Es gab und es gibt leider auch heute noch gewisse Ereignisse in der preuhisch-brandenburgischen Geschichte, die von einem Teil der Lehrerschaft geflissentlich nicht in den Lehrsloss«ingereiht werden. Mancher Schüler, dem die Siege preußischer Waffen nach Zayres. zahl und Datum eingepaukt sind, wird wenig wissen von einer B e- l a g e r u n g Verlins, die in diesen Zunitagen vor 400 Zahren ihr Ende erreichte und dem regierenden Hause hohenzollern wenig zum Ruhme gereichte. Ein unfähiger Kurfürst. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Der Derschwen- der Johann Sigismund , der sich die Zeit mit Festen und Liebe- lcien, mit Musik, Schauspiel und Ulf seiner.Hofnarren vertrieben hatte, hinterließ dem unfähigen Sohn Georg Wilhelm eine leere Kasse und ein bis aufs letzte ausgebeutetes Volk. Die Weltkata- strophe des großen Krieges brach über einen jungen, dem Erisit der Zeit in keiner Weis« gewachsenen Fürsten, herein. Georg Wil- Helm war Calvinist, sein Kanzler aber, Graf Schwarzenberg , katho- lisch. Die Folge war, daß der Kursürst sich weder für die eine noch für die andere Partei entschied und daß die K o st e n einer unsteten Politik das Volk in ganzer Härte zu tragen hatte. Vergleiche mit der wilhelminischen Staatskunst um 4900 herum drängen sich aus: Man wollte es mit keinem verderben und man oerdarb es mit allen. Schon 1627 hatten die Kaiserlichen Brandenburg und Beqlin besetzt und überall im Lande die gewaltigsten Kontributionen erpreßt. Sie lebten in Saus und Braus auf Kosten der Bauern und Bürger, während diese fast verhungerten. Fürst und Regie- rung sahen dem Unglück des Landes und den Leiden des Volkes untätig und unfähig, zu Helsen , zu. In 16 Monaten wurden in Berlin und Cölln den Bürgern nicht weniger als bare 300 000 Taler, eine für die damalige Zeit ungeheure Summe, abgenommen. Endlich zogen die Kaiserlichen wieder ab. Die Berliner atmeten auf, sie sollten aber sehr bald in noch schlimmere Nöte kommen. „Häuser und Leute erbebten." Vom Norden her rückte der König von Schweden, Gustav Adolf , zum Kampf gegen die Kaiserlichen heran. Wieder drängen sich Vergleiche mit der Vergangenheit, die erst 17 Jahre zurückliegt, auf: Wie sich Wlhelm IL, der letzte Markgras von Brandenburg , noch heute bitter beklagt, daß sein Detter König Georg von Eng- land und seines Bruders Schwager Zar Nikolaus von Rußland ihn schnöde verraten hätten, so ward Georg Wilhelms bitterste Ent- täuschung. daß sein leibhastiger Schwager, der König von Schweden, seine Neutralität für nichts achtete und zur Eroberung des Landes schritt. Wilhelms Wort vom 22. März 1897, daß„Europas Fürsten - Häuser ein gemeinsames großes Familienband umschlingt, und daß Freude und Leid in dem einen Hause von allen anderen mit ge- teilt wird', ist niemals wahr gewesen. Gustav Adolf brach alle Verhandlungen mit seinem Schwager kurz ab und zog vor Berlin . Am 8. Juni ritt«in schwedischer Trompeter in die Stadt ein und oerkündete auf den Straßen, daß die Feindseligkeiten be-
gimien würden. Am Tage darauf begannen die Geschütze gegen die Mauern zu spielen, daß von dem Donner, wie der Chronist er- zählt,„die Häuser und die Leute erbebten". In den Straßen von Berlin und Cölln wogte das Volk auf und nieder, und völlig nieder- gedrückt war Kurfürst Georg Wilhelm , dessen Träume schwägerlicher Freundschaft kläglich zusammengebrochen waren. Gustav Adolf ver-
Zeiten der Not erfordern höchste Aktivität jedes Sozialdemokraten. Aufklärung und Schulung tut überall not.— Führer im Kampf ist der „VORWÄRTS" Werbt neue Kämpfer für den Sozialismus! Wer bt für den„Vorwä rts"
