Beilage
Sonnabend, 6. Juni 1931
monis obtus olla tel Der Abend
Shalausgabe des onward
200 D
broderello Autoreise eindrücke von Victor Schiff
Autoreiseeindrücke
Berdun mar feit jeher vor allem Garnisonstadt und ist es geblieben. Die Gasthäuser sind an jenem Sonntagabend vol blauen Uniformen. Kurz vor zehn leeren sie sich innerhalb weniger Minuten: in der Ferne ertönt bald danach der Zapfenstreich. Es nerbleiben nur noch ein paar Zivilisten und Unteroffiziere..
Am nächsten Morgen fomme ich endlich dazu, die Stadt bei Tageslicht zu betrachten. Daß der Krieg rings um sie in nächster lähe mit ungeheurer Heftigkeit getobt hat, mertt man äußerlich baran, daß fast alle Häuser neu und sauber sind. Es ist dies die gleiche Erscheinung wie z. B. in Flandern , mo die am meisten mit genommenen Städte, wie Dpern, Menin und Digmuiden, die modernsten und hygienischsten sind. Eine gerechte Entschädigung für die erduldeten Leiden und Zerstörungen. In Verdun sind nur menige Häuser, die den Stempel der Borkriegszeit aufweisen, und nur ganz vereinzelt sieht man nicht wiederaufgebaute Grundstüde, auf denen die Trümmer noch in Haufen liegen. Es gibt nämlich auch Besizer, die es vorgezogen haben, ihre Entschädigung in bar zu erhalten und als wohlhabende Rentner anderswo, zum Beispiel an der Ripiera, zu verzehren. Viele Geschäfte mit Kriegsandenken, meist geschmackloser Kitsch für hinterste Provinzler oder Amerifaner. Berdun hat sich auf Fremdenverkehr eingestellt. Mancher Baden verkündet porurteilslos neben anderen fremdsprachigen Schilbern: Man spricht deutsch ." Wie oft mögen sich die Eltern und Bitmen französischer und deutscher Kriegsgefallenen hier und cuf den Höhen ringsum begegnet haben!
Stätte des Grauens.
die meisten von ihnen liegen weiter nördlich bei Reims und Epernay ,| mährend unsere Straße durch eine endlose, menschenleere Einöde führt. Die einzige größere Stadt auf dem Wege ist Chalons sur- Marne mit seiner frühgotischen Kathedrale. An einem Beichtstuhl trägt ein Zettel den Namen des Priesters mit den Beichtstunden und dem Zujaz in ungelenker Frafturschrift: Spricht auch Deutsch ." Für wen? Für deutsche Durchreisende oder clsässische Soldaten der vielföpfigen Garnison?
"
Kilometerlange ferzengerade Streden der Chaussee, auf, der auffallend menig Berkehr herrscht, gerade im Vergleich zu dem relatip autoärmeren Deutschland , verleiten zum unvorsichtigsten Tempo. Ohne daß man es merkt, sauft man bald mit 105 Kilometer dahin.
Gleich am nördlichen Ausgang des Städtchens eine Gabelung. Die Wegweiser verkünden: Douaumont 4,5 Kilometer, Vaux 4 Kilometer. Also so nahe waren die Deutschen vorgedrungen! In steilen Kehren steigt die Straße auf fahle Hügel. Kein Baum, fein Ader, mur verwildertes Gras mit Stacheldrahtresten und ver fumpften Granatirichtern. Offenbar soll zur Erinnerung an die ..große Zeit" das ganze Schlachtfeldgebiet sich selber überlassen bleiben: eine trostlose Dede. Bald ist die Höhe erreicht, und man erblickt das monumentale, noch nicht ganz fertige Beinhaus Don Douaumont, vor dem etwa 30 000 weiße Kreuze mit diskretem blauweißroten Anstrich und schwarzgepinselten Namen der Gefallenen einen schwachen Begriff davon geben, was es heute bedeutet, Krieg zu führen. Dabei ist das nur einer der vielen Soldatenfriedhöfe um Berdun, und Verdun ist nur einer der Hauptkampfpläge an der 450 Kilometer langen Westfront gewesen, und der französische Kriegsschauplatz mar nur einer der zahllosen Kriegsschauplätze, von denen täglich über vier Jahre lang entweder ,, Siege" oder Umgruppierungen" oder einfach nichts Neues" berichtet wurden. Dreißigtausend Kreuze sind hier fein fäuberlic) ausgerichtet, ein Teil davon trägt bescheidenen Grabschnud, niedergelegt non jenen Berwandten, die ihre Toten nach fünfzehn Jahren noch nicht vergessen haben, oder die. sich die Reise dorthin leisten fonnten. Aber wieviel Zehntausende von Menschenschicksalen find in jenen noch entisten durcheinandergewürfelt, die im Beinhaus unter Altären aufgestapelt sind und die nur den Namen des Hoch über der Stadt, von mächtigen Scheinwerfern weiß umOrtes aufweisen, wo sie als anonyme Gebeine aufgelesen oder ausstrahlt, leuchtet das ungeheure Siegerdenkmal von Verdun , zu gegraben wurden:„ Loter Mann“,„ Höhe 304"," Souilly", Baug, Fleury" usm. In diesen vollgepackten Särgen, umhüllt von der Trifolare, bedeckt mit Kränzen von Regimentsvereinigungen und Angehörigen mit patriotischen und frommen Inschriften, liegen mahrscheinlich auch Knochenrefte von vielen Deutschen , die dem Moloch Berdun geopfert wurden.
