Christentum n« Eine Aussprache t Im Programm der Deutschen Welle diskutierten gestern Ge» noss« Wilhelm Sollmann und L-ic. D. Mumm ijber ..Christentum und Sozialismus". S o l l m a n n wünscht Auseinandersetzung über Christentum und Sozialismus zunächst ohne Berücksichtigung der kirchlichen Gemeinschaften oder des parteigebundenen Sozialismus. Mumm stimmt zu. Cr formuliert die Frage so: Ob bi- blisches Christentum und marxistischer Sozialis- mus vereinbar sind. Sollmann: Mir ist es stets unbegreiflich gewesen, daß christliche Menschen gegen den Sozialismus sein können. Christen- tum scheint mir dem Sozialismus verwandt. Mumm gibt die Glaubenssätze seiner christlichen Weltan- schauung in dem Bekenntnis zu Christus und zum ewigen Leben. S o l l m a n n betont, daß hierin doch kein Wiederspruch zu So- zialismus und Marxismus liege. Der Marxismus ist eine wirt- schaftspokitische und sittliche Lehre. Christliche Welt- anschauung hat daneben Platz. Der Freidenker wende sich nicht van der Kirche ab, weil er Sozialist ist, sondern weil seine naturwissen- schaftlichen und philosophischen Erkenntnisse ihn zu dieser Weltan- schauung geführt haben. Mumm findet wirtschastspolitische und sittliche Forderungen zugunsten der Unterdrückten auch im Christentum. Er wendet sich gegen den Begriff„Klassenkampf" und gegen den Kampf gegen Privatbesitz. S o l l m a n n klärt ihn auf: Nicht gegen den erarbeiteten Privatbesitz ist der Sozialismus, nur gegen den g r o h k a p i t a- listisch beherrschenden. Das sozialistische Bekenntnis zum Brudertum, zur Solidarität stehe sicher nicht im Widerspruch zum Christentum. Wir wollen den Klassenkampf nicht, er i st da, er ist uns aufgezwungen worden. Der Sozialismus will alle Ar- b« i t e r ohne Unterschied ihrer religiösen Stellung zusammen- fassen. Auch die christlichen Gewerkschaften, obwohl sie den Klassenkampf grundsätzlich ablehnen, müssen sich mit ihm beschäs- tigen, müssen ihn für ihre Arbeiterrechte führen. Mumm gibt das zu. Aber er spricht von der Kampf- s ä h i g k e i t der Organisation, die nicht als Normalzu- stand gelten dürfe. Sollmann wiederholt seinen Hinweis, daß auch die Sozia- listen nur aus Friedenswillen Klassenkämpfer ge- worden seien. Er hebt hervor, daß nicht nur in Deutschland viele Bekenner der christlichen Religionen, darunter hunderte von Geist- lichen, zur Sozialdemokratischen Partei zählen, sondern daß es ganze Länder mit betont christlichem Sozialismus gäbe, zum Bei- spiel England. In Deutschland sind Gegensätze zwischen Christen- tum und Sozialismus vor allem aber durch die enge Verbunden- heit der Kirche mit dem Königtum entstanden. Die Arbeiterschaft mußte sich naturgemäß von solchem Christentum abwenden.
