Optimismus in aller Welt. Keine Devisenverluste mehr.— Gpekulaiionsiaumel.— Rachfrage nach deutschen Anleihen.
bestimmt hätten, seien, daß der amerikanische Präsident zwischen Amerika und den europäischen Staaten das gemeinsame Gesetz der Solidarität proklamiere. Alliierte oder Feinde von gestern, Gläubiger oder Schuldner von heute, alle wurden an dem gleichen Uebel zugrunde gehen, wenn sie sich nicht zur gleichen Auf- gäbe vereinigten. Das Blatt sagt, das Angebot choovcrs bedeute, daß Frankreich nicht untätig bleiben dürfe, wenn es nicht in der Welt isoliert und verurteilt sein wolle. Frank» reich müsse zwischen einer verständnisvollen Außenpolitik und den aggressiven Torheiten der Parlamentsmehrheit der Maringruvpc wählen. Abwartende Haltung der belgische« �Regierung. Brüssel , 22. Juni. (Eigenbericht.) In belgischen Regierungskreisey ist man mit der B e u r t e i- lu n g des amerikanisch en Vorschlages sehr zurück- haltend. Der M i n i st e r r a t ist am Montag noch zu keinem Beschluß über die Annahme des Vorschlages gekommen; er be- schloß lediglich, bei dem amerikanischen Gesandten in Brüssel nähere Erkundigungen über den Vorschlag einzuholen. Da der amerikanische Gesandte G i b s o n sich zur Zeit aus der Fahrt von New Port nach Brüssel befindet und hier erst Ende dieser Woche eintreffen wird, so bedeutet die zurückhaltende Stellungnahme des belgischen Kabi- nstts eine Vertagung ihrer Beschlußfassung um etwa eine Woche. . Die Presse ist weniger zurückhaltend. Sie beurteilt den ameri- konischen Schritt fast ausschließlich von dem Gesichtspunkt aus, was Belgien dabei zu opfern hätte. Demgemäß wird das ameri- konische Angebot in verschiedener Weise gedeutet. Da Belgien nach Abtragung seiner Jahrcszahlungen an Amerika noch ein Ueberschuß von SOO Millionen Franken im Jahre verbleibt, so würde die voll» ständige Einstellung der deutschen Reparationszahlungen für das belgische Budget einen Ausfall in gleicher chöhe bedeuten. Dagegen setzte sich fast die ganze belgische.Presse schon jetzt zur Wehr und verlangt eine Borzugsbehandlung für Belgien . Die nationali st ischen Blätter folgen der Weisung ihrer Pariser Gesinnungsgenossen und wollen Deutschland nur soviel von seinen Reparationszahlungen erlassen, als Amerika den Belgiern stundet. Rur der s o z i a l i st i s ch e„P e u p l e" schlägt eine andere Rot« an. Er führt aus, daß die Erklärung eines deutschen Moratoriums vor der Tür stand und daß Belgien dann nicht nur die halbe Milliarde seines Ueberfchusses eingebüßt, sondern darüber hinaus unter Um- ständen auch noch seine Schuldentilgung an Amerika im Betrage von rund 300 Millionen Franken im Jahre hätte weiterzahlen müssen, da der Gesamtanteil Belgiens an den Reparationen u n g e- schützt ist. In diesem Punkte besteht, so führt das sozialistische Blatt aus, in der Tat ein Interessengegensatz zwischen Belgien und Frankreich , da Frankreich als chauptnutznieher des geschützten Teiles ein Interesse daran hat, jede Stundung auf den ungeschützten Teil zu beschränken.
