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Nordwolle.

Patriotismus.

�Unterzeichnen Sie, meine Herren. Es gilt eine deutsche Tta und außerdem sichern wir uns die Verfügung über einkommende Kredite!"

Wels über die Hoover-Aktion. Die Verbundenheit der Welttvirischast".

Was es ist und was es bedeutet. Der Zusammenbruch der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei in Bremen , des mächtigsten Textil* konzcrns in Deutschland , hat sich zu einem Riesenskandal aus- gemachsen. Kaum daß die ersten Gerüchte über Schwierig- leiten bei diesem Großunternehmen in die Oeffentlichkeit ge- drungen waren, folgte unmittelbar darauf eine Hiobsbot- schast nach der andern, bis der letzte Schleier zerriß und hinter der glänzenden Fassade eine Pleite von geradezu ungeheuren Ausmaßen auftauchte, ein Finanz- fkandal, der zu den größten der Weltgeschichte zählt. Wie waren derartige Ricsenverluste von 200 Millionen Mark möglich, ohne daß der Auf- s i ch t s r a t des Unternehmens auch nur das geringste merkte? Wie war es möglich, daß die Banken nicht stutzig wurden, als eine Kreditforderung des Konzerns der andern folgte, ohne daß daran gedacht wurde, die alten Schulden abzudecken? Haben die H a u p t o c r a n t w o r t l i ch e n, die vier Brüder Lahusen, so raffiniert gearbeitet, daß ihre Konzerngeschäfte und ihre vielseitigen Privatgeschäfte von einem undurchdring- lichen Schleier verdeckt blieben? Oder hat, so lautet die andere Frage, die gesetzliche Auffichtsbehörde einer Aktiengesellschaft, der Aufsichtsrat, in geradezu sträflicher Weise bei der Wahr- nehmung seiner Kontrollpflichten versagt? Es ist sicherlich kein Zufall, daß die Reihe schwerer Zu- sammenbrüche in der deutschen Privatwirtschaft sich bei Kon- zernen vollzog, die durch ihre vielseitige Berästelung und V e r s ch a ch t e l u n g sich nicht nur der Kontrolle der Oeffentlichkeit restlos entziehen konnten, son- dern in sich bereits den Boden für private Aktionen selbst- herrlicher und machtgieriger Generaldirek- t o r e n schufen. Auch bei dem Norddeutschen Wollkonzern fin- den wir dieses Labyrinth von Beteiligungen, Tochtergesell- schaften, Finanzierungs- und Einkaufsunternehmungen im Auslande, die jede Art von Bilanzfälschungen und geheimen finanziellen Transaktionen ungemein erleichterte. Der Norddeutsche Wollkonzern hat sich seit den siebziger Iahren aus kleinsten Ansängen zu einem W e l t u n t e r- nehmen entwickelt, das den stärksten Machtfaktor in der Wollindustrie des europäischen Kontinents darstellte. Den ersten Schritt vom reinen Wollimportgeschäst zum Fabrik- unternehmen stellte die Gründung der Delmenhorster Fabrik da, die seitdem den Namen Norddeutsche Woll- kämmerei und Kammgarnspinnerei führt. Diesem ersten Schritt folgten noch vor dem Kriege eine ganze Anzahl weiterer Fabrikgründungen und Aufkäufe in Deutsch - land und im Auslande, so daß der Konzern schon 1914 über 18 eigene Werke verfügte. Nach dem Ende der Inflation setzte der Konzern seine Aufsaugepolitik wahllos fort, und zwar versuchte er mehr und mehr in der ver- arbeitenden Textilindustrie, also in seiner eige- nen Kundschaft Fuß zu fassen. Es ist bezeichnend, daß der Norddeutsche Wollkonzern seine sämtlichen Tochtergesell- schaften. unter denen sich Großunternehmen, wie die Sächsische Wollgarnfobrik Tittel u. Krüger in Leipzig , die Kammgarn- spinncrei Langensalza und andere bedeutende Betriebe befin- den, sämtlich in der Form einer G. m. b. H. aufzog, die zur Vorlegung öffentlicher Bilanzen nicht verpflichtet sind. Außerdem war der Konzern maßgeblich an mehreren holländischen Handelsgesellschaften und einer der rentabelsten tschechischen Wollfabriken in Neu- deck beteiligt. Noch 192« hatte sich das Unternehmen für Fusionen in der S t r i ck e r e i i n d u st r i e eingesetzt und er- heblichc neue Beteiligungen in Chemnitz , in der Pfalz und im Rheinland aufgenommen. Einen dunklen Punkt unter den Beteiligungen stellte die unscheinbare Gesellschaft Ultra Mare in Amsterdam dar, die von den Gebrüdern Lahusen zur Steuerflucht benutzt wurde. Es kennzeichnet die rigorose Art des Vor- gehens dieser Familie Lahusen, daß sie als Besitzer der Ultra Mare so lange in Erscheinung traten, als die Gesellschaft in den vorangegangenen fetten Iahren ihnen als Sammel- becken für ihre Steuerfluchtgelder diente. Mit dem Augenblick aber, wo sich das Blättchen wendete und schwere Verluste eintraten, die gleichfalls das Licht der Oeffent- lichkeit zu scheuen hatten, nahmen die Brüder Lahusen die Vcrlustbuchungen des Nordwolle -Konzerns über Ultra Mare vor und stießen diese Gesellschaft jetzt, wo sie über und über verschuldet war, aus ihrem Privatbesitz an den Nordwolle- Konzern ab. Das heißt, sie wälzten jetzt, nachdem sie jähre- lang von der Ultra Mare als Steuerfluchtoase profitiert hatten, das ganze Risiko der Ultra-Mare-Schulden aus die Nordwolle -Aktionäre ab. Eine der- artige Handlungsweise läßt sich, wenn auch im kapitalistischen Wirtschaftssystem nach Moral nicht viel gefragt wird, nicht anders als wirtschaftliches Freibeutertum be- zeichnen. Aber weder die Verfchachtelung des Konzerns noch das Raffinement, mit dem die Brüder L a h u s e n die Verluste zu verdecken wußten, entschuldigen den A u f s i ch t s r a t, daß er die Dinge soweit hat kommen lassen. Die Frage liegt nahe, ob bei dem neunköpfigen Auffichtsrat von Nordwolle ähnliche Zustände herrschten, wie bei dem noch größeren Aufsichtsrats- Gremium des zusammengebrochenen Frankfurter Versiche- rungskonzerns. wo bei der Untersuchung herauskam, daß sich die Herren Auffichtsrätc einmal im Jahr, nämlich zur Bilanz- sitzung, zusammenfanden, womit ihre Tätigkeit erschöpft war. Es ist schon möglich, daß die Arbeitskraft der Aussichtsräte bei der Nordwolle nicht stärker beansprucht wurde, denn es ge- hörten ja diesem Gremium auch anderwärts sehr vielbeschäf­tigte Herren an. Da ist vor allem als Wächter für die Inter - essen der Darmstädter und Nationalbank der Generaldirektor Dr. S t r u b e, der allein in 12 anderen Auf- sichtsräten den Lorsitz führt, in 10 weiteren Aufsichtsräten den stellvertretenden Vorsitzenden abgibt und außerdem noch in 18 weiter« Gesellschaft« als LuMtsvatsmitglied fungiert,

