Morgenausgabe
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48.Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Bolksblatt
Sonntag
28. Juni 1931
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Kabinettsbesprechungen in Berlin .
Zu der Reichstanzlei fand am Sonnabend unter die franzöfifche Regierung ihre Vorschläge nicht in einer zu ftarren dem Vorsitz des Reichskanzlers eine Besprechung über Form aufrechterhalten will. Man darf daher den weiteren Berden augenblicklichen Stand der Hoover- Aktion statt. Jm handlungen mit Zuversicht entgegensehen. Mittelpunkt der Erörterung standen die Verhandlungen zwischen Washington und Paris , die zur Zeit in der französischen Hauptstadt geführt werden. Berlin wird über diese Besprechungen von Paris und auch von Washington aus auf dem laufenden gehalten.
Hoover hält an dem Prinzip seines Vorschlages fest. In dieser Beziehung hat der amerikanische Schak sekretär als Unterhändler der amerikanischen Regierung in Paris strenge Anweisung erhalten, keinerlei 3u. geständnisse zu machen, wie seine Marschroute über. haupt außerordentlich begrenzt ist. Amerika ist jedoch nicht abgeneigt, Frankreich entgegenzukommen, soweit es sich um laufende Sachlieferungen und um die Einzahlung der 500 Millionen Mart bei der Bauk für Internationale Zahlungen handelt. Aber diese Summe sell nach dem Wunsche der amerikanischen Regierung sofort an Deutschland zurüdfließen, und zwar ungekürzt, unverzinst und ohne Festlegung in bezug auf die Rückzahlung mit der dem Freijahe folgenden Annuität. Den Gedanken einer Kontrolle der wirtschaftlichen Verwendung dieses Kredita durch Deutschland lehnt die Regierung in Washington ebenfalls entschieden ab.
Die Reichsregierung hat sich am Sonnabend mit den vorstehenden Plänen eingehend befaßt und Washington noch am gleichen Tage ihre Meinung über feine Absichten wissen lassen. Natürlich nicht als Beschlußt, sondern zur Information, wie es mit Recht überhaupt das Bestreben der Reichsregierung ist, sich in die Verhandlungen zwischen Washington und Paris
Ministerpräsident Caval hat dem deutschen Botschafter von Hoesch am Sonnabend offiziell erklärt, daß ein Pariser Besuch des Reichstanzlers Brüning und des Außen
RAST
Heute, Sonntag, um 4,30 Uhr: Beginn des großen Arbeitersporttreffens im Grunewald- Stadion Arbeitersporttreffens im Grunewald- Stadion 20 000 Arbeitersportler marschieren auf zum Reichs- Arbeiter- Sport- Tag!
Alle Parteigenossen sind zum Besuch eingeladen, um die Verbundenheit der Arbeiterbewegung mit der Arbeitersportbewegung zu zeigen. Parteivorsitzender Otto Wels hält eine Ansprache.
Auf zum RAST
minifters Curtius von der franzöfifchen Regierung warm be. grüßt werden würde. Das genaue Dafum für den Besuch werde noch vereinbart werden.
Wie der Soz. Pressedienst" meldet, ist unser Parteivorsitzender Otto els dieser Tage in London gewesen und inzwischen nach Berlin zurückgekehrt. Er hatte Besprechungen mit dem eng lischen Außenminister Arthur Henderson und anderen maß
gebenden Persönlichkeiten der Labour- Party.
unter feinen Umständen einzuschalten oder einschalten zu lassen. Sie wartet im Vertrauen auf die amerikanische Regierung die Entwicklung der Der„ Sozialdemokratische Pressedienst meldet: Dinge in der Ueberzeugung ab, daß die Pariser VerDer italienische Botschafter in Berlin hat dem Reichshandlungen in Kürze zu einem zufriedenstellenden Erfanzler und dem Reichsaußenminister am Sonnabend im Namen gebnis führen werden und der Hoover- Plan am 1. Juli des italienischen Kabinettchefs eine Einladung zum Besuch in Kraft tritt.
Die Reichsregierung tritt voraussichtlich am Sonn tagabend zu einer Kabinettssitung zusammen.
Die Besprechungen mit Mellon.
der italienischen Regierung übermittelt.
