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Privatfapitalistische Verschwendung

Anklagerede Stegerwalds/ Gefährliche Vorbehalte in der Lohnfrage

Hamm i. W., 6. Juli. Auf der gestern hier abgehaltenen Tagung der Vertrauensleute der katholischen Arbeitervereine Westfalens ergriff auch Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald das Wort.

Er führte u. a. aus, mit der letzten Notverordnung sei der Sanierungsprozeß von Staat und Wirtschaft noch nicht be­endet. Bei der Veröffentlichung der Notverordnung sei bereits mitgeteilt worden, daß im Herbst in Verbindung mit der Sanie­rung der Invalidenversicherung eine organische Ver= einfachungs- und Verbilligungsreform der Sozialversicherung be= absichtigt sei. Daneben seien größere Reformen in der Wirtschaftspolitik und in der Staatsorganisation unver­

meidbar.

Der Reichskanzler hat, so erflärte der Redner, schon mehrfach ausgesprochen, daß der Staat willens sei, aus den Fehlern der Ver­gangenheit offen die Folgerungen zu ziehen, daß aber damit noch wenig genügt werde, wenn nicht in der Privatwirtschaft ein gleiches geschehe.

Die deutsche Privatwirtschaft hat mit vielen Milliarden furz­fristigen Auslandsschulden Investierungen in ihren Betrieben vorgenommen und zahlt weiterhin damit teilweise von Woche zu Woche ihre Löhne. Das ist ein unmöglicher Zustand. Damit wird jede zielbewußte und planmäßige Außenpolitit un­möglich gemacht. Ein großer Teil der kurzfristigen muß in lang= fristige Schulden umgewandelt werden. Auch das Aftien und Bankwesen bedarf einer gründlichen Reform. Die deutsche Privatwirtschaft ist vielfach in ihren leitenden Stellen noch mehr aufgebläht und noch stärker bürokratisiert als die öffentliche Wirtschaft. Auf dem Gebiete der Ueberfapitalisie­rung und Ueberrationalisierung gibt es noch viel zu ordnen. Pro­fessor Bonn hat in den letzten Tagen ausgeführt daß der deutsche Steuerzahler gegenwärtig gleichzeitig fünf Aufgaben erfüllen solle: die Verschwendungsschulden der Vergangenheit abdecken, Reparations- und Liquidationsschäden bezahlen,

die Zuschüsse aufbringen für die strutturellen und konjunkturellen Veränderungen in der Wirtschaft( die Erhaltung der Arbeitslosen), diejenigen subventionieren, die ihr Kapital falsch angelegt haben und die für das verlorene Kapital eine Rente beziehen wollen, und endlich die Bedürfnisse von Reich, Ländern, Provinzen, Kreisen und Gemeinden befriedigen.

Diese Dinge find nicht zu ordnen durch bloßen, einseitigen Sturm auf die Löhne, das Schlichtungswesen und die Sozial­versicherung. Ich lehne es ab, Lohnfrage und Sozialversiche­

rung immer wieder isoliert fraktieren zu lassen. Durch Agrarzölle, Subventionen, unwirtschaftliche Preisbindungen mit Hilfe von Kartellen und Preiskonventionen, durch den aufge­blähten Verwaltungsapparat in der öffentlichen und Privatwirt schaft ist das deutsche Volk heute mehr belastet als durch die gesetzliche Sozialversicherung, wovon die Hälfte der Kosten die Versicherten selbst aufbringen. Dabei habe ich bereits den Nachweis erbracht, daß dort, wo in der Sozialversiche rung der Familiengedanke und die Arbeitsmoral beeinträchtigt wird oder bestimmte Beobachtungen die Sozialgesetzgebung zu diskredi= tieren geeignet sind, überall eingegriffen wird. Ich bin weiterhin jederzeit zu Aussprachen über deutsche und fremdländische Löhne und Preise bereit.

