Der Echulpalast der DA3. Ein Musterbeispiel für gewissenlose Hehe. Hamburg , i. Juli.(Eigenbericht.) Ein Schulbeispiel für die systematische Verunglimpfung der Lander und Gemeinden, in denen Sozialdemokraten maß» gebenden Einfluß haben, liefert die schwerindustrielle„Deutsche Allgemein« Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 3. Juli. In Tönen höchster sittlicher Entrüstung und gespickt mit hämischen Bemerkungen berichtet das Blatt als„Musterbeispiel über- spannten Verwaltungswahnsinns sozialdemokratischer oder stark sozialdemokratisch beeinflußter Amtsgebarung" von einem neuen Schulpalast im Dorfe Wohldorf, den der hohe Senat von Hamburg zu errichten befohlen habe. Wahre Wunderdinge weiß das schwcrindustrielle Organ von diesem Schulpalast zu erzählen. Da erfährt die staunende Leserschaft zunächst, daß die Schulräume Raum für 500 Kinder bieten, während überhaupt erst 50 schulpflich- tige Kinder vorhanden seien. Die Schule habe Wasch- und Dusch - räume für Knaben und Mädchen, Kinoräume, Tanzsaal, Heißlufttrockcnräume für Wäsche, für jedes Kind einen besonderen Kleiderschrank und überdachte Veranden, damit die„zarten Dorf- linder im Schulhause vor Regen geschützt wären." Alles in gediegen- stem Material gebaut, überall Parkettfußböden, Waschräume gekachelt, wie in den besten Hotels, jeder Abortsitz von echtem Mahagoniholz usw. Sogar kostenlose Abgabe von Höhensonne sei vorgesehen. Um zu zeigen, wie dieser Senat,„in dem rote Ein- flüsse eine entscheidende Rolle spielten", wirtschaftet, fügt das Schars- inacherblatt noch hinzu, daß der Senat ähnliche Schulpaläste noch an anderen Stellen bauen ließe. Mit pharisäerhaftem Augenaufschlag verweist das Blatt auf die Kürzung der Kriegsrenten durch die Notverordnung und krönt seine Schilderungen mit der Bemerkung, daß in demselben Hamburg „Handel und Verkehr in entsetzlicher Weise stocken". Diese Hetznotiz, die bezeichnenderweise zwischen den politischen Betrachtungen aufgetischt wird, verfolgt offensichtlich den Zweck, den Kredit des Staates Hamburg zu schädigen und eine großangelegte Stimmungsmache für die im Sep- tember stattfindenden Bürgerwahlen einzuleiten. Der tatsächliche Sachverhalt, den der Senat in einem Schreiben an die Redaktion der„Deutschen Allgemeinen Zeitung" auch darlegt, ist folgender: Die Schule bietet nicht Räum« für 500 Kinder, sondern für höchstens 360 Kinder. Es sind nicht heute erst 50 Kinder vorhanden, sondern bereits über 200 in 7 Klassen. Es ist unrichtig, daß die Schule Aula, Kino und Tanzraum hat. Vielmehr wird die Turnhalle der Schule gleichzeitig als Aula benutzt. Sie wird lediglich durch Aufstellung eines Projek- tionsapparates auf für Kinovorstellungen nutzbar ge- macht. Den Tanzsaal hat sich die„Deutsche Allgemeine Zeitung" aus den Fingern gesogen. Bei dem Parkettfußboden handelt es sich um einen Belag aus einer billigen Holz- art, der allerdings in der Art des Parketts gelegt worden ist, weil er dadurch an Haltbarkeit gewinnt und sich wirtschaftlicher stellt. Die Waschräume freilich sind mit Kacheln ausgelegt— nicht um mit besten Hotels zu konkurrieren, sondern aus einfachen h y g i e n i- fchen Erwägungen. Die Klosetts aus Mahagoniholz entstammen demselben Material wie der Tanzsaal. Im übrigen ver- weist der Senat darauf, daß Wohlsdorf keine rein ländliche Siedlung ist, sondern sich in den letzten Jähren immer mehr zu einem Villen- vorört Hamburgs entwickelt habe. Die„Dorfkinder" gehören also mehr den Schichten an, die der„Deutschen Allgemeinen Z e i t u ng" nahestehen Möglich, daß die„Deutsche Allgemeine Zeitung", wenn ihr dieser Umstand bekannt gewesen wäre, kein Wort über den„Schulpalast" verloren hätte. Und schließlich, und damit wird die politische Seite dieses Vorstoßes charakterisiert, mutz fest- gestellt werden, daß nicht der hohe Senat und überspannte sozial- demokratische Verwoltungsmoßnahmen für diesen ..Schulpalast" verantwortlich zeichnen, fondern daß der Schul- bau von der Bürgerfchaft des hamburgischen Lan- desparlaments beschlossen worden ist und zwar aus ganz besonderes und intensives Betreiben des deutschnationalen Gemeindevorstehers von Wohlsdorf, dem es gelungen ist, seine Wünsche sogar gegen die Widerstände der unter sozialdemo- kratischer Leitung stehenden Landherrenschasten und der Obcrschul- behörde durchzusetzen.
