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Forschungsinstitut auf dem Jungfraujoch
Erforschung der kosmischen Strahlen/ Internationale Zusammenarbeit
Während wir doch der Lufthülle unserer Erde am meisten verdanken, die uns das Leben erst ermöglicht, hat sich die Wissenschaft bisher verhältnismäßig wenig um sie gefümmert. Es waren immer die unteren Schichten, die den Gegenstand der Wetterfor schung bildeten, und erst in den letzten Jahren, als der Begriff der Stratosphäre" durch die fühnen Pláne der Raketenfahrer und schließlich durch die erfolgreiche Fahrt Professor Piccards schon beinahe ein Modeschlagwort geworden war, bereitete sich auch eine großzügigere Erforschung der höheren Luftschichten vor. Die meteorolegische Wissenschaft hat erkannt, daß sie die Erde mit einem Nez von Wächtern, von meteorologischen Beobachtungsstationen, über ziehen und daß sie alle Luftschichten gleichmäßig durchforschen muß, wenn sie mit ihren Versuchen, sichere Wettervorhersagen auch auf langere Sicht zu machen, Erfolg haben will. Die Grönlanderpedition Professor Wegeners und auch ein Teil der Arbeit Sven Hedins durch Zentralasien dienen diesem Ziel.
Wichtiger noch als einzelne Rekordleistungen, wie der großartige Flug von Professor Piccard, ist eine ständige Beobachtung
Der Schienen- Zeppelin wird Freitag und Sonnabend weitere Probefahrten machen und am Sonnabend in Berlin eintreffen.
der Luft in größeren Höhen. Wie sehr auch die Erforschung der Luftschichten durch Flugzeuge, Ballons usw. mit Hilfe feinster In ftrumente gefördert wurde, so liegt es doch auf der Hand, von melchem Vorteil für die Wetterkunde dauernde systematische Untersuchungen in dieser Höhe sein müssen. Eine hochalpine meteorologische Forschungsstelle war deshalb schon lange der Wunsch der Bissenschaft, nun endlich erfüllt, durch die Eröffnung der in beinahe 4000 Meter Höhe auf dem Jungfraujoch errichteten Forschungsstation Jungfraujoch".
Die Entstehungsgeschichte des Instituts beginnt früher, als angenommen werden könnte. Schon beim Bau der Jungfraubahn verpflichtete sich ihr Schöpfer Guyer- 3eller, ein wissenschaftliches Institut finanziell zu unterstützen, falls es dort errichtet werden würde. Das war im Jahre 1894. Aber erst lange Jahre, nachdem die Jungfraubahn bereits gebaut war, wurde diese Idee wieder aufgegriffen und von der Schweizerischen naturforschenden Gesell schaft" im Jahre 1922 eine Kommission zu diesem Zwed ernannt. Buner Beller gab als wissenschaftliche Ziele nur meteorologische und tellurisch- physikalische Untersuchungen an. Eine Erweiterung der Ziele und der Gedanke, eine internationale Basis zu schaffen, die der Forschungsstation Jungfraujoch ihren besonderen wissenschaftlichen Charakter geben könnte, wurde dann von der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften vertreten, die eine internationale Beteiligung der verschiedensten Wissenschaften or= ganisierte und finanzielle Hilfe leistete. Nachdem die rechtliche Seite des Planes geregelt war und der Kanton Bern Steuerfreiheit zu gesagt hatte, fonnte am 5. September 1930 die offizielle Gründung der Stiftung im Beisein der Vertreter der beteiligten Staaten stattfinden. Die finanzielle Unterlage wurde durch die Leitung der Sungfraubahn, die beteiligten wissenschaftlichen Gesellschaften, den schweizerischen Bundesrat und viele Stifterbeiträge von privater schweizerischen Bundesrat und viele Stifterbeiträge von privater Seite sichergestellt.
