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Morgenausgabe

Nr. 263

A 133

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 R im poraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bf. Boftzeitungs- und 72 Bf. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6,-M. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drudfachen porto 5,-

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Der Borwärts erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilage Bolt und Zeit", Ferner Frauenstimme Techni?" Blid in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts u., Stadtbeilage

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Dienstag

9. Juni 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einfpalt. Nonpareillezeile 80 31. Reffamezeile 5,- R. Kleine An zeigen" das fettgebrudte Bort 25 Pf. Gulaffig zwei fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Larif. Stellengesuche das erste Wort 15 f jedes weitere Wort 10 Bt. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Bf. Familien anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält fich bas Recht ber Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Berlag: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Neue Schuldenkonferenz?

Ergebnis von Chequers  - Revision, nicht nur Moratorium.

London  , 8. Jumi.( Eigenbericht.)

Im Berlauf der Unterhaltungen in Chequers  murden auch die Abrüstungsfrage und die Frage der Zollunion berührt, der Haupteil der Unterredung galt jedoch dem Repara tionsproblem. Die Darstellungen der deutschen   Minister haben alle Zweifel an der Wirklichkeit der deutschen   Not, die man hier vielleicht noch hatte, zerstreut und haben auch England von der Notwendigkeit zum Handeln überzeugt. Es hat sich ferner eine Uebereinstimmung der deutschen   und der englischen Auffassung dahin ergeben, daß

beide Länder eine Revision des Young- Plans einem Moratorium vorziehen.

Dieser Weg der Revision erfordert internationale Busammenarbeit und die Feststellung des Kommuniqués über die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit hat den fonkreten Untergrund, daß eine internationale Aktion in diesem Sinne, also dieser Revision der Reparationen und der damit zusammenhängenden Revision der Reparationen und der damit zusammenhängenden interalliierten Schulden ins Auge gefaßt worden ist. 2n dieser Attion soll nach englischer Auffassung der Völkerbund nicht beteiligt werden. Bielmehr mußten zunächst die Besprechungen zwischen den Staatsmännern der beteiligten Länder fortgejezt werden. Es läge durchaus nahe, daß Dr. Brüning in Paris  zunächst ähnliche Unterhaltungen führe mie in England. Das Ziel

wäre schließlich

die Einberufung einer internationalen Konferenz 3weds klärung des Kriegsschuldenproblems.

Che man sich diesem Ziel weiter nähere, wolle man jedoch den Aufenthalt Stimsons in Europa   abwarten. Reinesfalls solle fich Deutschland   an die Spize einer internationalen Bewegung zur Revision der Kriegsschulden stellen. Was erstrebt werde, sei eine wirklich internationale Attion, bei der die Aktivität von den

Sturm gegen Brüning.

Die Rechte will ihn stürzen. Chriftlichsoziale bedenklich.

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In der Presse der Rechten und in ihren Versammlungen hat der Generalsturm gegen das Kabinett Brüning ein­gesetzt. Die Hugenberg Presse gibt spaltenlang die letzte Sonntagsrede ihres Herrn und Meisters in München   wieder, die in der Versicherung gipfelt, die Reichsregierung habe ihr Vertrauen verwirtschaftet und müsse fort. In Stuttgart   tobte am gleichen Tage der Führer der Alldeutschen  , der Justizrat Claß; er appellierte an den Reichspräsidenten  , er möge jetzt Brüning beseitigen, so wie er als Chef der Obersten Heeres leitung Bethmann beseitigt habe. Eine dementsprechende Ent­schließung wurde einstimmig angenommen. In der DA3." versichert Friz Klein, die Regierung fönne unmöglich bleiben wie sie ist; fie müsse sich nach links oder nach rechts erweitern. Er ist für die Erweiterung nach rechts.

Postschedkonto: Berlin   37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3, Dt. B. u. Disc.- Ges., Depofitent., Jerufalemer Str. 65/66.

Karl Gareis.  

3um 10. Jahrestag seiner Ermordung.

