Tr. 25748. Jahrgang
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1. Beilage des Vorwärtsteiles 5.
Freitag, 5. Juni 1931
Was ist der Unterschied...? Gelbstmord der Mörderin.
Die Domeliade des Bäckergesellen.
Bor Betten war es ein beliebtes Gesellschaftsspiel, Scherzfragen, die fronprinzliche Unwiderstehlichkeit durch den freundschaftlichen zu stellen, beginnend mit der Formel: Was ist der Unterschied. Verkehr auf den Herrn Baron abgefärbt haben?! Der Baron wird Beispielsweise: Was ist der Unterschied zwischen einem Bolstersessel im elterlichen Hause eingeführt. Bei Fabrikantens hält man noch und einem Kattus?" Antwort: Man seze sich erst auf den Polster auf Tradition und Untertanenfinn, man ist durch sein Erscheinen besessel und dann auf den Kattus, so wird man den Unterschied mer- glückt und tiefgeehrt. Als der lang erwartete Heiratsantrag kommt, fen."( Nebenbei: es empfiehlt sich, diese Scherzfrage allen Kom schwimmen Fabritantens in Wonne und die Schwiegermama schenft munisten aufzugeben, die an einen die sinnreiche Frage richten, dem Bräutigam in spe ein Auto für 40 000 m. als kleine Verwas denn schon der Unterschied zwischen der Demokratie und dem lobungsgabe. Leider hat der Herr Baron beim Verkauf seiner Faschismus sei.) großen Güter, die irgendwo in Mecklenburg " liegen, ärgerliche Schwierigkeiten. Mama ist beglückt, ihm mit einem Ueberbrückungskredit von 100 000 m. unter die Arme greifen zu dürfen. Und da man einmal im Geben ist, so soll der fünftige Schwiegersohn gleich General vollmacht für den Fabrikbetrieb erhalten, denn erhalten, denn welch Ideal von Kammerherrn - er interessiert
Zur Zeit aber legt ein Vorfall, der sich in den Kreisen der Erwählten, in der gesellschaftlichen Elite, abgespielt hat, uns folgende Frage vor: Was ist der Unterschied zwischen einem prinzlichen Rammerherrn und einem arbeitslosen Bäderge fellen? Die Antwort darauf ist schwer, denn der Familie eines Berliner Großindustriellen ist dieser Unterschied in wochenlangem Berfehr mit dem 42jährigen arbeitslosen Bäckergesellen Otto Laate, der sich als Baron Edçar von Alten, Kammerherr des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, bei ihr eingeführt hatte, feineswegs aufgefallen. Wir können also unsere Frage: Was ist der Unterschied zwischen einem prinzlichen Kammerherrn und einem arbeitslosen Bäckergesellen?" höchstens dahin beantworten: Es ist der gleiche Unterschied wie zwischen Harrn Domela und dem Kaiserentel oder wie zwischen einer Kuhmagd aus Erfurt und der Prinzessin Margarete von Preußen, nämlich: gar feiner.
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Der Vorgang ist furz der: Das Fabrikantentöchterlein( leider unterschlägt uns der Bericht den Namen) lernt den Baron" auf einer Tanzgesellschaft fennen. Nachdem dieser ihr ins Ohr geflüstert hat, daß er in Langfuhr bei den Totenkopfhusaren gestanden habe und seit dieser Zeit enge Beziehungen zum Kronprinzen unterhalte, ist das Töchterlein Feuer und Flamme. Wie auch nicht? Sollte nicht
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sich brennend ,, fürs Geschäft".
Aber in der Fabrik ist ein alter Prokurist, der etwas nüchterner und fühler denkt als seine Herrschaft, die sich an der Vorstellung eines Barons als Schwiegersohn berauscht. Gerade als der Kammerherr vor dem Notar die Generalvollmacht zur Unterschrift vorgelegt erhält, erscheint Polizei auf der Bildfläche. Binnen Gefunden wird aus dem Kammerherren ein arbeitsloser Bädergeselle. Und die Moral von der Geschicht? Was gehört schon eigentlich dazu, um als Mitglied der aristokratischen Elite zu gelten? Ein Domela, eine Kuhmagd, ein Bädergeselle, brauchten sich nur einen tönenden Namen beizulegen und alles schwor auf ihre fürstliche Herkunft.
In Dels und Sybillenort bei Breslau aber paradiert der Stahlhelm vor dem echten Kronprinzen und dem echten Geenich. Sie hättens vor einem vertleideten Bädergesellen mit der gleichen Begeisterung getan. Jonathan.
mebli led BlawonnD 150
Aufregung um ,, Do X".
Falsche Meldungen von einem Unglücksfall.
