zu sehen wünscht. DaZ Plenum wird hoffentlich de» bezüglich der Haftpflicht von Beamten gefaßten Beschlüssen gegenüber einen dicken Strich machen. Die weiteren Bestiinmungen des Obligationenrechts(Recht aus Schuldverhältnifsen) wurden den Beschlüssen erster Lesung ent sprechend angenommen. Desgleichen wurden znm zweiten Buch (Sachenrecht: Besitz, Eigenthum. Pfandrecht u. s. w. tzß 838 bis 1279) wesentliche Beschlüsse nicht angenommen. Zur Annahme gelaugte noch ein Antrag v. S t u m m. der im Eegensatz zum Beschluß erster Lesung das reaktionäre Recht des Ehe mannes, Arbeitsverträge, die seine Ehefrau geschlossen hat, sofort ohne deren Zustimmung zu lösen. durch folgende Bestimmung»u Z 1341 verbessert:„Hat sich die Frau einem dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das RechtSverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn au Antrag des Mannes das Vornumdschaiftsgericht den Mann zu der Kündigung ermächtigt hat. Das Vormundschafts gericht muß die Ermächtigung ertheilen, wenn die Fortsetzung der Thätigkeit der Frau sich als eine Schädigung der ehelichen und Familieninteressen erweist. Das Kündigung� recht des Mannes ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Vev pflichtung der Frau zugestimmt hat, oder seine Zustimmung au Antrag der Frau durch das Vormundschastsgericht ersetzt worden ist* Ferner wurde das Recht des Ehemannes, ohne Zustimmung der Ehefrau deren Forderungen, falls sie nicht auf Zinsen stehen. einzuziehen(Z 1359 Nr. 2) gestrichen. Weitergehende Anträge wurden abgelehnt. Die Debatte mußte bei§ 1890, der eine neue Handhabe zur Einkasstrung von öffentlichen Sammlungen dar bieten soll, abgebrochen werden. Zur Berathung stehen noch außer dem E i n f ü h r u n g s g c s e tz aus: die Abschnitte über Eheschließung, über Ehescheidung, uneheliche Kinder, Vereinsrecht und Erbrecht. Die nächste Sitzung findet am Montag statt, am Sonnabend gedenkt man zum Schluß der KominissionSberathnng zu gelangen. Die Ndressen der Lokalkoinmissiouö-Mitalicder sind: 1. Wahlkreis: Fr. K u b a t, Neue Friedrichstr. 3, v. 4 Tr.; O s k. K e n k e l, Stralauerstr. 54, v. 3. Tr. 2. Wahlkreis: W i l h. M e w s, Mariannenstr. 13. v. 4 Tr.; Ew. Krüger, Schöncberg, Kaiser Friedrichstr. 14. 3. Wahlkreis: O s k. M a h l e. Ritterstr. 104, Hof 3 Tr.; Wilh. Hinz, Dresdenerstr. 48, 3 Tr. 4. Wahlkreis(Ost): O s k. B l u m e, Frankfurter Allee 81; Heinr. Faber, Friedrichsselderstr. 31, v. 2 Tr. 4. Wahlkreis(Südost): K.Scholz, Wrangelstr. 32, v. park.; Rh. La ng ner, Wieuerstr. 23, v. 3 Tr.; Wilh. Jöchel, Köpnickerstr. 190, Seitenfl. 2 Tr., für Treptow . 5. Wahlkreis: Spät, Weinstr. 23, v. parterre; Busse, Sophienstr. 28/29. 6. Wahlkreis: H. Tausche!, Grenzstr. 4, v. parterre; ©. H e r r in a n n, Puttbnserstraße 45, pari.; E. Schulz, Kastanien-Allee 4, Seitenfl. 4 Tr. Alle Anfragen resp. Briefs endungm in Lokalangelegenheiten sind an Karl Scholz, Wrangelstr. 