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Ich beabsichtig« auch Heuer ins Bad zu reisen, doch reise ich diesmal ohne Beinkleider. Das heißt, mißverstehen Sie mich nicht, ich nehm« das Beinkleid wohl mit, nur werde ich unterlassen, mir eigens für den Aufenthalt im Badeort einen Anzug machen zu lassen. Damit bin ich nur einmal aufgesessen. Ich will Ihnen erzählen, wie das kam. Im Vorjahr beschloß ich, das Bad Vranje aufzusuchen: ich ging zum Schneider und bestellte mir einen besonders leichten Anzug. Ich wählte Segeltuch als geeignetes Material und bat den Schneider, er möge Maß nehmen. Der Meister sah mich verächtlich an: „Ich soll Maß nehmen, nachdem ich durch IS Jahre für Sie arbeite?" Ich war beruhigt und verzichtete auf das Maßnehmen, doch fordert« ich mit Nachdruck, daß der Anzug bis Freitag abend ge- liefert würde, denn ich kenn« die Gewohnheit unserer Schuster und Schneider , die Arbeit stets drei Tage später al» vereinbart zu übergeben. „Vergessen Sie nicht: ich reis « Freitag mit dem Abcndzug!" „Seien Sie unbesorgt, ich werde pünktlich sein." „Wann soll ich zur Anprobe kommen?" „Eine Anprobe ist überflüssig", lautete die verächtliche Antwort. Freitagabend schickte ich um 8 Uhr noch dem Anzug— er war nicht fertig. Ich schickte um 9— der Anzug Ist nicht fertig. Ich schickte um yilO— der Anzug ist noch immer nicht fertig. Endlich um 10.29 Uhr habe ich den Anzug und um 10.40 Uhr geht mein Zug. Sonnabend war ich am Ziel, ruhte mich aus, ließ mich vom Arzt untersuchen, zahlt« die Kurtaxe, lernte etliche Damen kennen, die ohne Gatten im Bad weilten: und morgen, Sonntag, wollte ich mich in meinem neuen Anzug zeigen. An Gepäck hatte ich mitgenommen: meine Frau, meine Schwiegermutter, einen Käfig mit einem Kanarienvogel, eine Köchin, vier Kissen, drei Decken und das komplette Küchengerät, den Spar- Herd ausgenommen, obwohl die Schwiegermutter auch dessen Mit- nähme vorgeschlagen hatte. Sonntag. Promenodenkonzert. Viel schöne Menschen in schönen Kleidern, die Damen im lichtesten Licht, die Herren im dunkelsten Dunkel. Ich muß erwähnen, daß ich gezwungen war, meinen neuen An- zug anzuziehen schon darum, weil ich unglücklicherweise in das Dein- kleid meines alten Anzugs an der ungünstigsten Stelle«in Loch ge- rissen hatte Mit Wohlgefallen entnahm ich den neuen Anzug meinem Kosfer und schlüpfte in das Beinkleid. Ach. heute noch begreife ich nicht, wieso ich in jenem Augenblick nicht vom Schlag gerührt wurde. Bedenken Sie: das Beinkleid war um volle zwei Spannen zu lang. Ich schleifte es den Schuhen nach. Ich verwünschte den Schneider und schwor, mir nie wieder einen Anzug ohne vorheriges Maßnehmen und ohne Probe machen zu lassen. Ich ging in meiner Verzweiflung noch weiter: Ich schwor, nicht nur diesen Anzug, sondern auch den im Vorjahr gelieferten für immerwährende Zeiten schuldig zu bleiben. Doch meine Eide konnten mir nicht helfen. Sonntag, Promenadenkonzert, schön« Frauen, und ich kann da» alte BeinNeid nicht anziehen und da» neue noch viel weniger! Wa» tun? Wie ich war, nicht eben nackt, aber doch unzulänglich bekleidet, nahm ich das Beinkleid über den Arm, und sprach mit der lieblichsten Stimme zu meiner Frau: „Herzchen, willst du mir dieses Beinkleid um zwei Spannen kürzen und dann wieder einsäumen?"�• ei:a � „Ich? Gott bewahre!" antwortete mein« Frau, sich hämisch freuend, daß ich nun zu Zimmerarrest oerurteilt sei. „Warum denn nicht?" „Das ist doch Schneiderarbeit!". „Gut. Aber hier im Kurort gibt es keinen Schneider und ich müßt« mein Beinkleid noch Vranje schicken. Selbst, wenn ich die» tu«, ist mir nicht geholfen, weil man Sonntag» nicht arbeitet. Warum willst du mir nicht gefällig sein?"
