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BERLIN  Freitag

3. Juli

1931

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

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Nr. 306

B 153 48. Jahrgang

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Lübecker   Justizffandal

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Nachspiel zum Kindersterben- Die Kritiker werden angeklagt

Lübed, 3. Juli.

Wiederholt ist in der Deffentlichkeit daran Kritik geübt worden, daß die Durchführung des Strafverfahrens wegen fahr= lässiger Tötung von mehr als 100 Rindern durch falsche Zubereitung des Calmette- Präparates gegen die Aerzte Deyde, Altstädt und Klog so lange auf sich warten ließ. Die schredlichen Geschehnisse liegen über ein Jahr zurüd, und es ist flar, daß unter den Eltern, die ihr Liebstes verloren, tiefste Er­

bitterung über die langen Vorbereitungen zum Prozeß herrscht. Der Lübecker   Oberstaatsanwalt Dr. Lienau scheint freilich durch an­dere Dinge überlastet zu sein. So hat er jetzt Anflage gegen den Redakteur am ,, Lübecker Volfsboten", Genossen Dr. Solmit er­hoben, weil dieser Teile der Anklageschrift vor der öffentlichen Ver­handlung veröffentlicht hat. Er stützt sich dabei auf den§ 17 des Preßgefeßes, den ein Sachfenner wie der preußische Justizminister

Nun wieder Optimismus

Man erwartet Abschluß der Pariser   Verhandlungen bis Sonntag

Paris  , 3. Juli.  ( Eigenbericht.)

Die Pariser   Morgenpresse spricht sich über den Ausgang der französisch- amerikanischen Verhandlungen sehr optimistisch aus. Der Matin" erklärt, in gut unterrichteten Kreisen hoffe man, daß die Verhandlungen in 2 bis 3 Tagen abgeschlossen werden können, daß also der englische   Vorschlag, in London   oder Chequers  eine erweiterte Konferenz, an der Deutschland   und Italien   teil­nehmen sollten, nicht in Betracht gezogen zu werden brauche. Im übrigen fönnten die französischen   Minister vor Schluß der Barla­mentstagung Paris   nicht verlassen. Vielleicht werde aber eine solche Konferenz, auf der Fragen der allgemeinen Bolitik besprochen werden, nach dem glücklichen Abschluß der Verhandlungen statt­

lungen bemerkbar macht, ist die Regierung entschlossen, von ihren Rechten, das Schlußdekret zu verlesen, bald Gebrauch zu machen. Die Abgeordneten Paul Boncour   und Maloy hatten gestern in ihrer Eigenschaft als Borsigende des Auswärtigen Ausschusses und der Finanzfommission eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten, in der sie den Wunsch der beiden Ausschüsse zum Ausdruck brachten, die Tagung erst nach dem Abschluß der Verhandlungen über den Vorschlag Hoovers zu schließen, damit das Parlament dazu Stellung nehmen könne. Laval erwiderte, die Regierung habe nicht die Absicht, auf ihr Vorrecht zu verzichten, und sie werde das Schluß­dekret verlesen, sobald sie das für richtig halte. Er fügte aber hinzu, daß die Regierung andererseits das Kontrollrecht des Parlaments nicht bestreiten wolle und daß fie evtl. das Parlament zu einer

als völlig veraltet bezeichnete. In Preußen werden deshalb An­flageschriften sogar durch Justiz- Pressestellen in der Deffentlichkeit flagefchriften sogar durch Justiz- Pressestellen in der Deffentlichkeit bekanntgegeben. Alleredings hatte Dr. Solmitz in einer Kritik ge­Anflageschrift habe schreiben fönnen: Dem Angeklagten läßt fich finden. Der Matin" fündigt auch an, daß für den hauptsächlichsten die Verhandlungen zu unterrichten. Man nimmt daher an, daß die

