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BERLIN  Dienstag 16. Juni

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 83 Vf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin   SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Dönhoff( A 7) 292-297

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Nr. 276

B 138 48. Jahrgang

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Schwere Entscheidungskämpfe

Einberufung des Reichstags abgelehnt/ Aeltestenrat vertagt fich auf 18 Uhr/ Regierung droht mit Rücktritt, wenn der Haushaltsausschuß berufen wird

Heute vormittag bejchlo das Reichskabinett einstimmig, die Einberufung des Haushaltsausschusses oder des Reichstages sofort mit dem Rücktritt des Gesamtkabinetts zu beantworten.

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Die fozialdemokratische Reichstags= fraktion begann ihre Beratungen um 9 Uhr früh. Sie nahm einen Bericht des Fraktionsvorsitzenden Breit scheid entgegen und verhandelte dann bis 12 Uhr mittags weiter. Es ergab sich sehr bald, daß sich eine große Mehrheit der Fraktion von einer Einberufung bes Reichstags in der gegebenen Situation für die Beseitigung der sozialen Härten der Notverordnung feinen prattischen Erfolg versprach.

Die Debatte drehte sich infolgedessen in erster Linie um die Frage, ob die Einberufung des Haushaltsaus. schusses des Reichstages ein geeigneteres Mittel sei, um die antisozialen Bestimmungen der Notberordnung durch bessere und gerechtere zu ersetzen. Für die Einberufung des Haushaltsausschusses waren noch am gestrigen Abend biele gewesen, die lieber noch einen Versuch zur Verstän­bigung unternehmen wollten, statt einem offenen Konflikt mit seinen vielleicht sehr unheilvollen Folgen für die Arbeiterklasse entgegenzugehen.

Mittlerweile hat aber die Regierung Brüning in ziemlich apodiftischer Form erklärt, daß sie nicht nur im Falle der Einberufung des Reichstagsplenums, sondern auch in dem Fall, daß der Aeltestenrat den Zusammentritt des Haushaltsausschusses beschließe, ihren Rücktritt er. klären werde. Durch die eigensinnige saltung der Reichsregierung schien also auch dieser Aus­weg berbaut.

Die Fraktion vertagte sich zur Mittagszeit auf 3 Uhr nachmittags, um den Bericht ihrer Vertreter über den Verlauf im Heltestenrat zu hören und Stellung zu ihm zu nehmen.

Der Weltestenrat vertagt.

In der Sigung des Aelteftenrates des Reichstages ist wider Erwarten schnell die Entscheidung über Nichtein­berufung des Reichstages gefallen. In der Abstimmung flellte Präsident Cobe feft, daß sich nur die Nationalsozialisten mit 107, die Deutschnationalen mit 41, die Kommunisten mit 77, die Wirtschaftspartei mit 22 und die Landvoltpartei mit 18 Stimmen für die Einberufung ausgesprochen haben, das sind zusammen 265 Stimmen, während zur Einberufung des Reichstages 289 Stimmen erforderlich gewesen wären. Alle anderen Parteien haben sich gegen die Einberufung ausgesprochen, so auch die Deutsche Volkspartei  .

Die Entscheidung über die von den Sozial­demokraten angeregte Einberufung des Haus­haltsausschusses fällt heute nachmittag, da die Weiterberatung auf 18 Uhr vertagt wurde. Die Deutschnationalen gaben dazu die Erklärung ab, daß sie an solchen Verhandlungen im Haushaltsaus. fchuß fein Interesse hätten. Der Vertreter der Wirtschaftspartei ver­trat die Auffaffung, daß man im Haushaltsausschuß die Auf­rollung der Reparationsfrage doch nicht erreichen könne, deshalb lege feine Fraffion auf die Einberufung des Haushalts­ausschusses feinen Wert. Nationalsozialisten und Kommunisten be­hielten sich ihre Entscheidung vor.

Um 1% Uhr erschien Reichskanzler Brüning   im Reichstag und empfing fofort die Führer der sozialdemokratischen Fraktion.

In der volksparteilichen Graftionsfigung berichtete deren Vorsitzender Dingelden, daß der Reichspräsident im Falle des Rüdtritts des Rabinetts Brüning zunächst den Führer der Deutsch  nationalen Bartei, Hugenberg, mit der Reubildung

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des Kabinetts beauftragen würde. Außer den Sozial­demokraten und der Volkspartei waren auch die hinter der Regies

Regierungssturz in Oldenburg  .

Die Einheitsfront Thälmann- Hugenberg- Hitler. Oldenburg  , 16. Juni.

Im Oldenburger   Landtag wurde heute nach längerer Debatte der Mißtrauensantrag der Nationalsozialisten gegen die oldenburgische Staatsregierung mit einem Ueberraschungsergebnis angenommen.

sate

Für das Minifterium stimmten lediglich vier Abgeordnete, und zwar die Staatspartei, das Landvolk und die Deutsche Volks­ partei  . Gegen die Regierung ftimmten 24 Abgeordnete, die Nationalsozialisten, die Deutschnationalen und die Kommuniffen.