32, v. part., zu senden. Wir ersuchen die Genossen, bei ihrem Verkehr die Lokalliste streng zu beachten, damit der Zweck derselben voll erreicht wird. Ei« grosses Volksfest wird genieinschaftlich von Partei- genossen des 4. Berliner und des Niederbarnimer Wahlkreises am Sonntag, den 21. Juni, im Schloß Weißensee abgehalten. Mit glieder der Arbeiter-Bildnngsschule und deS Arbeiter-Sängerbundes werden ihr bestes thun, um die Veranstaltung zn einer würdigen und genußreichen zu machen. Da trotz des überaus reichhaltigen Programms, über welches im Jnseratentheil nähere? mitgethem ist, das Billet im Borverkauf nur 20 Pf. kostet, wird auf zahlreichen Besuch auS allen Kreisen der Arbeiterschaft zu rechnen sein. Der Waljlvcrei« deS dritten Reichstags- Wahlkreises unternimmt heute, Sonntag, den 7. Juni, einen Familienausstug nach Friedrichshagen , Lokal Ravenstein , links von der Bahn. Abfahrt früh 10 Uhr vom Schlestschen Bahnhof. Für die Parteigenosse» des fünften Wahlkreises findet am Mittwoch Abend im Schützenhause, Linienstraße, eine öffent- liche Versammlung statt. In anbetracht der wichtigen TaaeS- Ordnung, in der die Organisatioussrage erledigt werden soll, machen wir die Genossen ganz besonders auf diese Versammlung aufmerksam. Achtung, kstixdorf l Den Genossinnen und Genossen zur Nachricht, daß am Mittwoch, den 10. Juni, abend? 3 Uhr, eine Volksversammlung in den Viktoria-Sälen, Hermannstr. 48—50, stattfindet, in welcher Genossin Frau Mesch über„Frauenrechte und Frauenpflichten" referiren wird. Znr Lokalliste für FriedrichShage« und Umgegend. Den vielen Anfragenden sei hierdurch mitgetheilt, daß das Lokal von Rapmund, Hessenwinkel am Dämeritz-See, für die Arbeiter- schaft nicht zu haben ist. Die Lokal-Kommission für Fri ed r i chs h-ag en. Eine Heldin verläßt in den nächsten Wochen das— Kr» ch t h a u s. Eine Frau, die an Tapferkeit und Opfermuth fast einzig unter den Vertretern ihres Geschlechts in der Won vev Getoevlse � Am Fasse der Vnramiden. Ta-bum-dum. Ta-dum-dum, Dililililililili-dilililililili. Njäää—NMä—, Queck— tfcherk.Oueck—tscherk—.Kschsch— Rfchfchl Man denke sich alle diese Geräusche gleichzeittg heroraebracht, ohne Takt und ohne Rhythmus, gebe dann noch da? Schnauben der Pferde und die klatschenden Schläge hinzu, mit denen die Kameele und Reitesel ttaktirt werden, und dann hat man die Musik, mit der die große Karawane über den Sand der Arena in Kairo zieht. Dem Auge erscheint daS Bild nicht so uneben. Borau der Scheifh im weißen Burnus auf einem Prachtschimmel, dann etwa dreißig Reiter auf echten Arabern, die ihre Füße setzen wie Tänzerinnen, mehr als ein Dutzend Kameele, Frauen hocken auf ihnen, und von zweien wird ein Häuschen gelragen; dann Büffel und langnasige, hornlose Schafe, zum Schlüsse ein halbes Schock Jungen, auf derben, lustigen, an den Gelenken tätowirten Eseln. Zwischen drin die schöne Musika. Paukisten, die darauf loSwettern, als hätten sie es in Akkord, Klarinetten- bläser, die gleichzeitig auch dem Dudelsack näselnde Töne ent- locken, Leute, die an einem Lendenschurz hunderte von Ziegen- klauen tragen und sie fortwährend schütteln. Es ist das Schluß- bild der Arena-Vorstellungen, das ich zu skizziren versuchte Die Zuschauer sind noch kaum auS dem weitausholenden Bretterbau heraus, sind die Eseljungen und Kameeltreiber schon mitten unter ihnen. Und nun beginnt das Reiten. Der Aufsteigeplatz liegt am Fuße des Palmenhains, in dem die Wustenaraber einige Zelte aufgeschlagen haben. Fast stet? sieht man darin nur die Frauen, kleine Gestallen mit einem