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BERLIN  Montag 29. Juni 1931

Der Abend

Erfcheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

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B 149 48. Jahrgang

Anzeigenprets: Die einfpaltige Nonpareillegeile

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Die braune Landplage

Hakenkreuzskandale in der Universität- Wegelagererium überall

Die Standalszenen, die sich vor einigen Monaten, provoziert von nationalsozialistischen Studentengruppen, mit fast täglicher Regelmäßigkeit abspielten, scheinen wieder aufzuleben. Heute vormittag versammelten sich die Hakenkreuzlerstudenten zu einem Stehkonvent, nach dessen Beendigung Mitglieder der sozialistischen  Studentengruppen im Vorhof angepöbelt und tätlich angegriffen wurden. Die Tumulte steigerten sich

derart, daß Polizei gerufen und die Universität

geschlossen werden mußte. Der Sozialdemokrat Dr. Bergmann wurde dabei von den Nationalisten min handelt und verlegt. Aehnlich erging es einigen sozia

listischen und kommunistischen Studierenden, die von einer großen Uebermacht umringt und mit Stöden satvie anderen Siebinstrumenten geschlagen wurden. Polizei­beamte machten die Straße von den demonstrierenden Nationalisten frei. Wie die Universität erklärt, hofft man, die Vorlesungen im Laufe des Nachmittags wieder aufnehmen zu können.

Der Führer des Nationalsozialistischen Studenten­bundes hatte sich bereits seit einigen Tagen mit der Ein­führung Wiener Zustände( Angriffe auf jüdische Studierende) durch die SA. gerühmt.

Hafenkreuzlerschlacht mit Kindern.

Lubed, 29. Juni.  ( Eigenbericht.)

In Eutin   waren am Sonnabend und Sonntag schwere Auseinandersehungen zu verzeichnen. In Renfefeld bei Schwartau hatte die dortige Schule ein Kinderfest ver­anstaltet. Die Kinder zeigten schwarzrotgoldene Fähnchen, die auch von Nationalsozialisten gesehen wurden, die auf Laftautos vorbei­tamen. Die Nationalsozialisten überfielen die kinder und entriffen ihnen die Fahnen. Ueber diesen Vorfall gerieten die Bürger des Städtchens in große Erregung, und es tam noch wäh­rend der Nacht zu Auseinandersehungen, an denen sich auch die Kommunisten beteiligten. Die Polizei verjagte. Bon denen, die fich den Nationalsozialisten entgegenstellten, wurde ein Reichsbanner­mann schwer und zehn andere, nicht dem Reichsbanner angehörige Bürger der Stadt, leicht verletzt. Die Nationalsozialisten follen etwa 15 mehr oder weniger Schwerverletzte gehabt haben.

Auch in Ahrensböt griffen die Nationalsozialisten dort tagende Mitglieder des Landarbeiter- Berbandes fällich an. Ein Landarbeiter wurde schwer verletzt. Von den Nationalsozialisten wurden bei der Gegenwehr drei Mann verletzt.

Weitere Weberfälle in Berlin  . Geburtstagsgäfte mißhandelt/ Eine Frau niedergestochen.

Mit welcher Brutalität die Goebbelsbanden auch über harmlos ihres Weges gehende Paffanten herfallen, beweist wieder einmal ein Borgang, der sich in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag am Ireptower part abspielte.

Gegen 3,30 Uhr nachts gingen am Treptomer Bart zehn Ber­fonen, darunter vier Frauen, entlang, die von einer Geburtstags­feier aus dem Eierhäuschen in Teptom tamen und sich auf dem Heimmege befanden. Etwa 50 hafentreuzler mit Siebe und Schlaginstrumenten sowie Scheintodpistolen ausgerüstet fielen über die Gruppen her und schlugen erbarmungslos auf sie ein. Nicht einmal die Frauen wurden verschont. Die 26jährige Frau Erna Döllmann aus der Graeßstraße wurde von einem Nazi niedergestochen. Die anderen Ueberfallenen erlitten sämtlich mehr oder weniger schwere Hiebverlegungen. Als das alarmierte lieberfallkommando erschien, ergriffen die Strolche natürlich die Flucht. 16 atentreuzler fonnten festgenommen werden, der Mehrzahl der Burschen gelang es leider zu ent­fommen. Die verletzte Frau erhielt auf der nächsten Rettungsstelle tie erste Hilfe.

