Beilage
Montag, 6. Juli 1931
obros affDer Abend
Shalausgabe des Vorwärts
Und Max- geht stehlen..
Bericht über einen Arbeitslosen
Dieser Bericht hat leinen literarischen Ehrgeiz. Er zeigt ein Stück Leben in dieser Zeit der Arbeitslosigkeit und äußersten Not. Behörden, Angestellte oder Beamte sollen nicht angegriffen werden. Schreiber dieses bersteht vollkommen ihre zwangslage. Und doch, und doch( das ist der einzige Zweckt dieser Zeilen): erlebt man das Elend der Erwerbslosigkeit mit dem Herzen, dann möchte man allen die es angeht, zurufen: begreift als Mensch den Menschen, der als Arbeitsloser vor euch tritt, und handelt danach!
Marens Kindheit unterschied sich in nichts von der anderer Arbeiterkinder, deren Väter und Mütter in den Fabriken arbeiten. Beide Eltern mußten verdienen, weil der Lohn des Vaters allein nicht zum Lebensunterhalt reichte. Morgens um 6 Uhr gingen Vater und Mutter fort, erst spät am Abend fehrten sie heim. Es war vor dem Kriege; einen Achtstundentag gab es noch nicht. Den Haushalt führte die Großmutter, die morgens kam, und ging, nachdem sie die Hauptmahlzeit mit der Familie eingenommen hatte. Die Großmutter war KathoMagens Heimat ist Bayern likin. Wenn sie den Haushalt besorgt hatte, las sie ihrem Enkel Legenden vor und erzählte ihm aus dem Leben Jesu. Sie schenkte ihm bunte Heiligenbilder, wenn er recht artig zuhörte. Großmutters Ausführungen waren nicht sonderlich klar. Sie sagte: Du darfst nicht lügen und stehlen! Wozu das auch? Die Welt ist schön. Die Eltern arbeiten, sie bringen jeden Sonnabend Geld zum Mietezahlen und Essenkaufen. Warum sollte man da stehlen brauchen?
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Mag wurde älter und kam zur Schule. Der Lehrer erzählte auch von Jesus und verteilte Heiligenbilder. May besaß als guter Schüler zwei Zigarrenkisten voll.
war.
| Menschen sei, sondern einer, der auf verkehrter Ebene kämpfe. Das| tommt 10 m. Vorschuß. Er ist glücklich, daß er die Miete sah er ein. Arbeit bekommen könnte...!" Sein Schlußwort war: Ja, wenn ich doch zahlen kann. Für 1 M. ißt Mag warm. Für 2 m. kauft er Rückenfett zum Ausbraten und Brot. Ausgehungert wie er ist, reicht es Es gelang mir, ihm Wohnung und Unterstützung zu verschaffen nur vier Tage. an Arbeit war nicht zu denken. Die Akten sind immer noch nicht da. Der Hunger pad t die Eingeweide mit glühenden Zangen und dreht sie um. Alles lechzt nach Essen: der Magen, der Gaumen. 1916 war's doch beffer: da stellte niemand Würfte und Speckseiten in den Fenstern zur Schau. Der Magen bellt. Die Schläfen schmerzen. Die Gelenke sind wie ausgetrocknet. Die Phantasie arbeitet unentwegt und malt Freßorgien aus. Es ist grauenhaft.
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Nachdem ich längere Zeit nicht in Berlin gewesen war, traf ich Mag vor kurzem in der Münze" wieder. Es war das alte Lied. Er war wieder ohne Wohnung. Und es wäre hier ein Vers zu fingen auf den Unterschied zwischen einem verstehenden Menschen und einem Wohlfahrts" beamten; wie dieser auch innerhalb der Bestimmungen in seinem Dezernat großzügig arbeitet, während der hols der Teufel! nicht das tut, was er tun fann. Mar war in einen anderen Bezirk verzogen. Mietzuschuß? Abgelehnt! Niedrigster Richtsat genügt. ,, Sage mir nur, wie ich von den 39 Wohlfahrtspipen monatlich leben soll!" Ich wußte feine Antwort. Heute Nacht Sieg oder Play: ich geh' Stehlen!"