blauen, eintätowirten Dreieck auf der Oberlippe; die Hände haben sie mit Henna gelbroth gefärbt, pfundschwere Siiberbänder umschließen die Handgelenke. Ansangs will niemand auf die Esel hinauf. Kinder, Jungen und Mädchen, brechen dann den Bann, und jebt werden auch die Großen neugierig. Einer nach dem andern wagc einen Versuch, bald trabt ein Esel nach dem andern dahin, die Ganiclye, Kameelstraße, hinab über den Chedivalplatz um die Mosch« Kait- Bay herum, deren schlanker Thurm sich höher«ch trhedt als die 30 Meter hohe große Pyramide, und zurück d««n bi« zum Ausgangspunkte. Hinter jedem Grauthier Gegenwart dastehen dürste, Frau AgneS Rein hold, ist am 10. Juli 1890 vo» dem Reichsgericht zu Leipzig zu sechs Jahren Zuchthaus verurtheilt worden, weil man sie für überführt erachtet halte, Flugblätter anarchistischen In- Halts, die sich auf den Bergarbeiter-Streik bezogen, verbreitet zu haben. Mit ihr waren ihr Gatte Hugo Reinhold , der Maler Behr und der Schlosser Wagenknecht angeklagt worden, znr Ausführung eines hochverrätherischen Nnternehmcns aufgefordert zu haben: in der Verhandlung führte die Heldin die Sache aber so schneidig, daß sie alle Schuld auf sich nahm, so daß ihr Mann und die beiden Mitangeklagten freigesprochen werden mußten; sie allein wurde zu 0 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Die edle Frau hat nunmehr sechs Jahre lang an einer der furchtbarsten Stätten menschlichen Leidens, hinter den Mauern eines deutschen Zucht- banseS, geduldet. Sie kehrt heim zwar mit dem offiziellen Stempel der„Ehrlosigkeit" versehen, aber kein Proletarier wird der Heidin seine tiefste Sympathie versagen. Als Fran Rheinhold über die Schwelle deS Zuchthauses trat, ließ sie ein geordnetes Hauswesen hinter sich zurück; jetzt, wo sie wieder zur Menschheit zurückkehrt, ist ihr Heim zerstört, sind die Trümmer desselben in alle Winde verstreut. Frau Neinhold ist genöthigt, das Zuchthaus mit dem Elend und der Roth zu vertauschen, wenn ihr von feiten der Arbeiter nicht thatkrästige Hilfe zu theil wird. Wir stimmen in dieser Sache rein menschlichen Mitgefühls dem hiesigen„Sozialist" bei, wenn er schreibt, daß es hier die Tapferkeit und den Opfermuth einer Freiheitskämpferin zu ehren gilt, und erwarten, daß die Arbeiterschaft der aus dem Zuchthause heimkehrenden Heldin nach Kräften helfend zur Seite stehen wird. Gelder für Frau Reinhold werden, wie der„Sozialist" bekannt giebt, von Robert Winkler, Berlin , Gränauerstr. 3, Hof 4 Tr., in Empfang genommen. Die MagistratS-Kommissio» zur Berathung über einen zwischen Kultusministerium und Magistrats-Kommissarien ver- einbarten Vertrags- Entwurfs über Angliederung des In- f e k t i o n s-(K o ch' s ch e n) Instituts an das zu errichtende vierte städtische Kranlenhaus hat in der gestrigen Magistrats- sitzung dem Kollegium Bericht erstattet. Dieselbe hat nun folgende Vorschläge gemacht: Das Institut für Jufektionskrankheiten wird außerhalb der Anlage des vierten städtischen Krankenhauses, auf einem von dem Fiskus von der Stadt käuflich zu er- werbenden städtischen Grundstücke neben dem Krankenhause errichtet. In dem vierten städtischen Krankcnhause wird eine Abtheilung für Jnfektionskranke von 100 Betten eingerichtet. Die