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Die deutsche Krankenstube.

,Oer Patient fiebert, Schwester, wir wollen es zunächst einmal ganz dunkel machen." Macdonald gegen Gozialabbau. Widerstand gegen die Kommisfionsvorschläge.

London , 11. Juni. Aus einer Versammlung der Ardetterabgeordneien im Unter- hau» erklärte Ministerpräsident Macdonald, dch die Regierung die Empfehlungen der königlichen Kommission für Arbeitslosen ver- ficherung betreff» der Uebergangsunterftühungen. Verringerung der Anterstühungen. Erhöhung der Beiträge und Verlängerung der Wartezeit ablehnen«erde. Da» bedeutet, daß die Regierung die wesentlichsten Empfehlungen der Kommission ignoriert. Mac- donald empfahl jedoch, denjenigen Teil de» Bericht» anzunehmen, der sich mit der mihbräuchlichen Inanspruchnahme der Arbeits- loseounterstühung befahl und stellt die Vorlage eines entsprechenden «esehentwurse» noch vor Beendigung der jetzigen Sitzungsperlode des Parlament» in Aussicht. Von diesem Gesetzentwurf werden n. a. betroffen:«erheiratete Frauen sowie Gelegenheit»- und Kurz- arbeiter, die ausreichende Löhne verdienen. Macdonald gab zu verstehen, dah die Regierung da» Unterhaus bald um eine Verlängerung der Bestimmungen für die Uebergang,- Unterstützungen und einen erweiterten Kredit für die Arbeits­losenversicherung ersuchen werde. Im Unterhaus erklärte Macdonald, dah die Regierung auch jetzt nach Vorlage des vorläufigen Berichts der königlichen Kommission für die Arbeitslosenversicherung nicht beabsichtige, eine Konferenz der Parlamentsparteien zur Beralun der Arbeitslosenversicherung einzuberufen. s* Die ablehnende Stellungnahme der Arbeiterregierung gegen die Abbauvorschläge der eingesetzten Kommission ist für Deutschland um so bedeutungsvoller, als sich die Reichsregierung, insbesondere der Arbeitsminister S t e g e r w a l d, auf die englischen Kommissions- vorschlüge berufen hat, um die Abbaubestimmungen der Rotverord- nung gegenüber den Arbeiterorganisationen zu rechtfertigen. Die englischen Gewerkschaften haben mit derselben Entschieden» beit gegen diese Pläne Front gemacht wie die deutschen . Die eng» tische Regierung erkennt diesen Widerstand als berechtigt an. Herr Stegerwald mühte nun, wenn er konsequent bleiben wollte, unter Berufung auf das englische Beispiel einer entsprechenden Aende- rung der Notverordnung zustimmen. Darüber hinaus mag die deutsche Arbeiterklasse an diesem Bei-

spiel erkennen, was es bedeutet, ob die Sozialdemokratie an der Regierung ist oder nicht. Amerika hält Deutschlands Lage für ernst, aber nicht kritisch. vtashinglon, 11. Juni. Staatssekretär Stimson hatte heute wiederum eine lange Unterredung mit Präsident ch o o o e r. In einer Pressekonferenz, die in Stimsons Abwesenheit stattfand, erklärte Unter st aats- sekretär Castlr, dah die Regierung der Bereinigten Staaten die Lage in Deutschland für ernst ansehe. Diese Ansicht der Regierung teile ein jeder in den Bereinigten Staaten. Deutseh- lands Lage, so fuhr Eqstle fort, stelle eine allmähliche Auf- Häufung von ungünstigen Faktoren dar, aber man sei in Amerika nicht der Ansicht, dah sie im gegenwärtigen Augenblick ausgesprochen kritisch sei. Ein taktisches Manöver Mussolinis. Rom , 11. Juni. (Eigenbericht,) Die italienische Regierung beabsichtigt, wi« der Korre­spondent desSozialistischen P r e s s e d i e n st e s" zuver­lässig erfährt, auf den Ueberschuh aus den deutschen Reparation»- zahlungen zu verzichten, wenn alle anderen europäischen Gläubiger da, gleiche tun. Gemeint ist vor allem Frankreich . Man erwartet hier von der eventuellen Amiahme eines solchen Vorschlags weniger große praktische Wirkungen für die Lösung der Reparationssrage, als vielmehr eine moralische Einwirkung aus Amerika . Wenn Amerika sehen würde so argumentiert man hier dah es den europäischen Staaten mit einem Opfer Ernst sei, und dah sie auf Summen verzichten, die bisher nur dem Ausbau ihrer Rüftungeiz gedient hätten, dann würde Amerika mit Rückficht auf das Gelingen der Abrüstungskonferenz vielleicht eher zur Streichung von Schulden oder zu einem beträchtlichen Schuldennachlah bereit sein. Aber Italien ist, wohlgemerkt, nur dann zu einem Verzicht auf den genannten Ueberschuh bereit, wenn alle, Frankreich voran, sich ebenfall» dazu bereit erklären. Darin liegt die Schwierigkeit des zunächst rein taktisch zu nehmenden Manöver».

