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Krisenlösung des Hansabundes.

Die Sozialpolitik ist beseitigt, die öffentlichen Betriebe sind privatisiert. Wer noch lebt, kann jetzt wieder Arbeit kriegen!"

Kleine Geschenke... Die Korruption bei Raiffeisen.

Langsam bringt der Urahew-Prozeh in Dr«sden an den Tag, daß die tolle Getdocrschleuderung der Raiffeisen-Vank an Uralzew und andere Glücksritter doch nicht allein auf Schlamperei und Leicht- sinn, sondern auf direkte Korruption zurückzuführen war. Schon der Raisfeifen-Untersuchungsausschuh des Landtags hat in seinen Feststellungen ausgesprochen, das ein dringender Der- dacht in dieser Richtung zum mindesten gegen die Prokuristen der Raisfeisen-Bant bestehe. Er hat aber mit den unzureichenden Mitteln der parlamentarischen Untersuchung die Tatbestände bis ins letzt« nicht klären können. In Dresden wurde nun imkleinen" Uralzew-Prozetz der Raiffeisen-Prokurist Dr. Lange als Zeuge vernommen, der der eigentlich« Gelddisponent und Leiter der Kreditabteilung bei Raiff- eisen in der fraglichen Zeit gewesen war. Im kommende»großen" Uralzew-Prozetz dürfte der platz Dr. Langes wahrscheinlich auf der Anklage batik sein. Es wird ihm nämlich zur Last gelegt, daß er sich von Uralzew für die ihm gewährten Millionenkredit« aus der Raisfeisen-Kasse hohe Provision Hobe zahlen lassen. In'Dres&fci, nSb die Mkkage um Ding« geht, die zeitlich nach der RaisseisKi-Affäre liegen, trat Dr. Lange als Zeuge auf und wurde sogar vereidigt, obwohl gegen diese Dereidigung außer» ordentlich schwer« D«denken vorlagen. Lange be st ritt zunächst hartnäckig, von Uralzew jemals Geschenke an. genommen zu hoben. Uralzew aber ist über diesen Undank gar

nicht entzückt. Er erinnert Lange an einen ko st baren Perser- t e p p i ch aus seiner Sammlung, den er ihm zum Geschenk gemacht und den Lange auch angenommen habe. Lange leugnet. Uralzews Frau sagt aus, daß ihr Chauffeur den Teppich zu Dr. Lange gebracht habe und daß sie ihn in dessen Wohnung auch habe liegen sehen.(Uralzew und Lange wohnten, was auch bezeichnend ist, in einem westlichen Vorort in zwei benachbarten Villen.) Als Lange noch immer nicht gestehen will, erinnert ihn Uralzew weiter an eine goldene Uhr, die sich Lang« von ihm hat schenken lassen. hier knickt Lange zusammen und beantwortet die Jrage des Vorsitzenden, ob dies denn wahr sei. mit einem leisenZa". Eben hatte er noch auf das bestimmteste erklärt, niemals ein Geschenk von Uralzew erhalten zu haben. Diese Geschenke dürsten jedoch nur ein ganz kleiner Teil der Wahrheit sein, mit der auch Uralzew immer noch aus taktischen Gründen zurückhält. Steht doch fest, daß die Raiffeisen-Prokuristen von anderen Kunden der Raifseisen-Bank sich unter allen möglichen Vorwänden Summen von Zehntausenden hoben zahlen loflen. Dem Dr. Lang« hat zum Beispiel von der Firma T h i a z «in«Gewinnbeteiligung" von 7000 Dollar, gutgeschrieben. Bald darauf verkracht« die Firma Thias mit einer Schuldenlast von über einer Million, die der Raifseisen-Bank verloren ging. Der Haupt- inhaber flüchtet« nach Südamerika und erschoß sich dort, al» er wegen Wechselfälschung verhaftet werden sollte.