Die festgenommenen Hakenkreuzler wurden der Abteilung IA des Polizeipräsidiums übergeben. Im Verlaufe des Verhörs stellte sich dann heraus, daß der Ueberfall zwar planmäßig vor­bereitet war, aber einer Gruppe Reichsbannerleute gelten sollte. In der Dunkelheit wurden die Nachtschwärmer für die erwarteten Reichsbannerangehörigen gehalten und es wurde einfach drauflos geschlagen. Die Schurferei der Nazis ist um so schlimmer, als fie von ihren Opfern auch nicht abließen, als ihnen flar gemacht wurde, daß die 10 Geburtstagsgäste mit dem Reichs­banner überhaupt nichts zu tun hatten.

Hollands Tempel in Flammen

Riesenbrand auf der Rolonialausstellung

Paris  , 29. Juni.  ( Eigenbericht.) holländische Architekt und eine Gruppe eingeborener schweren Verlust heimgesucht worden. Der nieder werden. Die Pariser Kolonialausstellung   ist von einem Tänzerinnen konnten nur mit knapper Not gerettet

duktion des Tempels von Bali darstellt, ist gestern bis auf die Grundmanern niedergebrannt. Sämtliche

ländisch indische Pavillon, der eine Repro­

Der niederländische Pavillon

in dem Pavillon enthaltenen Kunstsammlungen wurden vernichtet. Der Schaden wird auf rund 15 Millionen Mark beziffert. Das Feuer ist durch Kurzschluß entstanden. Alz   es kurz vor 5 Uhr morgens entdeckt wurde, stand das Gebäude bereits in hellen Flammen, so daß die Feuerwehr sich in der Hauptsache darauf beschränken mußte, die anliegenden Gebäude zu schützen. Der in dem Pavillon wohnende

An der Havel   in der Nähe der Sakrower Fähre ver­übten die Hakenkreuzler eine ähnliche Schandtat. Sie gingen dort in größeren Gruppen am Ufer entlang und versuchten mit den Badenden Streit anzufangen. Als sie auf mehrere Ausflügler stießen, in denen fie politische Gegner vermuteten, fielen die Nazis über die Ausflügler her und schlugen sie nieder. Ein 28jähriger Kaufmann Springborn aus Potsddam erlitt durch Hiebe mit einem stumpfen Instrument schwere Kopfperlegungen. Sechs der Wegelagerer fonnten von der Polizei verhaftet werden.

Der Wächter des Pavillons hörte gegen 5 Uhr morgens

mehrere Explosionen, die aus der Garderobe zu kommen Schienen. Als er die Tür öffnete, schlugen ihm die Flammen ent­

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gegen. Durch den entstehenden Durchzug gelangte das Feuer ins Innere des Gebäudes, und bald war der gesamte Kompler der holländischen Ausstellung nur ein einziges Flammenmeer. Auf den Alarm Großfeuer, Menschenleben in Gefahr!" eilten fämtliche Pariser   Feuerwehren an die Brandstätte und gaben aus 20 Rohren Wasser. Troz größter Bemühungen gelang es nicht. das Prachtgebäude mit seinen vielen kleinen Türmen zu retten. Der holländische Architekt, der die Bauarbeiten geleitet hatte, lief weinend um den brennenden Flammenherd und versicherte, daß mehr als 25 Jahre ernster Arbeit notwendig gewesen seien, um alle die seltenen Gegenstände in den holländischen Kolonien zusammen zusuchen, die im Innern des Gebäudes ausgestellt waren. Gegen 10 Uhr war die größte Gefahr, nämlich ein Uebergreifen des Brandes auf andere Ausstellungsgebäude, be feitigt. Von der holländischen Abteilung ist jedoch nichts als ein einziger Schutthaufen übriggeblieben.