d Sozialismus or dem Mikrophon Mumm erklärt, daß es schon vor dem Kriege eine Strömung in der evangelischen Kirche gegeben habe, die die Freiheit der Kirche wollte, daß aber auch heute der neue preußische Kirchenver- trag diese Freiheit noch einenge. S o l l m a n n: Wenn der preußische Staat einen gewissen Ein« stutz auf die Kirche behalten will, so doch nur darum, weil sie sich staatsfeindlich betätigt hat. Mumm gib das zu, nennt es sanft„Entgleisungen", die vor- kamen und nach vorkommen. Er macht es der Sozialdemokratischen Partei zum Vorwurf, daß von ihren 143 Abgeordneten nur 10 evangelisch und 7 katholisch, die übrigen aber freireligiös feien. S o l l m a r. n: Unsere Abgeordneten bekennen sich da- zu, wenn sie keine innere Bindung mehr an die Kirch« haben. Aber wenn Sie bei den bürgerlichen Fraktionen nach- fragen würden, so wären darunter sicher sehr viele, die sich zwar Christen nennen, die ober nie in eine Kirche gehen oder das Abend- mahl nehmen. Andererseits stellen wir es jedem frei, sich zur Kirche zu bekennen. Severing zum Beispiel tut es heute noch, und er hat dadurch als Parteiführer keine Schwierigkeiten gehabt. Mumm(etwas gedämpft): Natürlich ist die innere Emstek - lung für das Christentum maßgebend, aber Ihrer Bewegung fehle die Hoffnungsfreudigkeit, die das Christentum und seine Märtyrer beseelt. S o l l m a n n: Blutzeugen hoben auch die Sozialisten und die Freidenker gehabt. Was wir immer wieder der christlichen Kirche zum Vorwurf machen müssen, ist, daß sie jede scharfe Stel- lungnahme gegen den mammonistischen Seelen- m o r d vermissen läßt. Mumm zählt einzelne christliche Wohltäter auf: er findet, daß auch der Kampf gegen geistigen Schund und Schmutz sittliche Tat der Kirche sei. S o l l m a n n: Die christlichen Persönlichkeiten wollten immer nur den Opfern der kapitalistischen Wirtschaft helfen. Der So- zialismus will die Quellen verstopfen, um solche Opfer zu vermeiden. Wir sind keineswegs gegen Bekämpfung schlechter Literatur. In unserer Jugendbewegung ziehen wir sehr erfolgreich dagegen zu Felde. Zu den heutigen Problemen von „Schund und Schmutz" stehen wir anders als Sie persönlich: Sie haben aber auch in den christlichen Kirchen eine Menge Menschen, die darin weniger engherzig sind als Sie. Mumm begeistert sich plötzlich für Macdonald, den er in die Meihe der deutschen christlichen Arbeiterführer stellt.„Macdonald ist ein Gesinnungsfreund von uns." S o l l m a n n: Er ist aber sozialistischer Arbeiterführer und Mitglied der Internationale. So steht also nichts dagegen, daß Sie auch beitreten. Mumm scheint in seinem schwungvollen Schlußwort doch noch nicht völlig bereit zu sein....
//Eiserner Dienst für denStaat" Severings Mahnung an die Landjäger. Heute vormittag begann im Lehrervereinshaus der B e r- bandstaz des Verbandes Preußischer Landjäger«)» b e a m t e r, der durch eine Rede des preußischen Innenministers, Genossen Severing, eingeleitet wurde. Dem Verband gehören die meisten preußischen Landjägereibeamten an. Genosse Severing führte aus: Durch meine Anwesenheit soll der ern st e Charakter der heutigen Zeit unter- strichen werden. Nicht nur als Ihr Vorgesetzter, sonder als Ihr Kollegs stehe ich vor Iljnen, um der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, daß die preußischen Landjäger auch in dieser harten Zeit treu zu diesem Staate stehen, zur deutschen Republik. Die