Leitung dieser Ablheilung untersteht einem städtischen dirigirenden Arzte, der mit allen Rechten und Pflichten eines solchen zugleich Mitglied des Instituts ist. Das Institut ist ver- pflichtet, für die Siadt alle bakteriologischen Untersuchungen, welche nach dem Urlhetle der Krankenhaus-Direktion im Interesse des vierten städtischen Krankenhauses erforderlich werden, kosten- frei auszuführen. Der Vertrag soll mit der Eröffnung deS vierten Krankenhauses in kraft treten und während der ersten fünfzehn Jahre seines Bestehens unkündbar sein. Das Kollegium hat diesen Vorschlägen seine Zustimmung«rtheilt. Eine ent- sprechende Vorlage wird der Stadtverordneten-Versaininiung dem- nächst vom Magistrat unterbreitet werden. Vom bevorstehenden Rücktritt des Ober- Bürgermeisters . e l l e brachten einige Abendblätter Meldungen. Die Nachrichten öllen unwahr sein. Patriotismus auf internationaler GefchastSbastS. Wie alle Unternehmungen, soweit sie einträglich bleiben sollen, im Zeitalter des Kapitalismus über die engen Grenzen des Vater- landes Hinanswachsen müssen, so auch die des Patriotismus. Dies hat eine smarte amerikomsche Geschäfsfirma begriffen, die 'eit einiger Zeit mit Druckerschwärze in allen Ländern der Welt ür Ordnung, Religion und Sitte kämpft, und allem Anschein nach geschäftlich dabei gut ans die Kosten kommt.„The Werner C o m p a g n i e" hat ihren Zentraksitz in Chikago und unterhält außer in einer ganzen Reihe Städte der Union in Kapstadt , Melbourne , Sidney, Berlin , Paris , London und Madrid Filialen von anscheinend beträchtlicher Ausdehnung. Das Geschäft führte sich gelegentlich des SedanspektakelS durch ein„Prachtwerl" in Lieferungen ein, welches unter dem Titel „Bismarck-Denkmal für das deutsche Volk", den„großen" Krieg und namentlich des noch größeren Bismarck Leben und Thaten überschwenglich verherrlichte. Alsdann bot sich der amerikanischen Werner Compagnie die Gewerbe-Ausstellung als willkommene Gelegenheit, durch ein„Prachtalbum", das soeben erschienen ist, weiter in preußisch-deutschem Patriotismus Geschäfte zu machen. Ein wesentlicher Theil des uns vorliegenden ersten Heftes ergeht sich über die Bedeutung der Hohenzollern für das Treptower Unternehmen; patriotisch-militärische Illustrationen fördern weiter den Ruhm des Deutschen Reiches auf internationaler Geschäfts- zrundlage. Unseren deutschen GeschästSpattioten müssen vor sieid die Augen übergehen, wenn sie sehen, wie die amerikanische Firma ihnen die fette» Brocken vor dem Munde wegschnappt, die doch von Gottes und Rechts wegen den deutschen Schnäbeln ebührten, wenn anders der ganze Geschäftspatriotismiis einen lweck haben soll. Leider sind wir nicht in der Loge unseren iesern zu berichten, ob das internationale Geschäftshaus für Patriotismus in seiner Pariser Filiale den französischen ChaiwmS mit demselben Eifer dient wie in Berlin den preußisch-deuischen. Wer wollte aber zu bezweifeln wagen, daß die Werner Compagnie i5. drein springt schreiend der Eseljunge. Zum Besteigen der Kameele lud Treppen vorgesehen. Das„Kairo " der Berliner Gewerbe- Ausstellung zerfällt in drei Gruppen. Dem altcgyptischen Theil gehört der in >alber Größe nachgebidet» Tempel von Eds» an. Statuen, die itzende Männer