Ein Schild weist darauf hin, daß sich etwa einen Kilometer meiter der berühmte Schü gengraben der Bajonette" befindet. Es ist dies jener schauerliche Play, mo eine französische Kompanie, vielleicht im Augenblic, wo sie im Graben auf das Signal zum Shurmangriff wartete, so überraschend verschüttet rourde, daß die Menschen im Stehen erstidten und nur noch ihre Bajonette fenfrecht aus der Erde emporragten. Heute ist diefe Stelle mit dem Gelde einer amerikanischen Stiftung von einem betonierten Steingewölbe überdacht worden, um sie vor der Witte rung zu schützen. Gespensterhaft ragen noch immer Dugende von nerrosteten Bajonetten schräg oder ferzengrade hervor. Dieser Schüßengraben ist zum Sinnbild französischen Heldennutes geworden, und deshalb hat man die stehend erstickten Soldaten nicht ausgegraben, sondern in ihrem natürlichen Massengrab gelassen.
Der große Bluff.
Seitdem ich die Schlachtfelder von Berdun gesehen habe, glaube ich weniger denn je an die sogenannten Feldherren und ihre an gebliche Runft. Die Strategie erscheint mir als ein Bluff, als ein Märchen für große und fleine Kinder. Um den Besitz von Berdun sind beiderseits etwa 500 000 Menschen geopfert worden. Warum? Was hätte Deutschland schon davon gehabt, wenn feine Truppen bis zu diesem total zerschossenen Städtchen vorgedrungen mären? ..Eine Schlüsselstellung, versicherten auf beiden Seiten die Fachleute". Die ganze Franzosenfront wäre dann aufgerollt" worden", fügten unsere Ludendörffer hinzu. Ach was! Auf der nächsten befestigten Hügeltette, zehn Kilometer weiter südlich, wäre die blu tige Schmeinerei weitergegangen, und sie hätte dort wieder ein paar hunderttausend Menschen umsonst verschlungen. Es war nichts als Prestige auf beiden Seiten: bei denen, die Verdun um jeden Preis ,,, einnehmen", und bei denen, die es um jeden Preis „ behaupten" wollten. Aehnlich war es bei Opern und bei tausend anderen ,, Schlüsselstellungen", nach deren Eroberung unsere Strategen" um einige Orden schwerer, aber sonst genau so flug gewesen
wären wie zuvor.
dem eine breite Treppe von fünfzig Stufen führt. Die Frauengestalt der Republik , gestützt auf ein Schwert, blickt starr in die weite, kahle Landschaft gegen Osten. Und irgendwo oben auf einem Hügel flackert ein rotes Licht in regelmäßigen Abständen auf: dort liegt das„ Ossuaire ", das Beinhaus von Douaumont...
Im Vorbeifliken sah ich ein großes, meißes Kreuz am Straßen rande. Ein Gedanke schoß mir durch den Kopf: Ist das etma für ihn? Ich brachte den Wagen zum Stehen, stieg aus und ging die 150 Meter zu Fuß zurüd. Stimmt! Ein Erinnerungsdenkmal an den Vorsitzenden des Internationalen Stahltrustes Emile Mayrisch , den Luremburger Großindustriellen mit starkem sozialen Einschlag( seine Tochter ist übrigens Parteigenoffin), von dem man nor zweieinhalb Jahren las, daß er und sein Chauffeur durch Reifenplagen in der Champagne tödlich verunglückt waren. Die Rinde einer mächtigen Pappel am Straßenrande trägt heute noch die tiefen Narben des verhängnisvollen Anpralls. Nachdenklich fährt man weiter, etwas langsamer, wenigstens in der nächsten Viertelftunde...