heutige Notzeit ähnelt der vor hundert Iahren, jenen Zeiten, die Preußen zwischen 1806 und 181S und nachher durchgemacht hat. Glücklicher- weise sind derart trüb- Zeiten auch im Leben der Völker selten. Das ist natürlich kein Trost, mein Hinweis auf die Vergangenheit soll nur zeigen, daß auch solche trüben Zeiten überwunden werden, wenn das Land über die geeigneten Männer oerjügt. In unserem demokratischen Staat kommt es allerdings nicht bloß auf ein paar Führer an. sondern darauf, daß eine recht breite Schicht zu finden ist, die bereit und geeignet ist, durch höchstes Ber- antwortungsgefühl gegenüber dem Staate die Not zu überwinden. Ich Halle es für meine Pflicht, hier vor aller Oeffentlichkeit zu sagen, daß die preußische Landjägerei zu dieser Schicht gehören will. Sie werden treu Ihre Pflicht erfüllen, wenn man Sie auch be- schimpst; sind Sie die kleinen„Bluthunde", so gelte ich als der„Generolbluthund". Gegen diese Beschimpfungen setzen wir unser gutes Gewissen und etwas Humor. Wir haben in diesen Krisenzeiten unsere Pflicht und Schuldigkeit zu tun, und e» wäre daher falsch, sofort zum Schießprügel zu greifen, es wäre aber auch falsch, Aufruhrern gegenüber mit Lavendel und Thymian vorzugehen. Nachsicht gegenüber Redensarten, keine Nachsicht gegenüber jenen, die durch Toten ein vollständiges Chaos herbeiführen wollen. Ich brauche keine neuen Dienstvorschriften zu erlassen, Sie selbst wissen, in welcher Situation Sie von den ernstesten Mitteln Gebrauch zu machen haben. Wir werden nach längere Zeit mrt diesen schwierigen Verhältnissen zu rechnen haben. Es ist noch nicht abzusehen, wie lange wir noch in dieser Talsohle wandern müssen. Ich wünsche nur, daß es den Besprechungen in Chequers gelungen sein möge, den ersten Schritt zur Lockerung unserer Verpflichtungen und damit zur Förderung der europäischen Verständigung zu tun. Allerdings, ohne Abbau der Zollmauern ist an eine Erleichterung der europäischen Wirtschaftslage nicht zu denken. All das aber braucht Zeit und bis zu dem Augenblick, in dem es besser wird, heißt es, die Nerven zu behaltenl Dos heißt, eiserne Dienstleistung für den Staat. Wenn Sie auch mit der Art der Gehaltskürzung nicht einverstanden sind, und wenn Sie mit vielen anderen Schichten des deutschen Volkes der Meinung sind, daß die letzte Not- Verordnung viele unsoziale Bestimmungen«nt- hält, so darf doch, wie immer auch sich die endgültig« Gehalts- kürzung auswirken sollte, kein Zweifel an der Erfüllung Ihrer Pflicht entstehen. Was ich hin kann, um die vonReichs wegen angeordnete Gehaltskürzung für die preußische Polizei aus- zu gleichen, will ich tun. Singe aber erst einmal der Gedanke an die Zuverlässigkeit der Organe des Staate, verloren, dann käme erst recht der Gedanke an den Staat ins Wanken. Severing ging im Anschluß an diese Ausführungen auf Orgonifationsfragen der Landjägerei ein. „Wir schatten um auf Hollywood ." Capitol. Herr Paul Morgan kommt nach Hollywood und macht bei den Stars seine Antrittsvisite und sieht nebenbei Aufnahmen, die sich aber hauptsächlich auf Girlporaden beschränken. Die Girls werden außerdem in koloriertem Zustand dem Zuschauer serviert, und die amerikanischen Kolorierungskünste bedeuten keine ungetrübte Freude. Girls sollten endlich aus dem Film verschwinden. Sie verbreiten nur noch Langeweil«. Der Film könnte auch heißen„Stars und Starverehrung" oder „Stars