darstellen, bewachen den Eingang. Im vorderen Theile de? Tenipels befindet sich eine Waffensammlung, und mehrere von Diamanten strotzende Tschibukpfeifenspitzen aus Bernstein sind zu sehen, rückwärts ist eine Reihe von Bildern untergebracht, die auf das Nilland in irgend einer Weise bezug haben. Es macht den Eindruck, als habe man nicht recht gewußt, was man mit den weiten Jnnenräumen des alten Tempels anfangen sollte. Der kleinere fast zierliche Tempel zur Linken des Edfu� Tempels ist dein nachgebildet, der sich am Sethos-Brunnen im alten Egypten erhob. Mit recht zartem Geschmack hat man in denselben die Druckeret eines Berliner Blattes einquartirt. Nur weiß man nicht recht: Hat das Blatt hier Unterkunft gefunden, weil«S ich gewaschen hat, oder, weil es einer Reinigung dringend bedarf. Wendet man sich der großen Pyramide zu, so gelangt man an einen kleinen Teich. Anfang Mai träumte hier tagelang ein alter Pelikan. er scheint die Berliner Luft nicht vertragen und sich empfohlen zu haben. In den Weiber hinein reicht ein Wasserrad, wie es heute noch zur Feld- bewässerung in Ober-Egypten im Gebrauch ist. Thönerne Krüge chöpsen das Wasser und tragen es zu einer Rinne hinauf, von Büffelochsen, denen man die Augen durch nasse Fetzen verhängt, wird das Rad in Bewegung gesetzt. Der schon erwähnte Palmenhain folgt dann, hinter dem sich die elsengräber befinden, und dann die Pyramide. Man kann ein tück an der Außenseite hinausklettern, ans der Rückseite sührt ein Aufzug in wenigen Minuten bis zur Plattform hinan. An die Pyramide schließt sich ein modernes Fellachendorf, dem ähn- lich, das sich bei den Pyramiden von Gizeh befindet. Den Haupttheil der Ausstellung füllt eine Nachbildung deS modernen Kairo . Das Interessanteste daran sind die Bazare zwischen der Kait-Bey-Moschee und dem Es-Suweleh-Thor, die Kameel- und Zuckerstraße. Nicht blos die Läden und Buden werden uns zezeigt und die Haupthandelsartikel des heutigen Kairo , in dem Bazar, der von der Sukkarijeh nach der Nabhaslnstraße führt, sieht man Schuster und Schneidtr bei der Arbeit, Goldarbeiler an allen Orten gleich tüchtige und geschäftSgewandte Ver- treter hat? Vom Polizeikampf gegen Anarchisten meldet der „Sozialist", daß der Redakceur Richard Weiß am Mittwoch früh l/s5 Uhr verhaftet worden ist, offenbar zum Antritt seiner sechswöchigen Strafe, die er sich wegen Beleidigung von Beamlen der politischen Polizei zugezogen hat. Das Blatt fragt: Warum ist Weiß verhaftet worden? Warum ist er nicht, wie es jedem bürgerlichen Preßsünder gegenüber geschieht, zum Antritt seiner Strafe einige Tage vorher aufgefordert worden? Ferner ist der Anarchist Snudat am Mittwoch früh 4 Uhr aus dem Bett nach Piötzensee'geholt worden. Gr hatte die Nummer des Blattes verantwortlich gezeichnet, welche den oben erwähnten Artikel von Weiß enthielt, und war mit diesem zu gleicher „Strafe" verdammt worden. Der JournaliSmnS ans der Höhe. Ein eigenartiges Geschäft bcireibt der Meldung eines Berichlerstatters zufolge ein Wiener Blältchen. dessen Herausgeber ein gewiffer Herr Spitz ist, und welches sich„Wiener Wespen", hmnoristisch-beileiristisch- national-ökonomiscke Revue, nennt. Das angezogene Blatt be- nutzt den größten Theil seines Raumes zu einer