Makikularumlagen zu zahlen hatte, während eZ nur auf 226,3Millionen Mark an Uebenveisungeu, mithin mit einem Fehl-betrage von 6,7 Millionen Mark zu rechnen hatte, wird über243 Millionen erhalten, während ihm ohne die Zurückhaltungeines Theiles der Summe zum Zwecke der Tilgung von Reichs-schulden über 232 Millionen Mark zufließen würden.— Der Entwurf des neuen Handelsgesetz-buch es wird nach einer Mittheilung des Geheimrathes Dr.Hoffmann vom Reichs-Justizamte auf der Hauptversammlungdes Deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine schon in 16 bis14 Tagen im Buchhandel erscheinen.— Die Wühlarbeit gegen die zweijährigeD i e» st z e i t wird von der offiziöse» Presse eifrig weiter be-trieben. So schreibt die„Straßburger Post", dag sich nicht eineeinzige Stelle unter den berichtenden höchsten Instanzen rückhalt-los sür die zweijährige Dienstzeit ausgesprochen habe. Es seischon vielfach darauf hingewiesen worden, daß beiden technischenWaffen mit der zweijährigen Dienstzeit keine sonderlich günstigenErfahrungen gemacht worden seien, ob sich dies i» den nächstendrei Jahren wesentlich besser gestalten wird, erscheine sehr frag-lich. Schon jetzt werde von bayerischer Seite darauf aufmerksamgemacht, daß namentlich die Pioniertruppe in zwei Jahrennicht die erforderliche kriegsmäßige Ausbildung erhalten kann.Andere Offiziöse versichern, es bestehe hinsichtlich der Fußartillerie,der Pioniere und der Eisenbahntruppen die gleiche Auffassungauch auf preußischer Seite.Der wahre Grund dieser Leute für die ersehnte Verlängerungder Dienstzeit ist natürlich der Wunsch, die Truppen zum Kampfegegen den inneren Feind besser einzudrillen.—— An 15 Mich des Todes Jules Simons sandteder Kaiser Kondolenzdepeschen an den Präsideuten der Republikund an die Wittwe des Verstorbenen. Ans der Depesche an denPräsidenten der französischen Republik ist der folgende Satz bc-merkenswerth;Seine liebenswürdige Persönlichkeit wird mir stets gegen-wärtig sein, wenn ich mich der Tage erinnere, wo er mir seinewerlhvolle Unterstützung zu theil werdeu�ließ, um das Schicksalder arbeitenden Klasse zu verbessern.Bekanntlich hat Jules Simon die Erfüllung der kaiserlichenVersprechungen vom 4. Februar 1330 nicht erlebt.—— Der preußische Justiz mini st er Herr Schön.st e d t hat wieder ein charakrerisches Lebenszeichen von sich ge-geben. Der„Freisinnigen Zeitung" wird nämlich mitgetheilt,Herr Schönstedt habe einem jüdischen Assessor gegenüber er-klärt, daß er von dem Grundsatz ausgehe, nur so vielejüdische Richter an zu st eilen, als das V erhält» i ß der Zahl der christlichen Be-Völker ung zur jüdischen Bevölkerung er«gebe. Der Minister soll den betreffenden Assessor, dessen Nameuns angegeben wird, aufgefordert haben, hiervon seinen jüngerenKollegen jüdischer Konfession Mittheilung zu machen.„DieStrömung", soll der Minister gesagt haben,„verlange es,daß nicht mehr jüdische Richter als nach Maßgabe der Be-vötkerung angestellt würden."Eine treffliche Illustration ist das für die„Gleichheit vor demGesetz". Für die Sozialdemokraten kommt es zwar auf einshinaus, ob sie von Juden oder Christen abgeurlheilt werden.Aber für die Denkweise des Herrn Schönstedt ist die Geschichtebezeichnend. Der Herr gehört doch nicht zu jenen befähigtenLeuten, die sich in ihrem Gewissen gedrungen suhlen, sich jederStrömung zu akkomodiren, mit der der Zickzackkurs geradesegelt.