Das Echo der Hoover-Akiion. Frankreichs Verantwortung. Die„G c r m a n i a" schreibt:„Die Blicke aller richten sich auf Frankreich . Denn Frankreich hat das Wort und von Frankreich muß das Bekenntnis kommen, aus dem klar und ein» deutig hervorgeht, daß man auch dort die wirtschaftlichen Erkenrit- . nisse choovers, die zu seinem Vorschlag geführt haben, versteht, ihre Notwendigkeit einsieht und daß man sie deshalb realisieren will. Wir stehen an einem wichtigen Entscheidung»- pu nkt. Wieder einmal, weil der Appell, wie schon manchmal, sich auf Frankreich konzentriert. und weil in dessen Antwort«ine europäische Entscheidung, liegt. Nicht nur'mit schönen Worten, sondern in einer Tat. Wir haben— und es scheint uns bei dieser Gelegenheit geboten, es einmal in aller Ruhe auszu- sprechen— bei dem Besuch der deutschen Staatsmänner in Che- quers niemals die Meinung vertreten, es könne sich bei den dortigen Besprechungen darum handeln, ein Unternehmen in die Wege zu leiten, das sich gegen Frankreich richtete. Das hätten die englischen Staatsmänner nicht getan und das hätten die deutschen Staats- männer nicht beabsichtigen können— und weil wir dieser Meinung sind, so gehören wir zu denen, die überzeugt davon sind, es würde für das Verhältnis Deutschland -Frankreich nur nützlich und günstig sein, wenn deutsche und französische Staatsmänner auch ihrerseits den Weg zu einer gemeinsamen persönlichen Fühlung- nähme und Auseinandersetzung finden würden. Denn darüber geben wir uns keiner Täuschung hin, daß die Frage Deutschland - Frankreich nach wie vor das wichtigste und ent- scheidend st c Problem Europas i st." Oer amerikanische Silberstreifen. Die„K r e u z- Z e i t u n g" nennt in allem Ernst den Schritt Hoovers einen„amerikanischen Silberstreifen" und fügt hinzu:„Es würde wirtschaftlich zweifellos eine Atempause für uns bedeuten."' Hilgenberg möchte sich einschalten. Der„L o k a l- A n z e i g e r" sucht den Schritt Hoovers nach Kräften zu verkleinern, muß aber dennoch anerkennen:„Die Wirkung nun des einjährigen Moratoriums wäre für Deutschland eine vorübergehende Erleichterung, nicht mehr." Im � übrigen sucht der„L o k a l- A n z e i g e r" Reklame für chugenberg zu machen, der sich plötzlich um Katastrophenhoffnungen betrogen sieht:„Kommt das Moratorium, dann ist weiter nichts als kurze Zeit gewonnen— und zwar eine Zeit, die für Deutsch - land genutzt werden muß. Durchwen?" Natürlich durch Hugen- berg. meint der„Lokal-Anzeiger". Dies« Beflissenheit in diesem Augenblick ist grotesk. Lärm der nationalistischen Ziadauprefse. Der nationalsozialistische„Angriff" wütet:„Deutschland als Opfer eines neuen Amerika -Bluffs" und die„Deutsche Zei» t u n g" bemüht Sachverständige, um-die Behauptung des„An- griffs" zu beweisen. Die Liste der Sachverständigen beginnt: Dr. B a n g, Dr. Goebbels , Fememörder Heines . Der letzt« ist natürlich der Sachverständigste. Blutige Schlägerei in Hannover . Sieben Erwerbslose verleht. Hannover , 22. Juni. (Eigenbericht.) Die Nationalsozialisten veranstalteten am Montag in Hannover eine Erwcrbslosenkundgebung, die nach kurzer Dauer mit einer großen Schlägerei endete. Zwei Demonstranten wurden schwer, fünf leicht verletzt. In der Kundgebung sollte ein zu den Nazi» übergetretener Kommunist sprechen. Als er erschien, wurde er von Kommunisten mit lauten Zwischenrufen empfangen. Die Nationalsozialisten ver» suchten die Kommunisten aus dem Saal zu treiben. Dieser Versuch führte zu einer großen Keilerei. Da von den Nationalsozia- listen die Saaltüren verschlossen worden waren, konnte die Polizei erst in den Saal eindringen und Ordnung schaffen, al» die Schlägerei ihren Höhepunkt bereits erreicht hatte.