Schilderung der Berliner Gewerbe-Ausstellung. Die Notizen sind meist persönlicher Natur, d. h. sie beziehen sich auf die Ausstellungen einzelner Firmen, denen ein Loblied gesungen wird; jedoch nicht für umsonst. Einer der so Gelobten, ein Mitglied des Gesammlvorstande? der Ausstellung, Herr Otto Matern, erhielt von der Redaktion des genannten Blartes die schriftliche Aufforderung, gegen Einsendung von 20 M. auf die„Wiener Wespen" zu abonniren, wofür die Aufnahme einer stehenden Annonce zugesichert wurde. Wenige Tag« später wurde die Administration etwas deutlicher; sie sprach ihre„besondere Verehrung und Werthschätzung" Herrn M. gegenüber aus und erwartete, bauend ans seine Groß- muth" und im Vertrauen auf seine„bekannt« Großmulh", welche auch den indirekten Schaden der„Wiener Wespen" nicht zulassen werde, die Erledigung der Angelegenheit. Bereits am folgenden Tage erhielt der Fabrikant eine Quittung über die gesandten 20 M., wiewohl nicht ein Pfennig von Herrn M. abgeschickt worden war. Die„Wiener Wespen", die gewiß auch noch andere Geschäfte gebrandschatzt haben, betreiben ihre Praktiken ein wenig ungenirt. Aber an sich stehen sie kaum viel liefer da als die Mehrzahl der liberale», konservativen und unparteiischen Berliner Blätter, die gleichfalls ohne Skrupel im redaktionelle» Theil Geschäftsreklnmen bringen, daß es nur so hagelt— voraus- gefttzt, daß die gewissenlosen Jrresührungen des Publikums reich- lich bezahlt werden. Vom inneren NuSba« deS Deutschen Reiches. Der Bau des neuen Stnatsgefängnisses in Tegel wird»och in diesem Monat in Angriff genommen werden. Das Grundstück liegt am nordöstlichen Ausläufer der Jungfernhaide, westlich von der Tegeler Chaussee, nahe dem Artillerie- Schießplatze an der Schwarzen Brücke. In der Urania in der Taubenstraße wird das Wissenschaft- liche Ausstattungsstück„Durch den Gotthard " die ganze Woche hindurch wiederholt. Im Berliner Aqnarinm erregen außer den zahlreichen neuangekommcnen Seltenheiten ans den Klassen der Fische, Kriech-, Weich-, Krebs- und Wurnithiere, namentlich verschiedene Zucht- erfolge die Aufmerksamkeit der Besucher. In einem der ans- gedehnten, von drei Haifischarien bewohnten Seewasserbecken des unteren Rundtheils haben einige Weibchen deS weißgetüpfelien dalmatinischen Kaßenhai eine absonderliche Laichstätlc erwählt. Sie befestigen nämlich ihre etwa kleinfingerlangen, eine länglich. viereckige Hornhülle besitzenden Eier mittels rankenartiger An- hängsel der letzteren an einer aus der linken Seite des Bassin? in die Höhe geführten GlaZröhre.Zwelche sie zu dem Zweck mehr- malS umschwimmen. Jedes Weibchen legt zwei Eier hinter ein- ander ab, dann nach Verlaus von«inigen Tagen wieder zwei ,c. Um dieselben nicht zu gefährden, werden sie in einem der kleineren oberen Behälter untergebracht, wo die Keimlinge ihre mehrere Monate beanspruchende Entwicklung durchmachen und wo auch bereits die Jungen einer größeren Hatfischart gezeitigt worden sind. Gegen die verlängernng der elektrischen Bahn Gesund» brunneu— Pankow bis zur Straße Unter den Linde», bezw. gegen die projektirte Trace dieser Verlängerung, ist in der letzten Ver- sammlung deS Fachvereins der Berliner Droschkenbcsttzer Protest erhoben worden. Die