—— Herr v. Plötz. Die„Köln. Zeitung" schreibt in ihrerNummer vom 6. Juni:„Seit dieser Zeit(28. April) hat Herrv. Plötz die Angelegenheil auf sich beruhen lassen. Gesternist nun im Reichstage der Abgeordnete Singer auf die Sachezurückgekommen; er konnte dabei die Behauptungen, dieHerr v. Plötz mit dem Muthe der Kaltblütigkeit als gemeineLügen bezeichnet hatte, in allen wesentlichen Punkten aufrecht-erhalten. Herr v. Plötz sah sich genöthigt, zuzugeben, daßer früher mit der Firma Jean Fränkel in Spekulations-Verbindung gestanden habe und daß er vor drei bis vierJahren einige kleine Versuche im Getreide-Termingeschäftgemacht, seitdem aber die Finger davon gelassen habe.Wir sind nicht der Ansicht, daß Herr v. Plötz durchseine Betheiligung am Börsenspiel sich eines todeswürdigen Ver-brechens schuldig gemacht hat. Aber durch die kläglicheArt, wie Herr v. Plötz seine Sache geführt hat,ist er zu e i n e r F i g u r geworden, die eine e r n st-hafte politische Partei unmöglich in ihrerM i l t e d u l d e n k a n n. Er hat zunächst uuter einem bedeuten-den Aufwände von Wortklauberei und sittlicher Entrüstungalles bestritten; erhatdanndieBebauptungenSinger's alsimwesenl-lichen zutreffend anerkennen müssen, hat sich dabei aber in einermitleiderregenden Weise wie ein Wurm ge-krümmt und gewunden. Herr v. Plötz glaubte offenbarsehr klng zu handeln, wenn er versuchte, die Aufmerksamkeit ausgleichgilti ge Nebenpunkle abzulenken; inWirklichkeit hat er damit ledig-lich die Komik seiner Position verstärkt, die ohnehin auf dieLachmuskeln einen großen Reiz ausübt. Wer wird nicht inbefreiender Heiterkeit lächeln, wenn einAgrarier, der sich beim Differenzgeschäft dieFinger leicht versengt hat, mit breitbrüstigem Pathos überdie Verwerflichkeit des Börsenspiels jammert? Wenn der biedereLandwirlh aber die Naivität soweit treibt, daß er das kleine Börsen-spiel des Junkers als legitim hinstellt, wenn der kleine Schäkerscharssinnige Untersuchungen darüber anstellt, ob ein Bankier,der das Börsenspiel des Junkers ausplaudere, noch als lügend-Haft gelten könne, so erwirbt er sich einen berechtigten Anspruchauf den Dank der gesammten lachlustigen Menschheit.Man kann nunmehr getrost abwarten, ob der Bundder Landwirthe nach dieser Entlarvung eines Mannes,der viel zur Verhetzung der deutschen Produktivstände bei-getragen hat, das Bedürfniß empfinden wird, zu beweisen, daßdie große Masse seiner Mitglieder moralisch und geistig derBundesleitung überlegen ist. In weiteren Kreisen wird man derSache eine typische Bedeutung beimessen. Es ist leider viel-sach Sitte, daßLeute mit kleinem Vermögen undgeringer landwirthschaftlicher Bildung ausGroßmannssucht große Güter kaufen und nun, um auseiner unhaltbaren Lage herauszukommen, ander Börse spielen und nach Staatshilfe rufen.An einem Musterbeispiel ist einmal gezeigt worden, was fürExistenzen es sind, die in agrarischen Kreisen die Hetze gegenIndustrie und Kapital betreiben und zugleich dem Landwirlheinreden, der Staat habe die Pflicht, dem Bauersmann allewirthschaftlichen Sorgen abzunehmen. Der„Reichsbote" schreibt:„Es fällt uns nicht ein, Herrn v. Plötz entschuldigen zuwollen, daß er nun selbst zugestehen mußte, noch 1394 und 1393Getreide-Termingeschäfte an der Börse gemacht zu haben, währender im Lande gerade wegen solcher Geschäfte die Börse aufsheftigste bekämpfte, und daß Graf Schwerin-Löwitz dasselbe thal.Was man öffentlich als Unrecht und als volksverderblich be-kämpft, das darf man nicht heimlich selbst treiben, auch nicht,wie Herr v. Plötz, angeblich um es kennen zu lernen,und noch weniger wie Graf Schwerin, um an demSpiel zu gewinnen. Diese Doppelrolle ist unter allenUmständen verwerflich und ist dazu geeignet, auch diebeste Sache zu diskreditiren. Man darf sich deshalb auchnicht darüber wundern, daß die Börsenpresse(?) diese Zugeständnisse der beiden Agrarier benutzt, um nicht blos die ganzeTendenz