#teckt, und daß die Massen, ob arbeitslos oder zu einem färglichen Lohn noch in Beschäftigung, ihren Führern folgen, sobald sie gerufen werden.
#
=
Stundenlang harrten die Massen auf dem Messeplatz in der Hige aus, und als schließlich Vandervelde Belgien die Grüße der Arbeiter- Internationale, Grumbach Paris die der fran zösischen Sozialisten und Austerlitz- Wien die der österreichischen Parteifreunde überbracht hatten, ging es stundenlang zurück in die Quartiere bzw. in die Wohnviertel.
Der An- und Abmarsch dauerte mehr als 8 Stunden.
Vor dem Voltshaus nahmen die Vertreter der auständischen Bruderorganisationen, die Mitglieder des des Parteivorstandes und die Mitglieder der Kontrollkommission mit dem Senior der Partei, dem 85jährigen Wilhelm Bod an der Spitze, Aufstellung, um den Vorbeimarsch des von dem Messeplatz fommenden Demonstrationszuges abzunehmen. An der Spizze des viele Kilometer langen Zuges marschierten Fanfarenbläser und dann folgten in Achterreihen Tausende von blauen Falken und Jugend in ihrer Tracht.
Das war der Aufmarsch der Hoffnung der Partei. Die erste Stunde ist seit dem Beginn des Vorbeimarsches vorbei, ohne daß das Ende des Zuges abzusehen wäre. Immer wieder fommen neue Ko Ionnen treuer Pioniere und treuer Soldaten des Sozialismus, als sei der Zug schier endlos. Inzwischen rückt die Stunde der Eröffnung des Parteitages näher. Vor den Türen des großen Boltshaussales begehren bereits Viele Einlaß, während draußen immer noch Kolonne auf Kolonne in Achter- und Zehnerreihen marschiert. So ging es trotz des gegen 5 Uhr nachmittags einsetzenden Gewitter regens bis in die Abendstunden...
Dieser Aufmarsch und dieser Umzug in Leipzig war ein ge waltiges Erlebnis, das allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben dürfte. Es war zugleich aber auch eine Mahnung an die Re gierenden und an unser Gegner, den Bogen nicht zu überspannen. Wenn die Sozialdemokratie morgen aufruft zum Rampf gegen den weiteren Abbau der Lebensnotwendigkeiten unserer Arbeitnehmerschaft, dann werden ihr Millionen folgen!
Der Sang von der Kraft Die Gröffnungsfißung.
Solange das Weltgebäude steht,
Ein Mund zum andern spricht's: Wem je der Sinn nach Taten steht- Der einzelne ist nichts!
Gehst du allein, verirrst du dich.
Gemeinschaft ist das Ziel!
Und niemals je verlierst du dich
Bereint im Kampfgewühl.
Das ist der Sang vom Maffenschritt, Bon Lust und Beidenschaft:
Der zweite reißt den dritten mit- Kraft! Kraft! Kraft!
Was st es, das so lichterloh
Aus allen Augen sprüht?
Was macht das Bolt so start und froh,
Das durch die Straßen zieht?
Wie letzten Kampf's Fanfaren bringt's Bald durch die ganze Stadt,
Da singt's und ruft's, da tönt's und flingt's, Jubel fein Ende hat.
Das rote Wehen hört nicht auf!
So herrlich klang noch nie
In einem einzigen Siegeslauf
Die neue Melodie.
Der fühne Sang vom Massenschritt,
Bon Lust und Leidenschaft
Und alle, alle reißt er mit Kraft! Kraft Kraft!
-
-D
Walter Victor,
Die Jugend grüßt den Parteitag
Der Fatfelzug der Zehntausend.