„Sei nicht kindisch! Ich will dir das nagelneue Beinkleid nicht verderben!" „Es ist doch nicht Gott weiß wie fein. Einfach abschneiden und einsäumen." „Nein, nein, du würdest nachher schimpfen." Mir blieb nichts anderes übrig, als zur Schwiegermutter zu gehen und ihr meine Bitte vorzutragen. „Aber Kind, wie könnte ich die Sünde auf mich nehmen?! In größter Not würde ich Sonntags keinen Nadelstich machen." Nun blieb mir nur noch die Köchin. Auf zu ihr. Als sie mich in dieser Verfassung mit dem Beinkleid über den Arm kommen sah, bedeckte sie sich die Augen mit der Schürze und wandte sich obendrein noch ab. „Hören Sie. Kathi, haben Sie Mitleid mit mir!" Tränenden Auges schilderte ich ihr mein Mißgeschick. „Ich kann nicht, gnädiger Herr, denn ich hatte zeitlebens nichts mit Beinkleidern zu tun: ich habe höchstens einen Knopf angenäht!" „Aber Kathi, das ist doch keine Kunst! Sie nehmen einfach die Schere, schneiden zwei Spannen ob. und säumen den Rest wieder ein. Nun, ist das nicht ganz einfach?" „Nein, nein, ich kann nicht! Und gehen Sie bitte, damit Sie die gnädige Frau nicht unangekleidet bei mir in der Küche findet!" Nichts zu machen! Ganz verzweifelt kehrte ich in mein Zimmer zurück, warf das Beinkleid auf den Fußboden, verdunkelte das Zimmer, legte mich nieder und verfiel in einen endlosen Schlaf. Mittlerweile, während ich schllef, geschah folgendes: meine Frau bedauerte mich, sie sah, alle gehen spazieren und ich muh schlafen.
Sie kam leise in mein Zimmer, nahm die Schere, schnitt zwei Spannen ab, säumte ein und legte das Beinkleid aufs Bett, damit ich freudig überrascht sei, wenn ich erwache. Nun, hätte mich meine Frau allein bedauert, wäre ja alles in schönster Ordnung gewesen. Doch auch meine Schwiegermutter be- dauerte mich. So hart ihr Herz war, dennoch bedauerte sie mich. Sie bekreuzigte sich vor dem Heiligenbild, schlich in mein Zimmer, nahm das Beinkleid, kürzte es um zwei Spannen, säumte es ein und legte es aufs Bett, um mir eine angenehme Ueberraschung zu bereiten. Schließlich, es ist schön, daß ich von meiner Frau bedauert wurde, rührend, daß sich meine Schwiegermutter meiner annahm. Doch mein Unglück ging so weit, daß auch Kathie Mitleid sich regte. Bedenken Sie: auch Kathi bemitleidete mich! Nachdem meine Frau schon zwei Spannen abgeschnitten hatte und ausging, um Besuche zu machen, nachdem meine Schwieger- mutier zwei Spannen abgeschnitten hatte, um dann spazieren zu gehen: kam auch Kathi in mein Zimmer. Leise und auf Zehen- spitzen. Sie nahm das Beinkleid, kürzte es um zwei Spannen, säumte es ein. Und dann legte sie es aufs Bett, um mir eine an- genehme Ueberraschung zu bereiten. Und wirklich war ich überrascht. Ich wache auf, sehe, daß das Beinkleid repariert ist und springe freudig hinein. Aber— großer Gott — jetzt noch überläuft es mich kalt, wenn ich an jenen Augen- blick zurückdenke— ich stecke in einer Badehose. Ja, das war eine regelrechte Badehose. Ich konnte in diesem verzweifelten Augenblick auch nichts tun, als in dem kurzen Beinkleid wie der Wind durch die Menschen jagen ins Schwimmbad, und schnurstracks ins Wasser springen. Sehen Sie, deshalb will ich heuer ohne Beinkleid ins Bad reisen. tAu» dem Serbokroatischen von Jana» OlfzervstU.