langte Geld und Brot für seine Truppen und drohte bei jedem Widerspruch mit den Schrecken einer Plünderung. Da trat der hohenzoller einen kläglichen Bittgang in das schwedische Lager an, und am 11. Juni ward ein Vertrag abgeschlossen, nach welchem sich der Kurfürst verpflichtet«, den Schweden eine monat- liche Unterstützung von 30 000 Talern sowie Nahrung und Unterkunft zu gewähren. Die Verpflichtungen dieses Vertrags hatte wiederum dos durch die Unfähigkeit seines Monarchen an den Rand des Abgrundes gebrachte Volk zu begleichen. Seltsame Salutschüsse. Der Kurfürst aber hielt am 18. Juni einen triumphierenden Einzug in Berlin , als kehre er als Sieger heim. Sein Schwager hatte ihm>ine gewaltige EhreMalve versprochen: � als Georg Wil helm in seine Hauptstadt cinritt, wrmdcn d«« 90 Geschütze, die, so- bald der Kampf begonnen hätte, die Stadt beschießen sollten, gelöst. Es war wohl kein Zufall, daß von den 90 Geschützen 40 eine volle Kugctladung trugen, und die Beteuerung, es fei vergessen wor- den, die scharfen Äugeln aus den Röhren zü entfernen, ist wenig glaubwürdig, Di« Kureln schlugen in die Dächer der Stadt und zertrümmerten die Wohnhäuser. Die Einwohner muhten sehen, wie sie die Schäden wieder ausbesserten. In der Tot: Die Belagerung Berlins im Juni 1631 ist ein „Ruhmeskapitel" des Hauses hohenzollern, das verdient, der Der- gessenhest entrissen zu werden.
l�nser Tag Ist so lang! Zwei Erwerbslose erzählen...
Lassen wir zwei Erwerbslose, eine junge Kontoristin und einen Gelegenheitsarbeiter, von der Not dieser Zeit sprechen! Wahrlich, sie sind berufen dazu. Die Konioristm. Im vormittäglichen Sonnenschein sitzt sie auf einer Bank in den Anlagen, den Kops weit nach rückwärts geneigt und„badet Sonne"; ihre allzu dünnen Waden haben es einem Talmilebemann angetan, der sich neben sie placiert und mit stierem Blick unter ihren Rock- saum lugt. Sie weiß nichts von ihrem„Glück", bis ein kräftiger Nießer ihres Wadenfetischisten sie hochfahren läßt. Leicht sonne- trunken rückt sie sich jetzt zurecht, der Nebenmann entfleucht zu seiner y eben anfahrenden Elektrischen, sie pustet ein wenig und tupft sich die Stirne.„Is doch zu schön die Sonne," meint sie zu mir,„stunden- lang könnte ich so sitzen, Mutter schimpft zwar immer, ich soll man lieber nach Stellung jehn; aber du liebes Jott, was bin ich schon jclofen und wat Hab ich schon for Offerten jeschmiert, nischt zu machen. Es is reine wie verhext, nu is es doch schon über drei- viertel Jahr und ich kann und kann nischt finden. Wo man hin- kommt zum Vorstellen, da sin schon zich andere dujewesen; ick beeil ina ja sowieso, aba nu wohn ick in Neukölln, und wenn die Stelle valeicht in Charlottenburg is, da dauert? halt eene janze Weile. Und ick kann doch Mutter nich ejal um Fahrgeld anpumpen, die Arme bat ja allsene nischt; wir sind vier Kinder, zwei kleine, ick und mein Bruder, der is aber ooch arbeitslos, und Vota hat man bloß noch so mit Müh und Not seine paar Stunden Kurzarbeit, wer weeß wie lange noch. Mutter zittert schon an jedem Zahltach, ob er um Iotteswillen nich ooch bald soweit is. Wat soll ick denn nu den lieben, langen Tag machen. Morgens helf ick Mutter aufräumen, bring die Kinder zur Schule, hol ein und dann geh ick halt een bihken in die Sonne. Is ja ooch gesund für mich, der Doktor hat ma immer jesacht: Gehn Sie nur fleißig in die Sonne, viel und gute Luft müssen Sie haben, fleißig Milch trinken, kräftig essen. Da muß ick aber lachen über det Rezept, Sonne, nu scheen, die is ja voch für den armen Teufel da. aber von wejen besonders gute Luft hier in die Iroßstadt, na, und mit der Milch is det man ooch sone Sache; wir kriejen ja von der Wohlfahrt für die Kleenen een halben Liter, aber det brauchen die armen, blassen Würmer man alleene, die sin ja noch ville miekriger als wie ick. Mutter is jar nich so recht jesimü. immer hustet se. war auch schon mal oaschickt. dann