Ueberall in der Welt wurden gestern Melbungen über einen angeblichen Unglüdsfall des ,, Do X", der sich augenblicklich auf dem Wege nach Brasilien befindet, verbreitet. Dem Vorwärts" wurde aus Paris gedrahtet:
Nach einer Meldung aus Porto- Praya ist der„ Do X" etwa eine Stunde nach seinem Start, 60 Meilen von der Hauptstadt der Kapverdischen Inseln entfernt, ins Meer gestürzt. Das Unglüd soll auf die übergroße Belastung mit Brennstoffen zurüdzuführen sein, die bereits den Start sehr schwierig gemacht hatte. Das Flugboot konnte erst nach mehreren vergeblichen Versuchen vom Waffer loskommen. Einzelheiten über das Unglüc fehlen bisher. Ein Telegramm aus London meldete:
Während britische Meldungen aus Lissabon nur besagen, daß ,, Do X" am Donnerstagnachmittag von Porto- Praia( Kapverdische Inseln) zu einem Fluge aufgestiegen sei und 60 Seemeilen von der Insel niedergehen mußte, spricht eine Reuter- Meldung davon, daß das Flugschiff ins Wasser gefallen" fei. Die drahtlose Station in Porto- Praia hat zuletzt ein Funktelegramm der Do X" aufgenommen des Inhalts, daß sie zu einer Notwasserlandung gezwungen sei. Weitere Versuche der drahtlosen Station, mit der ,, Do X" in Verbindung zu treten, haben bisher keinen Erfolg gehabt.
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1. ILF UND F. PETROW
,, Bitte, wo fann man hier den Genossen Verwalter finden?", fragte Ostap in der ersten Pause. Er reichte dem Dirigenten die Hand und fragte freundschaftlich: Bolkslieder? Sehr interessant. Guten Tag. Ich bin Inspektor der Feuerfontrolle."
Der Berwalter wurde verlegen. ,, Ja, ja," sagte er stockend, ,, bas paßt mir fehr. Ich wollte eben eine Bericht machen." Sie brauchen sich nicht zu bemühen," sagte Ostap groß mütig, ich werde selbst einen Bericht schreiben. Lassen Sie uns jetzt das Haus inspizieren."
Alchen hieß den Chor mit einer Handbewegung sich entfernen, und die Alten zogen mit kleinen, muntern Schritten ab. Bitte schön, folgen Sie mir", lud der Verwalter ein. Bevor ihm Ostap folgte, musterte er die Möbel des ersten 3immers. Ein Tisch, zwei Gartenbänke auf eisernen Füßen und ein braunes Harmonium.
,, Werden hier keine Spiritusfocher angezündet? Keine Defen geheizt?"
Nein, durchaus nicht. Hier beschäftigt sich der Chor und die Theater- und Mufitabteilung.
Indem er das Wort„ Musit" aussprach, errötete Aleranber Jafowlewitsch. Alchen schämte sich sehr. Er hatte schon längst alle Blasinstrumente verkauft. Ohnedies war nur ein Hundegeminsel herausgekommen, menn die schwachen Lungen der Alten bliefen. Das ganze Metallzeug war so tomisch anzusehen. Alchen fonnte nicht anders, er mußte es stehlen. Und jetzt schämte er sich sehr.
Zwischen zwei Fenstern an der Wand war ein StoffStreifen gespannt, darauf die Devise: Blasorchester ist ein Weg zur follettiven Macht."
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Sehr gut", sagte Ostap. Dieses Zimmer ist vor Feuersgefahr ziemlich sicher. Gehen wir weiter."
Schlepper nach der
Es ist verständlich, daß angesichts dieser Sensationsmeldungen in allen Redaktionen der Weltpreffe größte Aufregung herrschte, bis avas aus Lissabon drahtete:
Die irrtümliche Nachricht von dem Absturz des deutschen Flugschiffes„ Do X" wurde von einem Dampfer verbreitet, dessen Mannschaft geglaubt hatte, das Flugschiff abstürzen zu sehen. Sowohl eine Mitteilung der Hero Postale Station in Paris wie auch eine Meldung aus Lissabon bestätigen die Tatsache, daß das Flugfchiff feinen Flug in Richtung auf das Südkap fortjeße. Reuter veröffentlichte dazu eine neue Meldung aus Praia ( Kapverdische Inseln), daß die Nachrichten über einen Unfall des Flugschiffes Do X" unzutreffend feien.„ Do X" fei auch nicht auf die Meeresoberfläche niedergegangen.
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blutbil
Sonntagswanderungen in die schöne Mart. Die nächste Warderung veranstaltet das Bezirksamt Schöneberg am 7. Juni nach Tiefensee- Gamengrund- Ihlandsee- Strausberger Forst. Abfahrt: 8,25 Uhr Schlesischer Bahnhof , Wriezener Bahnsteig.( SonntagsRückfahrkarte nach Tiefensee.) Auskunft: Cornelius 2780.