Angesichts der großen Bedeutung, die man den meteorologischen Forschungen in diesen Höhen zumaß, ist übrigens schon im Jahre 1926 im Sattel des Jungfraujochs ein kleines Holztürmchen, im Firn schwimmend, als provisorische Station erbaut worden. Im Anschluß daran wurde auch für astronomische Beobachtungen und lintersuchungen ein Stützpunkt errichtet, woraus hervorgeht, daß auch diese Wissenschaft dem Plan dieser Station großes Interesse entgegenbrachte Denn wenn auch immer größere Fortschritte in der Schärfe und Genauigkeit der Instrumente gemacht werden konnte, mit denen der Astronom den Weltenraum durchforscht, so biete die mit Staub durchsetzte Luftschicht auf der Ebene doch stets gewisse Hindernisse, die zum Beispiel auf den Höhen des Jungfrau jochs fortfallen. Außerdem können die astronomischen Beobachtungen nicht mehr durch jene Wolkenbildungen gestört werden, die in geringeren Höhen entstehen
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Bestrebungen und der internationalen Beteiligung verschiedener Länder liegt die hervorragende Bedeutung der Forschungsstation Jungfraujoch. Die wissenschaftlichen Bestrebungen einer Reihe von Nationen werden hier, soweit es die Ziele und Arbeitsgebiete der Station zulassen, zusammenlaufen und sich hoffentlich gegenseitig befruchten. Zum Ausdrud gelangt diese internationale Beteiligung in der Zusammenseßung des Stiftungsrates, in dem außer der Schweiz und Deutschland Frankreich , England, Desterreich, Belgien mit je 2 Mitgliedern gleichberechtigt vertreten sind. Ueberaus große Schwierigkeiten bereitete übrigens die bauliche Durchführung des Planes, wie man sich ja bei dieser großen Höhe vorstellen tann. Heftige Schneestürme, die tagelang wüteten, warfen immer wieder riesige Schneemassen auf den Bauplatz und machten die Verkehrswege ungangbar. Grimmige Kälte und Lawinen störten die Arbeiten und fiellten ungewöhnliche Anforderungen an die Willenskraft der Beteiligten. Trotzdem find alle Widerstände überwunden worden, und der Bau steht als ein stolzes Denkmal zielbewußten menschlichen Planens. Gelegen auf einer Felsrippe im steilen Schneehang, der von der Sphing gegen den Aletschgletscher abfällt, ist er von der Endstation Jungfraujoch durch einige Stollen zugänglich. Das Ges bäude mußte so in die Feldmand gepaßt werden, daß Steinschlag und abrutschender Schnee darüber hinwegfallen können. Außerdem ist das flache Dach mit Granitplatten belegt zum Schuge der darunter gelegenen Isolierbeläge vor Steinschlag. Eine vollständig durchgeführte innere Korfschale und die Holzvertäfelung, in der Wohn- und Schlafräume gehalten find, wehren das Eindringen der Kälte ab. Für sanitäre und technische Anlagen aller Art ist ausreichend Sorge getragen worden. Fünf Stockwerke steigen in die Höhe und enthalten zahlreiche für die verschiedensten Bedürfnisse geeignete Wohn- und Arbeitsräume.
Mit dieser Forschungsstätte hat die Wissenschaft, wieder einen Schritt vorwärts getan, und wir dürfen erwarten, daß die Erfolge, die in ihr erzielt werden, den Mühen entsprechen, die ihr Aufbau erfordert hat. Dr. B. Fernte.
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Die Film= und Bild Arbeitsgemeinschaf: Groß Berlin will, daß der Film möglichst weiten Kreifen dient. Sie will die Schulen für den Film gewinnen, fie mill Ermachsenenpflege durch ihn treiben und sie will erstreben, daß er zu wissenschaftlichen Illustrationszweden herangezogen wird. Interessant ist, daß in Leipzig sich Vertreter der Wissenschaft zusammenfanden, die die gleichen Pläne befundeten, Film und Wissenschaft einander näher zu bringen.
In Berlin war nun die Hauptgemeinschaft ausländischer Studierender in Verbindung mit dem Auslandsamt des Deutschen Studenten- Verbandes an die Arbeitsgemeinschaft mit der Bitte um einen Deutschland Film herangetreten, dessen Zusammenstellung Dr. Walter Günther übernahm. Zu der Vorführung hielt er auch den erläuternden Vortrag.
schwanden z. B. der afrikanische Blaubod, das Quagga und eine Art Zebra alle im legten Jahrhundert. Das weiße Rhinozeros, das noch Dor einigen Jahren in reicher Zahl vorhanden mar, ist jetzt bis auf 20 Exemplare im Zululand und 130 am Oberlauf des Nils zafammengeschmolzen. Die ganze afrikanische Tierwelt wird von der fortschreitenden Zivilisation immer mehr bedroht. Ich zweifle, ob irgendeine der drei großen Dickhäuterarten, der Elefant, das Rhinozeros und das Flußpferd, die nächsten 50 Jahre noch überleben wird, wenn die gegenwärtigen Zustände andauern."