andere
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Er ging nicht stehlen. Ich gab ihm 3 M. Dafür konnte er sich sattessen und ein Zimmer anmieten. Ich ging zu einem mir betannten Wohlfahrtsdezernenten, der anständig arbeitet, und schilderte vorläufige Unterstützung ausbezahlt. Davon hatte er zu zahlen: ihm Marens Lage. Der Dezernent griff ein. Mag befam 15 M. 3 M. an mich( denn ich habe mur geringes Einkommen und habe oft selbst nichts), 6 M. für Mieterest, 3 M. für Mieteschulden und Wäschegeld bei der vorigen Wirtin. So blieben ihm 3 M. zum Leben. Endlich ein frisches, reines Bett! Den ersten Tag verschläft Mar. Er schläft bis weit in den zweiten Tag hinein. Am zweiten Tage werden Lebensmittel getauft. Die Tage vergehen. Eine Woche ist um. Die Eßvorräte Die Miete fällig. sind aufgegessen. Mar geht zum Vor
Eines Tages wurde Mar, wie auch früher schon, von der Großmutter zum Einholen mitgenommen. Sie kaufte beim Fleischer Wuzzler ein Viertel Jagdwurst und ging dann zum Fleischer Samter, um bei ihm ein halbes Schmalz zu erstehen, weil der damit billiger Samter fragte, ob Großmutter nicht schon bei seinem Kon- ſteher. Die Akten sind noch nicht da. Aber sie müssen in diesen furrenten gewesen sei. Großmutter sagt: Nein!" Nein?! Mar stieg Tagen vom anderen Bezirksamt kommen. die Schamröte ins Gesicht. ,, Großmutter, du hast gelogen!" sagte Mar kaum zum Laden heraus:„ Nein", erwiderte die alte Frau, ,, das war eine Notlüge, die ist erlaubt!" Das verstand Mar nicht.
In der Schule waren Kinder, deren Väter Schachtmeister, Poliere und Vorarbeiter waren. Diese Kinder bekamen hin und wieder einen Sechser oder ein sonntägliches Taschengeld. Dafür kauften sie sich Leckereien und prahlten damit. May betam nie Geld. Bis er sich welches verschaffte, indem er, wenn er zum Einholen geschickt wurde, sagte, dies und jenes sei teurer gewesen. Das nannte er Notlügen". Seine Verfehlungen wurden entdeckt. Er betam Prügel und galt fortan als ein ,, saubrer Bursch"", dem man auf die Finger guden müsse.
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Am 1. August 1914 war Mar 11 Jahre alt. Sein Vater wurde eingezogen. Marens Mutter drehte Granaten. Hatte bislang die väterliche Strenge den Jungen gebändigt in der Folgezeit vermochten die Ermahnungen der Mutter das nicht. Die war abends totmüde, zerschlagen, wie gerädert vom Stehen an der Drehbant. Die Mutter schimpfte viel, die Frauen waren damals fast alle leicht reizbar. Das Schimpfen machte Mar störrisch. Er wurde ein Rowdy, der in allen Gassen der Nachbarschaft gefürchtet war.
Im Winter 1916 gab es außer den Kohlrüben des Herrn Tortilowitz von Batocki- Friebe mur noch: Dörrgemüse, Kunsthonig und Marmelade. Die Grammportionen auf Lebensmittelkarten zählten nicht. Marens Mutter betam Schwerarbeiterzufaßtarten auch das langte nicht zum Satteffen. Es wurde gehungert. Mar schlich nachts in die Speisekammer und aß. Tags, in der Schule, st a hier den Kameraden die Stullen. So lernte er das Stehlen.
Der Vater blieb im Kriege. Mag tam von der Schule in die Fabrik. Und dann-! Dann kam die Quetschmühle der Arbeits= losigkeit, die ihn zermalmte, auslaugte und auf die schiefe Bahn brachte. Ein wenig Bürokratismus und Engstirnigkeit der in Betracht kommenden behördlichen Stellen dazu, viel Hunger, nagender, aushöhlender Hunger und dumpfe Wut. Zu Hause wollte er nicht bleiben. Er ging nach Berlin . Vielleicht würde er dort Arbeit finden, wenn nicht, dann
Wenn im Winter Hochbetrieb im Obdachlosenasyl ist, geht alles in Haß und Eile: das Borzeigen der Papiere, die Eßmarfenausgabe, das Ausziehen, Baden, Essenfassen. Im Umkleideraum bekommt jeder zwei Leinensäcke und einen Drahtbügel, um die Kleider ein zuhüllen und aufzuhängen.