des Gesetzes, sondern auch die Parteien und Bestrebungen,denen diese Herren zugehören, in Mißkredit zu bringen, und esist begreiflich, daß ihnen das um so leichter gelingen müßte, wenndiese Parteien solche Sünden ihrer Mitglieder vertheidigen oderbeschönigen wollten; denn dadurch würden sie sich selbst ihrertheilhaftig machen. Es hat uns deshalb gefreut, daß kein Mit-glied der konservativen Partei das Börsenspiel der Herrenv. Plötz und Graf Schwerin vertheidigt hat, sondern daß mandenselben sehr deutlich die Mißbilligung der Fraktion hat zu er-kennen gegeben."Von dieser Mißbilligung ist nicht allzuviel zu bemerken ge-wefen.—— Ohne Unterschied der Partei. In demBismarck- Organ„Hamburger Nachrichten" findet sich diefolgende Depesche aus Hannover:Aus Friedrichsruh ist hier die Nachricht eingetroffen, daßFürst Bismarck sich freuen würde, die Hannoveraner am 3. Julizu empfangen, wenn inzwischen sein Gesundheitszustand bessergeworden wäre. An der Huldigungsfahrt nehmendie Hannoveraner ohne Unterschied derPartei theil.Was das Geflunker werth ist, zeigt die Wahlstatistik. Am13. Juni 1393 wurden im Kreise Hannover- Linden Stadt von42 344 abgegebenen Stimmen 29 301 sozialdemokratische, welfisckeund freisinnige gegenüber 13 033 nationalliberalen und anti-semitischen Stimmen abgegeben und in der ganzen Provinz sinddie bismarckfeindlichen Stimmen stärker als die bismarckfreund-lichen, so daß der Herzog von Laucnburg sich mit der ,,Hul-digung" einiger nationalliberaler Fabrikanten wird begnügenmüssen.—— Aus R u p p i n- T e m p l i n wird uns geschrieben:Der königliche Landrath, Geheimer Regierungsrath von Arnim zuTemplin besuchte am 22. April 1896 die durch Bekanntmachungim Kreisblatt Nr. 47 ausgeschriebene Antisemitenversammlung zuTemplin und zwar in Begleitung des königlichen Ober-försters, Amtsvorstehers und Amtsanwalts Fischer zuReiersdorf. Letzterer trug ganz frei seineu mit den: Offiziers-portepee gezierten Hirschfänger, betrat damit zweimal die Redner-bühne und achtete nicht auf den laut schallenden Ruf ans derVersammlung:„Säbel weg!"— Der Leiter der Versammlung(Antisemit Böckler), der Gendarmerie-Oberwachmeister Klander,der Gendarm Schmidt, der Polizeiverwalter von Templin—Bürgermeister Nitzschke—, und der genannte Landrath v. Arnim— niemand von allen diesen Anwesenden schritt gegendas Auftreten des bewaffneten Redners ein. Der Rednerist konservativ.Zur selben Stunde war Herr von Arnim: Landrath,Wahlkandidat der konservativen Partei, undW a h l k o m m i s s a r. Erst am 23. April hat der Regierrnigs-Präsident einen anderen Wahlkommissar ernannt, laut AmtsblattNr. 18.— Die„Kölnische Volkszeitung"(Zentrumsblatt)vom 23. April ist am letzten Sonnabend, also N/s Monate nachihrem Erscheinen, konfiszirt worden. Anlaß zu dieser Maß-regel, bei der von vornherein das nachträgliche Vorgehen ver-wunderlich erscheinen muß, hat eine Betrachtung über das Ver-halten der Behörden im Fall 5totze-Schrader gegeben. Die„Kölnische Volkszeitnng" hatte Bezug genomnien auf eine Aeuße-rnng des Staatssekretärs v. Vötticher im Reichstage, der be-stritten hatte, daß die Organe der Staatsgewalt, die strafbareHandlungen möglichst zu verhüten haben, gegenüber den Zwei-kämpfen ihre Schuldigkeit nicht gethan hätten. Das Blatthalte demgegenüber die Frage gestellt, weshalb die Staats-anwaltschaft, die doch bei jedem kleinsten Vergehen sofort mitumsaiigreichen Vernehmungen bezw. Verhaftungen bei der Handist, im Falle Kotze-Schrader die doch jedenfalls zu ihrer Kenntnißgelangte längst vollendete strafbare Handlung der Heran s-forderung zum Zweikampfe nicht rechtzeitig verfolgt hat,und weshalb»lan Kotze nicht sofort nach dem tödtlichen Ausgang des Duells verhastet habe, anstatt ihm„Urlaub" zu einerReise zu bewilligen. Hieran knüpften sich Betrachtungen überdie Einseitigkeit des staatsanwaltlichen Vorgehens, die anscheinendvon einem eifrigen Aufspürer von Preßdelikte» als strafbarherausgefunden worden sind.