Das Zentrum und die Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme( 20 Abgeordnete). Eine Erklärung der Regierung zu dem Ergebnis des Mißtrauensvotums steht noch aus.

werden nur diejenigen Bezirksfürsorgeverbände( Stadt- und Land­freise) berüdsichtigt, in denen die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen mehr als 20 Prozent über dem Durchschnitt liegt. Die Berechnungen stellt das Statistische Landesamt an. Der Durch schnitt mird bei Stadttreifen für einzelne Größengruppen( Städte mit 20,000 bis 50 000 Einwohnern, solche mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern usw.), bei Landkreisen für die Gesamtheit der Landkreise errechnet.

Sehr seltsam, Herr Staatsanwalt! Anklage gegen überfallene Reichsbannerleute.

Fürstenwalde, 16. Juni.  ( Eigenbericht.) Am Sonntag, dem 12. April d. J., wurden mehrere Partei genossen und Reichsbannerfameraden in Jäniden

rung stehenden Fraktionen heute vormittag zu Sigungen im Reichsdorf   bei Fürstenwalde von einer starten Stahlhelmkolonne über tag zusammengetreten, die ebenfalls noch andauern.

Die Haltung der Börse.

Devisennachfrage rückgängig.

laufenden Nachrichten über den Stand der politischen Ver­Der Berlauf der heutigen. Börje murde völlig non den ein handlungen beherrscht.

fallen, als sie mit der Flugblattverbreitung beschäftigt waren. Die Stahlhelmer versuchten unseren Genossen die Flugblätter zu entreißen und schlugen, als diese sich zur Wehr sehten, sofort auf diese ein. Neben einigen Leichtverleßten wurde ein Reichsbanner­famerad mußtlos geschlagen. Da die Namen verschiedener Stahlhelmer festgestellt werden konnten, wurde Anzeige gegen die Rowdys erstattet.

Aber bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt  an der Oder scheint Frau Justitia   seltsame Wege zu wandeln. Der Staatsanwalt hat man halte sich fest nicht etwa gegen Die unsichere Stimmung in den Vormittagsstunden machte einer die mit Namen genannten Prügelhelden vom Stahlhelm Anflage zuversichtlicheren Auffassung Play, als die ersten Nachrichten über erhoben, sondern gegen unsere Parteigenossen und eine beabsichtigte Bertagung des Weltestenrates durch Reichsbannertameraden wegen verbotener Flug. der blattperteilung. fiderten. Ferner wirfte der weitere Rüdgang in belebend. Nach ziemlich Devisennachfrage ziemlich sicheren Schägungen dürften die Devisenabgänge am Montag nicht mehr als 40 Millionen Mart betragen haben. Der Dollarfurs wurde heute mit 4,21,2 gegen 4,21,3 am Montag notiert.

Am Rentenmarkt machte sich eine weitere Befestigung bemerkbar und bei den wichtigsten Werten des Artienmarktes fonnten sich gleichfalls verschiedentlich Kursbesserungen durchsetzen. So notierten AEG. 80 Prozent nach einem Anjangsfurs von 79, Kalimerte Salzdetfurth 166 nach 162 Prozent, Siemens 132 nach 130 Prozent, während J. G. Farben nach einem Rückgang von 118 auf 114% Prozent sich wieder bis auf 117% Prozent erholten.

Hilfe für die Gemeinden?

Hilfe für

Ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zur Erleichterung der fommunalen Wohlfahrtslasten haben die Länder wenigstens die Hälfte des Betrages, den sie durch die Be­baltstürzung ersparen, auf die Gemeinden und Gemeindeverbände zu verteilen. Diese Mittel reichen aber nur aus, um die bedräng­testen Gemeinden wenigstens mit geringen Gummen zu unterstüßen. Nach dem Entwurf der preußischen Ausführungsverordnung, die der Breußische Staatsrat am 17. Juni beraten wird,

Ist es schon ein Stüd aus dem Tollhaus, diese Angelegenheit so zu verschieben, daß jetzt die überfallenen Sozialdemokraten als die angeblichen Sünden böde dastehen, so wird der Vorfall dadurch noch skandalöser, daß die sozialdemokratischen Flugblatt­verteiler die Genehmigung ihrer Werbeaktion bei dem zustän­digen Landratsamt Lebus   e ingeholt und auch erhalten haben.

Außerdem ist es sehr merkwürdig, daß gegen die Stahlhelmer eine Anlage gegen Unbekannt vorliegt, obwohl die Namen mehrerer Brügelhelden befannt sind. So ist unter anderem die Be­teiligung des Stahlhelm- Ortsgruppenführers me inte bei den Bor­gängen in Jänidendorf festgestellt. Bei der bestehenden Sachlage ist nicht daran zu zweifeln, daß die Anflage gegen die sozialdemokra tischen Flugblattverteiler wieder eingestellt werden muß.

Krafeel in Braunschweig  . Beschwerde beim Reichsinnenminiffer über Franzen. Braunschweig  , 16. Juni.  ( Eigenbericht.)

In der heutigen Landtagssigung tam es zu großen Tumulten, als ein tommunistischer Redner eine scharfe Er­flärung gegen die Notperordnung verlas, in der der Franzenregierung der Bormurf gemacht wird, nichts zu ihrer Auf­