Als ich Ende 1929 in der Balme " nächtigte, fonnte ich nicht zurechtkommen und wurde angeschnauzt. Mein Nebenmann sagte dem Aufseher die Meinung und half mir beim Verstauen der Kleider. Als der Trupp Obdachloser angetan mit bis zu den Knöcheln reichenden Hemden wie eine Prozession in Holzpantoffeln, andächtig ben Eſſennapf haltend in die Schlafsäle klapperte, hatten mein Helfer es war Mar und ich nebeneinanderliegende Pritschen inne. Wir famen ins Gespräch und Mag berichtete mir seinen Lebenslauf. Er war in Berlin , nachdem er feine Arbeit erhalten hatte, mit einem Kumpan auf die Scheibetour" gegangen, das Zertrümmern von Schaufensterscheiben und Plündern der Auslagen. Das war eine Zeit gut gegangen. Dann wurden sie gefaßt. Für Mag gab es ,, Bewährung". Aber keine Arbeit. Dafür bekam er Anschluß an die„, Münze". Größere Sachen wurden gestoßen", Konfektionsläden ausgeraubt. Bei einem„ Bruch" wurde Mar geschnappt Gefängnis! Im Schem" erfolgte erst die richtige Ausbildung zum Ganoven. Und dann war er einer, der auf allen ,, Touren reiste".
Das berichtete er mir mit einer Sachlichkeit, die keine Hoffnung auf Rückkehr in geordnete Verhältnisse zuließ. Er machte mir das Angebot, mit ihm zu ,, arbeiten". Ich tastete durch vorsichtige Fragen und fand, daß das Verbrecherische keineswegs von ihm Besitz ergriffen hatte. Und weil er Hemmungen hatte, tein ganz und gar falter Egoist war( als der er sich zum Beginn unserer Unterhaltung darzustellen verzweifelt bemüht hatte), weil er ein guter Kamerad gewesen war und alles für andere gegeben hatte, deshalb saß er in der„ Palme". Seine Delikte resultierten allein aus dem Gedankengang: ich habe das Recht zu leben; dies Recht wird mir streitig gemacht, man läßt mich hungern, deshalb bin ich ein Feind der Menschen. Ich hatte ein und bewies ihm, daß er tein Feind der
In diesen Tagen. Das ist zu spät. Der Vorsteher geht mit Mag zum Amt. Ja, die Akten sind bereits angefordert. Maybe.
Mar kommt zu mir. Ich habe auch nichts zu beißen und keine Möglichkeit, etwas aufzutreiben. Trost ist billig. Er hilft auch nichts. Mag trottet nach Hause und wühlt sich ins Bett. Er trinft viel Wasser. Mit vielem Wasser kann man den Magen betrügen. Aber nur für kurze Zeit. Mag fann vor Hunger nicht schlafen. Morgen ist die Miete auch wieder fällig.. Die Uhr schlägt zwölfmal. Die Wirtin schläft schon. Mar steht auf und schleicht in die Küche. Er nimmt: eine Krute Butter, zwei Tüten alter Semmeln, sechs Eier. Er ist alles auf. Die Eier mit der Schale. Dann sinkt er erschöpft ins Bett. kommt jetzt, da der Hunger geftillt ist, alles so finnlos vor. Alles Blut fließt zum Magen. Mag ist einer Ohnmacht nahe. Ihm Gier auf Essen, die er vorher hatte. Er schämt sich seiner Tat, die Wirtin hat selbst nichts zu brocken. Sie ist arbeitslos...
Seine
Morgens schleicht Mar zum Amt. Die Akten sind noch nicht eingetroffen. Es geht zum Vorsteher und beichtet alles. Der gibt ihm einen Brief zum Dezernenten mit. In dem Brief steht, daß die Wirtin beim Vorsteher Anzeige erstattet hat. Der Dezernent ist ein wirklich feiner Mensch. Sein Spitzname ist: Pa pa; so nennen ihn die Erwerbslosen, weil er für sie sorgt wie ein Bater. Aber Marens Hunger fann er nicht nachempfinden. Mag ist für ihn erledigt. Ich interveniere und suche zu erflären. Bergeblich. Und Margeht stehlen...