—— Das Tie le-Winkler'sche Bergregal. Indem Beschwichtigungsversuch des„Reichs-Anzeigers" betreffs desTiele-Winkler'schen Bergregals im Bezirk der Kleophasgrnbe warbehauptet worden, daß der Regalinhaber die Abgabe bereitsfreiwillig von 10 Prozent auf 3 Prozent ermäßigt habe. Dazubemerkt die Leipziger„Volkszeitung":„Was speziell die Kleophas-grübe betrifft, so widerspricht dieseBehauptung des„Reichs-Anzeigers" de» Thatsachen. Ans derKleophasgrube lastet die Abgabe in ihrer vollendrückenden Höhe von 10 Prozent. Jede Ermäßigung ist rück-gängig gemacht, da ist es denn allerdings erklärlich, wenn dasGeld zu Arbeiters chutzvorrichtu n gen knapp wird."—— Der ch r i st l i ch- s o z i a l e Pastor Rauh hat beiseinen Verbrechen ganz nach dem Hammerftein'schen Vorbild gehandelt, wie die„Sletlincr Abeiid-Zeilung" mittheilt; so drohteer einem der Kirchenältesten, dem die Sache mit der Kirchenkassedoch wohl nicht recht geheuer vorgekommen sein mochte, miteiner Klage beim Staatsanwalt. Die Unterschristender Kirchenältesten, die zur Versilberung der Werlhpapiere nöthigwaren, sind flott gefälscht worden. Einige kostbare Alter-thümer, ein Kruzifix und ein Abendmahlsbecher sollengleichfalls in gangbare Münze durch Verkauf umgewandeltworden sein. Auch einige kleinere Kassen, die der Pfarrer ver-waltete, sind leer. Die Unterschlagungen des Pastors sind nurdadurch an das Tageslicht gekommen, daß der ihm befreundeteChef eines Bankhauses, von dem der Pastor bei drohendenKassenrevisioiien derartige Summen stets für einige Tage entliehenhatte, kurz vor der letzten Kassenrevision starb.—— Einen Kampf um den Kommerziellraths-Titel soll der degradirte Köthener Kommerzienrath NathanH e r z b e r g ausnehmen wollen. Das„Berliner Tageblatt" ver-kündet feierlich, Herr Herzberg habe die Rückgabe des ihm ver-liehenen Diploms verweigert und es bei einem Rechlsanivaltdeponirt, der von ihm mit der Beschreitung des Klageweges be-traut worden sei. Es muß dem Kommerzienrath auch schwerankommen, den Titel fahren zu lassen. Er hat es sich sichergroße Summen für Denkmäler und sonstige patriotische Zweckekosten lassen, um die Augen Serenissimi auf sich zu ziehen, undnun soll das alles sür nichts gewesen sein, blos weil dem Koni-merzienrath in einem Gerichtserkeiintniß eine unsaubere Geschäfts-praxis nachgewiesen wurde?—Miiuchen, 6. Juni. Die R e i ch s r a t h s k a m»i e r hatin ihrer heutigen Sitzung, in welcher vom kgl. Hause diePrinzen Rnpprecht. Carl, Arnulf, Ludwig Ferdinand, Alfonsund Herzog Ludwig anwesend waren, ans Antrag desReserenten von Auer beschlossen, die von der Abgeord-netenkawmer zu Kapitel 10§ 3 des Knltusetats gefaßtenbesonderen Beschlüsse, die Erhöhung der Lehrer-gehälter und-Pensionen betreffend, abzu-lehnen, da der Beschluß der zweiten Kammer„zu weit"(!)gehe, weit über das Vermögen der Staatskasse hinaus.(DieApanagirung der Prinzen geht den hohen Herren nicht zu weit.)Es sei jedoch das Ersuchen an die Staatsregierung zu richten,nach gepflogenen Erhebungen eine Gesetzesvorlage an den Land-tag zu bringen, welche die Bezüge und Pensionen der Lehrer„einer Revision unterstellt".—— Abgeordneter Dr. Bürklin. Wie dem„Berl.Tageblatt" geschrieben wird, soll der Reichstags- AbgeordneteDr. Bürklin beabsichtigen, aus Gesundheitsrücksichten sein Mandatniederzulegen.