Landtag fordert Arbeitszeiwertürzung. Beschlüsse des Haaptausschosses. Der Hauptausschuß des Preußischen Land- tages beriet am Sonnabend einen Antrag Müller-Jsernhagen (Deutsche Fraktion) auf Erhöhung der Ergänzungs- Zuschüsse für leistungsschwache Schuloerbände. Mit der Bc- ratung verbunden wurde ein Antrag Dr. Heß(Z.) auf Herabsetzung der Stcllcnbeiträge zur Landesschulkasse. Annahin« fand ein An- tlag Szillat(Soz.), der das Staatsministerium ersucht, mit Wirkung vom 1. Juli das Beschulungsgeld aus 3,35 Mark monatlich für jedes Schulkind und den Schul st ellenbeitrag auf 314 Mark festzusetzen. Mit Annahme dieses Antrages er- ledigten sich die anderen Anträge. Die Neuregelung bedeutet eine Entlastung der Gemeinden, auch der Großstädte, um 7 Mark monatlich für die einzelne Lehrerstelle. Der Ausschuß trat sodann in eine Besprechung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein. Ferner wuVde ein Antrag angenommen, bei der Rcichsregierung auf die Vorlage eines besonderen Gesetzentwurses hinzuwirken. Danach soll zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit ein- treten. Entlassungen sollen in allen dazu geeigneten Betrieben, die mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, erst erfolgen dürfen, wenn die Arbeitszeit wesentlich reduziert ist. Eine schematische Verkürzung der Arbeitszeit ist abzulehnen, jedoch ist zu prüfen, in welchen Berufen und Industrien durch eine geeignete Verkürzung der Arbeitszeit Entlassungen vermieden werden und Neueinstellungen in größerem Umfang erfolgen können. Ein ausreichender Schutz der Arbeitnehmer unter 18 Jahren soll durch Sonderregelung der Arbeitszeit, der Sonntagsruhe und des Urlaubs sichergestellt werden. Die Arbeitszeit im Bergbau unter Tage und in besonders gesund- heitsschädlichen Betrieben soll eine Sonderregelung erfahren. Die Bewilligung von Ueberstundenarbeit soll auf das unerläßliche Mindestmaß beschränkt werden. Die Zulassung ausländischer Wanderarbeiter in der Landwirtschost und in anderen Wirtschafts- betrieben soll verhindert werden. Die Freigabe von Werks- wohnungen ist zu fördern. Ausreichende Mittel zur Ar- beitsbeschaffung sollen zur Verfügung gestellt werden. Sie sollen dienen der Instandsetzung von Altwohnungen und dem Umbau von Großwohnungen in Kleinwohnungen, der zusätzftchen Beschaffung von Kleinwohnungen und der besonderen Förderung von Eigenheimen, einer verstärkten
Es war einmal ein Dorf. In das kam ein Wvnderdottor.
Und dann kamen, die nicht alle werden...
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Und dann kam das Kapital und siedelte sich an...
Llnd dann kam die Pleite...
Zusammenbruch einer Verleumdung Oie„indirekten" Beweise des königlichen Anwalts.