am häuslichen Herd" und so ähnlich. Man überrascht Adolphe Menjou bei einem heldenhaften Kampf mit der deutschen Sprache, Ramon Nooarra beim Singen eines schmachtenden Liedes. Luster Keaton zeigt das' unbewegliche Gesicht und John Gilbert sein schönes, heldenhaftes Profil. Heinrich George probt für den„Alexander- platz", während Greta Garbo dem Publikum nur den Anblick ihrer Villa gönnt, einer sehr schönen Villa allerdings. Mit vorsichtigen Fingern wird etwas von der Schminke der Stars abgewischt. Auch große Menschen haben ihre Schwächen, aber sie bleiben doch in allen Lebenslagen bedeutend. Die Witze, die hier gemacht werden, sterben an Altersschwäche, und die Austiahmen von Hollywood , etwa von den Atelierstraßen, bewegen sich nur an der Oberfläche. So präsentiert sich das Ganze als eine Angelegenheit, deren Zweck nicht zu erkennen ist. Dabei könnte aus dem Sujet ein« hübsche Groteske entstehen. �
Abkommen Reibaro-Rolter. Die Abonnentengemeinschaft der Reibaro hat mit den Rotterbühnen einen Vertrag, abgeschlossen, wonach ihre Mitglieder in der nächsten Saison zu ermäßigten Prei- fen Operettenvorstellungen im Metropoltheater und Berliner Theater erhalten. Ob aus dieser Erweiterung der Reibarogrupp« nun alsbald „das größte Theaterbüro der Welt" Wersen wird und ob sich weitere Konfümentenorganisationen wie etwa die Funkfreunde anschließen werden, ist vorderhand reine Zukunftsmusik. Almenkrankheit unheilbar. Nach Meinung holländischer Vota- niker, die auf dem Gebiet« Der Ulmenbiologi« viele Versuche an- gestellt haben, ist das Ulmenfterben nicht zu bekämpfen. Die kran- ken Baume müssen alle sofort gefällt werden, wobei darauf zu achten ist. daß Holz, Rinde und Laub vollständig an Ort und Stelle vernichtet werden. Der Erreger ist ein kleiner Pilz, der durch ein als Ulmenkäfer bezeichnetes Insekt übertragen wird. Man will ver. suchen, experimentell solche Ulmensorten herauszufinden, die gegen den Pilz fest sind. „Ausstellung des deutschen Luches" in Buenos Aires . In An- Wesenheit des provisorischen Präsidenten Uriburu und seiner Mi- nister wurde im Pavillon für schöne Künste in Buenos Air«, Die „Ausstellung de? deutschen Buch«»" eröffnet, die vom Börsenverein deutscher Buchhändler im Namen de, gesamten deutschen Buch- Handels veranstaltet wird. vi« Ersiausiührulig der.ichinen Helena» im Kurfürstendamm.Tieater ist aus Montag verlegt worden. Di- g-lästen«arten Malten Äültiateit, die Korten jür spätere Dorstcllunzen werden an der Kasse umgetauscht. Julius Ehrlich, der deutsche Dirigent, ist von der Sowjetregierung»um iUtUr dar riMchen Staatlich« Oper« 2««r»grah mmtat ward«
Alt-Berliner Ausstellung. In.der Zeit der Bauausstellung und der Bautagungen zeigen. auch die Berliner Museen eine Ausstellung Berliner Bauten: dos Kupfer st ichkabinett hat in einer sehenswerten Schau die Blätter vereinigt, in denen vom 17. Jahrhundert an die Graphik die schäirsten Bauten Berlins vor Augen geführt hat. Die Reihe beginnt zeitlich mit Philipp Uffenbachs Radierung eines Ringel- stechen? vor dem Berliner Schloß, jenem Renaissancebau, den sich der Kurfürst Ioachin II. durch Caspar Theyß von 1538 an erbauen ließ. Der alte Graphiker Hot 1592 die ganze schmuckreiche Fassade am Schloßplatz vor Augen gehabt. Ein Jahrhundert später, 1695, sticht Bernhard Schultz den großen Plan von Berkin inmitten seiner neuen Befestigung, wie sie der große