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BERLIN  Sonnabend 20. Juni 1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags.

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Nr. 284

B 142

48. Jahrgang

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Das Eingreifen Hoovers

Mehrjährige Unterbrechung der Kriegsschuldenzahlung erwogen

Washington  , 20. Juni.

Im Zusammenhang mit der Erklärung Hoovers über die wirtschaftliche Wiedergesundung der Welt wird er­gänzend gemeldet, daß der Präsident mit den Senatoren Reed, Smoot, King und Glaß und mehreren Abgeord: neten Besprechungen führte und längere Konferenzen mit Staatssekretär Stimson   und seinem Stellvertreter Mills hatte.

Herbert Hoover  , der Präsident der Vereinigten Staaten  . Amerikanische   Blätter bezeichnen die Erklärung Hoovers als ein historisches Dokument und als

Beweis für die Erkenntnis, daß sich Amerika  dem Ernst der Lage nicht länger entziehen könne. Ueber die Pläne Hoovers gehen die Vermutungen dahin, daß man Deutschland   nicht durch eine Herabsetzung der alliierten Kriegsschulden, sondern durch Gewährung langfristiger Kredite helfen wolle.

für sehr ernst ansehe und daher trotz ihres eigenen gewaltigen| und Montagu Norman   unterbrochen, aber nicht beendet. Mellon Defizits beschlossen habe, ihren alliierten Schuldnern eine Ausseßung der Zahlungen an die Vereinigten Staaten   für einige Zeit vor zuschlagen, unter der Bedingung, daß sie für den gleichen Zeitraum feinerlei Reparationen von Deutschland   verlangten, a b gesehen von dem Zinsendienst der Dawes- und der Young- Anleihe. Das Blatt erklärt weiter,

dieser historische Schrift, der mit der traditionellen Politik Ameritas breche und endlich die Verbindung zwischen den Schulden und den Reparationen anerkenne,

sei um so mutiger, als Amerita selbst schwer unter der Depression leide und gehofft habe, die Zahlungen der Alliierten zum teilweisen Ausgleich des Budgets verwenden zu können. Offenbar hätten Mellons Informationen über die Konferenz in Chequers  , die er von Macdonald und Henderson erhalten hat, den Präsidenten Hoover   überzeugt, daß schnelle Hilfe für Deutschland   not tue, und daß man daher die eigenen Interessen zurückstellen müsse.

Mellon hat Hoover berichtet.

Condon, 20. Juni.

Der parlamentarische Korrespondent der ,, Times" schreibt, das Wochenende habe Mellons Konferenzen mit Macdonald, Henderson

Tagung des ADGB  .

Stellungnahme zur politischen Lage.

Jm Reichswirtschaftsrat trat heute vormittag um 9 Uhr der Bundesvorstand des Allgemeinen Deut­ schen Gewerkschaftsbundes   zusammen. Die Tagung be. schäftigt sich mit der politischen Lage. Vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei nimmt Otto Wels   an den Verhandlungen teil.

Buresch statt Seipel.

Seipels Mission gescheitert.

Wien  , 20. Juni.

Dr. Seipel hat bereits beim Bundespräsidenten   vorgesprochen, der die Niederlegung seiner Mission zur Kenntnis ge­nommen hat. Gleichfalls intervenierte auch der Landbund beim

,, Baltimore Sun" behauptet, sie habe aus guter Bundespräsidenten, um ihn zu ersuchen, doch noch einmal den Ber­Quelle erfahren, Hoover   wolle

den Alliierten vorschlagen, für zwei oder drei Jahre die Zahlungen an die Vereinigten Staaten einzustellen unter der Bedingung, daß sie wäh­rend dieser Zeit keine Reparationen von Deutsch­ land   verlangen. Dieser Plan würde die Verträge mit den Alliierten über ihre Schuldenzahlungen unangetastet lassen und gleich­zeitig den Alliierten ersparen, Amerika   um Zahlungs­aufschub zu bitten. Dadurch würde das Prestige Europas  gewahrt bleiben und Amerikas   Prestige gehoben werden. London  , 20. Juni.

Der New Yorker Korrespondent der News Chronicle" be­merkt zu der Erklärung Hoovers, New Yorker Finanzkreise würden mit Rücksicht auf das in Deutschland   investierte amerikanische Rapital eine weitere Verschlechterung der deutschen   Wirtschaftslage sehr bedauern und seien der Ansicht, daß ein Transfer- Auf­schub eine solche Gefahr abwenden würde. Die Aktion Hoovers zeige, daß die amerikanische   Regierung bereit sei, einen Teil der Führerrolle in den Angelegenheiten der Welt wieder zu über­nehmen.

Diplomaten zu Stimson   berufen. Washington  , 20. Juni. Kurz nach der Erklärung Hoovers berief Staatssekretär Stimson   die Miffionschefs der Großmächte, darunter auch Gesandt­schaftsrat Leitner von der deutschen   Botschaft, einzeln in seine Privatvilla, um die neugeschaffene Lage mit ihnen zu besprechen. Im Anschluß daran erklärte er, er hoffe, daß er seine Abreise nach Europa   nur noch furze Zeit hinauszuschieben brauche.

Evening Star" erfährt, daß die Regierung die deutsche   Lage

fuch einer parlamentarischen Unterhandlung zu machen.