Der Reichskanzler und der Reichsaußenminister haben die Einladung angenommen. Wahrscheinlich werden fie ihr nach ihrer Pariser Reife, die voraussichtlich um den 10. Juli herum erfolgen wird, Folge leiffen. Die offizielle Einladung der französischen Regierung an Brüning und Curtius ist sofort nach dem Abschluß der Besprechungen zwischen Washington und Paris Die offiziellen Verhandlungen zwischen Frantzu erwarten. Es ist damit zu rechnen, daß dieje Besprechungen am reich und Amerita haben am Sonnabend nachmittag um Montag abgefchloffen werden und dann der Reise des Reichskanzlers 3 Uhr im Innenministerium begonnen. Amerika ist durch Schatz- und Außenminifters nach Paris feine Hinderniffe mehr im Wege jefretär Mellon, den amerikanischen Botschafter in Paris , Edge, ftehen. und zwei hohe Beamte der amerikanischen Botschaft in Paris vertreten. Bon französischer Seite nehmen an den Beratungen teil:
Ministerpräsident Laval, die Minister Briand , Flandin , Piétri und der Unterstaatssekretär François- Poncet .
Um 5% Uhr war die Konferenz beendet. Der Ministerpräsident teilte der Presse mit, daß die Berhandlungen am Montag vor mittag fortgesetzt werden. Mellon wird sich in der Zwischenzeit mit der amerikanischen Regierung in Verbindung setzen.
Im Anschluß an die Beratungen mit den Amerikanern ließ Ministerpräsident Laval den deutschen Botschafter von Hoesch zu sich bitten, der furz nach 6 Uhr im Innenministerium eintraf. An der Besprechung mit Hoesch nahmen außer Laval noch Briand und Poncet teil.
Auf dem Wege zur Einigung?
Paris , 27. Juni. ( Eigenbericht.) Die Besprechungen zwischen Mitgliedern der französischen Regierung und dem deutschen Botschafter in Paris dauerten am Sonnabend etwas über eine Stunde. Sie waren um 7 Uhr abends beendet.
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Gegen die Annahme einer solchen Einladung läßt sich faum fierung Italiens gewesen. Die Schwierigkeit liegt nur in der Frage etwas einwenden, denn ihre Ablehnung wäre eine überflüffige Brüs ihre Gastgeber aufzufordern. Da sich aber Mussolini seit sechs des Gegenbefuches, zu dem die Deutschen verpflichtet sind, Jahren wohlweislich hütet, Italiens Boden zu verlassen, wird er zum Glück solcher Einladung bestimmt nicht Folge leisten. Wie wir erfahren, wird erwogen, daß der Besuch in Rom unfindet. Das wird allerdings nur möglich sein, wenn der Termin mittelbar anschließend an die Reise nach Paris statt für den Besuch in Baris nicht zu spät angesetzt wird, denn am 17. Juli müssen Reichskanzler und Reichsaußenminister wieder in Berlin sein, um Macdonald und Henderson zu empfangen.
Spaltung der englischen Liberalen. Ein Duhend von 50 Abgeordneten sagt sich von Lloyd George los. London , 27. Juni.
Amtlich wird über den Verlauf der Besprechungen, bei denen Die parlamentarische Fraktion der Liberalen Partei hat deutscherfeits natürlich jede attive Intervention ver- ich heute gespalten. Etwa ein Duhend mitglieder der mieden wird, nichts mitgeteilt. Auf Grund zuverlässiger Infor- Fraktion hat sich unter Führung von Sir John Simon entmationen kann jedoch gefagt werden, daß die bisherigen Be- 3wei wichtige Mitglieder der Partei, Brown und Sir John Simon, Be- 3wei fchloffen, fich endgültig vom Regime Lloyd Georges loszusagen. prechungen einen günftigen Eindru& hinterlassen teilten dem Haupteinpeitscher der Liberalen mit, daß fie feine Unhaben und bereits gemisse Fortschritte in bezug auf die Annäherung des französischen und des amerikanischen Standpunktes gezielt worden find. Als Verhandlungsbasis hat der franzöfifche Gegenvorschlag gedient, aber man hat den Eindrud, daß
weifungen in Zukunft nicht mehr zu erhalten wünschen. In beiden Briefen wird als Ursache dieses Beschlusses die Haltung Lloyd Georges und feiner Anhänger gegenüber der Regierung angegeben,
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Die Ausnüßung des Feierjahrs
Deutschland braucht langfristige Kredite.