Von Felix Fechenbach.  d

Die Erinnerung an Karl Gareis   führt uns zurück in das düsterste Kapitel der politischen Geschichte Deutschlands  , in die

Gläubigern ebenso sehr ausgehen müßte wie von den Zeit der Geheimbünde, der Organisation Konsul, der bayeri­

Schuldnern.

Gegenbesuch in Berlin  .

London  , 8. Juni.  ( Eigenbericht.)

Der englische Außenminister Henderson wird den Besuch des Reichstanzlers Dr. Brüning und Außenministers Dr. Cur tius aller Voraussicht nach noch im Laufe des Sommers in Berlin   erwidern. Der genaue Termin des Besuchs soll schon demnächst vereinbart werden.d

Das Echo in Paris  .

Paris  , 8. Juni.  ( Eigenbericht.)

Die Pariser   nationalistische Preffe stellt am Montag mit Be­friedigung feft, daß die Unterrebungen in Chequers   zu teinem greifbaren Ergebnis geführt haben. Baris Nouvelles" erklärt, die englischen und die deutschen   Minister hätten ihre Ohnmacht eingestehen müssen, irgend etwas unternehmen zu mit großem Geschrei angekündigte deutsche Manöver sei also ge­fönnen, ohne die Hilfe anderer Mächte in Anspruch zu nehmen. Das scheitert, es werde aber hinter den Kulissen fortgesetzt werden. Der Londoner Korrespondent des Intransigeant" berichtet, der all­gemeine Eindrud sei der, daß das Ergebnis der Unterredungen in dem Worte ,, Nichts" zusammengefaßt werden fönne. Der ,, Temps" spricht die Meinung aus, daß die Zusammenkunft von Chequers   in feiner Beise die internationale Lage geändert habe. Es habe nur eine dirette Fühlungnahme zwischen den englischen und deutschen  Staatsmännern stattgefunden, bei der aber fein Beschluß über die von den deutschen   Ministern, aufgeworfenen Fragen und über die Mittel und Wege gefaßt worden fei, mit denen ihre Lösungen vor­bereitet werden könnten:

Eine gegenteilige Ansicht vertritt nur das ,, Journal des Débats  ", das erklärt, Deutschland   habe erreicht, was es mollte: die Frage einer Revision des Young- Blanes sei auf das internationale Tapet ge­bracht worden, und zwar dank der Gefälligkeit der englischen   Re­gierung unter den bequemsten Bedingungen für Deutschland  .

Die Polizeibeamten mahnen. 3n ernfter Gorge um die Sicherung der Republit.

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Polizeibeamten machte in einer Zuschrift an den Leipziger   Parteitag auf ernste staatspolitische Gefahren aufmerksam, die aus einer psychologisch falschen Behandlung entstehen können. In der Zu schrift heißt es unter anderem: schrift heißt es unter anderem:

,, Die zu erwartende Notverordnung sieht eine erneute Kürzung der Beamtengehälter vor. Wir wollen hier nicht die Gründe wiederholen, die sich allgemein gegen eine folche anführen lassen. Wir wollen aber in berechtigter Intereſſen vertretung der Polizeibeamten, zu der mir als Beamtengewerk. fchaftler ficher berufen sind, nichts weiter tun, als unsere Mit glieber vor schweren und untragbaren Opfern ich üben und dem Parteitag unsere politischen Besorgnisse vor tragen, die sich aus einer solchen Rürzung ergeben. Dabei stellen wir offen die Frage: Wo in aller Welt hat je ein Staat in Zeiten der Not und Gefahr den Hütern der staatlichen Sicherheit und den

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intereffen. Soll es wirklich der deutschen   Republit vorbehalten