Die wenigen Dörfer an der Strecke tragen historische Namen und meisen auch Schlachtenbenfmäler auf: La Fére Champenoise, Montmirail hier lieferte Napoleon im Früh jahr 1814 Berzweiflungsschlachten gegen die, nach Leipzig unaufe haltsam auf Paris vordringenden deutsch- russisch- österreichischen Truppen. Es waren für ihn lauter Pyrrhussiege, die das Verhängnis nur wenig verzögern fonnten. Uebrigens hat sich hier hundert Jahre später auch ein Teil der Marneschlacht abgespielt: die deutschen Truppen gerieten hier auf die traditionellen ArtillerieSchießpläge der französischen Armee, und wurden von den eingeschossenen 75- millimeter- Schneider Batterien dezimiert und zum Rückzug gezwungen.
Bei La Festé sous- Jouarre und bei Mieaug tritt man in das liebliche Marnetal ein. Der Berkehr mird zusehends stärfer. Immer wieder überquert man den Marnefluß mit seinen zahlreichen Krümmungen. Allmählich erreicht man die Pariser Bannmeile. Orte, die vor dem Kriege als reizvolle Ausflugsziele galten, haben seitdem jeden landschaftlichen Reiz verloren, fie find jetzt restlos industrialisiert und proletarisiert. Seitdem der alte Pariser Festungsgürtel niedergerissen ist, vollzieht sich der lleber gang non der Bannmeile in die eigentliche Hauptstadt fast unmerflich.
Jm Hegentessel des Pariser Verkehrs.
Bon Sekunde zu Sefunde mächst der Straßenverkehr. Durch die Porte de la Billette, neben dem Zentralfriedhof, betritt man das eigentliche Stadtgebiet. Die Ausfallstraße hieß einst Avenue d'Allemagne, in der ersten Kriegspsychose murde sie umgetauft, jedoch mit Rücksicht auf den proletarischen Charakter dieses Außen bezirts in Avenue Jean Jaures . Es fei! So mögen jene, die aus Deutschland eintreffen, sogleich an den großen Sozialistenführer, erinnert. merden, der sein Leben für die deutsch französische Berständigung, opferte.
Zwischen dem Nord- und dem Westbahnhof nimmt der Straßenverkehr um diese Hauptverkehrszeit am späten Nachmittag wirf lich beängstigende Formen an. Minutenlang fommt man nicht vom Fled meg, rudweise schlängelt man sich durch und staunt, nollständig eingefeilt, immer wieder darüber, daß man ohne Schaden schließlich doch vorwärts tommt. Die erste halbe Stunde in der franzöfifchen Hauptstadi empfand ich als eine größere Anstrengung als die ganze 1100 Kilometer lange Fahrt von Berlin bis zu den Toren von Paris . Aber ar: Schlusse meines zweieinhalbtägigen Aufenthalts drüben machte ich mir gar nichts mehr aus dem größten Straßentrubel. Es ist eben alles Gewohnheitssache.
Verbrecherjagd in den Catskill Mountains
Golange das Altoholverbot in Amerita besteht, gibt es dort auch| murde. Nun drohte zwischen den Verbrechergruppen ein erbitterter speakeasies( Geheimwirtschaften), bootleggers( Altoholschmuggler) Rampf auszubrechen und zu einem solchen offenen Standal wollte und roadhouses( Wirtshäuser), die an den großen Landstraßen man es nicht fommen lassen. stehen. Diese Lotale, die es in der Nähe von Großstädten zu hunderten gibt und deren Bestehen ein offenes Geheimnis ist, gehören zu den interessantesten Erscheinungen in dem sonst so schein- fitten strengen, puritanisch- frömmelnden USA Spelunken, Bordelle und für die höheren Klaffen auch Nachttubs gehören in jedes Bergnügungspiertel einer amerikanischen City. Aber beffer noch florieren die vielen roadhouses auf dem flachen Lande, die unter irgendeinem harmlosen Namen ihren wahren Charakter verbergen.
Kein Fremder würde hinter den bunten, bürgerlich- soliden Fassaden vermuten, daß sich hier Verbrecher verbergen, Liebespaare sich ungestört einnisten, die in der Deffentlichkeit nicht gesehen merden mollen, und daß es Alkohol gibt, soviel man will resp. bezahlen kann. Die berühmten ,, rides", Autofahrten beim Mond schein oder auch über das Wochenende hinaus, haben diese Häuser entstehen lassen, die ihrem Besizer einen reichen Gewinn abwerfen, da es falche, vom Gesetz streng verbotene Dinge wie Alkohol und sichere Absteigequartiere natürlich nur zu entsprechenden Preisen gibt.