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... und ich wanderte in einer wunderbaren mondhellen Nacht zwischen den Säulenreihen des Kolosseums. Es gibt keine Holly- wooder Technik, es gibt keinen Pinsel, keine Feder, die imstande wären, diese sommerliche Abendstimmung Roms auch nur an- nähernd zu versinnbildlichen. Denn zu dieser Stimmung gehören nicht nur die schauerlichen Dimensionen des Kolosseums, sondern auch jenes unbestimmbare Gefühl, welches die zur Schwärmerei neigende Seele ergreift, wenn die Nacht zwischen die im wahrsten Sinne des Wortes glühenden Mauern von Frascati ein lindes Lüftchen bringt und man durch den benachbarten Titus-Triumph- bogen gleichzeitig daran erinnert wird, daß es in anderhalbhundert Jahren zweitausend Jahre seit der Unterjochung Iudäas und der Zerstörung des Jerusalemer Heiligtums sein werden. Selbst heute noch kann man hier, im alten Latium , zu Tausenden und Tausenden Männer und Frauen mit unleugbar semitischen Gesichtszügen sehen, deren Urahnen auf ihren unter den Peitschenhieben sich krümmenden Rücken, mit verrenkten Fingern, blutig zerschundcn die viel« Meter- zentner schweren Steine zum Bau des zehnstöckhohen Rundgebäude» des Kolosseums, des Triumphbogens des Titus und der vielen an- deren, der Zeit trotzenden Denkmäler, Kirchen und Säulen schleppten. Ich war gar nicht erstaunt, als ich an einer Kirche am Ufer des Tiber unterhalb des siegreichen Kreuzes eine vierzeilig« hebräische Aufschrift erblickte; und ich staunte auch in den Florenzer Ussizien nicht über jenes dreiteilige Gemälde, dessen einer Titel die ttadi- tionelle Zeremonie der Beschneidung de» Steinen Jesus darstellt. Der Fremdenverkehr erscheint nur in den Augen jenes Menschen im Sommer. so gering, der Ron� zu einer anderen Jahreszett noch nicht besucht hat. Die Hoteliers klagen wohl, daß der Fremden- ström �aus Europa etwas abgeflaut sei,— aber Amerika : sowohl Nord- wie Südamerika schüttet die Gruppen der Universitätshörer aus sich au»: Tag für Tag kommen zu Hunderten und Hunderten die jungen Amerikaner, unter ihnen ausfallend viele Mädchen, die in riesigen Autos durch die Stadt fahren und jede Sehenswürdigkeit,
Siegfried 3acoby: AufrÜhr IMl
Eine Mittelstadt hatte einen Botanichen Garten, eine dieser Sammlungen wurzelnden Lebens, in denen die natürlichen Gegen- stände den in einem erdachten System ihnen zukommenden Platz einnehmen. Eigentlich waren es zwei Reihen, J)i« der Schilder und die der Gewächse. Das Pflanzenreich entsandte seine Arten. Das System fügte sich auf den Blechtäfelchen zusammen. E» war da» natürliche Pflanzensystem de» berühmten Forscher», dessen Schüler der Leiter des Gartens, ein Professor der nahen Hochschule, gewesen war. Brustgroße Schilder, hohe Generale standen inmitten der Ab- tcilungen: armgroße, Oberste, zeigten die Klassen an, etwas kleinere, Majore, die Fomilienreihen: reichlich handgroße waren Hauptleute vor den Familien, wieder kleinere, Leutnants, kommandierten die Gattungen, und faustgroße, Unteroffiziere und Gemeinen, standen bei den Arten. Auch schmale Stege zwischen den letzten Abteilungen und breitere Pfade zwischen den erdachten Gruppen machten die Anlage für das Auge deutlich. Außerdem gab es Gartenbezirke, die von dem Wesen oder der