Aeihlen läßt wählen. Die Kampfparole der Sozialdemokratie. Ziemlich plötzlich hat die Regierung Bethlen das ungarische Abgeordnetenhaus aufgelöst und die Neuwahl auf die Zeit vom 28. Juni bis 7. Juli festgesetzt. Schon am 13. Juli tritt das neue Haus zusammen. Die Regierung Bethlen hat für den Wahlkampf die denk- bar kürzeste Zeit festgesetzt, außerdem die Zeit, wo die Land- bevölkerung den ganzen Tag auf dem Felde schwer arbeitet, um den Ausfall durch Regentage nicht allzu schwer werden zu lassen. Die Wahl ist nur in Budapest und Hm- g e b u n g sowie in sieben großen Provinzstädten geheim, sonst überall öffentlich: sozialdemokratisch wählen bedeutet da. sich der Rache der Gutsherren, Gendarmen undErwachen- den" auszusetzen. Nicht wenige Landarbeiter sind auf Wanderarbeit im Ausland. Und IS 000 Mitglieder derKgl." ungarischen Ge- h e i m a r m e e sind gerade jetzt zu mehrwöchigen Hebungen einberufen! Das Mandat des Parlaments wäre erst anfangs des nächsten Jahres abgelaufen. Der gesamte Wahlapparat der Regierung die Verwaltungsbehörden und die Brachialgewalt inbegriffen find bereits in voller Tätigkeit für die Regierungskandidaten. Die besonders große. Eile, die Bethlen so plötzlich bekundet, charakterisiert die all- gemeine Lage Ungarns . Die allgemeine wirtschaftkiche Sta- qnation, verschärft durch die absolut verfehlte, nur mit dem Interesse der Großgrundbesitzer und Bankkapi- t a l i st e n rechnende Wirtschaftspolitik der Regierung hat in der Arbeiterklasse, aber auch im Kleinbürgertum, große Unzufriedenheit und Erbitterung angehäuft. Die sozialdemo- kratischen Abgeordneten haben in der Budgetdebatte die Regierung wiederholt darauf hingewiesen, und die Schaffung des geheimen Wahlrechtes gefordert. Bethlen spekuliert auf die Nichtwähler, obwohl von den 245 Mandaten des Ab« gcordnetenhaufcs 199 aus öffentlicher Abstimmung inan kann sagen: ans der Ernennung durch den Grafen Bethlen hervorgehen. Von den 199 Mandaten der öffent- lichen Abstimmung hatte 82 Proz. die Regierungspartei ein- geheimst, die demokratische Opposition aber kaum einige Mandate erzielen können! Unter diesen Umständen war in der Sozialdemokratischen Partei eine Strömung für Boykottierung dieser Wahl entstanden, doch hat der Parteioorstand nach'gründlicher Prüfung für Wahlbeteiligung entschieden. Der Landesparteiausfchuß hat mit allen gegen sieben Stimmen eine Resolution beschlossen, die das-terroristische System der öffentlichen Abstimmung brandmarkt und konstatiert, daß die herrschenden Klassen sich auf brutale