Der Bundespräsident ist ebenfalls dieser Ansicht gewesen und hat den klubobmann der Chriftlichsozialen Partei, Dr. Buresch, den Landeshauptmann von Niederösterreich, mit der Bildung des Kabinetts betraut. Die Verhandlungen beginnen um 16 Uhr.

Nach der schon gemeldeten Erklärung der Sozialdemokraten verhandelte Dr. Seipel bis in die zweite Morgenstunde mit den bürgerlichen Parteien- jedoch ergebnislos. Die Großdeutschen hielten an ihrem Widerspruch gegen die Beamten gehaltstürzung fest und lehnten auch den als Finanzminister vorgeschlagenen Dr. Viktor Kienböck ab.

habe die ernsten Darlegungen sehr freundlich angehört. Er habe mit gleicher Freimütigkeit die Schwierigkeiten bei gewissen Fragen der Finanzpolitik und die Ansichten der amerikanischen  Indessen scheint seine Entgegnung Regierung auseinandergesetzt. nicht derartig gewesen zu sein, daß ein weiterer Gedankenaustausch fruchtlos verlaufen müßte. Die wichtigsten Punkte der Unter­redungen seien Hoover nach Washington   berichtet worden.

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Das Ende der Paffivität.

Paris  , 20. Juni.

Der New- Yorker Korrespondent des Petit Parifien" sagt: Die Erklärung Präsident Hoovers ist von großer Bedeutung; denn zum erstenmal gibt die amerikanische   Regierung zu verstehen, daß sie die starre Haltung des unerbittlichen Gläubigers und die passivität, die ihr von Europa   feit langem zum Vorwurf gemacht wurden, aufgeben könne. Präsident Hoover   bewies angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage Amerikas   Mut, indem er die Initiative ergriff, sich mit seinen näheren Mitarbeitern zu beraten. Solange man aber nicht genau den Plan tennt, den die Regierung im Auge hat, werden wir uns nur grundsäglich freuen fönnen.

Dr. Harald Heuer,

bisher Stadtrat in Magdeburg  , wurde vor einigen Tagen zum Stadtrat von Berlin   gewählt. Dr. Heuer gehört der deutschen  Sozialdemokratie seit seiner Studienzeit an. Er ist in Kiel   geboren und studierte in Kiel  , München  , Hamburg   und Berlin   Rechtswissen­schaft und Volkswirtschaft. Der jetzt Fünfunddreißigjährige hat sich in Magdeburg  , wo er mehrere Jahre das Grundstücksdezernat und das Wohnungsbaudezernat verwaltete, den Ruf eines mit besten fachlichen und juristischen Kenntnissen ausgestatteten leitenden fachlichen und juristischen Kenntnissen ausgestatteten leitenden Kommunalbeamten erworben. Er wird auch in Berlin   das Grund­

stücksdezernat verwalten.

Autokatastrophe.

Fiatwagen in Grünau   gegen Baum gerast.-

Zwei Zote

Zwischen Adlershof   und Grünau   ereignete sich heute früh ein entsetzliches Autounglück, das zwei Menschenleben forderte. Kurz nach 5 Uhr wurde von mehreren Radfahrern, die sich auf dem Wege an ihre Arbeitsstelle befanden, etwa 500 Meter nordwest­

Kienböck war der Rechtsanwalt, und intime Freund der Bodenkreditanstalt, deren Zusammenbruch vor einigen Jahren zwar nicht ganz die Katastrophe wurde wie jetzt der Ban­ferott der Desterreichischen Kreditanstalt für Handel und Gewerbe, aber doch auch sehr schwere Folgen gehabt und vor allem eine Geschäftsführung aufgedeckt hat, wie sie feineswegs sein soll. Jetzt steht die Regierung vor der Notwendigkeit, auf die die Sozialdemo= fraten sofort gedrängt haben, nämlich die Leitung der vom Staat sanierten Kreditanstalt selbst zu übernehmen; und diese Funktion gerade Herrn Kienböd übertragen zu wollen, ist ebenso verwunderlich des Bahnhofs Grünau   ein umgestürzter und völlig zertrüm­lich wie daß dieser strebsame Herr sich nach der Affäre Bodenkredit­anstalt selbst geeignet denkt, die so schwer getroffenen Staats­finanzen zu leiten. Es ist sehr verständlich, daß die Großdeutschen, und zwar Schober, der den Widerspruch erhob, mit dem Dr. Kien böck nicht zufammen regieren wollen.

Mittags wird dann auch gemeldet, daß Seipel den Presse­vertretern erklärt hat, wegen der Weigerung der Großdeutschen seinen Auftrag zurückzugeben. Nach einer weiteren Aeußerung Seipels dürfte jetzt der Bundespräsident ohne weitere Be= fragung der Parteien eine Regierung ernennen.

merter fleiner Fiatwagen entdeckt. Der Wagen war, wie die Spuren unverkennbar verrieten, gegen einen Baum gerast und hatte sich dann, vermutlich infolge der hohen Geschwindigkeit, mehrmals über­schlagen. Der Führer des Autos und ein Insasse wurden tot unter den Trümmern hervorgezogen. Es handelt sich um den Besitzer des Wagens, den 33 Jahre alten Rudolf Klefftg, Adlergestell 33 wohnhaft, und den 31jährigen Kaufmann Alfred Stapusch aus der Gilerstr. 28 in Adlershof  .

Der Unfall fann nur furze Zeit vor dem Auffinden des Wagens paffiert sein. Die beiden Berunglückten find beim Ueberschlagen des