In Deutschland verausgaben die breiten Massen etwa 70 Proz. ihrer Einnahmen für Lebensmittel, Wohnung und Verkehrsmittel

von und zur Arbeit. Wenn die deutschen Lebensmittelpreise sowie die Preise für Wohnungen und Verkehrsmittel denen des euro­ päischen Durchschnitts angepaßt werden, dann läßt sich sehr wohl päischen Durchschnitts angepakt werden, dann läßt sich sehr wohl über eine weitere Verringerung der Löhne reden. Den deutschen Arbeitern tommt es nicht auf die Höhe der Nominal­löhne an, das haben wir bei der Inflation ausreichend ausgeprobt; das Entscheidende ist, was man sich mit den Löhnen kaufen kann. In der deutschen öffentlichen und privaten Wirtschafts- und Finanzgebarung stecken noch

fehr viele Inflationsbazillen,

Schwere Gewitter über Berlin . denen in der nächsten Zeit mit allem Nachdruck zu Leibe gegangen

denen in der nächsten Zeit mit allem Nachdruck zu Leibe gegangen werden muß. In Deutschland machen wir uns vielfach noch keine

Zwei Berliner vom Blik erschlagen.- Zahlreiche Ueber: Borstellung davon, wie andere bedeutende Länder die Dinge sehen.

schwemmungen.

Das furze, aber außerordentlich heftige und teilweise verheerende Gewitter, das am Sonntag über einen Teil Berlins zur Enfladung fam, hat leider auch zwei Todesopfer gefordert. Am schlimmffen wurde der Norden und Osten Berlins sowie der Südwesten von dem plötzlich hereinbrechenden Unwetter betroffen.

Obgleich schon in den frühen Nachmittagsstunden wiederholt starte Gewitterneigung bestand, schien es später, daß der Sonntag ohne Regen zu Ende gehen würde. Kurz vor 18 Uhr türmten sich jedoch im Norden der Stadt plöglich dichte unheilkündende Wolken­massen auf und starte Blige fündeten das heraufziehende Unwetter an. Tausende von Spaziergänger wurden dann aber von dem einfegenden woltenbruchartigen Regen überrascht und suchten irgend wo Unterschlupf. Im Schillerpart schlug der Blig in einen Baum ein, unter den mehrere Passanten Schutz vor dem Regen suchten.

Der 50jährige Strafanstaltsinspektor Franz Trapp aus der Graf- Haefeler- Straße in Reinidendorf- Oft wurde auf der Stelle getötet.

Eine Frau Toni Kriegermann aus Reinickendorf wurde schwer, und eine andere Spaziergängerin leicht verlegt. Der Vorfall rief größtes Entfegen hervor. Obgleich sich sofort mehrere Leute um die vom Blik Getroffenen bemühten, waren die Wiederbelebungs­rersuche bei Trapp erfolglos. Frau Kriegermann wurde durch die Feuerwehr ins Birchow- Krankenhaus gebracht. In der See promenade in Reinickendorf schlug der Blig in eine Birke ein und tötete den 8jährigen Schüler Werner Sander aus See­promenade 55.

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In Tempelhof wurde der Dachstuhl des Hauses Adolf­Scheidt- Platz durch Blitzschlag in Brand gesetzt. Die Feuerwehr hatte längere Zeit mit den Löscharbeiten zu tun. Außerdem wurden in der Belle Alliance Straße und in der Zieten straße Straßenbahnkabel durch Blizeinschläge zerstört. Der wollenbruchartige Regen rief in mehreren tiefergelegenen Straßenzügen große Ueberschwemmungen hervor. Unter der Bahnbrücke in der Trestowallee in Friedrichsfelde hatte fich ein so tiefer Stausee gebildet, so daß der Straßenbahn­betrieb zwei volle Stunden lang gestört war. Eine ähnliche Situation entstand in der York straße, wo die Straße in etwa 250 Meter Länge unter den Brücken völlig überflutet war. Die Feuerwehr mußte insgesamt in 50 Fällen ausrüden, um Gewitterschäden zu beheben.

Wie wir erfahren, handelt es sich bei dem gestrigen Unwetter um ein sogenanntes Wärmegewitter, das rein lokalen Char after trug. Berlin war übrigens am Sonntag die einzige deutsche Stadt, die überhaupt ein Gewitter zu verzeichnen hatte. Diese Wärmegewitter sind besonders unangenehm, weil sie im Gegensatz zu den Frontengemittern sich sehr langfam fort­bewegen. Die Abkühlung, die das Wetter gestern gebracht hat, war leider nur vorübergehend. Heute vormittag um 11 Uhr zeigte das Thermometer bereits 29 Grad- das war die gestrige Höchsttemperaturan.

Berliner Schüler im D- 3ug getötet.

Weimar , 6. Juli.