Kurfürst so stark angelegt hatte. Am Ende des 18. Jahrhunderts, 1780 entstanden die berühmten Blätter Jean Rosenbergs, die kolorierten großen Ansichten hervor- ragender Straßenzüge mit ihren Hauptbauten. Ein reizendes Blatt ist jene Droschkenanstalt in der Landsberger Straß« 19, um 1810 dargestellt: das war ein Privatunternehmen, aber unter priviligierter Aufsicht, das hier in der hübschen Lithographie seine Fuhrwerk« auf dem Hos zeigt. Eduard Gärtner läßt mit seinen Ansichten vom Portal der Universität und vom Eingang zum Schauspielhause den Geist der Schinkelzeit lebendig werden. Der Amerikaner Joseph Pennell ähnelt den Blick von der Stralauer Brücke aus die Innen- stadt recht seinem Manhattan an. Die Folgen der Ansichten der neuen Häfen, die Paul Herrmann radierte, die Straßenbilder von Georg Fritz sind eine Chronik des im Neu-Beriin bewahrten Alt- Berlin. Aber lang und schmerzlich ist die Liste olles dessen, was zu- gründe gegangen ist und nun hier im Bild« noch einmal gezeigt wird. Dos ist der schöne Bau der Akademie, der, als der Zeughaus- architekt Rering ihn als Stallgebäude errichtete, nur einstöckig war, der dorm 1696/1697 sür Akademiezwecke aufgestockt wurde, 1743 abbrannte, 1749 neuerstand, 1835 von Schinkel umgebaut wurde; Schleuen hat ihn gestochen. Da ist die alte Münze von Heinrich Gentz am Werderschen Markt, der Schöpsungsbau des Berliner Klassizismus, 1886 ohne Rot abgebrochen. Da ist das Palais der Gräfin Lichtenau, der Favoritin Friedrich Wilhelms II. , gegenüber dem Charlottenburger Park am anderen Spreeufer. Und unsere Verlustliste geht weiter zu Gropius' de» Aelteren schönem Diorama, zu Schinkel» Packhof am Kupsergraben, zu der monumentalen Durchfahrt von Unter den Linden zur Neuen Wichelmstraße, gleich» falls einer Schöpfung Schinkels, die bis in unser« Zeit stand. Um so mehr müssen weitere Verlust« des schönen Alt-Bersin in Zukunft nach Kräften verhütet werden.
Menschen gingen vorüber. pari». Anfang Juni 1931. Die Goulu. Zur Zeit hat Paris eine viel besuchte Ausstellung von Gemälden des großen Abenteurers Touloufe-Lautrcc orga- nifiert. Der Name dieses Molers ist eng mit der Tänzerin Goulu verknüpft, die er volkstümlich und zum großen Kasienstück des heute ganz auf den Hund gekommenen Lrils Moulin rouge gemacht hat. Die Goulu! Noch heute laufen alte Herren nur in die Gemälde- ausstellung, um die Goulu wenigstens noch einmal auf der Lein- wand zu sehen. Die Goulu, da» war einst vor 30 Jahren die heimlich« Kaiserin von Pari». Wo» ist ein« Mistinguett gegenüber einer Goulu! Merkwürdig: Beide sind Jüdinnen, die berühmteste französische Tänzerin von damals und die berühmtest« von heut«. Aber die Mistinguett kam au» einem armen Milieu, will nicht gern an die Vergangenheit erinnert fein und hat sich zu einer geld- gierige« Kerle ber bürgerlich»» SesMchast pntwtztB, der ße. bje
Sechzigjährige, weibliche Verbrcchertypen mit der jugendlichen Gc? wandcheit einer Zwanzigjährigen vortanzt, während die Goulu, mit 16 Jahren Wäscherin und mit 17 liahren Tänzerin, es nur bis zum 40. Lebensjahr auf den Brettern aushalten konnte. Dann begann der �Abstieg. Sie wurde Tierbändigerin, Bonbonverkäuserin und oertrödelte alte Waren. Müde und abgeplagt schleppte sie sich in eine Dorstadtbaracke, einst hotte sie einen Palast. Sie starb vor zwei Jahren. Als sie einmal kurz vor ihrem Tode, in Fetzen gehüllt, ihren Ball, die