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Aus der Havel als Leiche gelandet.
Der Mord an dem zehnjährigen Manfred Pokke, der am Mittwoch von seiner Stiefmutter erdrosselt wurde, hat eine schnelle Sühne gefunden. Die Täterin wurde am Donnerstagnachmittag aus der Havel zwischen Konradshöhe und Tegelort als Leiche aus dem Wasser
gezogen.
Ausflügler sahen dicht am Schiff eine weibliche Leiche treiben, die mit Hilfe von Anglern geborgen wurde. Da bei der Toten keine Papiere gefunden wurden, die auf die Personalien Schlüsse zuließen, wurde die Leiche ins Schauhaus gebracht. Hier glaubte man auf Grund der Kleidung, die nach der Mordtat seit Mittwochnachmittag flüchtige Frau Proßfe aus der Bahnhofstraße 5 in Lichtenberg zu erkennen. Die letzten Zweifel an der Identität der Toten wurden behoben, als eine nahe Verwandte in der Leiche Frau P. einwandfrei erkannte. Die Polizei glaubt, daß Frau P. nach der furchtbaren hinausgefahren ist, wo sie in den späten Abendstunden den Tod im Tat zunächst planlos umhergeirrt und dann nach Konradshöhe Wasser suchte.
viel Schuld an der zerrütteten Ehe. So nahm es P., als seine Frau zu Ostern einige Bochen verreist war, mit der ehelichen Treue nicht allzu genau.
Wie noch ermittelt werden konnte, trägt der Weichensteller Poßfe
Die schlechten ehelichen Verhältnisse mögen zweifellos dazu beigetragen haben, die Frau seelisch aus dem Gleichgewicht zu bringen. Vielleicht ist die Tat als ein Akt der Vergeltung für die Vorkommnisse während der Osterreise der Frau anzusehen.
Mutter erschlägt vier Kinder.
Alle mit der Art umgebracht.
Hilzingen bei Singen am Hohentwiel , 4. Juni. Am Donnerstagmorgen furz vor 6 Uhr hat die Frau des Landwirts und Straßenwarts Emil Meier in einem Anfall von geistiger Umnachtung nacheinander ihre vier Kinder im Alter von 9 bis 2 Jahren mit der Art erschlagen. Alle Kinder sind kurz nach der Tat gestorben. Der Vater befand sich, während das Verbrechen verübt wurde, im Stall und war mit dem Biehfüttern beschäftigt. Die Frau flagte in den letzten Tagen über heftiges Kopfweh. Sie wurde gleich nach der Tat in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau gebracht.
Erwerbslosentragödie auf Rügen .
Gelbstmord eines Vaters von I Kindern. Stralsund , 4. Juni. ( Eigenbericht.) Erwerbslosentragödie spielte sich in dem Rügenfchen Dorfe Nipmerow ab.
Eine
Ein Erwerbsloser, der sieben Kinder und 3 wei Kindestinder zu verforgen hat, stand in der nacht auf und trant, ohne daß die Familie es mertle, Cyfol. Als die Angehörigen am Morgen erwachten, lag der Ernähret tot im Bett. Der Mann hatte sich das Leben genommen, da et feit längerer Zeit als Erwerbsloser ausgefteuert war und nicht. mehr mußte, wie er seine Angehörigen vor Hunger schützen sollte.
Straßensperrung. Das Engelufer von der Schillingsbrüde bis zur Köpenider Straße ist für den gesamten Fahrverkehr wegen Umpflasterung bis auf weiteres gesperrt. Die Sperrung der Weisestraße in Neukölln ist aufgehoben.
Der Reichsverband des deutschen Gartenbaues hält in der Zeit vom 6. bis 9. Juli seine Sommertagung in Berlin ab.
stuhl mit gebogenen Beinen, überzogen mit englischem ge-| dem Dachboden herumkletterten und für alle Einzelheiten, für blumten Stoff. An den Wänden hingen die Anordnungen Röhren und Kamine interessierten, nahm das Leben im Ber der Verwaltung. Ostap las sie und fragte von Zeit zu Zeit sorgungshaus seinen gewohnten Verlauf. energisch: Werden die Ofenrohre regelmäßig geputzt? Sind die Defen in Ordnung?" Er bekam ausführliche Antworten und ging weiter.
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Der Inspektor der Feuerkontrolle suchte ein Pläßchen im Hause, wo er Feuersgefahr hätte tonstatieren können. Bergeblich, alles war in schönster Ordnung. Auch die Suche nach dem Schatz war erfolglos. Oftap trat in den Schlafraum der Alten, die sich bei seinem Kommen erhoben und ihn begrüßten. Hier standen Eisenbetten mit haarigen Decken, gottig wie Hundefell, an deren einem Ende das Wort Füße" eingebrannt war.