"
Dabei kommt durch die entsandten Spezialforrespondenten" der Sensationsblätter allerlei Interessantes an die Deffentlichkeit. Sa wird aus dem Ulster County berichtet, daß dort die New- Yorker Gangs" mahre Festungen und besteingerichtete Waffenarsenale gebaut haben. Bei den Bechgelagen der Banditen, an denen nicht nur der weibliche Anhang der Gangsters, sondern auch die Spizen der Behörden teilzunehmen pflegten, ging es höchst luftig und aus. gelassen zu. Den Gelagen gingen die geschäftlichen Verhandlungen. voraus, bei denen die Mengen und Verkaufsbezirke der einzelnen Alkoholproduzenten genau festgelegt wurden. Der Catstill- Distrikt war zum Beispiel genau unter die einzelnen Gangs verteilt, unter denen sich vier bedeutendere befanden, von denen jeder ein Verkaufspersonal von nicht weniger als zwanzig Personen hatte. Diese Leute hatten nicht nur die Aufgabe, ihre Waren an den Mann zu bringen, sondern auch ihren gefährlichen Stoff abzuliefern. Deshalb bestand zu ihrem Schutze eine besondere, fogenannte Schnellfeuer. abteilung", die mit Maschinengewehren ausgerüstet war. Durch das vorzügliche Funktionieren dieser neuen Industrie" wurde es möglich, daß im Landdistrikt mehr Bier und Champagner konsumiert wurde, als in New York selbst.
Aber auch gegen unvorhergesehene Zwischenfälle hatte man sich gerüstet. Im Waldesdickicht der Berge sollen wahre Paläste verborgen sein, mit Schiebetüren und Gleitvorrichtungen, wie man sie sonst nur in abenteuerlichen Kriminalfilmen sieht.
Eines der hierfür berühmtesten Gebiete ist das Greene County im oberen Staate New York , das von der Riesenstadt aus in menigen Stunden Autofahrt bequem zu erreichen ist. Die Landschaft ist idyllisch. Kleine Wälder, verschmiegene Täler und einsame Farmhäuser locken den gar nicht wenig romantisch veranlagten Amerikaner aus der Steinmüfte an, und zu einer regelrechten Durch die Argonnen in die Champagne . Party" gehören eben auch drüben noch häufig Liebe und Alkohol. Wie die ,, New- Yorfer Boltszeitung", der mir diese Enthüllungen Wieder hinunter nach Verdun in der prallen Mittagsjonne und Den geschäftstüchtigen Unternehmern hatte zunächst niemand verdanken, dazu richtig bemerkt, ist es wohl taum anzunehmen, daß gleich weiter in Richtung Paris . Eine tadellose, breite Straße, wie Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Neuerdings aber hört man nan durch die Staatsbehörden die politisch sicher nicht unwichtigen Berüberhaupt die großen franzöfifchen Chauffeen, die routes die routes einem großen Feldzug" in die Catstill Mountains. fönlichkeiten bloßgestellt werden, die in diesem Korruptionsherd einnationales", zu den besten und am sorgfältigsten unterhaltenen in Polizei und Bundestruppen wurden in die schönen Berge geschicht geschlossen find. Und so wird es gehen, wie immer in Amerika , ein Europa gehören. Nur während eines furzen Stüdes seines füd- und Gouverneur Roosevelt hat persönlich die Bertreibung der Ban-| paar Kleine wird man opfern, aber die Großen werden sich einigen lichsten Zipfels bei Clermont en Argonne und Sainte- diten und die Uebermachung der Botale angeordnet. Das hat seinen und ihren Bezirk und Mirkungsfreis chen wo anders hin verlegen, Menehould, durchqueren wir den Argonnenwald. Gleich danach äußeren Grund in der Affäre Jad Diamond, der verschiedent| menn hier der Boden zu heiß geworden ist, so daß die braven beginnt die lange, freidige Hochfläche der Champagne. Man liche Male nach feiner Rüdfehr aus Europa pon feindlichen Gang- Touristen wieder ohne Angst und Schrecken durch ihre Berge fahren Karl Mueller. fteht mur menige Beinberge, die die berühmten Geftreben tragen.| fters( Berbrecher, die zu bestimmten Banben gehören) angeschoffen tönnen.