Die Reichsbank hat gestern keine Devisen mehr verloren. Die Nachfrage bestand in einem geringen Alaße fort, wurde aber durch Zugänge ausgeglichen. Es ist wahrscheinlich, daß die Zugänge in den nächsten Tagen, falls politische Momente nicht von neuem störend einwirken, die Nachfrage übertreffen werden. Der Privatdiskontsatz wurde an der Börse wieder nottert, die Banken können also sich wieder kurzstistig Geld be- schaffen, und zwar nicht nur von der Reichsbank. Die am Sonn- abend begonnene Kreditrestriktion besteht formell fort, wird aber erheblich gemildert. Die Lorsicht der Reichsbank, die Kreditreftriktion nicht vollständig aufzuheben, ist angesichts der Tat- fache wohl geboten, daß man bei den Banken bisher zur Vor- bereitung des Iuniultimos noch nicht gekommen ist. Die volle Auswirkung der Hoooer-Aktion hängt auch sehr von der Haltung Frankreichs ab— darüber wird im Wirtschaftsteil ausführlich ge- sprachen— so daß auch aus diesem Grunde bei aller Zuversicht eine abwartende Haltung der Reichsbank gerechtfertigt ist. Man braucht nicht mehr anzunehmen, daß für das Reich und die Länder zum Monatsende, besonders bei der Auszahlung der Gehälter, Schwierigkeiten entstehen. Die Abwicklung des Bankenkredits von 2SV Millionen Mark hat in den letzten Tagen zwar Störungen erlitten, es finden auch neue Verhandlungen statt, aber man wird annehmen können, daß die am 25. Juni zu zahlenden t8() Millionen Mark und die etwas später erwarteten restlichen 20 Millionen Mark fristgemäß ge- leistet werden. Die Lage der Reichsbank und des Reiches dürfte im günstigsten Sinne noch sehr entscheidend beeinflußt werden durch den Abschluß von Verhandlungen, die gegenwärtig in London gesührt werden und über die Einzelheiten noch nicht vorliegen. Im übrigen rechnet man in der ganzen Welt mit dem Gelingen dtt Hoooerschen Aktion. Charakteristisch dafür ist der gewaltige Optimismus und der S p e k u l a t i o n s t a u m e l, der auf allen internationalen Börsen herrscht. Ueberall sind die Kurse in beispielloser Weis« gestiegen. Einer ungeheuren Nachfrage stand gestern kaum irgendwo ein Angebot gegenüber; diese Nachfrage wurde durch die in große Schwierigkeiten gekommenen Baisse- Parteien noch verstärkt, die zu relativ niedrigen Kursen liefern müssen und sich nun beeilen mußten, nicht zu teuer zu kaufen. Auf der Berliner Börse sprangen die Aktienkurse um bis
zu 23 Punkten in die Höhe; die geringsten Kurssteigerungen waren 3 bis 7 Punkte. Siemens erhöhte sich um 27. I. G. Farben um 20, AEG. um 16, Bergmann um 10, Deutsche Erdöl um 17, Schubert und Salzer um 19, Berger Tiefbau um 8 Punkte, und auch die Bankaktien gingen auf der ganzen Linie in die Höhe. Auf dem Renten markt trat ebenfalls eine sehr stark« Befestigung der Kurse ein. An der Rachbörse gab es noch kein Abbröckeln, sie schloß zu den höchsten Kursen des Tages. In Zürich , Paris , London . New Dork war es nicht anders. Am wildesten ging es offenbar in New Jork zu, wo in der ersten Stund« bereits ein Stückumfatz erreicht wurde, der sonst fast einem Togcsumsotz entsprach. Die Kurssprünge nach oben waren entsprechend, vor allem aber wurden deutsche Dollaranleihen sehr stark verlangt, die Poung- Anleihe stieg sofort um 4 Punkte. In London war die Nach- frage nach deutschen Anleihen am stärksten. Die D o u n g- Anleihe schloß mit 74 Proz.— freilich immer noch wenig gegen- über dem Ausgabekurs von 90— was aber gegcnüber'dem vorigen Freitag«ine Steigerung um 8 Punkte ausmacht. Die Dawes- Anleihe stieg von 95 auf 98K Proz. In Paris ergaben sich Steigerungen um 10 bis 20 Punkte, vor allem auch für französische Bankaktien. Man muß sich freilich hüten, die Borgänge auf den intcr- nationalen Börsen zum Maßstab der Besserung zu machen, die politisch und wirtschaftlich in der Welt eingetreten ist. Man soll aber nicht vergessen, daß an den entscheidenden Tat- fachen der Weltkrise, auch der Wirtschaftslage in Deutsch- land, n o ch n i ch t s g e b e s s e r t ist! Englische Hilfe für die ZUichsbanf. Das große Interesse, das die angelsächsische Welt insbesondere in den letzten Tagen an einer Behebung der finanziellen Schwierig- leiten Deutschlands zeigt, wird sich— wie der„S o z. Presse- dienst" meldet— schon in den allernächsten Tagen durch eine Erleichterung der bedrängten Lage der Reichs- dank auswirken. Die inzwischen eingeleiteten Verhandlungen hoben bereits zu einer grundsätzlichen Verständigung geführt, von der außer der Reichsbank auch das Reich betroffen wird. Di« Bank von England hat an den Berhandlungen maßgebenden Anteil.