gings wieda bessa, aber nach einer Weile wors det alte Leiden. Na, und wat der Herr Doktor mit die kräftje Nahrung meent, det weiß ick schon, aber leida, leida mangelt et an der praktischen Aus- führung. Wir sin bloß froh, wenn ma alle Mann een Topp Kar- toffelsuppe und.een Stück Brot haben können. Na, und die Fett- oogen schwimmen natürlich ooch nicht obendruff, det vasteht sich; is ja ooch alles so teuer und die Preissenkung, von der hat bloß keen Mensch wat jemerkt; die bezieht sich woll bloß uff die Arbeitslöhne, aba nich auf die Ware, Na, nu wer ick man jehn, damit Mutti nich meckert, is ja ooch bald Mittach. Nachmittag führ ich dann die beiden Kleen in Park, dann treff ich mir mit meine Freundin Elli, die Glückliche hat noch Stellung, ober ooch man bloß bis zum nächsten Ersten. Geld hat se ejal keens, bei ihr zu Haufe jehts ooch dreckich jenuch zu. Aber manchmal, da kann se doch zwei Iroschen erübrigen, dann jehn wa aber fein„konditorn" in die Eisdiele bei uns nebenan. Der hat een fabelhaftes Himbeer-Vanille-Eis. Det müssen Se man kosten, wirstich wahr! Dann hol ick mir meine Stulle von zu Hause und wir schlendern noch een bißken im Park. Manch- mal kommt Mutta mit die Kleenen runter, aber die Arme is imma so müde und matt, die kriecht so zeitich wie et jeht in die Klappe. Wat soll ick nu da in der Wohnung anfangen? Licht kostet Ield, also mit Lesen is nischt, mein Bruder is ooch nich daheem, Vota hat oft Nachtschicht, so alleine fürcht ick mir beinahe, Mutta sacht immer, ick soll doch man zeitich schlafen jehn, aber ick kann et nich. Ick find keen Schlaf, den janzen Tag nischt richtiget zu tun und immer die Jedanken so im Kopf, ob und oh et dann niemals bessa wird, mit Mutters Krankheit und vor allem mit mein Verdienst. Ach nee, da will ick lieba unter Menschen sein und een bißken Lust schnappen und Elli erzählt ma vons Büro, da hör ick doch een bißken wat Neues. Ach, es ist mies! Auf Wiedafchn!" Oer Hilfsarbeiter. An der öffentlichen Radioanlage eines Musikalienladens.„Laß mich, laß mich, laß mich dein Torero fein", klingt es aus einem mächtigen Lautsprecher in einer Vorstadtstraße, der die Hälfte aller Passanten zum Stehenbleiben animiert. Hauptsächlich sind es jung« Burschen, die Mütze keck am Hinterkopf, Hände in den Hosen- laschen oergraben, mst und ohne Kragen. Sie pfeifen und summen die wohlbekannte Schlagermelodie mtt, nicht besonders fröhlich angeregt, mehr gewohnheitsmäßig. Es ist auch keine musikalische
Andachtsstunde für sie, sie unterhalten sich laut und ungezwungen dabei, und man sieht an ihren verbitterten Mienen, daß es keine frohen Neuigkeiten sind, die sie einander zu berichten haben,„Ach, Mensch, b«i dem Ollen piept et woll; nu loof ick doch jradc jenuch oft usfn Nachweis, und jedesmal heißt et: Nee, leider nischt! Nu, wird er ma erzähln, det se jestern in Niedaschöneweide fünf un- jclernte Arbeeter einjestellt ham. Wo ick doch uffn Vormittach mir jemeldet Hab, hätt mir der Beamte doch wat jesacht."„Nee, Emil, der Olle kann schon recht ham, ick Hab sowat jehört, die sin ja jarnich von Nachweis, man so von hinten rum, det is billjer, von wejen Tarif und so. Vastehste?" ,Llso, det is möglich. Na, ick Hab den Ollen ja ooch tüchtig Bescheid jestoßen. Herrjott, ewich und cwich det Iemeckere, den janzen, lieben Tach und noch die halbe Nacht. Mensch, ick könnt wer wees wat uffstelln, ick halt det faule Ludaleben»ich mehr aus. Keen Pfennich in der Tasche, egal Kohl- dampf schieben und daheem die tranichcn Iesichter von die bceden Ollen und die blassen Visagen von det Kleinkinderzeuch. Nee, ick Hab die Neese voll! Und son Tach nimmt und nimmt dir keen Ende! Nu is et 11 Uhr am Vormittag, wat fängste nu an. Den ganzen Tach Radiomusik im Stehn, det wird ooch zuoille, fürs Kino reicht die Marie nicht mehr und außadem