Bor dem Landgericht Berlin I fand am Sonnabend die Schluß- Verhandlung in dem Zivilprozeß des Genossen Kuttner gegen den Verfasser und Verleger der„Gefesselten Justiz" auf Unterlassung der beleidigenden Behauptungen, statt. Es ging nicht so trocken zu wie sonst im Zivilprozeß. Der von Wilhelm dem Ehemaligen erst kürz- lich dekorierte Rechtsanwalt Bloch bemühte sich krampfhaft mit allen Mitteln adookatorischer Rabulistik, einer verlorenen Sache auf die Beine zu helfen. Herr Bloch gab zwar zu, daß der Beklagte Moritz für seine in dem Pamphlet aufgestellten Behaup- tungen gegen Knttncr de» direkte« Beweis schuldig geblieben sei, dafür aber bemüht« er sich, einen„indirekten Beweis' zu kon- struieren. Dieser indirekte Beweis sah etwa folgendermaßen aus: Der Staatssekretär Weißmann habe einmal zu dem Staotson- wall Guftahr eine Bemerkung gemacht, di« dieser ql» Beeinflussung empfunden habe— ergo sei Oem Kläger K u t t n« r auch zuzutrauen, daß er gerichtliche Verfahren zu beeinflussen suche. Es fei zwar nachgewiesen, daß der Kläger Kuttner nicht, wie Moritz behauptet hat, vom Justizmimster den Sturz der Barniot-Staatsanwälte ge- fordert habe, aber er könne doch«tmnat bei einer Begegnung mit einem Beamten des Justizministeriums„vielsagend mit den Augen gezwinkert" haben usw. usw. In dieser Art der Beweisfühninz erging sich Herr Bloch 1% Stunden. Am Schüft? versuchte Herr Bloch ein besonders faires Mittel: Er las aus Schnften des Klä- gers Kuttner einzeln« Stellen vor, in denen dieser Urteile der Klassenjustiz kriNsiert hat Ein Mann, der so die Justiz ongreife, meinte Herr Bloch mit deutlichem Wink an die Richter, habe doch keinen An» spruch darauf, von der Justiz in seiner Ehre ge- schützt zu werden. Hier allerdings wurde Herr Rechtsanwalt Bloch von dem Borsitzenden Herrn Landgerichtsdirektor Hertzog sehr energisch unterbrochen und darüber belehrt, daß der- artige Gesichtspunkte für das Gericht nicht in Frage kämen. Als Herr Bloch dann schließlich mit persönlichen Angriffen auf den Kläger zu schließen suchte, wurde er vom Vorsitzenden ein zweites Mal zurechtgewiesen.
Dann kam der BeNagte Moritz zu Wort. Er hielt unter ver- haltenem Lächeln des Gerichts ein Plaidoyer im Stil des kleinen Moritz. Es war ein konfuses Gestammel, das zur Genüge das geistige Miniakurformal dieses„Zustizreinlgers" dokumentierte. Genosse Kuttner fertigte die persönlichen Angriffe des „kaiserlichen Rechtsanwalls" Bloch mit ein paar kurzen Sätzen ab. Herr Bloch habe ja in seiner Anwaltsproxis zu feinem Leidwesen erfahren müssen, daß die Verdächtigungen und Verleumdungen gegen die politische Ehre des Klägers vor Gericht regelmäßig zu- sammengebrochen find. Seine Iustizkritik habe er, der Kläger , aus Liebe zur Gerechtigkeit eeübt Aus diesem Grunde stehe er auch heute hier, denn sonst müsse er sich wirklich fragen, ob die Wider. legung der Verleumdungen des Herrn Moritz das Opfer der fünf- zehn für praktische Arbeit verlorenen Vormittage, die die Beweis« auftwhme erfordert hat, wert gewesen seien. Für die Beweis- Würdigung entscheidend sei wohl die Tatfache, daß selbst poli» tische Gegner als Zeugen seine, des Klägers, Angaben bestätigt hätten. Justizrat Werthaucr als Rechtsbeistand des Klägers, be- wunderte den Mut, mit dem Herr Rechtsanwalt Bloch gewagt habe, dos Gericht aufzufordern, dem Kläger den Rechtsschutz zu ver- weigern. Dies sei eine glatte Ausforderung zur Rechtsbeugung. Der Wahrheitsbeweis ist dem Beklagten in keinem einzigen Punkte gelungen. Zum Schluß suchte Rechtsanwall Bloch noch mll einem letzten Trick auf das Gericht Eiiidruck zu machen, indem er einen zwei. ten Brief des Reichsgerichtspräsidenten a. D. Dr. Simons an Moritz vorlegte, worin Herr Simons es nochmals für nötig, hält, sich mit dem Pamphletisten zu identifizieren. Justiz- rat Dr. Werthauer wies demgegenüber darauf hin, daß Dr. Simons ihm persönlich auch geschrieben Hab«, daß er nicht in der Lage ge- wesen sei, die einzelnen Behauptungen des Buches auf ihre Richtig- kell nachzuprüfen. Das Gericht fetzte den Derkündungstermin auf den ll. Juli 12 Uhr vormittags an.
