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Ar.» 4S. Jahrgang Freitag, ily. Zum 1951

Der Ha� auf die Mutter. Das Geheimnis um den Mutiermörder. Was die Zeugen sagen.

Die gestrige Verhandlung gegen den INuitermörder lüfkete das Geheimnis um den Alultermord nur wenig. Die in so mancher Hinsicht sehr bedeutsamen Bekundungen der Zeugen, der nächsten Be- kannten und Verwandten des Angeklagten unterstützen im großen und ganzen seine Schilderang über die Beziehungen und außer- ordentlichen Spannungen zwischen ihm und der Mutter. Der letzte Mann der Getöteten, Herr T z s ch ö ck e l l verteilte gewissermaßen gleichmäßig Schatten und Licht um die beiden. Es war nach der Rückkehr Calistros Thielecke aus Amerika . Zwischen dem Zeugen und seiner Frau bestanden bereits Zerwürfnisse. Durch das Nichtstun des Stiefsohns wurden diese noch verstärkt. Das Wer- halten von Mutter und Sohn, sagt Herr Tzschöckell war entsetzlich. Sie war aufbrausend und äußerst erregbar. Er unbeherrscht. Er nannte z. SS. die Mutter einmal beim EssenHure". Als der Zeuge Ealistro eines Tages einen geistigen Hochstapler schimpfte, zog dieser den D o l ch. Ein anderes Mal warf Ealistro ein gefülltes Wasser- glas nach ihm, weil er ihn wegen seines lauten Getrampels beim späten Nachhausekommen Vorhaltungen machte. Die Mutter hatte viele Eigenheiten. Kamen Nachbarn, so stellte sie den Mann als 5)errn Tzschöckell, einen Besuch aus Leipzig " vor. Eines Tages erhielt er eine Rechnung für Heiratsinserate, die die Frau eingesetzt hatte.Sie suchte sich wohl schon damals einen neuen Mann", meint der Vorsitzende.3ch rechne eck mir als hohe Leistung an," erklärt der Zeuge,daß ich es bei der Verstorbenen fünfzehn Monate ausgehalten habe." Als er sie später einmal auf der Straße traf, beklagte sie sich darüber, daß der Sohn sich mit Frau und Kind in die Wohnung gedrängt habe, sie brauche die Wohnung für sich, da sie einen Professor heiraten wolle. Was die Aachbann beobachtete. Sehr ungünstig für den Angeklagten ist die Aussage der N a ch- bar in, Frau Pommer. Am S. August, zwei Tage vor der Tat, begegnete ihr Frau Thielecke. Sie war sehr traurig, sagte, es ginge ihr sehr schlecht, sie dürfe das kleine Kind überhaupt nicht anschauen. Wenn Sie eines Tages hören, daß ich gestorben bin, so wisse« Sie. daß mein Sohn mich gelölek hat." Die Zeugin war entsetzt.Ist denn das möglich?"Ja. Er sagt mir immer, weshalb ich über- Haupt aus dem Krankenhaus zurückgekommen sei." Frau Thielecke weile sehr und schien untröstlich. Ich machte chr den Borschlag, mit ihrem Hund in mein Leerzimmer zu ziehen. Sie wollte sich das überlegen, zwei Tage später war sie tot. Eine degenerierte Familie? Eine Enttäuschung brachte die Aussage der Schwester der Getöteten, der SSsährigen Paulinka Thielecke. Ueber dt« Abstammung vom pölnischen Fürsten Sulkowskt konnte sie nicht viel sagen. Die Angelegenheit des Famllienstammbaumes habe sie der Schwester überlassen. Die Schwester Ludmilla, zu deren Beerdigung sie mit der Getöteten nach Chemnitz fahren sollte, hat sich das Leben ge- Nammen : die Schwester Sybklla litt an epileptischen Krämpfen und ist in der Anstalt gestorben. Sie hat der Schwester oft Vorwürfe wegen der«falschen Erziehung des Ealistro gemacht. Die Schwester ließ sich nichts sagen: sie führte kein Gespräch zu Ende, sie war un- berechenbar und leicht erregt. Sie hat tatsächlich Aeußerungen ge- macht, die dahin zu deuten gewesen seien, sie wünsche dem Sohne den Tod. Die Schwester litt an schweren hysterischen Anfällen, und als sie erfuhr, daß Ealistro geheiratet habe, schrie sie vor Schmerz so. wie die Zeugin sie nie vorher habe schreien hören. Auf die Frage des Vorsitzenden, wieso es denn üblich gewesen sei, daß der er»