Major Hingston teilt die zerstörenden Mächte in vier Klassen ein: 1. Ausbreitung der Kultur, 2. Ansprüche des Handels, 3. Tätigkeit der Sportsleute, 4. Gefahren der Krankheit. Er glaubt, daß die Jäger am wenigsten an dem Verschwinden der afrikanischen Tierwelt schuld find, da sie sich gewöhnlich mit wenigen Trophäen begnügen. Biel schlimmer hausen die Eingeborenen, die das Wild erlegen, um fich Nahrungsmittel zu verschaffen, und unter den Herden wahre Blutbäder anrichten. Was die Krankheitsgefahren anbelangt, so ist es besonders die Tsetse- Fliege, die von Zeit zu Zeit furchtbare Opfer unter dem Wilde hervorruft. Um die Träger dieses gefährlichen Infektes auszurotten, wurden allein im Zululand im vergangenen Jahre weit über 20 000 Stück Wild getötet. Obwohl Afrika bereits einige Wildschutzgebiete befigt, fordert Hingston die Aruage neuer Schußparts, besonders in Ost- Afrika. Hier gibt es noch große Herden von Wild, die nur auf diese Weise vor dem Untergang bewahrt werden können.
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Deutscher Boltsbühnentag. Der Deutsche Bolfsbühnentag, der am 27. und 28. Juni in Würzburg stattfindet, wird auch eine öffentliche Rundgebung umfaffen, bei welcher der Sozialpsychologe Prof. Hendrick de Man Frankfurt, der neue Berliner Generalintendant Carl Ebert und Lehrer Sielaff Stettin als Redner auftreten. Lichtfest in Wien . Die Wiener Festwochen erreichten heute mit dem großen Lichtfest ihren Höhepunkt. Rathaus, Parlament, Maria Theresien- Denkmal, Messepalast, Oper, Karlsfirche und Hochstrahlhell erleuchtet. Vor dem Rathaus trugen 6000 Sänger des Arbeiterfängerbundes und des Ostwundern viele Zehntausende von Menschen die festliche Beleuchtung märkischen Sängerbundes Chorgesänge vor. In den Straßen beder großen Gebäude.
brunnen maren
Neue Hebung am Nemi- See . Die erweiterten Trockenlegungsarbeiten am Nemi- See , die auf Veranlassung Muffalinis einige gefuntene Kaiserschiffe der späteren römischen Zeit freilegen sollen, sind nunmehr in ein neues Stadium getreten. Eine zweite große Galeere ist zum Vorschein gekommen und scheint nach den bisherigen Fest= stellungen erheblich besser erhalten zu sein, als ihre Vorgängerin.
Der Urmensch von Australien . Die Hoffnung, Neues über den prähistorischen Menschen zu erfahren, fnüpfte sich an die Entdeckung eines Menschenschädels, die fürzlich in Mittelauftralien gemacht wurde. Wie der Direktor des australischen Instituts für anatomische Forschung versichert, zeigt der Schädel in Gestalt und Einzelheiten auffallende Aehnlichkeit mit dem Pekinger Schädel, der, wie man annimmt, einem Menschen gehört, der vor einer Million Jahren auf der Erde lebte. Dieser Pekinger Schädel wird zum Beweise dafür angeführt, daß der Mensch in dieser Frühzeit bereits ein denkfähiges Wesen war, das aufgerichtet ging. Nach den Befundungen Professor Osbornes von der Universität Melbourne gibt dieser austra lische Schädel weitere Aufklärung hinsichtlich der Physiologie und des aufrechten Ganges des Urmenschen.
Eine Schwannete- Gedentstunde veranstaltet das Theater in der Behrenstraße gemeinsam mit dem Deutschen Bühnentlub. Sie findet Sonntag, den 21., mittags 12 Uhr, im Theater in der Behrenstraße statt. Bühnenchronit. Ab Freitag, den 19. Juni, beginnen die Aufführungen
In Filmen und Lichtbildern zeigt er die Grundlinien deutscher Entwicklung, von dem Stück Alt- Rom, das noch in uns lebt, bis der Schönen Helena im Kurfürstendamm - heater täglich um 8 Uhr. zur planmäßigen, Arbeit der Jeztzeit. Man fennt Deutschland nicht, wenn man ein paar Geschichtszahlen auswendig weiß. Um Deutsch land richtig zu beurteilen, muß man die Naturverbundenheit seiner Bevölkerung verstehen, muß man wissen, wie sie aus unerhörten Schwierigkeiten heraus( wie Dorf- und Stadtanlagen noch heute zeigen), Neuland schuf, wie sie an der Nordseeküste durch das Deichen zur Genossenschaftsarbeit fam. Der Tonfilm„ Stahl" zeigt, wie die Arbeiter in der zur Wahrheit gewordenen Hölle stehen und schuften für das tägliche Brot. Und selbst dieser Lebensunterhalt ist heute geschmälert; denn viele, viele Werke liegen still.