Gewalt stützend mit verstocktem Haß sich den berechtigten Forde- rungen des Volkes widersetzt und das Land dem wirt- schaftUchen Zusammenbruch und neuen revolutionären Erschütterungen entgegenführt. Der Parteiausschuß verweist aus die fürchterlichen Ver- heerungen. welche das Regime im Interesse der Grohgrund- besitzer, der Hausherren und der Großkapitalisten mit seiner Wirtschaftspolitik in allen Schichten der Bevölkerung an- richtet; er verweist auf die immer größere tiefe Unzufrieden- heit und auf die Erbitterung unter den Industrie- und Land- arbeitern, Angestellten und Beamten, deren Leiden gegen- über die Regierung nur zynische Indolenz bekundet und deren gewaltsamen Ausbruch sie nur mit den Mitteln der Gewaltherrschaft zu unterdrücken vermag: er verweist auf die sich immer schärfer zuspitzende Krise der landwirtschast- lichen Produktion und auf die darauf folgende schwere wirt- schaftliche und politische Lage des Landes. Und auf Grund all dessen konstatiert der Parteiausschuß, daß die Sozial» demokratische Partei es als ihre elementarste Pflicht zu be- trachten hat, in dieser schweren Situation oller berechtigten Unzufriedenheit und Erbitterung der arbeitenden Beoölke- rung Ausdruck zu verleihen, die Stimme des Volkes laut werden zu lassen, alle im Volke geborgenen Kräfte zu organi- sieren und in den Kampf zu führen gegen die Reaktion. Zum Schluß wird aber die W a h l b e t e i l i g u n g der Sozialdemokratischen Partei verkündet, um auch mit Hilfe der Parlamentstribüne jenem Kampfe dienen zu können, der außerhalb des Parlaments von der Bevölkerung der Städte und Dörfer immer schärfer, entschlösse- ner, opferwilliger geführt werden muß. Als Wahl» parole wird ausgegeben: gesetzliche Arbeitslosen- Versicherung, ehrliche Bodenreform, auf Grund welcher die besitzlosen Landproletarier und Klein- dauern zu Boden und Existenzmöglichkeit gelangen können: alloemeine, elementare Freiheitsrechte, vollständiges Selbstdestimmungsrecht und allgemeines, geheimes Wahlrecht. Wegen des Berichts über diese Sitzung des Parteiaus- schusies wurde das ParteiorganMpszava"(., Volksstimme") unter dem Rechtstitel:Vergehen gegen das Ansehen der Nation und Aufreizung zum Klassenhaß" zweimal k o n- f i s z i e r t. Die zweite Ausgabe mußte wie die Staats­anwaltschaft ihren Utas begründete deshalb konfisziert werden, weil die nach Hinweglassung der inkriminierten Stellen leer gebliebenen weißen Flecke>.oufreizen- d e r" wirken als die bedruckten Seiten... Das der Auftakt zu Bethlens Wahlvorbereitungen!