schrieben, daß es unverständlich sei, wie der Oberstaatsanwalt in die

die Frage des eine befriedigende Lösung

in Aussicht stehe. Nur das nationalistische Echo de Paris  " spricht von einer neuen Komplikation, die durch eine Stelle des amerika­

der Vorwurf der fahrlässigen Tötung nicht ersparen." Das sehe so aus, als ob dem Vertreter der Anflage sein Vorgehen leid tue. Des= halb hat Dr. Lienau aber nicht geflagt. Weiter aber flagt er gegen einen Berliner   Stadtmedizinalrat und den Vertreter der ihrer Kin- nischen Memorandums hervorgerufen worden sei. Um Frankreich  der beraubten Eltern. Dieser hat in einer Versammlung geäußert: Gottes Mühlen mahlen langsam, die Mühlen der Lübecker  Justiz aber mahlen gar nicht.

Tumulte in München  .

Vor dem Braunen Haus.

München  , 2. Juli. Im Laufe des heutigen Nachmittags rückte das Ueberfallfom­mando der Münchener   Polizeidireftion wiederholt aus, um die Posten vor dem Braunen Haus zu entfernen. Durch das Kommando wurden vier Posten festgenommen. Nach Ermitt lung ihrer Personalien wurden sie wieder entlassen.

Gegen abend entstand in der Stadt das Gerücht, das Kom­munisten das Braune Haus   stürmen wollten. Dies lockte gegen 9 Uhr zahlreiche Nationalsozialisten nach der Brienner Straße  . Als die Menschenmenge immer größer wurde, griff abermals das Ueberfallkommando ein und räumte die Straße zwischen dem Karolinenplatz und der Arcisstraße und sperrte sie für jeden Fuß­gängerverkehr. Erst gegen 11 Uhr abends wurde die Straße wieder freigegeben.

Franzen verbietet.

Aber ein Hafenkreuzaufmarsch folgt dem anderen.

Braunschweig  , 3. Juli.  ( Eigenbericht.). Um das Reichsbanner- Gautreffen am 18. und 19. Juli in Braunschweig   zu unterdrücken, hat der Naziminister Franzen schon heute ,, bis auf weiteres" alle Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel verboten. Das Berbot soll, wie wir erfahren, bis in den September hinein gelten.

Für den Reichsbanneraufmarsch in der Stadt Braunschweig  waren große Vorbereitungen sowohl des Gaues, wie der benach­barten Gaue Hannover  , Magdeburg  , Hamburg  , getroffen. Diese Borbereitungen verfolgten die Nazis mit scheelen Augen. Durch bewußte provokatorische Zusammenstöße, Presseheße usw. haben die Hakenkreuzler einen Vorwand zum abermaligen Ber= bot geschaffen. Das erstemal mar auch eine ähnliche Reichsbanner­Beranstaltung im Februar d. 3. verboten. Inzwischen haben un­zählige hatentreuzleraufmärsche stattgefunden, die regelmäßig mit brutalen Zwischenfällen mit der Anmaßung der Polizeigewalt durch die SA. endete. Gegen das rigorose Verbot wird sofort Beschwerde beim Reichsinnenminister eingeleitet werden.

Hitzewelle auch in Kanada  .

Toronto  , 3. Juli.

Auch in dem tanadischen Staate Ontario   herrscht seit einigen Tagen eine so große Hize, daß ihr bis jetzt 30 Menschenleben zum Opfer gefallen find. Allein gestern sind 14 Personen beim Baden ertrunken.

nischen Memorandums hervorgerufen worden sei. Um Frankreich  die Vorteile des Hooverschen Vorschlages vor Augen zu führen, war in dem Memorandum gesagt worden, daß, wenn Deutschland   ein Moratorium für die geschützten Zahlungen beanspruche, Frankreich  gezwungen sein würde, feine Schuldenzahlungen an Amerika   fort:

zusehen.