Für die Gesamtlage ist es nicht ohne Bedeutung, daß die Meine Gruppe des Christlichsozialen Volksdienstes, die zu den Hilfstruppen Brünings gehört, in Bewegung geraten ist. Ihr bewaffneten Garanten der staatlichen Ordnung die Mittel zum Organ, die Tägliche Rundschau", versichert: Dieſe Noteben gekürzt und eingeschränkt? Wo hat je ein Staat die ihn perordnungfannjonicht bleiben."" Der Chriftlich schüßende bewaffnete Macht in Stunden erhöhter Gefahr vor den foziale Boltsdienst, fagt sie weiter, stehe vor allerschwersten Ent- Ropf gestoßen?" Es ist Pflicht der deutschen   Republit, eine den Staatsintereffen zuwiderlaufende Agitation unter den Bo scheidungen, die ihn nötigen können, von seiner Handlungs lizeibeamten zu verhindern durch Sicherstellung ihrer Lebens­freiheit weitgehend Gebrauch zu machen. Daß die Notverord­nung so nicht bleiben kann, ist ganz unsere Meinung. Allerdings bleiben, ihre Polizeibeamten in demselben Augenblic, wo sie brin­möchten wir die Regierung Brüning nicht durch eine Regierung gend ihrer bedarf, mit einer Gehaltsfürzung zu bedenken, nach den Wünschen von Hugenberg und Claß ersetzt sehen. die für weite Kreise, besonders der unteren Bolizei Räme eine solche Regierung, so würde auch die Notverordnung beamtenschaft, als untragbar bezeichnet werden muß? Man nicht so bleiben, wie sie ist, sondern wir würden noch viel fann nicht umhin, derartige Pläne gegenüber der Polizei nicht so bleiben, wie sie ist, sondern wir würden noch viel schlimmere Dinge erleben. beamtenschaft vom Standpuntte der republikanischen Staatspolitit aus als sehr be bentlich zu bezeichnen. Da­mit foll nicht zum Ausdrud gebracht werden, daß etwa die Staats- und Verfassungstreue der Polizeibeamtenschaft von der Kürzung oder Steigerung ihres Gehaltes aus zu bewerten sei. Die Bergangenheit hat genügend bewiesen, daß solche Ge­danken absurd find.

Die Sozialdemokratie ist nicht dazu da, die Diftaturpläne der Rechten zu fördern. Das überläßt sie den Kommunisten. Sie wird aber versuchen müssen, der Notverordnung die Gift zähne auszubrechen. Die Grenze dessen, mas unserem Bolte an Entbehrungen auferlegt werden fann, ist nicht nur erreicht, sie ist überschritten", schreibt jetzt jogar die Ger­ mania  ". Darf man daraus und aus den Bemerkungen der Täglichen Rundschau" schließen, daß sich das Zentrum und Die Chriftlichsozialen den Bestrebungen der Sozialdemokratie, eine Aenderung der Notverordnung herbeizuführen, nicht ent­gegenstellen werden? Und wie stellt sich zu diesen Bestrebun­gen die Reichsregierung?

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Das sind Schicksalsfragen. Sie erheischen eine rasche und More Antwort!

Gegen Abbau der Reichsleistungen. Sämtliche fommunalen Spizenverbände haben sich gegen den Abbau der Kriegsopferversorgung ausgesprochen. Sie befürchten, daß der Abbau der Reichsleistungen gegenüber den Kriegs­opfern eine neue Steigerung der gemeindlichen Wohlfahrts. ausgaben nach sich zieht.

schen Einwohnerwehren, in die Zeit der Hochblüte der Feme­morde. Auch Karl Gareis   fiel vor jezt 10 Jahen, am 9. Juni 1921, einem Fememord zum Opfer.

Kaum 32 Jahre war Genosse Gareis   geworden, als ihn in nachtdunkler Straße die Mordkugeln der Münchener Ein-, wohnerwehr- Feme trafen. Er war der Sohn einer banerischen Beamtenfamilie, hatte Geschichte, Philosophie und Philologie studiert und war zum Gymnasiallehrfach gegangen. Als Offizierstellvertreter fam er während des Krieges schwer vermundet in französische   Gefangenschaft. Es ist geradezu er schütternd, was die Leidensgefährten aus der Gefangenschaft über seine hingebende Kameradschaft berichten, über die Selbstlosigkeit, mit der er sich unter Hintanjeßung feines eige­nen Schicksals für seine Gefährten einsetzte, um deren Los zu verbessern. Wiederholt zog er sich dadurch längere und fürzere Gefängnisstrafen zu. Aber weil er aus dem Erlebnis des und praktische Konsequenz gezogen hat und sich zum Sozia= Krieges, das ihn im tiefften durchwühlt hatte, die theoretische Iismus befannte, haben ihn Nationalisten, die während des Krieges ihre Heldentaten in der Heimat vollbrachten, be= schimpft und verleumdet. Die Gesinnungsfreunde des Haken­freuzlers Frid, dieses Pirmasenser   Heimathelden, haben schließlich offen zu Gareis' Ermordung aufgefordert und es fanden sich dann auch dunkle Gestalten, die der Aufforderung