Aus allem ersah man, wir haben ein ungeheures Filmmaterial über Deutschland , das, wenn man es zu fichten und zu ordnen versteht, den Ausländern und auch uns selbst das richtige Sehen vermitteln fann. An diesen lehrreichen Vortragsabenden aber knüpf sich wiederum die dringende Forderung nach Schaffung eines Filmarchios. Ersteht es nicht bald, dann gehen ungeheure Filmarchios. Ersteht es nicht bald, dann gehen ungeheure Werte verloren.
e. b.
Haydn vor 200 Jahren geboren. Im Jahre 1932 wiederholt sich zum zweihundertsten Male der Geburtstag des Komponisten Josef Haydn , der auch der Schöpfer des Deutschlandliedes ist. Schlichte Feiern in Wien und Eisenstadt ( Burgenland ), der engeren Heimat Haydns, wo er den größten Teil seines Lebens verbrachte, sind im Haydn - Jahr 1932" Dor gesehen; außerdem aber soll das Andenken des berühmten Komponisten durch Erwerb das Haydn Wohnhauses in Eisenstadt und Umgestaltung zu einem Haydn - Liszt und Heimatmuseum , durch ein einfaches Haydn- Mal, besonders aber durch die Errichtung eines Haydn Stiftungshauses geehrt werden. Das Haydn Stiftungshaus foll ähnlich wie die in Allenstein , Schneidemühl und anderen Grenzorten errichteten Voltshäuser zu einem fulturellen Mittelpunkt des Burgenlandes werden, ein Festsaal, Bolts bildungsräume, eine Bibliothek, die zentrale Jugendherberge usw. sollen dort untergebracht werden. Zur Durchführung der gesamt deutschen Haydn - Jahrfeier gründete die burgenländische Landesregierung die Haydn Stiftung in Berlin , die Reichs- und Staatsbehörden haben Beiträge dazu bereits geleistet oder in Aus sicht gestellt. Auf einem Presseabend der Haydn- Stiftung machte der Landeshauptmann- Stellvertreter des Burgenlandes, Genosse Ludwig eser, die zahlreich erschienenen Pressevertreter mit den Absichten und Zielen der Haydn- Stiftung bekannt und forderte zu tatkräftiger Mitarbeit auf. 3ur Ehrung eines seiner größten Söhne, dessen unsterbliche Werke in der ganzen Welt für Deutschland zeugen, müsse sich das ganze deutsche Volk, auch über die Landesgrenzen hinaus, zusammenfinden.
Der Physik ist ebenfalls zum Studium der durchdringenden Höhenstrahlung, von der beim Stratosphärenflug Professor Piccards so viel die Rede war, Gelegenheit geboten Profeffor Kol In einer Sigung der englischen Geographischen Gesellschaft hörster Potsdam und andere Forscher haben 1926 am provi- forderte Major Hingston, der fürzlich mit Unterstügung des forischen Stützpunkt entsprechende Studien getrieben, um das Ge britischen Kolonialamtes die afrikanischen Kolonien und Verwaltungsheimnis jener aus dem Weltall fommenden gebiete Englands bereist und auf ihren Wildbestand untersucht hat, Strahlen zu klären. Auch die Forschungsziele der Zoologie und die Schaffung von acht neuen Nationalparts mit einem Botanik sind berücksichtigt worden. Das Tier- und Pflanzenleben Umfang von mindestens 3000 Quadratkilometer. Er hält diese Maßin den Hochgebirgsgegenden bietet ja in seiner Verschiedenheit zu nahme für den schwerbedrohten Wildbestand für unbedingt notwendig. ben auf der Ebene wirkenden Bedingungen immer wieder inter- ,, Unter allen Ländern, in denen das Tier noch in freier Wildbahn ,, Unter allen Ländern, in denen das Tier noch in freier Wildbahn essantes Studienmaterial. Die Medizin wird in dieser Forschungs- lebt, ist Afrita bei weitem das wichtigste", führte er aus. In der station vielleicht wichtige Anregungen empfangen. Fragen, die das Fülle und Mannigfaltigkeit der Tierarten, in der Größe, dem einzig Berhalten des Atmungsapparates, die Vorgänge der Blutbildung artigen Charakter und der vorgeschichtlichen Bedeutung läßt sich fein anderer Kontinent mit Afrika vergleichen. Leider aber sind viele und die Ordnung in den Körperfäften betreffen, merden hier behandelt werden. In dieser Mannigfaltigkeit der wissenschaftlichen Tiere bereits durch den Menschen ausgerottet worden.
