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BERLIN  Freitag 12. Juni

1931

Der Abend

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Nr. 270

B 135 48. Jahrgang

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Gesegnet sei die Bombe...!

Kommunistische Solidaritätserklärung mit den Bombenlegern

In der heutigen Landtagssigung gedachte Präsident Bartels in einem Nachruf, den die Abgeordneten stehend anhörten, des in der Nacht an einem Schlaganfall verstorbenen sozial­demokratischen Abgeordneten Rösler Breslau.

Hierauf gab Abg. Kerff( Komm.) folgende Aufsehen erregende Erklärung ab:

,, Der sozialdemokratische Abgeordnete Kirchmann hat gestern hier die Behauptung aufgestellt, ich hätte mit noch anderen Kommunisten zugunsten des wegen der Bombenattentate verurteilten völkischen Bauernführers Claus Heim   einen Bittgang zum Justizminister getan. Er hat dieses Vorgehen als eine Vertrauenskundgebung für die Regierung auf­gefaßt. Wir protestieren gegen eine solche Auslegung. Wir haben beim Justizminister die Forderung auf Frei­Lassung des völkischen Bauernführers gestellt( stürmisches hört, hört! bei den Soz.). Wir haben das getan, weil im Hintergrund der Bombenattentate die Not der Bauern

itzyt.

Diese Bombenanschläge waren die Ausdrucks. form des politischen Kampfes der ausgebeuteten Bauern gegen den Kapitalismus. ( Stürmisches hört, hört, bei den Soz.) Außerdem hat Claus Heim   vorsorglich darauf geachtet, daß bei seinen Attentaten feine Menschenleben vernichtet wurden, son­dern nur Mauersteine in die Luft flogen. Die KPD.   ift sich bewußt, daß sie mit der Forderung auf Freilassung des Bombenlegers Claus Heim   nur den Willen der breiten Massen und der notleidenden Bauernschaft erfüllt."( Große Bewegung im ganzen Hause.)

Angfiverkäufe an der Börse.

Kursdruck auf Rentenwerte/ Aftienfurse durch Groß: banken gestützt.

Der Beschluß der Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei  , für die Einberufung des Reichstages zu stimmen, hat an der heutigen Börse die seit Tagen anhaltende schwere Verstimmung über die poli­tische Lage vertieft.

Die Börse war ausgesprochen schwach. Bei den festverzins­lichen Rentenwerten drückten Angst verkäufe auf die Kurse. Bei den Bankattien griffen die Großbanken mit Stüßungen ein, so daß die Kurse zum Teil gehalten werden konnten. Trotzdem waren bei verschiedenen schweren Werten starte Kurs= einbrüche zu verzeichnen. So gingen Siemens von 125,5 auf 120,75 Pro3. zurüd, J. G. Farben von 110,5 auf 106,75 Broz. und Rheinisch Westfälische Elettrizitätsmerte von 100 auf 93 Proz. Am Rentenmarkt waren besonders Rom  = munal- und Staatsanleihen schwach, die im Durchschnitt 1 bis 2 Broz. gegenüber den gestrigen Rurfen verloren.

Bater und Mutter erschossen.

Nach der Schreckenstat sich selbst umgebracht. Neumünster  , 12. Juni.

Aus bisher ungeklärten Gründen schon heute früh der Handelsvertreter Christoph Müller seine Mutter nieder, erwartete dann in der Wohnung seinen aus der Stadt heimkehrenden Vater und tötete diesen durch einen Revolverschuß in den Hals. Der Täter richtete darauf die Waffe gegen sich selbst und machte seinem Leben durch einen Schuß in die Schläfe ein Ende. Die schwerverlette Mutter konnte noch lebend ins Kranken­haus gebracht werden, jedoch ist ihr Zustand hoffnungslos.

Das geheime Zentralfomitee der estnischen Kommunisten ist während einer Sigung verhaftet worden, darunter der seit langem ge suchte Leiter, der die Decnamen Koit und Fleischer führte. Be fchlagnahmt wurden das Archiv, die Kasse und Briefschaften sowiz Die Einrichtung von zwei Geheimdruckereien,

Brüning   bei Hindenburg  

Heute nach Gut Neudeck abgereist

Der Reichskanzler ist heute vormittag um 8 Uhr nach Neuded| der Abstimmung verließ der Reichsaußenminister Dr. Curtius abgereift. Er fehrt am Sonnabendvormittag nach Berlin   zurüd und wird dann die mit den Parteien eingeleiteten Verhandlungen fortsehen.

Brüning droht mit Rücktritt.

Gesamtdemission der Regierung?

Bon unterrichteter Seite erfährt der Soz. Pressedienst", daß der Reichstanzler dem Kabinett für den Fall, daß sich für die Einberufung des Reichstags eine Mehrheit findet, die Gesamt= demission vorschlagen wird. Komme es soweit, so sei der Reichs­fangler entschlossen, einen Auftrag zur Neubildung der Regierung unter feinen Umständen anzunehmen. In­sofern sei das Manöver, den Rücktritt zu erzwingen, um eine Um­bildung des Kabinetts unter Führung von Brüning zu erreichen, von vornherein als gescheitert zu betrachten.

gen Vormittags auf seine volksparteilichen Freunde nochmals dahin Der Reichsbantpräsident wird im Verlauf des heuti­einwirken, daß sie von der Forderung auf Einberufung des Reichs. tags bis auf weiteres Abstand nehmen.