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Bestürzung in Holland  .

Amfterdam, 28. Juni. Die Nachricht von der Vernichtung des holländischen Pavillons auf der Kolonialausstellung in Vincennes   hat in der holländischen Deffentlichkeit ungeheure Bestürzung hervorgerufen. Die Meldung wurde im Laufe des Sonntag mittag durch Ertrablätter und An­schläge der Zeitungen, am frühen Nachmittag dann auch durch den Rundfunkt verbreitet. Der Brand ist in erster Linie für den hollän= dischen Delegierten bei der Ausstellung, Herrn Moojen, der so viel für das Zustandekommen der holländischen Ausstellung getan hat, ein gewaltiger Schlag. Nicht nur, daß seine ganzen Werke ver wüstet sind auch viel persönliches Eigentum, das er während feines Aufenthaltes in Niederländisch- Indien gesammelt hatte, Kunstschäße, Dokumente und zahlreicher sonstiger Besiz find verlorengegangen. Der Schaden ist zwar durch Versicherung gedeckt, doch wiegt sie nicht den Berlust an Kunstwerten der seltenen Schäße auf, unter den sich zahlreiche Unika, Jahrhunderte alte, un­erjehliche Schäße befinden. Außer Herrn Moojen ist auch das ethnographische Museum in Leyden  , das verschiedene Duplikate zur Ausstellung gesandt hatte, start in Mitleidenschaft gezogen worden. Der durch den Brand entstandene Schaden wird auf zehn Millionen Gulden geschätzt, hatte doch das Hauptgebäude allein einen Wert von 1200000 Gulden. In einer Erklärung gegenüber Pressevertretern bezeichnete der holländische Kolonial­minister de Graaff die Vernichtung des holländischen Bavillons als eine nationale Katastrophe, eine Katastrophe für die Ausstellung und eine Katastrophe für Holland   selbst. Das Wert vieler Monate sei in furzer Zeit verlorengegangen, und es werde nicht mehr möglich sein, alles wieder aufzubauen. Der Generalkommissar der hollän­dischen Abteilung auf der Kolonialausstellung, Fock, ist Sonntag früh sofort vom Haag nach Paris   abgereift.

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Schüsse abgefeuert hatten, wurde das Nazi- Berkehrslokal in der Frankfurtr Allee 202 von der Polizei durchsucht. Dabei wurde eine scharfgeladene Mehrladepistole und ein Scheintodrevolver gefunden und beschlagnahmt.

Braunschweig  , 29. Juni.  ( Eigenbericht.) In Blankenburg   am Harz   veranstalteten am Sonntag die Hitlerjugend und der in Preußen verbotene national­fozialistische Schülerbund eine Werbetagung. Während des Umzugs schlugen die zu der Tagung gekommenen SA.- Leute blind Ein weiterer Ueberfall wurde am Sonntagabend im auf die Bassanten ein, nachdem ein Kommunist einen Zwischenruf Often Berlins   auf einen Reichsbannermann verübt. Bor gemacht haben sollte. Die SA.- Leute schlugen mit Hämmern, dem Hause Frankfurter Allee 239 wurde der RB- Mann Koppeln und Schulterriemen, an denen Schlüssel befestigt maren. vont einer Horde Nationalsozialisten umringt und Etwa 20 Personen wurden verlegt. Die Schupo, die durch ein niedergeschlagen. Als die Polipei erschien, hatten die feigen großes lleberfallfommando aus Braunschweig   verstärft war, fonnte Burschen bereits das Weite gesucht. Bei der Verfolgung wurden sich nicht durchsetzen. Die Beamten fühlten sich wohl auch unsicher, noch sechs Täter festgenommen. Da die Hakenkreuzler mehrere I da sie dauernd von den Nazis angebrüllt wurden: Sie werden