Erich Preuße.
Der Weg von Berlin nach Dresden über den Spreewald, durch das Senftenberger Industrierevier und über Kamenz ist ein Umschluchten durch das sommerliche Idyll des Spreewaldes, durch das weg, aber ein schöner Umweg. Er führt aus versteinerten Straßendunkle Revier der Braunkohlen und das liebliche Hügelland der Lausitz nach der türmereichen, schönen Stadt an der Elbe .
Nach den Berichten gewisser Schriftsteller ist der Sachse der lächerlichste Mensch und sein Horizont der eines böswilligen Kleinbürgers. Der politisch Interessierte weiß, daß jenes Land vor dem Krieg ,, das rote Königreich" genannt wurde( auch heute ist die Arbeiterbewegung trotz der tragischen Spaltungen der feste Grund, der die Republik trägt), der Mensch, der sich in Kulturgeschichte ausfennt, fann ein ganzes Alphabet berühmter Philosophen, Musiker, Maler und Dichter aufzählen, die ihren Wurzelboden in jener vielgestaltigen Landschaft haben. Es gibt auch feinen sächsischen Dialekt, wie er als typisch für das ganze Volt von gewissen Komikern verbreitet und von manchen Schriftstellern propagiert wird: in Sachsen werden vier Dialette gesprochen, der erzgebirgische, der vogtländische, der Lausitzer und der weiche Singfang
um Dresden , Chemnitz und Leipzig .
In Sachsen dominieren die Berge und die Täler. In den schmalen und breiben Tälern, in den weiten Senkungen oder Hochflächen raucht und werkt die Industrie. Maschinenbau und Bergbau, Zellulose und optische Industrie, Zigaretten- und Schokoladefabrikation, große Brauereien, Chemie, Steine und Erden: dieses fleine Land mit den fünf Millionen Einwohnern ist ein Musterbeispiel von der Industrialisierung Deutschlands , ist auch ein Musterbeispiel der Klassenspaltung. In den armen Gebirgstälern verfümmert und hungert die Heimarbeit, wuchert das dunkelste Sektenwesen, in Dresden zum Beispiel oder in Leipzig gibt die freiheitliche Arbeiterbewegung den Städten ein neues Geficht.
Dresden , die Hauptstadt, ist troß der grauen Versammlungen unzähliger Fabriken, die diese Stadt von allen Seiten berennen, eine ländliche Stadt. Man wandelt( spaziert ist nicht treffend genug gejagt), man wandelt noch im Stadtgebiet durch blühende Wiesen, gefagt), man wandelt noch im Stadtgebiet durch blühende Wiesen, wogende Felder, liebliche Täler, tiefe, dunkle Wälder über fanfte Hügel nach dem jungen Elbstrom, der in seiner Tiefe noch die kühlen Gewässer der nahen Berge trägt. Von der östlichen und stromtal, und sie bringen nicht nur Wasser nach dem Strom, sie westlichen Bergseite münden viele Täler und Gründe in das Elbbringen auch immer wieder die Verjüngung der Stadt durch den ustrom ländlicher Ansiedler. Von Dresden soll nichts berichtet werden, sein Ruhm ist in aller Munde. Fast alle Menschen sind dieser Stadt verfallen, die einmal dort gewesen sind.
Der Kampf ums Dasein ist in Berlin wilder und brutaler. Der Berliner , diese phantastische Mischung von Brandenburgern, Pommern , Lausitzern, Schlesiern und Magdeburgern, der Berliner , dieser laute, tüchtige und immer feine Zeit habende Menschenschlag hat sich hier oben in der dürren Sandwüste zwischen den Wäldern und Gewässern angesiedelt und mit großartiger, heroischer Gewalt die Millionenstadt mit der Rußhaube der Industrie aufgebaut. Vier Millionen wollen arbeiten und haben zu wenig Arbeit, vier Millionen wollen essen und haben viel zu wenig Brot. Der Mangel macht den Menschen nicht besser. Die Maschinerie einer 4- Millionen- Stadt kreischt und brüllt, und da müssen eben die Menschen auch freischen und brüllen, wenn sie gehört werden wollen. Wenn die Kinder sind im Dunkel, fingen sie ein lautes Lied," sagt schon Heinrich Heine ,
isogn
Auch in Sachsen , in Dresden , gibt es viele Menschen ohne Brot und Arbeit. Auch in den kleinen Städten und Dörfern, in den Tälern und im Gebirge ging die ungeheuerlichste Rationalisierung, die den Menschen auf die Straße warf. Auch die seelische Rationalisierung, Zusammenbruch des Idealismus, geht durch die Städte und Dörfer. Auch da unten knallen politische Schüsse, heult die Unduldsamkeit und die Schlagringe ersetzen die Schlagkraft der Ideen. Aber trotz aller Spaltungen findet der Besucher in der Bewegung überraschend viele Freundschaftsgruppen, glückliche Inseln in dieser unglücklichen Zeit.