Bestimmung der Pflanzen abgeleitet waren. Abgeschlossen wuchsen Blütenträger der Heilkunst, der Küche oder anderer Nutzung. Auf einer halben Anhöhe taten Laub- und Nadel- bäume sich wichtig. Wasierpflanzen lebten sich in einem winzigen Teich aus. Kletterpflanzen an Gerüsten. Da der verarmte Staat nur die Mittel für eine noch dazu schlecht bezahlte Hilfskraft ge- währen konnte, so übten der Professor, seine Frau und seine Töchter von früh bis spät Gartenpolizei. Sie wachten, daß jede Pflanz- in dem ihr zugeteilten Beet blieb und sich nicht in» der Ferne oder, was hier noch fast schlimmer, bei ihren Verwandten umhertrieb. Nachdem der Garten lange Jahre geblüht hatte, erreichte der Professor die Altersgrenze, er erhielt seinen Abschied. Die Obhut de» Gartens wurde einem jüngeren Lehrer anvertraut. Hatte dieser zuviel mit anderen Sachen zu tun oder verstand er nichts von dieser, genug, er überließ die Pflanzung jener Hilfskraft, einem Invaliden. der zu keiner anderen Arbeit nütze. Aber der Greis hatte weder den Verstand noch die Kraft zu leisten, was dem Professor und den Seinigen soviel zu schassen gemacht hatte. Der Unzulängliche be- schloß also, sich nur um einen kleinen Teil des Gartens zu kümmern, kam aber selbst damit nicht zu Rande. Wenn der neu- Herr seine Schüler in den Garten führte, sah er, daß darin zu wenig gearbeitet wurde, konnte es ober nicht ändern. Die Gewächs« bemerkten, daß die Streng«, die sie solange in Zucht geholten hatte, von ihnen wich. Den Dickhäutigen, die es nicht spürten, sagten es die nächsten, die es gewahr wurden. Alles reckte und streckte sich. Schon früher hatte manch« Pflanz- erkannt, daß der Ort. an den man sie gesetzt, er mochte im System stimmen, keineswegs zu ihren Neigungen paßte. Sie hatte auch versucht, taftta ja wandern, wohin eine Besonderhett de» Boden», der Be-
lichtung oder der Nachbarschaft sie lockte. Sie war dann ausgezupft, zurückgerissen und auf den ihr bestimmten Platz oerwiesen worden. Jetzt versucht« sie es von neuem. Es gelang. Mit einem Schlag verbreitete sich die neue Botschaft:„Unser Feld ist die Welt". Sie dachten hierbei an den ganzen Garten. Das mannshohe Schilfgras, die stattliche, armleuchttige, mit gelben Sternen besteckte Königskerze, der üppige Alant, dessen große Blüten scharf duften, gingen mit anderen auf ausgelassen« Wanderschaft. Nie und nitgend» waren der ostasiatisch« Knöterich, die blaublllhende Tradeskantie au» Vir- ginien, die Oelweide mit den mehligen Silberblättern so üppig ge- wachsen wie dort, wo es ihnen eigentlich verwehrt war. Sie gingen, wohin sie wollten, sie besuchten die anderen und blieben bei ihnen. Schachtelhalme und Gräser fanden die früher peinlich sauber ge- holtenen Stege und Pfade, die Ordnungsstreifen des Bodens, be- sonders köstlich, wucherten darin und füllten sie aus. Das Durch- einander überschrie den Sinn der Schilder. Was sie anzeigten, war bei ihnen gar nicht oder doch nur vermengt mit anderen zu finden. Die Verwirrung artete völlig au», als manche Tafel dort, wo sie ins System gehörte, ausgerissen und an die dicht besetzte Wahlstelle einer ausgerückten Pflanze gespießt wurde. Von den Menschen, die den Triumph der Arten über das System sahen, zuckten die einen die Achseln, sagten„Unordnung!" und