dloulin rouge, die sie durch ihren Quadrillentanz berühmt gemacht hatte, in Begleitung einiger Freunde wieder aufsuchen wollte, wurde sie von den Kontrollbeamten infolge ihrer furchtbaren Kleidung hinausgewiesen, und erst die Direktion verschaffte ihr widerwillig noch ein letztcsmal Zugang zu der großen Stätte ihres Wirkens und ihres Ruhms. Di« Goulu ist vergessen. Sie hatte 15 000 Liebhaber, solange sie öffentlich auftrat. Einige letzte gehen noch zur Gemäldeausstellung. Zu ihrem Grabe bequemt sich keiner mehr. Nicht mal ein kleines Gänseblümchen mehr legt jemand von denen aus ihr Grab, die einst Millionen dafür gegeben hätten, mit ihr auch nur einen Blick austauschen zu dürfen.� Die Besiegten. Nur an Severine denken noch die Menschen, an die große Schriftstellerin und Rednerin, deren Rede für Sacco und Banzetti ein unvergleichliches Meisterwerk war. Einmal im Jahre besuchen alle großen französischen Schriftsteller, die links stehen, gemeinsam das Gryb von Severine.„Man muß immer die Wahrheit sagen, empfahl Severine auf ihrem Totenbett. Das tat ich im Gedanken an sie", lautet der Anfang des Buches„Menschen gingen vorüber..." von Marcelle Capy , die eben dafür den Severine-Preis erhielt. Capy schildert in ihrem Buche ein kleine» französische » Dorf, das vom Krieg überrascht, wird. Im Februar 1918 kommen deutsche Gefangene. Man hatte sich ge- schworen, sie zu boykottieren, aber sie waren auch Menschen, und bald waren Fritz, Franz und Karl im Dorf beliebt. Ein französischer Soldat kam als Kriegsblinder heim, und er gab Franz die Hand: „Ich bin nicht böse aus Sie!" Als die Deutschen nach Kriegsende das Dorf verließen, trauerten alle ihnen nach. Da verstand man im Dorfe, daß die Menschen nicht dazu geschaffen sind, sich zu hassen und zu verachten, sondern sich kennenzulernen und gemeinsam zu arbeiten.„Hätten die Menschen sich schon früher kennengelernt, so hätten sie nicht im Feuer der Schlachten den Tod gesät, so wären sie nicht getäuscht und erniedrigt worden." Xuit Lerv.
Filmaufnahme der lebenden Zelle. Ein wichtiger Fortschritt zum Studium de« Krebse» und anderer Krankheiten ist jetzt durch eine Bervollkommnung der Technik gemacht worden, die es gestattet, Filmaufnahmen von dem Wachstum der lebenden Zellen herzustellen. Diese Technik, die an dem New-Yorker Rockefeller-Institut für medizinische Forschung ausgebildet ist, wurde von einem Mitglied de» Instituts, Dr. Albert Ebeling, der Amerika- nischen Chemischen Gesellschaft vorgeführt. Mit Hilfe dieser Auf- nahmen lassen sich jetzt vergleichende Studien des Wachstums der gesunden und der bösartigen Zellen vornehmen.„Was wir hier versuchen", sagt Ebeling,„ist die Begründung einer neuen Physio- logie der lebenden Zelle. Ihre letzte Aufgab« wird darin bestehen, zu ergründen, wte man lebende menschliche Zellen gesund erhält und wie man bösartig« Erkrankungen, so den Krebs, bekämpfen kann." Die gegenwärtige ungenügende Kenntnis der Elemente des menschlichen Körper» ist nach seiner Ansicht die Folge de» grundsätz- lichen Irrtum», der darin bestand, daß man nur die Zellform er- forscht hat, während man das Studium der Zellfunktion übersah. Deshalb ist man trotz«ine» fast 100jährigen Studiums der Zell « in der Erkenntnis der Zellkrankheiten noch nicht viel weiter gekommen. Da» neue Derfahren bietet nun«wen Weg, um die Vorgänge w der fOttton Z-ll» MS » Li ökjG'jchen., v � � �