Seipel und die Geipellotten. Die zusammengebrochene Intrige des Königsmachers gegen Sozialdemokraten.
Die neue österreichische Birndezregierung unterscheidet sich von ihrer Vorgängerin dadurch, daß der christlichsoziale Ender als Bundeskanzler von dem christlichsozialen Buresch abgelöst wird; jener war vorher Landeshauptmann in Vorarlberg , diescr ist Landeshauptmann in Niederösterreich . Politisch werden sie sich von«inander nicht wesentlich unterscheiden. Der Unterschied liegt im Charakter. Der Dorarlberger ist ein wirklicher Demotrat, ein Mann von festem Wort, wogegen der Nieder- österreicher ein sehr anpassungsfähiger Herr ist, der immer auch anders kann und der sich insbesondere während der Heimwehr - konjunktur an Anbiederungen an die damals Erfolg versprechende Bewegung nicht genug tun tonnte. Als Minister für soziale Verwaltung gehört dem neuen Kabinett Dr. Resch an, ein rechtschaffener Mann, der aber trotzdem die schärfste Gegnerschaft der Sozialdemokratie findet, weil er der Träger de»„Abbaus" der Arbeilstosennnterstühnng fein muß. Das einzig wirtlich neue an der Regierung Buresch, die sonst olle Minister des Kabinetts Ender übernimmt, fft der neue Finanz- minister Professor Josef Redlich , der in England und in den Vereinigten Staaten wohl bekannter sein wird als in Deutschland , und von dem in der Erinnerung nur hasten geblieben ist, daß er, und zwar mit Dr. Seipel, Mitglied der letzten t. k. Regierung ge- wesen ist. der Regierung L a m m a s ch, die an dem allzu späten Versuch, die slawischen Völker bei Habsburg zu erhalten, in wenigen Tagen geschettert ist. Er gehört zu den engsten Vertrauten Schobers, die ihn jedesmal, wenn er zur Regierung kam, in sein Kabinett berufen wollte, und der es wohl auch ist, der jetzt die Blicke auf ihn gerichtet hat. Redlich ist ohne Zweifel ein großer. Gelehrter, und seine Werke über den englischen Parlamentarismus und über die englische Lokalocrwaltung waren zu ihrer Zeit cpoche- machend; ob er sich. Abkömmling reicher mährischer Zuckerfabri- kanten, der überdies seit Iahren in Amerika , wo er an der Havard - Universität als Professor wirkt, weill und den österreichischen Dingen daher ziemlich fremd gegenübersteht, das moralische Ansehen erwerben kann, dessen gerade ein Sparminister am meisten bedarf, ist fraglich. Aber alles das wären innerösterrcichische Sorgen, und hätte es nicht herbeizuführen vermocht, daß sich Europa für dies« österreichische Ministerkrise interessiert— was aber offensichtlich und in beträchtlichem Maße der Fall war. Was die groß« Welt aufgeregt hat, war das plötzliche Austauchen des Herrn Seipel, und es hat in Oester- reich auch nicht geringere Beunruhigung erzeugt. Sich dieses Auf- treten, das so unvermutet geschah, etwa so vorzustellen, daß die Lösungsversuche de» Bundespräsidenten gescheitert waren, er also sozusagen sachlich gezwungen gewesen wäre, auf Seipel zurück» zugreifen, wäre völlig falsch. Alles, was vorangegangen ist, die Verhandlungen mit Ender. Gürtler und Resch, war nur T ä u- s ch u n g. Seipel lauerte schon von Ansang an, begann wahr- scheinlich schon zu lauern, als Ender noch unerschüttert schien. Denn es ist Seipel» nicht auszurollende Einbildung, daß die Harmonie der österreichischen weit gestört ist. wenn er nicht Bunde »- kanzler ist: daß olle anderen Regierungen nur Zwischenspiele zu sein hoben, die man von Zeit zu Zeit zwischen da« beharrliche und be- ständige Regieren Seipel» einschieben darf, die ober ihren Zweck verfehlen, wenn sie zu lang« dauern und damit Seipel von der