Am Vorabend des Parteitages fand im Garten des Leipziger Boltshauses eine internationale und gebung der soziali stischen Arbeiterjugend statt. Lange vor Beginn schon zogen diese frischen, lebensbejahenden Jugendlichen zum Bolkshause, singend, mit Musik, mit vielen, vielen roten Fahnen! An den Straßen staute fich die Menge und hieß die Jugend froh und herz lich willkommen. Fanfarenmusik der Leipziger Arbeiterjugend leitete die internationale Rundgebung ein. Genosse Lipinski begrüßte die Jugend für die Leipziger Parteiorganifa tion: Wir sind gewiß, daß die Jugend vollenden wird, was wir begonnen! Deshalb wollen wir sie im Geiste des Sozialismus erziehen. Der Reichsvorsitzende der Arbeiterjugend, Genosse Ollenhauer, umriß die Aufgaben unserer Jugend im Kampfe um Freiheit, Demokratie, Sozialismus und Völkerfrieden und gegen den Faschismus, Genosse Kaniz- Wien sprach für die Jugendinternationale und die sozialistische Jugend Desterreichs. Die Jugend darf sich nicht niederdrücken lassen von den wirtschaftlichen und politischen Widerständen; sie ist Lichtträger und Lichtbringer, sie trägt das Licht des Sozialismus in die Herzen der Menschheit! Anschließend formierten sich die vielen Tausende zu einem Fadelzug,
-
-
dessen Borbeimarsch über eine Stunde dauerte und der überall mit freudiger Begeisterung empfangen wurde. In der Nähe des Hauptbahnhofes löfte sich der Zug auf, die Fadeln wurden zusammen. geworfen und eine riesige Feuersäule lohte in die dunkle Nacht wie ein Symbol, das vom Wollen der sozialistischen Arbeiterjugend
fündete.
-
Wetter für Berlin : Ziemlich fühl und veränderlich, mit etwas Regen, mäßige Südwestwinde. Für Deutschland : Fortschreiten der Gewitterregen mit Abkühlung bis zum äußersten Nordosten, darauf im ganzen Reiche fühl und veränderlich mit Neigung zu weiteren Nieberschlägen.
Die Tribünen des in Rot drapierten Voltshaussaales sind bis auf ben letzten Platz gefüllt. Tausende begehrten vergeblich Einlaß. Im Saal haben die Delegierten Platz genommen, An der Rednertribüne ist das schwarz umflorte Bild hermann Müllers angebracht. Unter den Zuhörern ist u. a. der preußische Kultusminister Grimme.
Mit dem Kampflied der Arbeit, gesungen von dem ArbeiterGesangverein Leipzig , unter Leitung seines Dirigenten Michael, nahm die Beranstaltung ihren Anfang. Darauf folgte die Begrüßungsrede des Borsitzenden des Leipziger Bezirtsverbandes der SPD., des Reichstagsabgeordneten Lipinski.
In den 22 Jahren, die seit dem letzten Parteitag der Gesamtpartei in Leipzig vergangen sind, haben sich die politischen Verhältnisse völlig verändert. 1909 haben zahlreiche Parteigenossen an den Beratungen teilgenommen, die heute längst nicht mehr sind, so uer. Bebel, Singer, Moltenbuhr u. a. Das Bürgertum und der Staat waren damals in Sachsen der Feind der Arbeiterschaft. Es herrschte der Ordnungsblod. Die Sozialdemokratie war geächtet.
Aber in zähem Kampfe haben wir dem Bürgerfum eine Pofition nach der anderen ftriffig gemacht.
find junge Kräfte getreten, die bereit stehen, bis zum letzten Hauch ihre Kraft einzusehen, um den Ideen des Sozialismus zum Siege zu Derhelfen. Wiedersehen der Leipziger und der sächsischen Arbeiterklasse, die mit einer so gewaltigen Kundgebung ben Parteitag begrüßt hat.
Hunderttausende haben heute das Gelöbnis für die Partei erneuert. ( Stürmischer Beifall.)
Und auch hier wieder eine Erinnerung an 1909. Auch damals wollte die Reaktion, die in dem roten Sachsen besonders start Arbeiterschaft hatte sich durchgefeßt. Unter der begeisterten Anteil war, die Abhaltung des Parteitages verhindern. Die Leipziger nahme der arbeitenden Bevölkerung fonnten die Vertreter des deut schen Proletariats im damals noch neuen Boltshaus ihre Beratungen abhalten.
Und diesmal haben wiederum einige Behörden geglaubt, durch eine Politit der Madelstiche die Kundgebung der Arbeiter schaft für ihre Partei verhindern zu können. Aber nun erst recht! Hunderttausende sind heute aufmarschiert, um für den unaufhaltbaren Sieg bes Sozialismus zu zeugen.