Verleumdung in einer Frage. .Beleidigungsprozeß gegen ein vöMscheS Blättchen. Bor dem Amtsgericht Berlin-Mitte kam eine der üblichen Nationalistischen Verleumdungen zur Verhandlung. Der verantwort- liche Schriftleiter des sogenanntenDeutschen Borwärts", ein gewisser Oskar Krüger, hatte sich wegen übler Nochrede zu ver- antworten, dessen Opfer unser Rcdaktionskollege Victor Schiff war. In der Nr. 1l) vom 7. März d. I. erschien in dem genannten bölkischen Blättchcn ein Leitartikel mit der Ueberschrift:Eine Frage an den SPD. -Borstand? Wer ist S ch i f f- B a l d e r? Wir erwarten Antwort". In diesem Aufsatz wurde Bezug genommen auf einen gewissen Siegfried Balder, der während des Krieges als Verfasser von Flugblättern und dergl. zeichnete, die im Auftrage des franzö- fischen Generalstobes an der Front verbreitet wurden. Angeblich soll dieser Balder in Wirklichkeit Schiff geheißen und vor dem Kriege in Paris gelebt haben. Da nun Genosse Victor Schiff selber als Sohn eines österreichischen Journalisten in P a r i s geboren ist, warf das Bläitchen die Frage auf, ob nicht derVorwärts"-Redak- teur, dem gleichzeitig eine für Deutschland schädlich« Tätigkeit im Auslande nachgesagt wurde, identisch sei mit jenem Agenten der französischen Heeresleitung. Die Antwort auf diesen in versteckter Form erhobenen Vor- wurf des Landesverrats war eine Prioatklage des Genossen Victor Schiff wegen übler Nochrede. In der Verhandlung regte der Amtsgerichtsrat von P l a t e n einen Vergleich an. Er hielt dem Deklagten eine nicht mißzuver» stehende Moralpauke über Sitte und Anstand im politischen Leben und meinte, daß es das gescheitest« sei, dem Nebenkläger ein« Ehrenerklärung abzugeben. Der Vertreter des Beklagten er- klärte, daß sein Mandat sich bereits aus der prioatklage von der Irrigkeit seiner Vermutungen in Bezug auf die Persönlichkeit des Nebenklägers überzeugt Hab« und daß er bereit äre, die erwünschte Ehrenerklärung abzugeben. Rechtsanwalt Otto Landsberg lehnte aber jeden Ver- gleich a b. Der Beklagte hätte bereits vor drei Monaten, als er sich aus der Prioatklage davon überzeugt hatte, daß der Artikel nichts anderes als üble Nachrede darstell«, den Mut haben sollen, seine Leser dementsprechend zu informieren. Er habe es jedoch unterlassen. Zur Rechtfertigung des Artikels berief sich der Beklagte Oskar Krüger auf dieinternationale und franzosenfreundliche" Haltung des Klägers Victor Schiff , unter anderem auch auf eine Rede, die er auf einer internationalen Studententagung in Strahburg gehalten habe. Der Artikel enthalte keine Beleidigungen,«inen a n- deren Weg zu prüfen, ob Balder und Victor Schiff die gleiche Person seien, habe er nicht einschlagen können, daher seine Anfrage an den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei. Im übrigen nahm er für sich den§ 193 in Anspruch. Rechtsanwalt Otto Landsberg entgegnete, der Artikel enthalte den Vorwurf des Landesverrats und lasse keinen Zweifel darüber, daß der Verfasser seinen Lesern die Ueberzeugung oonderIdentität jenesBalder" und Victor Schiff beibringen wollte. Von Wahrung berechtigter Interessen könne keine Rede sein. Victor Schiff fügte noch hinzu, er habe in der vom Beklagten erwähnten Straßburger Rede nur gesagt, daß Elsaß -Lochringen kein Anlaß zu einem neuen Krieg sein dürfe, daß dieses Problem als internationale Angelegenheit zwischen Deutschland und Frankreich im Sinne des Vertrages von Locarno erledigt sei, und daß da« elsessische Volk durch drei Abstimmungen zu den ftanzösischen Kammerwahlen zum Ausdruck gebracht habe, daß es im Rahmen der französischen Republik leben wolle; selbst die Autonomisten hätten immer entschieden betont, daß sie für das Verbleiben Elsoß-Lothrin» gen? bei Frankreich «inträten. Der Richter setzte den Verkündungstermin für nächsten Freitag fest, erklärt« aber schon gestern, daß«in« B«strafung unbe- dingt erfolgen müsse, daß von der Anwendung de«§ 193 kein« Red« fein könne und daß er«ine Geldstrafezwischen Zül» und<00 M." festsetzen würde.