Am Sonnabend wurden, wie erst jetzt bekannt wird, im Vor zuge des D. 42 zwischen Wandersleben und Seebergen zwei an den Fenstern des Seitenganges stehende Reisende durch eine offene Abteiltür des vorbeifahrenden Personenzuges 801 verletzt. Es handelt sich um den 17 Jahre alten Schüler Gottfried Bamphausen aus Berlin Lichtenrade , Waldweg 10, der eine so schwere Kopfverlegung erlitt, daß er in das Gothaer Landfrankenhaus eingeliefert werden mußte, mo er starb. Der andere Verunglückte ist der 62jährige Klempnermeister Johann Breuß aus Petershagen bei Berlin , der an der rechten Hand Verlegungen davontrug.

Anflage gegen einen Erzieher.

Der Staatsanwalt in Potsdam hat gegen den Erzieher Stein vom Landeserziehungsheim Jüterbog Anflage megen Sittlichkeitsverbrechen erhoben. Der Prozeß findet vor dem Schöffengericht in Potsdam statt.

Dort ist man der Meinung, daß der Weltweizenpreis die Basis für alle übrigen Preise abzugeben habe und daß nur so die Weltwirtschaftskrisis beseitigt werden könne. Der Weltweizenpreis steht heute etwa auf 50 Proz. des Friedenspreises.

Die Verwirklichung dieser These bedeutete eine Kürzung der Löhne um rund zwei Drittel des gegenwärtigen Standes. Davon fann natürlich keine Rede sein. Aber darüber kann es eine Meinungs­verschiedenheit faum mehr geben, daß eine Reihe sehr bedeutender Rohstoffe, die heute weit unter den Friedenspreisen liegen, diese nicht wieder erreichen werden. Die deutsche Landwirtschaft dürfte eigener Scholle zu ernähren; in absehbarer Zeit sehr wohl imstande sein, das deutsche Volk auf

was sie aber nicht fann, ist mehr als 60 Millionen Menschen auf deutschem Boden zu beschäftigen.

Schon heute ist Deutschland neben Amerika das größte Aus­fuhrland der Welt. Mehr als 75 Proz. des deutschen Volkes müssen von Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr leben. In folcher Lage zu glauben, daß Deutschland durch Zölle der Land­wirtschaft dauernd wesentlich höhere als die Weltmarktpreise sichern fönne, ist eine Illusion. Vorübergehend kann man die eine oder die andere landwirtschaftliche Erzeugungsart durch Zölle be= günstigen, um einen Umstellungsprozeß zu ermöglichen. Auf manchen Gebieten, wie bei den Schweinen, bleiben hohe Zölle zudem ohne jede Wirkung.

Ohne fundamentale Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf vielen Gebieten gibt es für fie feine Rettung auf längere Sicht. Es wird sich sehr bald herausstellen, daß hohe 3ölle nur furz­fristige Hilfsmittel für die Landwirtschaft sind.

Auch auf dem Gebiete der Geld- und Kartellwirtschaft sowie im Aktiengesellschaftswesen sind durchgreifende Reformen eine unauf­schiebbare Notwendigkeit. Das fommende Jahr stellt an Politik und Wirtschaft, aber auch an die Nerven des deutschen Volkes An­forderungen in einem gigantischen Ausmaß. Aus der Frosch perspektive der einzelnen Interessentengruppen sind diese Dinge be­stimmt nicht zu meistern; auch mit Putschen, Spektakel und agitato­guter Wille auf breiter Front, entschlossenes Wollen sowie müh rischem Lärm ist ihnen nicht beizukommen. Nur flare Erkenntnis, fame und zähe Arbeit führen zum Ziele.

Die fritischen Ausführungen, die der Reichsarbeitsminister Stegerwald über die Kapitalfehlleitungen in der Privatwirt­schaft und ihre verhängnisvollen Folgen machte, fönnen wir nur unterstreichen. Auch der Nachdruck, mit dem die gesetzliche Sozialversicherung verteidigt wird, ist erfreulich. Ein gefährlicher Standpunkt, dem schon jetzt nicht scharf genug entgegengetreten werden kann, ist aber Stegerwalds Feststellung, daß bei einem Abbau der Lebenshaltungskosten weitere 2ohnsenkungen ins Auge gefaßt werden könnten. Stegerwald vergißt offenbar, daß seit länger als einem Jahr ein schwerer Einbruch in die Real= tauftraft der Massen und zwar nicht nur durch Arbeits­losigkeit, sondern zugleich durch Abbau der Löhne stattgefunden hat, der durch einen Abbau der Lebenshaltungskosten ohne Lohnsenfung erst wieder ausgeglichen werden muß.

