehörige mit Gasmasken zu versorgen. Wie Ihnen vielleicht bereite bekannt sein dürite, läßt z. Zt. die Staotsregierung nur ihre Beamten mit Gasmasken ausrüsten, während die allgemeine Ausrüstung der Gesamt- bevölkerung der Reichs- und Landtcg in seinen letzten VerHand» lungen wegen Mangel an Mittel» ablehnen mußtt DerAllgemeine Hau-frausn-Rabatt-Sparverein" hat deshalb

die Ausgabe übernommen, aus dem Wege der Selbsthilfe feine INilglieder und deren Angehörige mit Gasmasken zu versorgen. und bitten wir Höst., uns in dieser Ausgabe unterstützen zu wollen. Hochachtungsvoll Allgemeiner 5)aukfrauen-Rabatt-Sparvercin G. m. b. H. (gez.) I. A.: Wolfram. Man sieht: Wenn man nur rechtzeitig einen guten Einfall hat, kann man sogar Geschäfte machen. DerSpitzenverband", als welchen sich der Rabattverein bezeichnet, liefert gleich eine Spitzen- leiftung. Er bombardiert Hunderte von Firmen mit seinem Bettel­brief. Und, was das Komische an der Affäre ist, es fallen wirklich bekannte Firmen darauf herein, Rabatte zu versprechen, damtt sich Hausfrauen und ihre Angehörigen Gasmasken kaufen können. Dieser Hauefroueu-Rabatt-Sparoerein ist eine Angetegenhett, in der vor allem ehemalige Offiziere ihre Finger stecken» lassen, die zunächst einmal 166696 Gasmasken bei der Firma Draeger in Lübeck bestellt haben. Gasmasken kosten pro Stück 16 bis 45 M-, 100 060 Stück also zwischen 1,6 und 4,5 Millio­nen Mark. So soll der deutschen Wirtschaft durch Massenproduktion von Gasmasken wieder auf die Beine geholfen werden! Bei dieser dunklen Angelegenheit greisen zwei Dinge ineinander: die künstliche Erzeugung einer Kriegspsychose und das G e- schüft gerissener Spekulanten. Man redet vom kommenden Krieg, um schon vorher daran zu verdienen! Diese Geschästsmacher sind eine besonders üble Sorte von Kriegsgewinn- lern! Der gewöhnliche Kriegsgewinnler profitiert am Krieg, der bereits ausgebrochen ist, diese Art Kriegsgewinnler ober schürt die Kriegspsychose, um am kommenden Kriegs zu verdienen. Natio­nalistische Propaganda und Schiebertum greifen hier Hand in Hand. Die Gasmaske des Hausfraueitoereins das ist das Symbol des kriegerischen Nationalismus, zugleich aber auch das Zeichen, in dem das Krieges chiebertum herrlichen Zeiten entgegengehen will.

Brauns-Kommission. Das Gukackten über die Arbeitslosenhilfe abgeschlossen. Amtlich wird mitgeteilt: Die' von der Reichsregierung ein- gefetzte Gutachterkommtfsion zur Arbettslofenfroge hat am Donners- tag ihre Arbeiten beendet. In der Schlußsitzung dankte Reichs- arbeitsminister Stegerwald namens der Reichsregierung den Mitgliedern der Kommission für die mühevolle und schwer« Arbeit, die sie zu leisten hatten. Das dritte Gutachten der Kam» Mission über die Arbeitslosenhilfe ist f e r t i g g e st« l l t und bedarf nur noch des- redaktionellen Abschlusses. Doraussichilich wird das neue Teilgutachten der Reichsregierung im Verlaufe der nächsten Woche überreicht werden.

Internationale der Aerzte. Eozialdemokratifche Aerzte Oevtschlands nicht beteiligt. Der Vorstand'derArbeitsgemeinschaft sozial- demokratischer Aerzte Deutschlande" sendet un» folgende Mitteilungen: In der gestrigen Abendausgabc desVorwärts" befindet sich ein Bericht über die Gründung einer internationalen Vereinigung sozialistischer Aerzte in Karlsbad . Unsere Ar- bettsgemeinschaft, die vom Porteivorstand allein anerkannte Spitzenorgonisation der sozialdemokratischen Aerzte, hat sich im Einvernehmen mit dem Parteivorstond an dieser Gründung nicht beteiligt. Die Vorbereitungen sind ohne Fühlungnahme mit den Parteiinstanzen von dem Vorstano de?Vereins sozialistischer Aerzte" getroffen worden, dessen Führung hauptsächlich in den Händen au>,g«schloss«ner Kommunisten liegt und dessen Verbanosorgan von einem der kommunistischen Oppositionsgruppe angehörenden Redakteur geleitet wird. Für den Fall de« Anschlusses an eine sozialistische Aerzte-Juter- national« kommt für die Arbeitsgemeinschaft nur ein« solche inter - nationale Vereinigung in Frag«, die im Einvernehmen mit de» Parteiiu stanzen und int Rahme» der Londoner Inter»

nationale zu begründen wäre, nicht aber«in Gebilde, wie das fetzt ins Leben gerufene, das zwischen der Zweiten und Dritten Inter- national« seinen Platz suchen will"

Der Sozialdemokratisch« Aerztetag, den die Ar» bettsgemeinschaft sozialvemotrottscher Aerzte im Zusammenhang mit dem Parteitag veranstaltet, beginnt am Sonntag um 16 Uhr vor» mittag im Gesellfchaftshauz des Zoologischen Gartens in Leipzig . Das Hauptreferat erstattet, wie bereits mitgeteilt, Genosse Prof. Dr. Knack-Hamburg über das ThemaDer bürgerlich« und der sozialistische Arzt". Interessierte Parteigenossen sind alz Gäste will- kommen. Die Aot Oeutsichösterreichs. Stoatshafiang für Auslandshilfe. Wien , 28. Mai. (Eigenbericht.) Der Rattonalrat erteilte der Regierung mit den Stimmen aller Parteien, auch der Sozialdemokraten, die Ermächtigung zur Uebcr- nahm« der Hastung stir ausländisch« Kredite an die zusammen- gebrochene Kreditanstalt. Angenommen wurde zugleich ein« Eni- schließung der Sozialdemokratie, nach der die Regierung über die Einkünfte der Direktoren und Verwaltungsräte der Kreditanstall im Hauptousfchuß eingehend Auskunft zu geben hat. Ferner hat sich die Regierung auf Antrag der Sozialdemokratie bereit erklärt, über die Lage der Kreditanstalt zu berichten, sobald ein Drittel des Hauptausschusses das fordert. Schließlich wurde ebenfalls auf Antrag der Sozialdemokratie das Gefetz über die Notftandsaushilf«(K r i f e n f ü r s o r g e). das die Regierung nur bis zum 13. Juni ausdehnen wollt«, bis Ende des Jahres verlängert. Drin; Auwi darf nicht. Die Nazis hatten für Sonnabend- abend in Frankfurt a. M. eine Versammlung einberufen, in der u. a. August Wilhelm Prinz von Preußen sprechen sollte. Auf Grund der Notverordnung hat die Polizei dies« Versammlung verboten.