Es masierten die Alten, die fchon seit Jahrzehnten der Bemegung des Proletariats bie Treue halten. Es marchierte die Generation, die vier Jahre lang in Schmuß und Dreck der Kriegs. front lag, um mit ihrem Körper das Baterland zu schützen, das nach ihrem Willen ein Vaterland des arbeitenden Volkes werden soll. Es marschierte die sozialistische Arbeiterjugend, halbe Kinder noch und trotzdem schon in den Erwerbskampf gestellt, in den Kampf der Arbeiterklasse um Be freiung aus dem kapitalistischen Joch, um die Gestaltung einer höheren Gesellschaftsordnung. Es marschierten die Roten Falten, die Organisation der Kinderfreunde, auf die wir mit besonderem Stolz blicken. Noch drücken sie die Schulbank, aber fchaftsgeist zu pflegen, um sich fittlich und förperlich vorzuin ihrer Freizeit sammeln sie sich, um einen neuen Gemein bereiten für den Kampf um den Sozialismus. In den Kinderden Welt gezeigt, was sie wollen, was sie erstreben.
1912 fielen bei den sächsischen Wahlen von den 23 Wahlkreisen 22 der Sozialdemokratie zu. Wir konnten den Ruhmestitel erringen, das rote Königreich zu sein. Heute haben wir eine Demonstration erlebt, wie sie noch tein Barteitag erlebt hat.( Lebhafter Beifall.) Als wir den ehrenvollen Auftrag erhielten, die Vorbereitungen für den Parteitag in Leipzig zu treffen, sagten wir uns, daß wir eine große Demonstration gegen den Faschismus veranstalten müßten. Insbesondere die Stadt Leipzig hat zum großen Teil dazu beigetragen, daß der Erfolg der heutigen Demonstration auf unserer Seite war. Wir haben schon einmal eine Riesenkund- republiken haben Kinderfreunde und Rote Falken der staunengebung auf dem Meßplaz gehabt, und zwar 1908 gegen die Wahl rechtsverschlechterung. Damals waren es 80000, heute waren es sicher doppelt so viel. Dem Oberbürgermeister von Leipzig muß man den Dank abstatten, daß er unsere Kundgebung durch das Verbot einer Veranstaltung auf dem Augustusplay so gefördert hat. In den letzten Jahren erlebten wir in Leipzig einen stetigen organisatorischen Aufstieg. Aller Spaltung zum Trogging es vorwärts und aufwärts. Auf dem Parteitag werden wir nach Wegen zu forschen haben, wie es möglich ist, die wirtschaftliche und politische Demokratie, den Sozialismus zu erlangen. Es heißt, aus der Geschichte lernen!( Stürmischer Beifall.) Nun betritt der Barteivorsitzende, Genoffe Otto Wels , die Rednertribüne, vom Parteitag mit stürmischem Beifall empfangen. Otto Wels :
Unser Parteitagsfaal ist mit flammendem Rot geschmüdt; aber dieses Pult umhüllt ein schwarzer Trauerflor, der das Bild her mann Müllers umfränzt.( Der Parteitag erhebt sich.) Seit 25 Jahren im Parteivorstand, seit 10 Jahren unser Barteiführer, hat er gewaltige Leistungen für die Arbeiterbewegung vollbracht. Hervorgegangen aus der Arbeiterklasse als typisches Beispiel dafür, welche Kräfte in ihr lebendig sind und welche aus ihr gehoben werden tönnen, hat er Unvergängliches geleistet zum Wohle des deutschen Volkes und der Menschheit. Ein Mann von eisernem Fleiß, von hartem Willen, eine Rämpfernatur und zugleich ein Forscher, der unermüdlich in die schwersten Materien eindrang, hat erst sein Tod erst recht der deutschen Arbeiterklasse die Größe ihres Verlustes offenbart.
Die Arbeiterbewegung hat national und international in diesen Jahren zu schwere Verluste erlitten, als daß ich hier aller befannten Kämpfer gedenken könnte. Wir haben in dem Gedenkblatt" zum Parteitag die Erinnerung an sie wieder machgerufen. Aber der gewaltige Bau der gesamten Arbeiterbewegung verdankt über sie hinaus sein Wachstum all den ungenannten Soldaten des Proletariats, den eigentlichen Bauleuten.
Und selbst über ihren Kreis hinaus gedenken wir heute den Opfern aller Arbeit, deren Schidsal allein uns schon das Recht gibt, den menschenmordenden Rapitalismus auf Tod und Leben zu befämpfen.