— Fünf Jahre und einen Tag GefängnißUnter der Anklage des militärischen Vergehens der Aufwiegelungstand am Sonnabend der Gemeine Adolf Huber der 11. Kom-pagnie des königl. bayerischen 1. Jnfanterie-Regiiiients vor denMünchener Militärgeschworenen. Am 9. April l. I. hatte dieKompagnie unter dem Kommando des Haupmanns Höller eineUebung, welche über die festgesetzte Zeit verlängert wurde,weil Höller mit dem Exerzieren unzufrieden war. Hierübergerieth Huber in Aerger und äußerte:„Jetzt mag ich nichtmehr!" wobei er absichtlich umgefallen fein soll. HauptmannHöller befahl ihm einzutreten, erhielt aber die Antwort:„ParoleHäuptling, 160 Tage haben wir noch, die halte ich auch nochaus." Als Hauptmann Höller das Kommando gab:„Parade-marsch auf der Stelle, ohne Tritt Marsch!" rief der in derletzten Sektion befindliche Huber den neben ihm marschirendenMannschasten laut zu:„Schmeißt den Parademarsch um, wechseltden Tritt!" worin nach der Anklage eine Aufforderung zurGehorsamsverweigerung zu erblicken ist. Die Aufforderunguber's blieb jedoch wirkungslos. Auf das Kommando desauplmanns:„Frei weg!" drückte Huber jedoch entgegen diesemefehl direkt auf seinen Nebenmann, so daß mehrere Leute auSReih und Glied gedrängt wurden und die Front in Unordnunggerieth. Huber gesteht letztere Handlung zu, stellt aber diegravirende Aeußerung in Abrede. Auf grund des Wahrspruchsder Geschworeneu wurde Huber zu fünf Jahren 1 Tag Ge-fängniß verurtheilt, wovon 1 Mouat 1 Tag erlittene Unter-suchnngshaft abgehen.Damstadt» 7. Juni.(Eigener Bericht.) In der ZweitenKammer stellte der nationalliberale Abg. Muth den Antrag, denSchulunterricht ans dem Lande in anderer Weife einzutheilen,um die Schüler von 12—14 Jahren zur Feldarbeit heranziehenzu können. Die Regierung verhielt sich mit recht ablehnend undder Antrag fiel dann auch mit allen gegen zwei Stimmen durch.Der ultramontane Abg. Frhr. v. Köth hatte dazu einen Eventual-antrag eingebracht, wonach die Kinder im Alter von 10 bis 14Jahren an Sommernachmittagen keinen Unterricht haben sollen.Von sozialdemokratischer Seite sprach der Abg. Cramer gegenden Antrag, der ebenfalls mit allett gegen die fünf ultramontanenStimmen abgelehnt wurde.Nngnrn.Budapest, 6. Juni. Eine außerordentliche Ausgabe des„Amtsblattes" veröffentlicht ein kaiserliches Handschreiben anden Juslizminister vom 1. April, wonach dieser wegen der B e-g n a d i g u n g von solchen Personen, die vorher nicht be-straft waren und eine Gcsetzesverletzung aus Unbedachtsamkeit,wegen drückenden Elends oder bei augenblicklichen Leidenschafls-ausbrüchen verübten, ferner«on Personen, die wegen p o t i-tischer Verbrechen, wegen Beleidigung desMonarchen und von Mitgliedern des könig-lichen Hauses oder Aufreizung gegen denKaiser verurtheilt wurden, einen Vorschlag unterbreitensollte. Infolge der Unterbreitung des Ministers begnadigte derKaiser 149 Verurtheilte, und wurden diese auch vorgestern srei-gelassen.—Budapest, 9. Juni. Beim gestrigen Huldigungs-Festzug desParlamentes und der autonomen Körperschaften kamen zahlreicheUnglücksfälle vor. Die Grafen Kezlevich und Georg Szapary,Sohn des ehemaligen Ministers Julius Szapary, sowie mehrereFahnenträger stürzten von den Pferden und wurden ernstlich ver-wundet. Auf dem Franz-Joscf-Platz wurde ein eisernes Gittereingedrückt, wobei sechs Personen schwer verletzt wurden. Ebensokamen mehrere Hitzschläge vor.Frankreich.— Die sozialistischen Siege in Paris. Grousster(Soz.) wurde mit 3316 von 10 333 und Dejeante(Soz.) mit3312 von 3701 abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgange ge-wählt. Deville, der auch für die Deputirlenkammer, nicht wiewir gestern irrtbümlich angaben, für den Senat kandidirte, erhieltvon 7760 abgegebenen Stimmen 2774, außerdem bewarben sichnoch acht andere Kandidaten um das Mandat. Der Deville amnächsten kommende Gegner erhielt nicht einmal die Hälfte derauf Deville gesallenen Stimmen. Die Wahl Deville's scheint gesichert zu sein.