Droschkenbesttzer weisen daraus hin, daß, wenn durch diese, fast durchweg sehr enge» Straßen sich auch noch die Wagen der elektrischen Bahn bewegen würden, die un- ausbleibliche Folge davon eine große Anzahl von Unglücksfällen sein würde. Die Erhaltung alter Bauwerke und anderer Gegenstände von wissenschastlichcm, historischem und künstlerischem Werthe wird in einem Erlaß, den der Kultusminister kürzlich an die ötegiermigSprästdenten gerichtet hat, den Gemeinden bei Erthei- iung von Konsensen zn Neubauten zur Pflicht gemacht. Heber den Kampf deS elektrische« LichtS gegen daS GaSlicht giebt der lüizlich erschienene Bericht der städlischen Gaswerke interessante Mittheilungen. Danach hat ans den Absatz deS Gases die vermehrte Anwendung deS elellrifchen SlromeS zu Beleuchtungs- und gewerblichen Zwecke», besonders auS den Aulagen der Berliner Elektrizitätswerle, deren Kabelnetz und Leute, welche die porösen Thongesäße drehen, die im ganzen Orient im Gebrauche sind, und in einem Winkel der Nabhas!»- straße kann man sich von der Kunstfertigkeit eines egyptischen Blechschusters überzeugen, und das wenige Handwerkszeug be- trachlen, nnt dem der egyptisch« Färber arbeilet. Alle diese Straßen, Gäßchen und Winkel werden wohl von einigen hundert Gästen aus dem Nillande bevölkert. Und alles handelt und will Geld verdienen. Immer wieder erscheinen die drei in gelbe Kaflane gekleideten StraßensSng«r. und dort, wo die Besucher am dichiesten stehen, beginnen sie zu singe». Jetzt näseln sie and dann schreien sie,»eigen sich vor und werfen sich nach rückwärts, stecken die Köpfe zusammen und drehen sich zum Schluß wie rasende Derwische. Sind st« ganz besonders gut aufgelegt, dann lassen sse daS Trara di bummdieh steigen. Und dann gehen sie absammeln. Und dasselbe ihnen dr« gewichsten Musiker, dir wir schon von der Arena her tennen, und Sie Säbelfechter, die auf einander losgehen, die reinen Berserker. Ich glauvr,»n Kairo macht jeder die Hand hohl, mit Ansnahnie der beiden alten Könige, die man vor den alte» Ed-Fu-Tempel vostirt. Eine Wahrsagerin orakelt in fünf Sprachen hintereinander, and vor einer Thür schieit einer, oft sünf Minuten ununterbrochen: Der Bauchtanz, der Bauchtanz.... Und hat er an dem geniig, dann kommt iu,S Bauchtanz an die Reihe, dem die Bauchtanz folgt. Ein eifriger Neger steht daneben und be» kräftigt die Aussage seines Kollegen mit einem Nebelhorn- kräftigen:„Hier!" Nach der Südseite, dem„Nordpol " zu, und der Köpenicker Landstraße entlang wird die Landesausstellung„Kairo " von Cafes und Gastwirthschaften flankirt, und das ist ihr dritter Theil. Hinter dem an der Straß« hinführendem Zaune bäckt ein egyptischer Bäcker vor den Augen der Zuschauer Brot, große, runde, hohle Fladen. Ich sehe heute noch die Augen, die un- längst«in kleines Mädchen zu deuiWorten machte:„O jeh, wenn das Windbeutel wären!" Auf dem freien Platz, der seinen Namen von dem Khedive hat, spielt unter Palmen ragtäglich eine Kapelle. Die Musiker lind Egypter, der Kapellmeister stammt anS Böhmen . Ich will nichts gegen die braven Männer sagen,— da sei Allah vor!— aber so oft ich ihnen noch zuhörte, kam mir daS Bild ans den „Fliegenden Blättern " in den Sinn: Der kleine Moritz und der Biß in die Zitrone.