Die Ausstattung des Hauses war außerordentlich bescheiden. Die Möbel bestanden fast ausschließlich aus den Gartenbänken, die man vom Alleranderboulevard herübergeschafft hatte, dann gab es fleine Betroleumlampen und jene Decken mit der wenig anheimelnden Aufschrift: Füße".
Bei seinem Nachspüren nach etwas Feuergefährlichem tam der Inspektor auch in die Küche. Dort tochte man in einem großen Waschkessel einen Brei, dessen Geruch den groBen Kombinator schon im Beftibül empfangen hatte. Oftap rümpfte die Nase und fragte: Ist das Maschinenöl?" Bei Gott, reine Butter," sagte Alchen und errötete ,,, wir beziehen alles von einer Milchfarm." Er schämte sich bis zu Tränen. So so. Uebrigens ist es nichts Feuergefährliches", bemerkte Ostap. Auch hier ir der Küche war der Stuhl nicht zu sehen. Auf einem fettbeschmierten Stoderl saß der Koch mit Leinenschurz und ebensolcher Kappe.
,, Warum ist hier die Bekleidung so graufarben und von einem so dünnen Stoff, wie er sich eigentlich nur zum Fenster mischen eignet?"
Alchen verdrehte die Augen: Ich habe ein allzu beschei denes Budget." Er fühlte einen Widerwillen gegen sich selbst. Ostap sah ihn mißtrauisch an und sagte: Hoffentlich wird hier nicht gefpart, wenn es um die Sicherheit des Lebens geht. Ich meine in bezug auf Feuersgefahr.
Sie gingen weiter. Ostap beschloß in seinem Innern, Ostap durchschritt mit schnellen Schritten alle Räume des dieses Leinwandschloß nicht eher zu verlassen, bis er alles er Morobjemfchen Hauses, eripähte aber nirgends den Nußholzfahren hatte. Und während Inspektor und Berwalter auf
Das Mittagessen war fertig. Der Geruch des angebrannten Breies verstärkte sich und trug über alle andern übeln Gerüche, die das Haus erfüllten, den Sieg davon. Es raschelte auf allen Gängen. Die alten Weiber kamen aus der Küche und trugen Blechschüsselchen mit Brei in den Händen. Sie setzten sich im gemeinsamen Speisezimmer zum Essen und blickten trampfhaft zur Seite, um die Inschriften an den Wänden nicht zu sehen. Die waren von Alexander Jakowlewitsch zusammengestellt, von Alexandra Jafowlewna künstlerisch ausgeführt und lauteten: Essen ist die Quelle der Gesundheit. Ein Ei enthält genau denselben Fettgehalt wie ein halbes Kilo Fleisch. Fleisch ist schädlich.
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Alle die heiligen Worte medten in den alten Frauen die Erinnerung an ihre Zähne, die schon vor der Revolution nicht mehr existiert hatten, an das Fleisch, das in seinem Fettgehalt den Eiern angeblich nachstand und das sie schon lange nicht gegessen hatten.
Außer den alten Frauen saßen auch noch Isidor Jakowlemitich, Dieg Jakomlewitsch und Bascha Emiliewitsch bei Tisch. Weder ihrem Alter noch dem Geschlecht nach gehörten sie in diesen Kreis. Dafür aber waren die beiden Jakowlewitsch Alchens Vettern und Pascha Emiliewitsch Frau Alexandra Jakowlewnas Neffe. Diese jungen Leute( der älteste von ihnen, Bascha Emiliewitsch, war zweiunddreißig Jahre alt) sahen ihr Leben in diesem Altersversorgungsheim als ein ganz normales an. Sie hatten dieselben Rechte mie die Alten, die gleichen Betten und staten ebenso wie sie in grauen Leinenfitteln, nur sahen sie, dank ihrer Jugend und Kraft, besser als die Zöglinge aus. Sie stahlen alles im Haus, was Alchen übrig ließ. Pascha Emiliewitsch aß zweieinhalb Kilo Fisch auf einem Sig und konnte in diesem optimalen Fall das ganze Haus ums Mittagessen bringen.
Kaum hatten die alten Frauen ihren Brei verzehrt und die jungen Leute ihre Ration verschlungen, als die letzteren auf der Suche nach etwas Nahrhaftem in die Küche gingen. Indes dauerte das Mal weiter. Die alten Frauen fonnten jekt ungezwungen plaudern."... und Pascha Emiliewitsch hat heute dem Trödler einen Stuhl verkauft." Mitten im Gespräch wurden die Böglinge durch ein schnarrendes Geräusch unterbrochen, man vernahm eine schallende Stimme, ( Fortsetzung folgt.) die eine Rede hielt.