New Jork, 9. Juli. (Eigenbericht.) Der Führer der deutschen Sozialdemokratie Otto Wels gewahrte dem Berliner Vertreter des New-ÄorkerVorwärts" dieser Tage ein Interview über die Hoover-Aktion, in dem er u. a. aus- führte: Wenn Sie mich fragen, wie die Botschaft des Präfi- denken Hoooer auf Deutschland gewirkt hat, so kann ich nur sagen, sie wirkte geradezu befreiend auf jeden, der die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands in jenen Tagen kannte. Deutschland stand in der Tat vor dem Zusammenbruch. Die psychologische Wirkung der Hoover-Hilssaktion war ein« außer- ordentlich starke und sie wäre es auch geblieben, wenn gleich England und den übrigen Machten Frankreich mit gleicher Schnelligkeit diesem Plan beigetreten wäre. Durch die langwierigen Verhandlungen ober erneuerten sich die inneren Schwierigkeiten Deutschlands auf dem Kapitalmarkt und wuchsen derartig, daß eine außerordentliche Hilfsaktion durch die Hergäbe von lyü Millionen Dollar, von denen Frankreich 4 9 Prozent zur Verfügung gestellt hat, erforderlich wurde. Es ist kein Zweifel, daß auch die Stund« der Einigung zwischen Amerika und Frankreich Deutschland schon wieder in einer geradezu furchtbaren Situation fand und daß diese Einigung, um ein bekanntes Wort zu gebrauchen, ein« Minute vor 12 Uhr erfolgte. Deutschland benötigt dringend große langfristige Kredite. Meine Auffassung ist, daß die Hilfsaktion nur unternommen wurde, um eine ungeheure Verschärfung der Weltwirtschastzkrise zu ver-