Hab ick den ollen Quatsch sowieso schon dreimal jesehn. Jinmo die ausgeputzten Weida mit ihre je- schniejelten Kavaliere, die überhaupt mir scheints schon im Auto uff die Welt komm und jleich zu Anfang statt Milch bloß Eckt saufen, ejal in Klubmöbel sitzen und dicke Importen roochen; na Mensch, det is ja mehr als Kohl, für son Quatsch ooch noch Ield ausjebn, aba schließlich, wenn ick es hätte, ick tat ma den Stuß ooch noch een viertesmal ankieken. Man sitzt doch wenigstens uff seine vier Buchstaben und die Jedanken werden een bisken abjelenkt durch den Blödsinn uff die Leinewand. Wa es seht ja nich. Nu dacht ick, et wär heut aufn Markttag wat for mich zu tun, aber keene Ahnung, da steht sich die Konkurrenz schon«wich die Been« in Bauch und von Stücka achtzehn hat glücklich eener wat jekriegt. Paar Körbe Kirschen abladen und bißken Sparjcl, na wat da schon jroß dabei rauskommt!"„Ich such ue Braut fürn Jrunewald" tönt des Refrainfängers Stimme jetzt aus dem Radio.„Mensch, ick ooch", meint der junge Arbeiter,„aber«ene mit ville Zaster, denn vor laut« Hunga is mir die janze Liebe flöten jegangen!"„Na Willi, denn uff nachher, ick geh noch son bißken promeniern, valleicht sind ick een Hundertmarkschein uffn Pflaster. Es heißt doch so schön: Das Geld liegt auf der Straße! Wolln ma man suchen jehn. Dschüs!..."_ Ehrenmal ist Weihestätte. Llngezogene Besucher. Wie der Amtliche P r e u ß i s ch e P r e s s« d i e n st schreibt, sind an die Preußische Staafsregieeung Klagen darüber gelangt, daß eine Reihe von. Besuchern.des Ehrenmals für unsere Gefallenen im Weltkrieg sich nicht so verhalten, wie es die Würde und die Stim- mung dieser Gedächtnisställe verlangen. Es ist berichtet worden, daß es des Einschreitens der Aussicht bedurft hat, um Besuchern klar zu machen, daß Rauchen und lautes Plaudern da nicht am Platze sind, wo das Andenken von Millionen Kriegsgefallener durch ehr- fürchtiges und besinnliches Schweigen gechrt werden soll. Es bedarf aber zweifellos nur dieses Hinweises, um einer derartigen Gedanken- losigkeit in Zukunft zu steuern. Oer Niefenzirkus in Moabit . In Moabit ist lautes buntestes Leben eingezogen. Di« große Zeltstadt in der Wullenweber st raße prangte am Eröffnungs- abend des Riesenzirkus S a r r a s a n i von Tausenden von Lichtern, die Musik der Zirkuskapellen lockte alles aus den umliegenden Straßen, ein Riesenkordon von» Zaungästen umlagerte die imposante Zeltstadt. Drinnen startete ein großangelegtes zirzensisches Pro- gramm. Als Austakt der traditionelle Aufmarsch der S a r r a s a n i- Bölkerscharen, 37 Nationen verschiedenartigster Farbe und Sprache. Dann zeigten Tscherkessen ihre wilden Reiterkünste, Söhne und Töchter des Fernen Ostens produzierten sich als Gaukler, Iong- teure und Reckturner. Biel Spaß machten wieder die jonglierenden Seelöwen, wahre Rastellis auf Flossen. Cowboys, Cowgirls, Gauchons und Vaqueros boten vorzügliche Leistungen im Lasso-, Messer- und Tomahawk-Wurf. Man sah Tiger- und Elefanten- dressuren, Altmeister Schumanns klassischen Pferdeakt und den vorzüglichen Schulreiter Georg B u r k h a r d t. Die unerreichten Springerkünste der Rifkabylen, Schlangentänzerinnen und Fakire, ein prachtvoller Aufmarsch der Riesenmenagerie und F r a n c o i s' lustige Clownerien vervollständigten die interessante Schau.
Zum Bericht über die Berliner Zunktionärversammlung schreibt uns Genosse Otto Lahn: Ich bitte richtigzustellen, daß der Sinn unserer der pari die durch Fe „daß derartige Forderungen stellen, heißt, den Kommunisten auf- gesessen sein", mögen die Parteimitglieder beurteilen. Ferner habe ich nicht die seichte Auffassung vertreten, daß die Notverordnung dem Haß gegen die Sozialdemokratie entspringe.
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