Oer Herr Sekretär. Ein Verleumder bestrast. Momberg. 19. Juni.(Eigenbericht.) Das Schöffengericht E b e rn bei Bamberg verurteilte am Donnerstag den Sekretär des Bezirksamtes Ebern , Wagner, wegen Bsleidigung des Polizeipräsidenten Grze- sinsti. Der Sekretär hatte nach einer gesprengten sozialdemo- kratischen Bersammlung im Gastzimmer des Versammlungslokals zwei Stunden lang in wüsten Ausführungen die Republik be- schimpft. Unter anderem äußerte er über den Polizeipräsidenten Grzefinski:Grzesinski sei ein verwahrloster Mensch und seine Der- gangenheit sei sehr schlecht." Selbstverständlich bestritt der Nazi wie immer, diese beleidigenden Aeußerungen getan zu haben. Er wurde aber durch einwandfreie Zeugen überführt, während seine Eni- lastungszeugen versagten. Da» Gericht verurteilte den völ- tischen Verleumder zu 150 Mark Geldstrafe.

Ein mustergültiger Landtagspräsident. Oer Parlamentsskandal in Braonschweig. Braun schweig, 19. Juni. (Eigenbericht.) In der Freitagsitzung des Braunschweigischen Land- tags kam es wieder zu einem Auszug der sozialdemokratischen Fraktion. Der nationalsozialistische Präsident Zörner wandte sich gegen eine Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion, die seine Ge- schästsführung tadelte. Er behauptet, daß er nicht verpflichtet sei, einen nationalsozialistischen Zwischenruser. der von Reichsbanner- kameraden als Mordgesellen gesprochen habe, zur Ordnung zu rufen, da tatsächlich das Reichsbanner Morde be- gangen hätte. Die Fraktion der Sozialdemokratie wehrte sich gegen den Eingriff des Präsidenten in die Debatte und pro- testiert« gegen seine einseitige Stellungnahme. Da die Dolks- Partei ocn von ihr mitgewählten Präsidenten nach wie vor stützt, kam die sozialdemokratisch« Fraktion überein, unter Protest gegen die einseitig« Geschäftsführung Zörners den Landtag zu ver» lassen. Vorher wurde ein Amnestiegcsetzentwurf der Sozialdemokratie verhandelt, der die Straffreiheit für Eltern»erlangt, deren Kinder am Schulstreik der wettlichen Schule in Braunschweig teilgenommen haben. Die Redner der Nationalsozialisten erklärten, daß dieser Gesetzentwurf nicht einmal diskussionsreif sei und die Eltern schwer bestraft werden müßten. Der Entwurf wurde dem Hauptausschuß zur Erledigung überwiesen.

FilmIm Ivcsicn nichts Neues" als künstlerisch anerkannt.. Die Universal-Film-A.-G. teilt mit, daß der FilmIm Westen nichts Neues" am Freitag vom Lampe-Ausfchuß als künstlerisch anerkannt worden sei.

Stahlhelm-Zrechheiien. Wann wird die Republik hart werden? München , 19. Juni. (Eigenbericht.) Der Stahlhelm genießt in Bayern seit langem besondere Schimpf- und Hetzfreiheit. Nirgends findet sich ein Staatsanwalt, der gegen diese Offiziersclique mit hohen Pensionen die Gesetze anwendet. Auf einer Tagung in Kempten prahlle der bayerische Lande»- führer, der als Hetzer berüchtigte O b e r st Lenz, mit der grenzen- losen Duldsamkeit der Behörden und verhöhnte die Autorität des Staates mit dem Hinweis, daß er selbst schon wiederholt mit dem Republikschutzgesetz in Konflikt gekommen, aber noch niemals verurteilt worden sei. Die au» Angst vor dem Stahlhelm feige Republik getraue sich überhaupt nicht, Stahlhelmsührer, die Ge- fäagnisstrafen verwirkt hätten, ins Gefängnis zu stecken, sondern begnüge sich, sie mit bescheidenen Geldstrafen zu belege«. Da der größte Teil der Bevölkerung von Kempten und Um- gebung sich der durch Hakenkreuzler verstärkten monarchistischen Parade ferngehatten hatte, fiel der Oberst mit wüsten Befchimp- fungen und Drohungen über das Bürgertum her. In hemmungsloser Wut nannte er die gegenwärtige Epoche eine grauenvolle Zeit der Feigheit, der politischen Syphilis und einer feigen erbärmlichen bürgerlichen Mitte". Durch die Gemeinheit und Charakterlosigkeit der bürgerlichen Mitte sei unserer Zeit das Deutschtum und das Christentum abhanden gekommen. Gewissen katholischen Politikern unterstellte er, daß sie wieder den Dreißigjährigen Krieg, aufleben lassen wollten, um da, protestantische Christentum zu vernichten. Nach dem bayerischen Oberst sprach der russische Rittmeister Kustow, dem die Aufgabe zugewiesen war, den Zuhörern das Gruseln vor dem russischen Bolschewismus beizubringen.