gingen weiter. Die anderen fühlten, wie die Urkraft sich gegen den Gedanken der Studierstube auflehnte und wurden im Innersten davon ergriffen. Wer fabelte von der Liebenswürdigkeit der Pflanzen? Hier offenbarten sie ihre Wildheit und Grausamkeit. War nicht, als ob die über alles Maß emporschießenden Stengel sich höhnisch ringelten und ihren hellen Haß in die Lüste schrien? Standen die unnatürlich dicken Stengel des großen Knöterichs und der Königiskerze auf dem eroberten Boden nicht wie Bestien, die ihre Pranken in die Brust des besiegten Gegners traten? Wäre in den Pfldttzen und dem Boden, den sie heiß eroberten und bunt be- setzten. Blut gewesen, dos umzäunte Feld wäre von rotem Saft übergeflossen. Die Revolution der Pflanzen ärgerte die Menschen. Der und jener sprach und schrieb an den und jenen. So erregte man die oberste Stelle, die sich um den Garten zu kümmern hatte. Ein hoher Beamter kam, sah und verfügte. Er bewilligte eine Summe für ein« kleine Schar von Hilfskräften. Doch noch jetzt behauptete sich die Urkraft der Pflanzenwelt gegen die Absicht, das System wieder zur Macht zu bringen. Man ließ ein beträchtliches Stück, nämlich das bisher von den einkeimblättrigen Pflanzen bewohnte, kurzer- hond eingehen und sammelte den ganzen Fleiß aus den Rest' des Gartens. Rur so durfte man hoffen, den grünen Aufruhr nieder- zuschlagen und die Ordnung de» Systems wenigstens auf einem enger« Gebiet wiederherzustellen.
wenn auch nur flüchtig, betrachten. Sie reisen mit kleinen, gleich- artigen schwarzen Lackkofsern und obwohl es verboten ist, mit ärmcl- losen Kleidern die Kirchen zu betreten, habe ich gesehen, wie sie doch ungehindert überall hineingelangten. Es gibt unter ihnen viele aus Haiti , Java, Portorico ; die Mädchen sind ausnahmslos alle sehr stark geschminkt, sie schlucken den Zigarettenrauch, die meisten von ihnen haben langes Haar, das sie rückwärts in einem Halbkreis aufgesteckt trogen. Im Hotel Imperiale sind über achtzig Amerikaner abgestiegen. Der Kellner, der natürlich ein guter Beobachter ist, sagt zu mir: „Interessant sind, bitte, diese amerikanischen Girls. Im Melde- zettel füllt keine von ihnen die Rubrik„Alter" aus, alle setzen als hätten sie sich direkt verabredet— nur zwei„X" hin. Möglich, daß sie die Frage nach dem Alter für eine Taktlosigkeit halten. Dabei sind sie doch aber noch so jung, daß es sich gar nicht lohnt, so geheim zu tun." In Rom kann man den Freniden daran erkennen, daß er immer todmüde ist. Vergebens legt man seine Wege mit dem Auto oder mit der Elektrischen zurück: in den Kirchen, in den Museen, Gemälde- galerien, auf den Plätzen und berühmten Straßen muß man derart viel zu gehen, daß besonders die Frauen vor Müdigkeit ganz zer- schlagen sind. Wäre die Hitze nicht so groß, würden die Fremden zweimal so viel verzehren als daheim. Nach einer allgemeinen Erfahrung„geben" die Rom besuchenden Fremden innerhalb zHci Wochen ein bis zwei Kilo�ihres Körpergewichtes ab, In den Mittagsstunden ist das Zentrum der Stadt, fast aus- gestorben. Nach drei Uhr beginnt der' Verkehr, der zwischen sechs und acht Uhr abends seinen Höhepunkt erreicht. Wer sich mit den Römern halbwegs perständigen kann, reist viel bequemer als ein Provinzler in der Hauptstadt seines eigenen