Der Hooversche Plan hat vor einer Woche unmittelbar eine große psychologische Wirkung ausgeübt. Er hat durch seine Veröffentlichung allein dem durch internatio nale Vertrauenserschütterung einem Abgrund entgegenrollenden Wagen der deutschen Wirtschaft eine wirksame Bremse angelegt. Wenn, wie wir hoffen, in Kürze die Schwierigkeiten überwunden sein werden, die der praktischen Durchführung des Feierjahres noch entgegenstehen, so ist über die unmittelbare psychologische Bremswirkung hinaus der deutschen Wirtschaft und der Weltwirtschaft die Chance einer Besserung gegeben. Bei voller Würdigung der großen Bedeutung, die dem Weltfeierjahr in der Verhütung von schlimmeren Zusammenbruchserscheinungen zukommt, wäre es falsch, unter dem Gesichtspunkt der wirklichen Besserung dem Aufschub der Reparationszahlungen eine andere Bedeutung zuzumessen als die, daß er die Chance gewährt, gewonnene Zeit durch vernünftiges Sandeln auszunuzen.
Das gilt zunächst für die weltwirtschaftliche Betrachtung. Aus Deutschland sind in den letzten Wochen reichlich 1200 Millionen Mark an fremdem Kapital und an heimischem Kapital, das sich der Fluchtbewegung angeschlossen hat, abgeströmt. Seit Jahresfrist beträgt dieser Abzug von Kapital mehr als zwei Milliarden Mart. Demgegenüber steht, daß das Feierjahr im Laufe des kommenden Jahres an Reparationsübertragungen, die sonst fällig geworden wären, im günstigsten Fall 1% Milliarden, Mark erspart. Es findet also nicht etwa, rein tapitalmäßig betrachtet, jetzt ein sofortiger Ausgleich der Abziehungen statt, die hinter uns liegen, sondern, vorausgesetzt, daß eine weitere Abwanderungsbewegung nicht eintritt, wird durch den Fortfall der Reparationszahlungen allmählich im Laufe des kommenden Jahres ein Teil des Kapitalverlustes eingespart, den die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr erlitten hat. Dieser Kapitalverlust aber hat in der letzten Zeit
zu einer so scharfen Erhöhung des Zinssages in Deutschland geführt, daß von der Seite der Drosselung der Kredite zu= nächst ein weiterer Krisendruck ausgehen muß. Bei aller Hochschätzung des Hooverschen Planes muß man doch aussprechen, daß der große, die Weltwirtschaft entlastende Umschwung der Situation innerhalb der deutschen Wirtschaft von dieser sich erst ganz allmählich auswirkenden Reparationsentlastung allein nicht kommen wird. Wenn man in der Welt die Situation richtig erkennt, so muß man die politische Chance, die das Feierjahr bietet, ausnutzen, um über die Reparationsfrage hinaus einen energischen Schritt für eine gesündere Verteilung des Kapitals in der Welt zu tun.
Eine der wesentlichen Verschärfungsursachen der Weltwirtschaftskrise ist ja, daß infolge der politischen Hemmungen Kapital in einigen Ländern aufgestaut ist, so daß die Zinsfäße praktisch sich dem Nullpunkt nähern, ohne daß davon eine belebende Wirkung in den Kapitalüberflußländern unan Rapital mit hohen Zinssätzen den Krisendruck ständig vermittelbar ausgeht, während in anderen Ländern der Mangel durch die Kapitalabwanderung aus Deutschland im letzten schärft. Diese ungesunde Kapitalverteilung in der Welt ist Monat viel mehr verschärft worden, als sie durch das Reparationsfeierjahr unmittelbar wieder gutgemacht werden fann. Wenn man das einsieht in der Welt, so muß man die wirtschaftliche Kredittransaktionen zur besseren internationalen politische Chance des Feierjahres benutzen, um ihr großzügige Kapitalverteilung folgen zu lassen. Das heißt, man muß vor allem Deutschland große lang fristige Anleihen gewähren.
Denn nur wenn der kurzfristige Auslandskredit, dessen Gefahren wir nun zur Genüge fennengelernt haben, in der deutschen Wirtschaft ersetzt wird durch entsprechende langfristige Auslandsanleihen, kann der Druck auf die wirtschaftliche Aktivität behoben werden, der von der vorangegangenen Rapitalentziehung ausgehen muß. Wenn man in New York und in Paris , in London und in Berlin die Chance des Augenblicks erkennt und weiter verfolgen will, so müssen sich an die Verhandlungen über das Feierjahr unmittelbar Berhandlungen über langfristige Anleihen an Deutschland , die in der Summe wenigstens die im letzten Monat verlorenen 1200 Millionen zurückbringen müßten, anschließen. Die zweckmäßige Form der Verwendung solcher Tangfristigen Auslandsanleihen wäre die finanzierung großer Arbeitsbeschaffungsprojette, mie se