( Allgemeine Zustimmung.)
Der Ort unserer Tagung ist ein Symbol: Der Parteitag 1931 tagt in denselben Räumen wie der Parteitag 1909. Aber es ist nicht mehr das gleiche Gebäude, es ist inzwischen verjüngt und er= neuert worden. Während des Kapp Putsches ist das Haus der Leipziger Arbeiterschaft durch Feuer vernichtet worden. Aber dank der hingebenden Opferbereitschaft des Leipziger Proletariats ist es schöner und größer neu erstanden.
So verbindet sich in unserer Bewegung das Alte mit dem Jungen.
In diesem Raume sehe ich eine Anzahl Kämpfer aus der damaligen Zeit. Neben sie und an die Stelle der inzwischen Gefallenen
Diese Kundgebung war eine Feierstunde, wie man sie nur selten erlebt. Sie wird uns unvergeßlich bleiben, sie wird als Bekenntnis der arbeitenden Maffen für die Sozialdemokratische Partei über unsere Verhandlungen leuchten, sie wird als aufwühlende Erinnerung uns bleiben, wenn wir in den Alltag unferes Kampfes zurüdgekehrt sind.
Und dieser Alltag läßt uns noch einmal zurückblicken auf die Zeit des Leipziger Parteitages vom Jahre 1909. Aus hören wir: dem Bericht des Parteivorstandes auf dem Parteitag zu Leipzig 1909.
,, Hemmend auf den Ausbau unserer Organisation und auf die Verbreitung der Parteipresse wirkt die seit November 1907 mütende wirtschaftliche Krise, die sich im Laufe des Berichtsjahres noch andauernd verschärfte. Am 12., 13. und 14. Februar nahmen die Gewerkschaften und Bartei in GroßBerlin eine Arbeitslosenzählung vor und ermittelten 101300 Arbeitslose. Auch in anderen Gegenden wurden durch Zählungen ähnliche Resultate erzielt. Es ist nicht zu viel ge= jagt, wenn man behauptet, daß seit längerer Zeit mehr als eine Million Arbeitslose in Deutschland vorhanden sind. Die Arbeitslosigkeit drückt nicht nur insofern auf das Ein kommen der Arbeiter, als an Stelle von Ueberstundenverdiensi Berioden der Arbeitslosigkeit treten, sondern auch für den pollbeschäftigten Arbeiter sinkt das Einkommen. Die Not der Arbeiter wurde noch verschärft, weil in derselben Zeit, als die Einkommen der Arbeiter sanken, eine Erhöhung der Lebensmittelpreise eintrat. Die Roggenpreise fliegen 1907 auf eine selten erreichte Höhe, und die Weizenpreise erreichten im Frühjahr 1909 den Gipfelpunkt. Der im März 1906 in Kraft getretene Buchertarif trat in dem Augenblick in volle Wirkung, als infolge der Krise die Löhne zurückgingen. So sind die Klagen, die bald allen Berichten unserer Organisation angefügt sind, verständlich. Die Genoffen in fast allen Gegenden flagen, daß die Arbeitslosigkeit die Organisation und den Abonnentenstand der Parteipresse schwächte. Mitglieder und Abonnenten der Parteipresse werden durch Arbeitslosigkeit gezwungen, ihre Stellung aufzugeben." Aber ein großer Unterschied ist zwischen der damaligen Zeit und dem Heute. Damals gab es teine Arbeitslosenversicherung! 1909 mußte der Parteivorstand berichten, daß die Arbeitslofigfeit die Organisation und die Parteipreffe geschwächt habe. Jeht aber fönnen wir mit Genugtuung mitteilen, daß froh piel schwerer Wirtschaftsfrife, troh der graujamsten Arbeitslosigkeit, die je zu verzeichnen war, die Organisation der Sozialdemofratischen Partei Deutschlands seit Magdeburg , also innerhalb von zwei Jahren, um mehr als hunderttausend Mitglieder gewachsen und damit die million überschritten worden ist. ( Stürmischer, anhaltender Beifall.) Seit dem Abschluß unseres Berichtes ist unter der Parole ,, Wo bleibt der zweite Mann?" die Mitgliederzahl noch weiter in die Höhe gegangen. Die immer währende Mahnung Wo bleibt der zweite Mann?" hat da ein