wachsene Sohn die B a d e st u b e betreten habe, während die Mutter badete, meinte die Zeugin:Er war doch für sie immer noch der große Junge.", »Ihren Drossel* nannte sie den Sohn. Mehr Aufschlüsse brachten die Aussagen der übrigen Zeugen. Sie waren für den Angeklagten fast durchweg günstig. Frau Hey- mann kannte Ealistro bereits als kleinen Jungen: seine Mutter schneidert« in ihrem Hause. Der Junge zeigte bereit» als Elfjähriger außerordentliches Interesse für Geographie und Sprachen. Der Mann der Zeugin, Lektor beim Verlag S. Fischer, besorgte ihm die Frei» stelle in der Freien Crziehungsgemeinde SVickersdorf. Noch näher als Frau Heymann stand dem Angeklagten die Frau des be- kannten Chirurgen Hirschmann. Er nannte sie T a n t e H e d d a, bezeichnete sie in einem Brief als Freundin-Mutter und hat für sie auch einen ausführlichen Lebenslauf niedergeschrieben. Die Zeugin hat sich des sechsjährigen Ealistro, der ein ganz reizendes Kind ge- wesen sei, ganz besonders angenommen. Die Ermordete zwang den Jungen, stets bei ihr zu sitzen, da sie, ohne ihrenDrossel" in der Röhe zu haben, nicht nähen konnte. Ueber den Makel der unehe- lichen Geburt ist der Angeklagte nie hinweggekommen. Deshalb wollte er einen neuen Namen und andere Papiere haben. Er fühlte sich von der Mutter stets verfolgt.

Etwas außerordentlich Versöhnendes, ja Rührendes hatte die Aussage der S4jährigen Frau Pauline Krüger, der legitimen Frau des Baters des Angeklagten. Frau Thielecke verkehrte im Hause der Zeugin und war eine sehr angenehme Plauderin. Anfangs kam sie jeden Monat, um für ihren Jungen das Geld zu holen. Calistros Führung war nicht tadellos. So kam er als Zwanzig- jähriger er wohnte damals beim Bater sehr oft angetrunken nach Hause. Das Messer hatte der Angeklagte gegen die Mutter während des Mittagessens nicht im Anschluß a» ein Gespräch über den Giftmordversuch der Mutter geworfen, sondern ohne jeden Anlaß. Cr sollte mit der Muller anstoßen, stall dessen rief er:Zch hasse das Weib!" und warf mit dem Alesser nach der Mutter. Der Zeuge Ben G o r t o n, Sohn des bekannten hebräischen Dichters und selbst Mitarbeiter der hebräischen Enzyklopädie, zwei Jahre älter als der Angeklagte, kannte diesen bereits als Kind. Frau Thielecke schneiderte im Hause der Frau Gorion. Richtig befreundet sind beide erst seit einem Jahr. Ben Gorion war es, den der An- geklagte am Morgen nach der Tat telephonisch anrief. Der Zeuge weiß, daß Ealistro sich von Kindheit an von der Mutter verfolgt gefühlt hatte. Der Zeuge hat eine ausführliche Verteidigungs� schrift für den Angeklagten eingereicht. Die Verhandlung geht heute um 3 Uhr weiter. Als eine der ersten Zeugen wird die Frau des Slngeklagten vernommen werden.

Wahl im Siadtparlament. Genosse Dr. Heuer als Stadtrat gewählt. Magistrat jetzt vollständig.

Die Sladtverordneken nahmen gestern die durch das Aus- scheiden de» zum Oberbürgermeister von Magdeburg gewählten Stadlrats Genessen Reuter und die Richtbestätigung de» ftommu- nisten Lange nokwendig gewordenen Ergänzungswahlen zum Magistrat vor. Für den Posten des besoldeten Stadtrats wurde der bisherige Kämmerer von Magdeburg , Genosse Dr. Heuer, gewählt: den unbesoldeten Stadtrat stelle« die Staat»parleiler in der Person ihre» früheren Stadtrates Sah. Zur Wahl der besoldeten Magistratsmitglieder waren drei Wahlgänge nötig, da in den ersten zwei keiner der Borge- schlagenen die absolute Mehrheit bekommen hatte. Die Sozial- demokraten hatten� wie imVorwärts" mehrfach berichtet, den Magdeburger Dr. Heuer präsentiert, während die Deutschnotionalen Dr. Glaser, die Kommunisten Gentsch und die Volksparteiler in letzter Minute den Charlottenburger Stadtrat Zimmermann nominierten. Im letzten SVahlgang erhielt dann Dr. Heuer 86, Dr. Glaser 68 Stimmen. Die Kommunisten stimmten stets für ihren Kandidaten; Staatsparteiler, das Zentrum und ein Teil der Dolksparteiler traten für Dr. Heuer ein. Für den Posten des un- besoldeten Stadtrates schlugen die Demokraten Katz, die Deutsch - nationalen Kolwas und die Kommunisten Langner vor. Bei dieser Wahl waren zwei Wahlgänge erforderlich: erst in der Stichwahl zwischen dem Deutschnationalen und dem Demokraten siegte der letztere. Der Magistrat von Berlin besteht nunmehr aus dem Ober-