Malinow über die Lage Bulgariens . Schlimmes Erbe angetreten. Sofia . 4. Juli(Eigenbericht). Der bulgarische Ministerpräsident M a l i n o w erklärte dem Korrespondenten des„Soz. Pressedienst" in Sofia , daß das aus dem siegreichen Volksblock ernannte neue Kabinett vor außerordentlich schweren Aufgaben stehe. Die finanzielle Lag« des Landes fei sehr kritisch und verlange schnelle und tief- gehende Reformen, die jedoch ohne besondere Mittel kaum zu reali- sieren seien. Dem Volke, das wirtschaftlich und sozial verelendet sei. könnten neue Steuern unmöglich aufgebürdet werden. Eine Zuflucht zu weiteren Auslandsanleihen werde eben- falls nicht erwogen. Man empfehle feiner Regierung härteste Sparmaßnahmen, aber auch davon fei herzlich wenig zu erwarten. Die Materialausgaben feien bereits auf ein Minimum gedrosselt, und von einer weiteren Herabsetzung der miserablen Bc- züge der staatlichen Beamten und Angestellten könne gar keine Rede sein. Es werde schließlich auch von einer Jntensierung der Agrar- Produktion gesprochen, doch auch sie erfordere Zeit und Mittel und sei bei der Weltagrortrisc in vielerlei Hinsicht recht problematisch. Bulgarien könne heute nur eins helfen: Eine gründliche Erleichte- rung seiner Kriegslasten. Außenpolitisch werde die neue Regierung eine erhöhte Aktivität entwickeln. Die Beziehungen mll den Nachbarländern seien zwar normal und gut, doch gebe es keinen Zweifel darüber, daß st« beträchtlich verbessert werden könnten. Mit der bisherigen Politik des Zögern? werde er aufräumen: es sei an der Zeit, endlich eine Liquidierung der zahlreichen offenen Fragen mll den Nochbarn zu finden. Die Losung sei»» KoNnett» fit:
Stabilisierung des Friedens im Lande. Unerbittlich werde gegen jeden Ruhestörer vorgegangen werden, ganz gleich aus welchem Lager er auch komme. Die Regierung erfreue sich des Vertrauens des Volkes und des Staatshauptes. Trotz oller Schwierigkeiten würde sie zu großen wirtschaftlichen und sozialen Reformen schreiten. Er(Malinow) sei hinsichtlich der Ergebnisse Opttmist, und zwar schon deshalb,«eil feine Kollegen und er den Wunsch und Mut Hütten, Reformatoren zu sein und die dem Volke gegebenen Ver- sprechungen zu halten. Llnregelmäßigkeiien bei der Osthilfe? Disziplinarverfahren in Köslin . Die Osfftelle bei der Reichskanzlei teill mit: Durch«ine Reche von Zellungen wird die Mitteilung verbreitet, die preußische Staats- vegicrung habe infolge wirtschaftlicher Gegensätze zwi- schen dem Kommissar für di« Osthils«(Landstelle Köslin), Major a. D. van Dewitz, und Vertretern der Preußischen Zentraleenossen- schastskasse die Abberufung des Kommissars verlangt. Richtig ist, daß di« Osfftelle bei der Reichskanzlei durch Be- amte des Reichsernährungsministeriums und des Reichsjustizmini» steriurns eine Nachprüfung der Geschäftsfüh rung des Kommissars veranlaßt hat, um festzifftellen, ob und inwieweit der Kommissar in einzelnen Fällen seine Befugnisse über- schritten und Einfluß aus UmjchuIÄungsanträge ihm verwandtschaftlich nahestehender Landwirt« genom- inen hat Bis zum Abschluß dieser Untersuchung ist der Kommissar beurlaubt. Der Fall dürfte geeignet sein, schon heut« zu zeigen, wie ee- fährlich es fft Landwirte mit der Wahrnehmung staatlicher Ausgaben in der ftmstuiiriiifrüP W lamfliuflai,