Macht, dke nach seiner Meinung nur dann in richtigen HändeN ist, wenn sie in seiner Hand ist, abholten. Deswegen wurde alles zuerst unlösbar gemacht; es sollte scheinen, al» wüßt« man nicht mehr au» noch ein: und dann tritt Er aus den Wolken und alle jubeln: der Retter ist da! Denn Herrn Dr. Seipel schien diesmal auch die außenpolitische Lage zu begünstigen. Ob mit Recht oder Unrecht begleitet den bisherigen Außenminisier Schober die Vorstellung. daß er es mit Deutschland hält, daß er wenigsten» nicht imstande ist, die Zollunion auf Geheiß Frankreichs zu verleug- nen und damit das Reich vor aller Welt zu kompromittieren— was ihm ohne Zweifel die Abneigung der französischen Machthaber ein- trägt. Diese müssen picht gerade erklärt haben, daß die Schobers Sturz und Seipels Erhöhung wünschen; auch ohne das weiß man, daß der Monsignore Seipel in Paris immer«ohlakreditieri war und daß die französischen Regierungskreise, wenn er in Oesterreich Bundeskanzler und Minister des Aeußern geworden wäre, das Ge» fühl gehabt hätten, über die Reichsregierung einen diplomatischen Sieg erfochten zu haben— den ihnen mit Geld(Aufnahme der Schatzschcine) zu erlangen nicht gelungen war. Also schien dafür alles zu sprechen, daß das Spiel gelingen, Seipel auf den Thron steigen und die W e n d u n g n a ch P a r i s hin sich vollziehen werde. Aber es kommt oft anders als man denkt und diesmal ist es gründlich anders gekommen. Schon die erst« der Seipelschen Königsidee scheiterte, der Versuch nämlich, eine Konzentrations- regierung zu begründen. An die Sozialdemokraten war schon früher eine Verführung herangetreten: nämlich dem Bundeskanzler Ender „außerordentliche" Vollmachten zu gewähren, mit denen die finan- ziellen Fragen der Haushaltsdefizite und die Folgen des Zusammen- bruchs der Kreditanstalt erledigt hätten werden sollen. Nun ist es ein Unglück, wenn man in einer Verfassung den Artikel 48 hat, ober daß die Sozialdemokraten ein solches Ausnahmegesetz hätten jetzt bewilligen sollen, zu dem Zwecke bewilligen sollten, damit auch in Oesterreich solche Dinge gemacht werden können, wie sie in Deutschland mit der letzten Notverordnung gemacht worden sind, ist einfach eine unvorstellbare Zumukung: die Sozialdemokraten haben sie auch glatt abgelehnt. Schon deshalb, weil die katastrophale Lage des Reiches mit seinem in sich unmöglichen Reichstag ein Elend ist, das keinen Vergleich zuläßt; der österreichische Nationalrat ist dagegen durchaus ar- b e i t s f ä h i g, arbeitet auch ganz normal, wenngleich harte Maß- regel natürlich auch bei ihm auf den Widerstand stoßen, den sie in jedem Parlament finden. Das muß eben organisch überwunden werden, nicht durch mechanisch« Gewaltmittel. Aber Seipel kam mit einem ungleich härteren Trumpf: er; der es in unzähligen Reden als sein« politische Großtat hingestellt hatte, die Sozialdemokraten von der Macht ausgeschlossen zu haben, er, der eigentliche Erfinder des österreichischen Antimarxismus, kam mit dem An- erbieten, die Sozialdemokraten sollen mit dem bisherigen Bürger- block in ein« Koalition eingehen, mit Christtichsozialen, Großdeutschen und Landbündkern, aber vor allem mit den Christlich - sozialen eine Konzentrationsregierung bilden! Der Einfall ist raffiniert ersonnen: die Sozialdemokraten sollen sich an den finanziellen Zrogen verbluten. Di« Slyiakdewokraten sollten sich ferner mit dem Faschistenminifter V a u g o i n, der Heeresminister hätte bleiben fallen, mid mit Herrn