nachtamen.

Schon 1916 mar Gareis als Austauschoffizier infolge. einer schweren Lungenerkrankung nach Davos   gekommen. Dort fand der Siebenundzwanzigjährige nicht nur förperliche. Gesundung, sondern auch geistige Klarheit im Suchen nach neuer Lebensform. Das Studium des Sozialismus hatte ihn dort gefeffelt und als er Ende 1917 wieder nach Bayern   fam, war er überzeugter Sozialist. Er arbeitete als Assistent in verschiedenen bayerischen   Gymnasien, erlebte die Revolution mit und trat später der Unabhängigen Sozialdemokratischen Bartei bei. Den selbstlosen und reinen Menschen Karl Gareis  hat die bayerische   Arbeiterschaft dann im Juni 1920 in den Bayerischen Landtag   gewählt.

Es war eine schwere Zeit. Der Kapp- Putsch   war von den faschistischen Bünden in Bayern   dazu benutzt worden, die Regierung Hoffmann durch außerparlamentarischen Druck zu stürzen und an ihre Stelle dem Landtag ein Kabinett Kahr   aufzuzwingen. Die Jahre der Kahr  - Regierung von 1920 bis 1923 waren zugleich die Zeit, da sich die faschistischen Bünde   in Bayern  , vor allem die Einwohnerwehren bis zur Hochblüte entwickelten. Im Kampf gegen diese legalen und illegalen faschistischen Gewalten wuchs Gareis   zur Führer­persönlichkeit. Er war bald der führende Kopf der Fraktion, beherrschte in Kürze die parlamentarische Praxis und hatte, wenn er zu einer Frage das Wort ergriff weil er stets Wesentliches zu sagen hatte das Ohr des Hauses, selbst die Aufmerksamkeit seiner erbittertſten politischen Gegner auf der rechten Seite des Parlaments.

Das Jahr 1920 brachte für die USP. jene schwere Krise, die schließlich zur Spaltung der Partei durch die Anhänger der Moskauer 21 Punkte führte. In diesem innerparteilichen Kampf ſtand Gareis von Anfang an auf der Seite der Demokratie und gegen die schematische Uebertragung ruffischer Methoden auf die Länder Mittel- und Westeuropas  . Es war für ihn zur politischen Notwendig­feit geworden, an der Shaffung einer großen, das gesamte Proletariat umfassenden Partei mitzuarbeiten und sich für die Wiedervereinigung der beiden sozialdemokratischen Parteien einzusetzen. Er sollte aber dieses Ziel feines Strebens nicht mehr miterleben dürfen. Den Rampf gegen den Faschismus bezahlte er ein Jahr vor der Wiedervereinigung mit dem Leben.

Seitdem die Regierung Kahr   in Bayern   im Sattel saß, gewissermaßen als Bollzieher der illegalen faschistischen Bünde  , war die systematische Bewaff­nung der bayerischen Einwohnerwehren durchgeführt worden. Die Einwohnerwehren hatten sich als Nebenregierung in Bayern   etabliert und verstanden mehr und mehr in die voll­ziehende Gewalt einzubringen, in der flaren Erkenntnis, daß sich im parlamentarischen System die Machtverhältnisse stärker von der Legislative   nach der Exekutive verlagert hatten.

Eine der wichtigsten Positionen der Einwohnerwehr­faschisten maren ihre Bertrauensleute in der Münchener