Reichsausschuß der Volkspartei.

Am Freitagvormittag trat der Reichs ausschuß der Deutschen Volkspartei   in Berlin   zu einer Sigung zusam men, die der Erörterung der politischen Lage galt. Mehrere Mit glieder des Reichsausschusses hatten bereits an der Donnerstagfißung der Reichstagsfrattion teilgenommen.

Wie wir hören, stimmten in der gestrigen Sitzung der Reichse tagsfraktion der Deutschen Volkspartei 15 für die Einbe= rufung und 13 gegen die Einberufung des Reichstags. Vor

die Fraktion. Wie es heißt, fühlt er sich nicht mit der Mehr. heit der volksparteilichen Reichstagsfraktion, sondern mit dem Kabinett solidarisch. Die Abgeordneten Kahl und Kar­dorff gehörten ebenso wie Curtius zur Minderheit ihrer Fraktion. In der heutigen Sigung des Parteiausschusses werden Dr. Curtius und der Reichsbankpräsident Luther nochmals versuchen, ihren Einfluß gegen eine Einberufung des Reichstags geltend zu machen.

Landvolk will Dietrich stürzen.

Wie die Landvolk- Nachrichten" mitteilen, steht man in der

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Landvolkfraktion auf dem Standpunkt, daß vor der Entscheidung über die Wiedereinberufung des Reichstags erst Klarheit darüber geschaffen werden muß, wie die Regierung sich die weitere Behandlung der Reparationsfrage denkt. In engem Zusammenhang damit steht die Frage einer Um wandlung des Reichskabinetts. Diese Umbildung sei von der Landvolkpartei seit den Septemberwahlen gefordert worden. Sie sei heute akuter denn je, sowohl was die Person des Reichs= außenministers anbelangt, wie auch die des Reichs= finanzministers. Abgesehen von den schwerwiegenden fachlichen Bedenken gegen die Politik des Finanzministers tommt noch hinzu, daß man es aus persönlichen Gründen für unmöglich hält, einen Bizetanzler wie Dietrich auf die Dauer im Amt zu belassen.

Selbstverständlich sei für die Landvolkpartei auch die Frage von ausschlaggebender Bedeutung, wie sich Deutschnationale und Nationalsozialisten zu einer Regierungsumbildung ver­halten. Die letzte Rede Hugenbergs in Porta lasse zunächst noch den weitgehendsten Kombinationen Spielraum, da Hugenberg zwar einerseits stark die realpolitische Notwendigkeit eines 3usammengehens mit dem Zentrum erkennt, anderer­seits aber grundsäglich nicht mit denen paktieren will, die dem Young- Plan zugestimmt haben. Für das eine oder andere würden sich die Deutschnationalen bald entscheiden müssen.

Schließlich fei für die Landvolkpartei die Sicherung der Fort­führung der gegenwärtigen Agrarpolitit eine ihrer Kardinalforderungen.

Doch der Segen kommt von oben... hrung der

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Ueber tausend Strafmandate über je drei Tage Haft erließ Franzen wegen des Schulstreiks an den weltlichen Schulen

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Da leugne noch einer, daß die faschistische Herrschaft produktiv ift!

Nach dieser Aeußerung der Landvolk- Nachrichten" wird on­genommen, daß die Landvolkfraktion am Dienstag für die Ein­berufung des Reichstages stimmen wird.

Die Opfer der Kriegsopfer.

Eine Erflärung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten. Bei Besprechung der neuen Notverordnung wurde in einem großen Teil der deutschen   Tagespresse mitgeteilt, daß sich die Kriegsbeschädigtenorganisationen wie der Reichs­arbeitsminister Stegerwald angeblich in einer Pressebesprechung ver­fichert haben soll ausdrücklich bereit erklärt hätten, ebenfalls Opfer zu bringen.

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Der Reichs bund der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegerhinterbliebenen teilt uns dazu mit, daß seine Vertreter bei feiner Gelegenheit irgendwie zum Aus­druck gebracht haben, daß die Kriegsopfer gewillt, oder auch nur in der Lage wären, weitere Opfer zu bringen. Noch kurz vor dem Erlaß der Notverordnung ist von dem Bundes­vorsitzenden Pfändner anläßlich der Beratungen über die 4. Zu= fammenstellung der Zusaßrentenbestimmungen im Reichsarbeits­ministerium wiederholt erklärt worden, daß der Reichsbund der Kriegsbeschädigten gegen jeden Abbau der Reichsversorgung und sozialen Fürsorge schärfsten Protest erheben müsse und unter feinen Umständen sich mit der Aenderung der Zufahrenten­bestimmungen in der vorliegenden Form einverstanden erflären fönne. Dieser Erklärung stimmten auch die anwesenden Vertreter des Kyffhäuserbundes und des Reichsverbandes der Kriegs­beschädigten zu.

Der Reichsbund der Kriegsbeschädigten hat bereits mit den maßgeblichen Fraktionen des Reichstages wegen Aufhebung der rigorosen Bestimmungen der Notverordnung die Verbindung aufgenommen.