— Bon den drei Nachwahlen in der Provinz.die auch am letzten Sonntag stattfanden, endete eine gleichfallsmit einem Triumphe des Sozialismus. Im DepartementArdeche wurde der Sozialift Perrin mit 6336 Stimmen gegenden Republikaner Cl-ry, der blos 3403 Stimmen erhielt,gewählt.—Paris, 3. Juni. Deputirtenkanimer. Das Haus ist starkbesetzt. Genosse I a u r ö s bringt eine Interpellation ein über diejüngste Ernennung von Präfekten, welche die Feindseligkeitdes Kabinets den Sozialisten gegenüber be-weis e. Redner fügt hinzu, das K a b i n e t werde von derRechten unterstützt, bei der Macht aber, die derSozialismus erlangt habe, müsse mit ihm oder gegen ihn regiertwerden. Eine Politik der gemäßigten Parteien sei nicht mehrmöglich, die Partei der Opportunisten sei verurtheilt.(Beifallauf der äußersten Linken.)�Nach den Ausführungen Jaurös' erwidert der Minister desInnern Barthou, die Ernennungen von Präsekten seien im Geisteder Mäßigung und der Beruhigung erfolgt. Die Regierungbestrebe sich, die Volksmassen an sich zu ziehen, währenddie Sozialisten an die Bonapartisten appellirten(?? Red.).(Bei-fall im Zentrum, Widerspruch auf der äußersten Linken.)Die Politik der Regierung sei leicht zusammenzufassen: dieselbesei eine fest und eiitschlossen republikanische und von den Sozia-listen getrennte.(Beifall im Zentrum.) Redner schloß: Mille-rand hat in seiner jüngsten Rede erklärt, außerhalb des Kollek-tivismns gebe es keinen Sozialismus; nun denn, wir sindgegen revolutionären Sozialismus und gegen5�ollektivismus nicht nur ohne Nachgiebigkeit undSchwäche, sondern auch ohne Zögern. Ihnen gegenüber wäreZögern unverzeihlich, verbrecherisch. Wir sind eat-schlössen, sie zu bekämpfen. Wir wollen ihre Hilfenicht und haben nichts gethan, ihr Vertrauen zu verdienen.Wir sind gegen den revolutionären Sozia»lismus und gegen den Kollektivismus.(Leb-haster Beifall.) Aus eine Anfrage des Deputirten Jsambert,ob das Kabinet sich auf die Klerikalen und die Ralliirte»stütze, erwidert Ministerpräsident Meline, man wisse wohl, daßdas Kabinet nicht klerikal sei.„Wir wissen, daß unser Pro-gramm den Sozialisten nicht gefällt, und fordern deshalb alleRepublikaner aus, mit uns zu stimmen."(Beifall.) Nach Er-widerungen der Deputirten Jaures und Goblet wird die Dis»kussion geschlossen. Jsambert bringt eine Tagesordnung ein.welche besagt, die K a in m e r w e r d e i h r V e r t r a u e n nureinem K a b i n e t schenken, welches mit der republika-nischen Mehrheit regiere. Sauzet bringt eine Tages-ordnnug ein, in welcher die Erklärung der Regierunggebilligt wird. Diese Tagesordnung wird von demM i ii i st e r p r ä s i d e» t e n genehmigt. Die Priorität zugnnsten der Tagesordnung Jsambert wird mit 382 gegen233 Stimmen abgelehnt und die Tagesordnung Sauzet mit 318gegen 233 Stimmen angenommen.(Lebhafter Beifall im Zentriun.)Die Sitzung wird hierauf geschlossen.—Paris, 8. Juni. Der Genieinderath hat für die durch dieMoskauer Katastrophe Betroffenen 10 000 Franks bewilligt.-Der Zar sollte es eigentlich als Schimpf betrachten, daß für diebei seinem größten Feste Verunglückten vom Auslande Gilderzur Unterstützung der Opfer gesandt werden.—Belgien.Brüssel, 9. Juni.(„Magdeb. Zeitung.") Die Liberalensprengten eine sozialistische Wahlversanmilung in einem Vororte,wobei e? zu einem blutigen Handgeinenge kam, in dem mehrerePersonen verwundet wurden.