Landes. Die Höflich- kcit, Dicnstfertigkeit, das freundliche Benehmen und die Güte des Italieners sind beispiellos. Es kam vor, daß die Eigentümerin eine» kleinen Lebensmittelgeschäftes, die auf dem Piazza Vcnezia vor ihrem Laden stand und an welche sich meine Frau in vorzüg- lichem Italienisch um eine Auskunft wendete— ihren Laden verließ und uns zweihundert Schritte weit begleitete, um uns die Halte- stelle der Straßenbahn zu zeigen. Ihre zwei kleinen Töchterchcn kamen ebenfalls mit und sie redete eifrig, uns alles erklärend, was recht» und links zu sehen war. Ein andermal wieder geschah es, daß wir vom Forum Trajanum zum Pantheon gehen wollten und ein vornehmer Herr direkt aus der Elektrischen ausstieg und uns hinbegleitete. Der weißgekleidete Polizist, der den Straßenverkehr mit wahrer italienischer Leichtigkeit dirigiert, bringt eine ganze Wagenreihe zum Stehen, während er die erbetene Aufklärung erteilt. Und noch eine Wahrnehmung: auf den öffentlichen Verkehrsmitteln überlassen verhältnismäßig drei- bis viermal soviel Mäyner ihre Plätze den Frauen, älteren Leuten und Kindern, als bei uns. Am Abend nach dem Nachtmahl belebt sich die vornehme Via Veneto , die breite Straße der großen Hotels. Vor den Kaffeehäulern werden die verschiedensten Erfrischungsmittel konsumiert: Masagran, Amarena, Gelat, Cocktail, während das kühle Lüstche» des Monte Pincio die leichten Kleider durchweht. Im Park der Villa Borghese huschen zu Hunderten die Auto» dahin, wimmelt das nach Lust schnappende Volk, und wer Lust hat, kann sich in den Park des Freiluftvarietes setzen, der zwei- bis dreitausend Menschen saßt. Außer Kino, Zirkus und Sport gibt es jetzt im Sommer keine andere Zerstreuung. * Ein interessanter Gegensatz: die drei lebendigen Wölfe des Capitoliums,— und die zweihundert lebendigen Katzen des Forum Trajanum, die in der höllischen Gluthitze hingestreckt zwischen den Säulen der mit einer Steinmauer umschlossenen tiefen Piazza liegen. Die Spaziergänger wersen den.schwarzen, gelben, weißen und ge- streiften„Gattas", den Lieblingshaustieren Roms, kleine Pakete hinunter. Argwöhnisch blicken die Kotzen zu der beim Geländer stehenden Volksmenge hinauf, die sich nicht allzu sehr anstrengt, die bis an die Knochen abgemagerte Menagerie zu verpflegen. Dabei hatten doch die Katzen auch im alten Rom , wo der Weizenvorrat einer ganzen Provinz aufgestapelt lag, eine wichtige Rolle gespielt, indem sie als Feinde der sehr fruchtbaren Ratten den Sicherheit»- dienst versahen. Die faschistische Regierung hat dem übertriebenen Katzenkult bekanntlich den Krieg erklärt, die Katzen des Forurti Trajanum scheinen aber ein exterritoriales Recht zu genießen. Es ist das eine rührende Art, die ehemaligen Verdienste zu schätzen. Und wer weiß...? vielleicht gibt es sogar noch Ratten in den geheimen unterirdischen Lebensmittelmagazinen des toten Heeres Kaiser Trojanus!... * Und zum Schluß: Jener Mönch mit dem lächelnden Gesicht, der uns in den großen Katakomben als Führer diente, fragt« zum Schluß, ob wir nicht Deutsche wären? Als ich ihm erklärte, wer wir seien, lachte er laut auf und sagte: „Signora und Signor haben mich nämlich derart vielerlei gefragt, wie das sonst nur die sehr gründlichen Deutschen tun." M feCKt»PTlil 1 1 IJJJ