Vor dem Lüneburger Gericht beginnt heute ein grotestes. Schauspiel. Auf der Anklagebant figen neben dem berüchtigten Prügelpädagogen Straube und seiner Topffragergarde" die Meuterer, die am 18. Februar v. 3., mit Stuhlbeinen be= waffnet, Fensterscheiben einschlugen und eine„ Revolte" inszenierten, um hinterher unter Duldung und Anspornung des Direktors Straube von den ihm ,, treuen" 3öglingen der Topffrazergarde", der schlimmsten Weise mißhandelt zu werden. An diesen Mißhandlungen ist der Zögling Ledebour gestorben. Also lautet die Anflage gegen den Erziehungsdirektor Straube unter anderem auf Körperverlegung mit tödlichem Ausgang, gegen die ,, Meuterer" auf Zusammenrottung mit Gewaltanwendung.
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Die Staatsanwaltschaft hat sich jede erdenkliche Mühe gegeben, aus der findlichen Meuterei der Zöglinge eine Revolte zu konstruieren, hat sämtliche Jungens, sowohl die Mißhandelten als die Mißhandler, in Haft genommen und bloß den Hauptschuldigen, den Prügeldirektor Straube, auf freien Fuß belaffen. Die ffandalösen Zustände in der Scheuener Erziehungsanstalt sind bereits Gegenstand ausführlicher Erörterungen in dem Beleidigungsprozeß der Stadträtin Weyl gegen einen kommunistischen Redakteur gewesen. Die Scheuener Anstalt ist aufgelöst, der Fall Scheuen nicht mehr aktuell. Aber als drohende Warnung, als Mahnung, die Fürsorgeerziehung unfähigen Direktoren aus der Hand zu nehmen und wildgewordene Spießer- Erzieher nicht auf junge Leute loszulaffen, erhält sowohl der eben in Segeberg erledigte Ridlinger Fürsorgeerzieherprozeß mie der fommende Scheuener Prozeß in Lüneburg die größte Be-. deutung. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Zustände in Ridling und in Scheuen typisch wären für die Fürsorgeerziehungsverhältnisse überhaupt. Traurig genug, daß fie überhaupt möglich waren, obgleich das Berliner und das Kieler Wohlfahrtsamt das Prügeln Don Zöglingen aufs fchärffte untersagt hatten. Im Falle Scheuen hat sich übrigens bitter gerächt, daß eine Anstalt, die ursprünglich ganz anderen Zwecken dienen sollte, schließlich eine große Anzahl schwer psychopathischer Jungen bei vollkommen ungenügendem Erzieherpersonal beherbergen mußte. Es war anfangs geplant gewesen, im Landeserziehungsheim Scheuen nur junge Leute unterzubringen, deren allgemeines Verhalten eine freie Behandlung ermöglichen würde. Sie sollten über ihre freie Zeit verfügen fönnen, Celler Sportvereinen angehören dürfen und nur wenig Aufsicht erhalten. Das Jungenmaterial, das in die Anstalt geschickt wurde, war aber ganz anders geartet. Und Direktor Straube, unfähig, mit den Jungen fertig zu werden, griff zu Mißhandlungen. Vielleicht hätte man richtiger getan, nur Straube auf die Anflagebant zu setzen und die 35 3öglinge als 3eugen zu hören.
Aufhebung des Ernährungsgeldes.
Es besteht Anlaß zu der Annahme, daß das städtische Ernährungsgeld gefälscht wird. Die Ausgabe von Ernährungsgeld in der bisherigen Form ist daher mit jofortiger Wirtung eingestellt worden. Das bis jezt ausgegebene und von den Kaufleuten an Zahlungsstatt angenommene Ernährungsgeld wird nur noch bis zum 30. Juni 1931 bei den Einlösungsstellen der Bezirks Wohlfahrts- und Jugendämtern an genommen.
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