In einer ½- Millionen- Stadt ist die Auslese und der Zusammenhalt wesensverwandter Menschen viel leichter und inniger als in einer 4- Millionen- Stadt, und aus dieser Tatsache heraus ist es auch zu verstehen, daß sich das kulturelle Leben trotz alledem auf einer hohen Ebene bewegt. Noch jetzt müssen von der Partei, von den Gewerkschaften sehr oft Mitglieder zurückgewiesen werden, die sich für bestimmte Kurse als Teilnehmer melden.
Der tomische Sachse? Auch den gibt es. An einem Grundstück in der Nähe von Dresden steht zum Beispiel geschrieben:
,, Bitte, nicht eintreten, da bissige Hunde vorhanden!" Welcher Deutsche ist so höflich, so komisch höflich und warnt durch ein liebenswürdiges ,, Bitte" vor bissigen Hunden? In Berliner Vorortgärten fann man oft Schilder mit gefreuzten Knochen unter grinsendem gorische Imperativ:„ Achtung, Lebensgefahr! Selbstschüsse! FußTotenschädel sehen, und auf den furchtbaren Tafeln steht der kateangeln!" In einer sächsischen Gartenwirtschaft bestellte ein Berliner Kaffee ohne Sahne. Der Kellner saust ab und kommt nach zwei Minuten verlegen wieder. ,, Kaffee ohne Sahne gibt es leider nicht, darf es vielleicht ohne Milch sein?" fragt er. Ist das nur lächerlich? Ist das nicht vielmehr rührend in seiner erschütternd deutschen Gründlichkeit?
Die Elbe ist zwischen der böhmischen Grenze und der Bastei an vielen Stellen schöner als der durch Burgen und romantischen Nepp verkitschte Rhein . Im Elbsandsteingebirge gibt es viele Wände, Zinnen und Berge, die mit zu den edelsten Erhebungen
deutscher Berglandschaft zählen. Am Zirkelstein kam der Berichterstatter mit einer Singegruppe der Bolkshochschule. zusammen, mit jungen Menschen, die, acht Tage der Arbeitsfron entspannt, da oben im Naturfreundehaus" zu einem rhythmischen, singenden Kollektiv zusammenwuchsen.
striert und geschossen, gehungert und am Leben verzweifelt. Die jungen Profetarier da oben auf der Höhe waren nicht vor der Wirklichkeit geflohen. Sie erlebten aber eine festliche Woche, und die
In den Städten und auch schon in den Dörfern wurde demon
war ein bis in den Grund der Seele tiefes Atemholen, eine schöpferische Pause vor den neuen Kämpfen ums Dasein, war Sammlung einer singenden Kolonne, die dann in den Städten und in den Tälern mit ihren Genossen nach vorwärts marschieren will. Ueberall wird an der lleberwindung der furchtbaren Gegenwart gearbeitet. Der eine verzweifelt am Heute, der andere denkt an das bessere Morgen. Er verbindet sich mit seinen Freunden und nimmt den Kampf auf. Ja, die Maschinen in den Fabriken, auch wenn sie still stehen, sind wie die Geschüße eines Weltfrieges und schießen mitten in das Volk. Aber die Industrie und ihre schöneren Geschwister, die Technik und die Wissenschaft, müssen durchaus nicht mörderisch sein. Aus Not und Notwendigkeit wird einmal Menschlichkeit und Freiheit blühen. Lobgesang auf das Land Sachsen ? Nein, Lobgesang auf den entschlossenen Willen, auf die kühle Sturmfreude und auf die Schicksalverbundenheit der sozialistischen Arbeiterklasse!