bürgermeister Dr. S a h m(ohne Partei der Volkspartei nahe- stehend), den Bürgermeistern Lange(Soz.) und Elsas(Dem.), dem Kämmerer A s ch(Soz.), den Stadträten W u tz k i und C z«- minski(Soz.), dem Stadtschulrat N y d a h l(Soz.), dem Stadt- medizinalrat Prof. Dr. v. Drigalski(Denn), den Stadtbau- räten Hahn(o. P.) und Abker(Z.) und Wagner(o. P.) und Stadtrat Dr. Heuer(Soz.). Dazu treten die unbesoldeten Stadt- rät« A h r e n s und O r t m a n n(Soz.), Katz(Dem.), I u r s ch(Vp.), K i n s ch e r(Mrtschp.) und L i n g w e i l e r(Dnat.). Von den 18 Magistratsmitgliedern stellt die Sozialdemo» k ratie also 8 Mitglieder. -Ct.'. T........!''"; Bor der Wahl der Magistratsmitglieder wurde zunächst ohne Debatte dem Nachtrag zur Vergnügungssteuer zugestinunt, der einige Erleichterungen für die Vergnügungsindustrie und die Kinos bringt. Angenommen wurde auch eine Vorlage, die die Annahme eines zinslosen Darlehens von SDOOO Mark von der Berliner Flughafen- gesellschaft zum Bau einer Sportslugzeug Halle in Staaten und eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals um ISO 006 Mark vor­sieht. Durch einen von den Sozialdemokraten ver- anlaßten Beschluß der Stadtverordnetenversammlung im März d. I. war der Magistrat ersucht worden, die Grundvermögenssteucr auf Sportgrund st ücke auch weiterhin mit dem Ziele der Nieder- schlagung zu stunden, nachdem von den Sportvereinen die Nach- zahlung der Steuern gefordert worden war. In einer Vorlage zur Kenntnisnahme hatte der Magistrat mitgeteilt, daß er dem Ersuchen

Von I. ILF und F. PETROW Ostap versuchte gelassen zu bleiben. Er näherte sich dem Ausrufer.Bitte schön, stammen diese Stühle nicht aus dem Möbelmuseum?" Die hier? Jawohl." Sind sie verkäuflich?" Jawohl." Was kosten sie? Der Preis ist noch nicht festgesetzt. Sie werden in der Auktion verkauft." So, so. Heute noch?" Nein. Heute ist die Auktion bereits beendet. Morgen ob fünf Uhr." Und jetzt werden sie nicht verkaust?" Nein, morgen ab fünf Uhr." Sie waren nicht imstande, sich so ohne weiteres von den Stühlen zu entfernen. Darf man sie besichtigen?" stammelte Worobjew. Die Konzessionäre betrachteten die Stühle lange Zeit, setzten sich auf sie und besichtigten, um keinen Verdacht zu er- wecken, auch andere Sachen. Worobjew schnaufte und stieß Ostap die ganze Zeit mit dem Ellbogen. Beten Sie mich an", flüsterte Ostap.Beten Sie, Vor- sitzender." Worobjew war bereit, ihn nicht nur anzubeten, sondern sogar die Sohlen seiner himbeerfarbenen Stiefel zu küssen. Morgen", sagte er.Morgen, morgen, morgen." Er hätte singen mögen. Eine bewegte Nacht Und wo ist Vater Fedor geblieben? Wo befindet sicb der Priester der Laurentiuskirche.' mit dem abgeschnittenen Haar? Wo ist dieser Schatzsucher mit dem Engelsgesicht hingeraten. der geschworene Feind Worobjews, welch letzterer momentan mi dunkeln Korridor auf Lisa wartet?! Bat« Fedor ist verschwunden,