Nach Havas ist der Zeitpunkt des Bufammentritts der französisch- amerikanischen Besprechungen für heute noch nicht bestimmt. Man vermutet jedoch, daß eine Abendsigung statt­

finden wird.

Die Kammer wird in die Ferien geschickt.

Paris  , 3. Juli.  ( Eigenbericht.)

Trotz des Widerstandes, der sich, wie gemeldet, in parlamen tarischen Kreisen gegen eine Schließung der Parlaments­tagung vor dem Abschluß der französisch- amerikanischen Berhand­

"

Universitäts- Autonomie

( Für das Dritte Reich entworfen)

Empfehlung von Herrn Hauptmann. Herr Hauptmann läßt sich erfundigen, ob sich die Herren auch nicht weh. getan haben?"

außerordentlichen Tagung einberufen würde, um es über

des heute oder morgen geschlossen wird.

Wochenende mit Gewitter.

Unsichere Witterungsverhältnisse.

Die Wetteraussichten zum Wochenende lauten diesmal alles andere denn tofig. Aus Südfrankreich  , wo mit seinem Kern ein Tiefdruckgebiet lagert, dringt eine Schlechtwetterzone ziemlich rasch nordostwärts vor. Es ist anzunehmen, daß unser Gebiet schon morgen unter ihren Einfluß geraten wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist mit Gewittern zu rechnen. Außerdem droht aus dem hohen Nordwesten eine weitere Gefahr für die Wetterbildung. Bei Schottland   liegt zur Zeit eine sehr fräftige Depression, die gleichfalls ihre Ausläufer nach dem Kontinent schickt. Auf der Süd­seite stoßen organische Luftmassen vor, die Norddeutschland ver­mutlich bereits morgen erhebliche Niederschlagsmengen bringen dürften. Wie sich das Wetter weiter entwickeln wird, ist bei der herrschenden Druckverteilung noch recht ungewiß.

Neuer Raubüberfall.

Räuber erbeutet 2000 Mart und entfommt.

Die Zahl der räuberischen Ueberfälle auf Hausverwalte. rinnen hat sich am Donnerstagabend noch um eine neue ver­mehrt. Diesmal bediente fich der Täter einer Autodroschke und es gelang ihm zu entkommen.

Im Auftrage einer Grundstücksgesellschaft hatte eine Frau R., die am Widingerufer wohnt, in mehreren Häusern in der Annenstraße die Mieten eingezogen. Sie hatte etwa 1500 bis 2000 Mart in einer Attentasche bei sich. Gegen 9 Uhr abends ging sie durch die Huttenstraße ihrer Wohnung zu. In der Nähe der früheren Loeweschen Fabrit tam hinter der Gehenden langsam eine Autodroschke gefahren. Plötzlich sprang aus dem Wagen ein Mann, riß der Frau R. die Aktentasche weg und rempelte sie zugleich so stark an, daß sie taumelte. Dadurch gewann er Zeit, in die Tage zurüdzuspringen und loszufahren. Die leber­fallene schyrie laut um Hilfe. Als Passanten sich anschickten, den flüchtigen Räuber zu verfolgen, gab er aus der Droschke heraus mehrere Schüsse ab und es gelang ihm dann in der allgemeinen Aufregung, mit dem Wagen und dem Geld zu ents tommen, ohne daß sich irgend jemand die Droschkennummer ge= merkt hätte.

Wieder zwei Dachstuhlbrände.

Der Dachstuhl des Borderhauses Berliner Straße 32 in Wilmersdorf   brannte in der vergangenen Nacht völlig nieder. Bier Löschzüge der Feuerwehr griffen mit fünf Schlauchleitungen stärksten Kalibers in die Bekämpfung des Feuers ein. Das nächt­liche Feuer rief unter den Bewohnern große Aufregung hervor. Der zweite Alarm fam aus der Falkenbergstraße 6 in Grünau  , wo aus noch unbekannter Ursache gleichfalls der Da ch stuhl eines großen Landhauses in Brand geraten war.