Aationawersammwng im Kloster? lleberfiedlung nach dem Escorial geplant. Madrid , 11. Juni. (Eigenbericht.) Die Nationalversammlung, um deren Tagungsort in der letzten Zeit viel gestritten wurde, wird wie jetzt endgültig feststebt in Madrid zusammentreten. Für den Fall jedoch, daß e» in der Hauptstadt zu h-ih werden oder wenn es zu B e e i n> flujsungsversuchen der Stratze kommen sollte, wird sie nach dem Kloster Escorial übersiedeln. Der Ministerpräsident und mehrere Minister haben inzwischen das Kloster Escorial besucht und festgestellt, dah die Aula der Universität genügend Raum bietet, um die Abgeordneten aufzunehmen. Die Rationalversammlung wird auf jeden Fall in dem Gebäude des alten Kongresses eröffnet und selbst darüber beschließen, ob und wann sie nach Escorial übersiedeln will.

Strafellas Nachfolger al, Generaldirektor der Bundesbohnen ist Baurat Dr.-Jng. Egon Seefehlner. a. o. Professor an der Technischeu Hochschule w Wien , bbher im Direktorium der AEG.-

Oie Entwaffnung Oeuischlands. Sin Schreiben Briands an den Völkerbund. Genf . 11. Juni. Da» amtliche Mitteilungsorgan des Böikerbundssekretariats veröffentlicht einen Brief, den B r i a n d als Vorsitzender der Bot- s ch a s t e r k o n s e r e n z am 16. März 1931 iin Namen der belgi- schen, englischen, französischen, italienischen und japanischen Regie- rking an das Generalsekretariat gerichtet hat. Darin heiht es, dah bei der Zurückziehung der militärischen Sachverständigen der diplo- matischen Misstonen in Berlin am 31. Januar 1930 die Gesamtheit der Fragen, deren Regelung der Grund für die Anwesenheit der militärischen Sachverständigen in Berlin gewesen sei, noch nicht geregelt gewesen wäre. Die Durchführung der Entwaffnungs- bestimmungen sei bis zum 31. Januar 1927 von der Interalliierten Militärkontralltommission überwaiht worden: seither sei kein Kon- trollorgan mehr zuständig gewesen. Zum' Schluh schreibt Briand wörtlich: Die Botschafterkonferenz ist infolgedessen nicht befugt, ein Gesamturteil abzugeben über die Durchführung derjenigen militäri- schen Bestimmungen, die onlählich der Zurückziehung der Jntcr- alliierten Vilüärkontrollkommission als geregelt angesehen worden waren. Ebensowenig hat die Konserenz zunächst hie Befugnis, ein Ge- sawlurleil abzugeben über das Anwachsen der Militärbudgets de» Reiche», da die Frage der militärische« Ausgaben in dem Friedensvertrag nicht direkt erwähnt ist. Dagegen haben gewisse besondere Punkte, die noch seit der Zurück- ziehung der Interalliierten Militärkontrollkommission zu regeln waren, zu jenen Feststellungen geführt, die in einem b e s o n, deren Schriftstück zusammenzufassen als notwendig angesehen worden ist. Diese Feststellungen, auf die die Batschasterkonserenz besonders die Aufmerksamkeit des Lölkerbundsrqts lenken möchte, beziehen sich hauptsächlich auf die Artikel 160(E f f e k t i v b e- nb ÄetrmtietnB jl» 1W(Pattzev. 177(Tätig.

feit der Verbände), 178(militärische E i n r i ch t u n» g e n). Die Feststellungen gestatten nicht, die über die einzelnen Punkte erzielten Resultate, als befriedigend anzusehen. Es wird eventuell Sache des Välkerbundsrats sein, aus diesen Tat- fachen die F o l g e r u n g e n zu ziehen, die er für angebracht hält." * Nach dem geltenden Recht bedürste es zur Vornahme einer Investigation"(Entwaffnungskontrolle durch den Völkerbund ) des dahingehenden Antrag« eines Ratsmitgliedes und der Glaub- haftmachung von Verfehlungen Deutschlands . Das obenstehende Schreiben kann, so meint das Auswärtige Amt, dem Völkerbund keinen Anlaß zu irgendwelchen Beschlüssen oder Mahnahmen geben.

Völkerbund , höre! Geföngniöstrofe für Abdruck einer' Rät�rede. Die Rede de» Reichsouhenministers Dr. Curtiu» in der Januorkagung de, Völkerbundsrates zur Behandlung der Minder- heitsvölter in Polen ist in ganz Polen unbeanstandet veröffentlicht worden, auch in deutschen Blättern ober dosPefener Tage­blatt* wird dafür konfisziert. Vor Gericht erklärt« der Staats- onwslt. dqh die Rede von Eurtius eine Verächtlichmachung de» polnischen Staates fei und da»..Pofener Tageblatt* nur zu diesem Zwecke die Eurtius-Rede veröffentlicht habe: strenge Ke> strasung sei angebracht. Das Gericht schloß sich dem Antrage an und verurteilte den Verantwortlichen zu einem Monat Ge« f ä n g n i s. Der Völkerbundsrat sollte sich wohl verbitten, dah der Abdruck von Reden der Ratsmitglirdrr, in öffentlicher Sitzung ge­halten, unter Strafe gestellt wird!

vrrRote Pfeil". Die Sowjetbahnverwoltung kündigt auf der Bahnstrecke Moskau Leningrad «inen neuen Exprehzua unter dem NamenDer Rote Pfeil* an. Er legt dte Strecke iz 10 Stunden {Krück nch$ vor aOem ffer kiltoWWe baßammt.