Hiilerleuie als Erpresser. Dieprominenten" künden Brandstiftung an. München . 19. Juni(Eigenbericht). Mit Erpressungsdrohungen wollen die Hitlerleute in Vmzern die Vorführung des Remarquc-FilmsIm Westen nicht» Neues" selbst in geschlossenen Vorstellungen verhindern. Wie der Vorsitzende des Landesverbandes der bayerischen Filmtheaterbesitzer Engl mitteilt, habenprominent« Mitglieder einer politischen Partei" ihn formell wissen lassen, daß von den Kinos, die diesen Film spielen werden,kein Stein auf dem anderen bleiben würde". Selbstverständlich handelt es sich dabei um Hakenkreiizler. Der Landesverband hat bereits Maß­nahmen beraten, die ein ungestörte? Vorführen des Films sichern sollen. Er hofft dabei auf die Unterstützung der Polizei, die zum Schutze der für geschlossene Lorstellungen gemieteten Theater ver.

pflichtet ist. Zunächst wird es Aufgab« der Staatsanwaltschaft sein. die verbrecherischen Darbereitungen der Hitlerbanditen durch die Verhaftung der Erpresser zu unterbinden.

Treuegelöbnis zur Partei. Hans Vogel vor der Nürnberger Parteigenossenschast. Nürnberg , 19. Juni. (Eigenbericht.) In einer Riesenoer. sammlung der Nürnberger Partei» organisation sprach heut« abend der Genosse Hans Vogel über die letzten Vorkommnisse im Reichstag und über die politische Situa- tion. In der Diskussion sprachen alle Redner, auch die, die mit der Halwng der Fraktion nicht einverstanden sind, unumwunden aus, daß die Fraktion sich in einer schwierigen Situation be- sunden habe und daß sie volles Vertrauen zur Politik der Reichstagsfraktion habe. Es wurde dann folgende Resolution angenommen: Die heute überaus stark besuchte Versammlung der Nürn- berger Parteiorganisation ist sich mit der Sozialdemokratischen Reichstagsfraktion einig in der Verurteilung der Notver- ordnung. Die Versammelten lehnen mit der Partei eine Ver- antwortung für diese Notoerordnung auf das entschiedenste ab. Sie fordern deshalb die Reichstagsfraktion auf, den Kampf auf Um- änderung der Notoerordnung zugunsten der notleidenden Schichten mit aller Schärfe fortzusetzen. Die Versammelten versprechen, die Sozialdemokratische Reichstagsfraktion in ihrem Kampfe gegen die mit der Reaktion verbündeten Kommu- nisten tatkräftig zu unterstützen. Sie geloben, gegen- über den Lügen und Verleumdungen oller Gegner, die Schlagkraft der Partei noch mehr zu stärken und so den Boden vorzubereiten für einen günstigen Ausgong des Endkampfes der werktätigen Massen gegen ihre Ausbellter und ihre Helfershelfer. Diese Resolution wurde von der Riesenoersammlung nahezu einstimmig angenommen. Mit einem Arbeitergesang endet« dann die prachtvolle Versammlung.

Schuß in Depefchenogevlur. In das Rsdaktionslokat der im Zentrum von Warschau gelegenen TelegraphenagenturExpreß" wurde abends von der Straße aus geschossen. Alle Redakteure waren anwesend. Keiner wurde getroffen. Verurteilung wegen Landsriedensbrnchs. Sieben Personen, die ssch in Duisburg an den Slroßcntumulten am 3. Juni beteiligt hatten und überführt werden tonnten, Fensterscheiben eingeschlagen zu haben, mußten sich vor dem Schöffengericht verantworten. Drei von ihnen wurden wegen schweren Landfriedens- bruches zu je 6 Monaten, die anderen vier zu je 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Gerüchte von Aendcrungen im Rcichsfinan, Ministerium, be- sonders von der Abficht, den Staatssekretär Schäfjer zu entfernen und, durch den volksparteilichen Ministerialdirektor Zaichen zu er­setz««, werden offiziell als unzutrsffend bezeichnet,