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Internationaler Genossenschaftstag

flodradim Napol miso*

Festabend in der Philharmonie

Eine eindrucksvolle Jahresfeier des Internationalen Genossenschaffs bundes fand am Sonnabend im feftlich geschmückten Saal der Philharmonie statt. Zur fünstlerischen Mitwirkung waren das Berliner Sinfonieorchester und der Lendvai Chor, Mitglied des DAS., aufgeboten, beide unter der Leitung von Georg Ostar Schumann, dem ausgezeichneten Chorleiter, der sich auch als Orchesterführer und Konzertdirigent großen Stils immer freier entfaltet; dazu der Sprech chor für proletarische Feierstunden, in den Händen Albert Floraths oft bewährt als suggestives Ausdrucksmittel der heutigen Massen und ihres Fühlens; mit Wolf Truk und Hilde Arndt als Einzel­sprechern. Eine Festansprache stand im Mittelpunkt des reich­haltigen Programms; als Redner gab Paul Lange ein an­schauliches Bild von der modernen genossenschaftlichen Bewegung, ihrer Geschichte und ihren Zielen.

1895 ist der Internationale Genossenschaftsbund gegründet worden. Heute gehören ihm die Genossenschaften von 42 Ländern an, darunter der Zentralverband Deutscher Konsum vereine. Ohne parteipolitische Bindung verfolgt der Bund sein Ziel, die Privatwirtschaft mit ihren Auswüchsen des Konkurrenz tampfes durch eine genossenschaftliche, die Interessen der Allgemein­heit wahrende, auf Gegenseitigkeit und Selbsthilfe beruhende welt­wirtschaftliche Organisation zu ersetzen. Die Etappen des Kampfes, der hier mit unbeirrbarer Festigkeit und mit wachsendem Erfolg geführt wird, sind durch die Kongresse von Bafel 1921, Stockholm 1927, Wien 1930 gekennzeichnet. Die immer engere Verbindung zwischen den Konsumvereinen und den landwirtschaftlichen Genossen­schaften, die Schaffung eines internationalen Systems von lang­fristigen Handelsverträgen, gegenseitigen Verkehrs- und Zoll­erleichterungen gehört wesentlich in den Kreis der Aufgaben, an deren Lösung der Bund mit all seinen Kräften mitarbeitet. Sein Gegenwartsprogramm ist in einer an die Genossenschafter der ganzen Belt gerichteten, eindringlichen Rundgebung niedergelegt, in der es unter anderem heißt:

,, Die Genossenschaftsbewegung bildet heute die größte Hoffnung für eine gerechte und gesunde Lösung der brennenden Wirtschafts­fragen, mit denen die Menschheit zu kämpfen hat. Die Entwicklung der Genossenschaftsbewegung wird gehemmt durch den als Frucht des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu betrachtenden wirt schaftlichen Nationalism u's. Trotzdem hat sich die Ge­nossenschaftsbewegung weite Gebiete in allen Teilen der Welt er­obert. Ihr Grundsatz verbindet alle Menschen im gemeinsamen Streben nach der Abschaffung der Profitwirtschaft, nach der Erschließung und Nußbarmachung aller wirtschaftlichen, sozialen und fulturellen Kraftquellen.

Die internationale Genossenschaftsbewegung hat mehr für den Weltfrieden getan als irgendeine Organisation. Ihr Fort­schritt bedeutet die Beseitigung aller ungerecht fertigten und unmoralischen wirtschaftlichen Kampfmethoden."

Es hätte sich ohne Zweifel gelohnt, die gehaltvollen Aus führungen Baul Langes durch Rundfunk zu verbreiten. Allein in Berlin und Umgegend sind der Konsumgenossenschaft 200 000 Mit­gliederfamilien angeschlossen, die dafür gewiß ein lebhaft inter­effiertes Bublifum gebildet hätten. Leider hat der Programm ausschuß der Deutschen Rundfuntgesellschaften ein an ihn gerichtetes Ersuchen abgelehnt- obendrein mit einer Be­gründung, die nicht eben überzeugend flingt.