Ein dunkles Schicksal schwebt über ihm. Jemand erzählte, man habe ihn auf dem Bahnhof von Popasnaja, bei der Don- Bahn gesehen. In der Hand trug er einen mit heißem Wasser gefüllten Teekessel. Vater Fedor ersehnt den Reichtum. Den Teekessel in der Hand, durchwanderte er Rußland , auf der Suche nach den Möbeln der Generalswitwe Popowa. Vater Fedor reist umher und schreibt Briefe an seine Frau. Ein Brief Vater Fedors, den er auf dem Charkowcr Bahnhof an sein« Frau schrieb. Mein Täubchen, Katerina Alexairdrowna! Ich fühle meine Schuld vor Dir. Ich habe Dich in einer solchen Zeit allein gelassen. Du Arme. Aber ich muß Dir alles erzählen. Du wirst mich verstehen, hoffentlich wirst Du dann mit allem, was ich getan habe, ein- verstanden sein. Lies jetzt aufmerksam. Wir werden bald anders leben können. Erinnerst Du Dich, wir haben oft vmr einer Kerzen- fqbrik gesprochen. Nun, wir werden sie und noch manches andere besitzen. Und Du wirst nicht mehr gezwungen sein, selbst zu kochen und dazu noch Mittagessen an andere Leute zu verabreichen. Wir werden nach Samara fahren und ein Dienstmädchen aufnehmen. Es ist dies eine Sache, die Du geheimhalten mußt und über die Du mit niemandem sprechen darfst. Nicht einmal mit Marja Jwanowna. Ich suche einen Schatz. Erinnerst Du Dich an die selige Klawdio Pctrowna, die Schwiegermutter Worobjews? Vor ihrem Tode vertraute sie mir an, daß in ihrem Hause in Stargorod, in einem ihrer Stühle(es sind ihrer im ganzen zwölf) ihre Brillanten versteckt liegen. Du mußt nicht glauben, Katenka, daß ich ein Dieb bin. Die Brillanten hat sie mir vermacht und mich gebeten, die- selben vor Worobjew. ihrem langjährigen Quälgeist, zu schützen. Deshalb habe ich Dich. Du Arme, so plötzlich verlassen. Denke also nicht schlecht von mir. Ich kam nach Stargorod und denke Dir nur, dieser alte Schürzenjäger war auch dort. Er hat das Geheimnis irgend- wie erfahren. Wahrscheinlich hat er die alte Frau vor ihrem Tode gefoltert. Ein schrecklicher Mensch! Und da fährt doch

so ein krimineller Typ mit ihm herum, wahrscheinlich hat er sich diesen Verbrecher gemietet. Sie haben sich direkt auf mich gestürzt, wollten mich aus der Welt schaffen. Ich Hab mich aber gewehrt. Anfangs geriet ich auf eine falsche Fährte. In Worobjews Hause hatte ich nur einen Stuhl gesunden da befindet sich jetzt ein Wohltätigkeitsinstitut. Ich trug meinen Stuhl in mein GaschausSorbonne", als sich plötzlich hinter einer Ecke ein Mann wie ein Löwe mit großem Gebrüll auf mich stürzte und mir den Stuhl zu entreißen suchte. Es kam fast zu einer Prügelei. Man wollte mich kompromittieren. Plötzlich sah ich, daß es Worobjew selbst war. Stell Dir vor, er ist rasiert und hat den Kopf ganz kahl geschoren. Der alte Steiger will sich in seinem Alter noch lächerlich machen. Wir zerbrachen den Stuhl in Stücke, aber es war nichts da. Da sah ich, daß ich auf einen falschen Weg geraten bin. Und da war ich sehr traurig. Ich ging in mein Zimmer ins Hotel Sorbonne und über- legte die nächsten Schritte, die für meinen Plan zu tun waren. .Da kam ich auf etwas, was diesem rasierten Dummkopf nie- mals eingefallen wäre. Ich beschloß, den Mann zu suchen, der die requirierten Möbel aufgeteilt hatte. Und was glaubst Du, ich habe nicht umsonst Jus studiert jetzt hat es mir sehr genützt..Diesen Mann fand ich am anderen Tag. Ein sehr anständiger alter Mann, namens Warfolomeitsch. Er verdient sein Brot mit schwerer Arbeit. Er hat mir alle Dokumente gegeben. Natürlich mußte ich ihn für einen solchen Dienst ent- sprechend entlohnen und stehe jetzt ohne Mittel da. Aber davon später. Es stellte sich heraus, daß olle zmölf Stühle an den Ingenieur Bruns. Winogroderftraße Nummer vierunddreißig. übergegangen waren. Bedenke, alle Stühle kamen an einen einzigen Menschen, was ich gar nicht erwartet hatte ich hegte die Befürchtung, alle Stühle wären an nersäsiedene Stellen gekommen. Das freute mich sehr. Gleich darauf be- gegnete ich im Sorbonne wieder dem Schuft Worobjew. Ich beschimpfte ihn gehörig, hatte auch kein Mitleid mit seinem Freund, dem Banditen. Da ich fürchtete, daß sie mein Ge- heimnis erfahren könnten, versteckte ich mich im Hotel so lange, bis die beiden weg waren. Es stellte sich heraus, daß Bruns im Jahre 1023 in eine neue Stellung noch Charkow gefahren war. Vom Hausmeister erfuhr ich, daß er damals alle seine Möbel mitgenommen hat und mit ihnen sehr vorsichtig umgegangen ist. Man sagt, er sei ein anständiger Mensch. (Fortsetzung folgt.)