Den ersten Teil des künstlerischen Programms bildeten Re­zitationen und Orchestervorträge: die Ouvertüren zu Rosamunde" und Euryanthe " und Liszts Tondichtung ,, Les Préludes ". Den zweiten Teil füllte der Verfuch aus, eine Reihe von Einzelwerken

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und darbietungen zu einem Ganzen zusammenzufassen, zu einer Sinfonie Durch Nacht zum Licht". Die Idee solcher Feier­gestaltung ist in den Kreisen der proletarischen Kunst erprobt, und jeder neue Versuch ihrer lebendigen Verwirklichung ist begrüßens­wert. Immerhin war die musikalische Zusammenstellung, die von Beethoven über Tschaikowsky zu Lothar von Knorr führte, wohl nicht ganz glücklich, dessen Vertonung von Alfred Thiemes ,, Unser die Sonne ", als Gipfel einer Reihe, an deren Anfang die ,, Egmont"= Ouvertüre stand, mußte enttäuschen. Höhepunkt der Wirkung war Oskar Frieds prachtvoll gesungenes, nie versagendes ,, Erntelied". K. P.

Shaw und Shakespeare . Fröhlicher Abend in der Volksbühne.

Man beginnt mit Bernard Shaws Frühwerk, dem Einakter ,, Der Mann des Schicksals"( ,, Der Schlachtenlenter"). Sham reinigt Napoleon vom Pathos der Geschichte, sieht ihn ohne die historische Distanz, die den Helden auf den Kothurn stellt und das Menschliche vergessen läßt. Der Sieger in der Schlacht an der Addabrücke bei Lodi unterliegt schließlich einer klugen Frau, die ihm einen Pariser Standalbrief entwenden will. Herkules spinnt für Omphale , und er spinnt mit dem größten Vergnügen.

Zwischen vier Personen entwickelt sich ein Dialog, der witzige Bointierungen findet und wie ein Feuerwert sprüht. Aber diese geschliffenen Formulierungen sind noch nicht der individuelle, sprachliche Ausdruck der einzelnen Persönlichkeit wie etwa in ,, Cäsar und Cleopatra" oder in der Heiligen Johanna". Sie sind eher den Figuren äußerlich angeheftet. Alle Menschen sprechen geistreich, weil der Verfasser geistreich ist. Sie befinden sich ständig auf der Suche nach einem schlagenden Bonmot und unterscheiden sich in ihrer Sprache wenig voneinander. Sham wandelt hier auf den Spuren seines Landsmannes Oscar Wilde .

Der Regisseur Günther Start betont nicht die funkelnde Dialektik. Er läßt nicht den Dialog sich blizschnell ineinander ver­zahnen und vorwärts stoßen, er legt den Akzent vielmehr auf das breite Ausspinnen einer Situation. Die Komödie wird unter seinen Händen eher ein Bühnenlustspiel, als eine dialektische, mit innerer Spannung geladene, geistvolle Dichtung. Manchmal knallen die Bointen zu start. Ein vor­

Hermann Speelmanns spielt den Napoleon . bildlicher Sprecher und ausgezeichnet in Maske und Geste. Aber dieser vom Bathos entschminkte, auf menschliche Problematik gestellte Korfe ist schließlich der geniale Napoleon . Shaw zerstört nicht den Begriff des genialen Menschen, er will nur den verlogenen Nimbus entfernen. Speelmanns gibt leider nicht die Größe, die auch durch das Alltagskostüm schillern muß. Gina Faltenberg ist seine Partnerin, liebenswert und behutsam. Man traut ihr das kühne Abenteuer nicht zu und noch weniger die Freude am geistvollen Spiel mit Worten, am Stechen mit Silben. Es bleiben Berg­hofs schlaffige Jugendlichkeit und Steckels Wirt, der breit und fest in der Wirklichkeit verwurzelt ist.

Den Schluß bildet Shakespeares Romödie der 3rrungen". Die Aufführung unter der Regie von Heinz Stroug wurde hier bereits eingehend gewürdigt. Es ist gut, daß die Boltsbühne diese prachtvolle Inszenierung in ihren Abend­fpielplan übernommen hat. Ganz auf die visuelle Wirkung gestellt, auf das Vergnügen am Theaterspielen, entstaubt von allem philolo­gischen Kram bereitet dieses Jugendluftspiel Shakespeares dem Zu­schauer eine Stunde heitersten Bergnügens. Hier ist wirklich die Modernisierung geglüdt, dazu an einem Stoff, dem dieses Experiment zum Vorteil gereicht.

F. Sch.