Was sollte sich also Herr Dr. Strube, der schließlich auch noch als Geschäftsinhaber der Darmstädter und Nationalbank beschäftigt war, auch besonders intensiv um die Vorgänge bei der Nordwolle zu beschäftigen, wo er die Leitung des Konzerns in so erprobten Händen wie denen der Brüder Lahusen sah? Auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Bremer Senator Hermann R o d e w a l d, der außer bei der Nordwolle nur in neun anderen Aufsichtsräten tätig ist, hatte offenbar keinen Anlaß, sich bei der engen persönlichen Freundschaft, die ihn mit der Familie Lahusen verband, seinen Pflichten als Aufsichtsrats- Vorsitzender nachzukommen. Daß der Rechtsanwalt und Notar Diedrich Lahusen, der als vierter der Brüder im Auffichtsrat faß, seinen älteren Brüdern im Direk- torium keine Steine in den Weg legte, versteht sich am Rande. Bon den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern interessiert nur noch die Haltung des DirektorsPaulSchmidt- Branden von der Dresdner Bank, der schließlich zu keinem anderen Zweck in den Auffichtsrat der Nordwolle de- legiert wurde, als die Interessen seines Instituts wahrzu- nehmen. Aber auch er hat sich offenbar im Schatten der mäch- tigcn Familie Lahusen völlig sicher gefühlt. Das Wirtschaftsverbrechen Nordwolle muß feine Sühne finden. Diese darf sich auch nicht auf die Hauptverantwort- lichen, die Brüder Lahusen, beschränken, sondern es ist zu fordern, daß auch die Regreßpflicht für schuld-

2« Kisten Dynamit explodiert. Viele Tote und Schwerverletzte. London , g. Zuli. 3n dem chilenischen Hasen Coronet sind am Donnerstag 20 fitsten mit Dynamit In die Lnfk geflogen, wobei neben einem riefigen Sachschaden eine größere Anzahl Hasen- arbeiter gelotet sowie viele weitere Personen, da- runler der britische fionstil, schwer verletzt wurden. Der Zu- stand de» Konsul, soll sehr ernst sein, wie verlautet, soll das An- glück durch unvorsichtige Handhabung der Sprengstoffkiflen ent- standen fein.

Das vorsichtige I�eichsarbeitsgericht. Das Reichsarbeitsgericht verhandelte über die Klage eines nationalsozialistifchen Arztes gegen den p r e u ß i- jj ch« u Staat. Dar Kläger war Arzt bat der SchutzpoQzei

hindern und sie nur einen ersten Schritt darstellen kann. Der Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft würde das politisch« Chaos in Deutschland , aber auch den wirtschaftlichen Zusammenbruch Europas nach sich ziehen. Ich möchte die Hilfsaktion, die Deutsch- land zuteil geworden ist, vergleichen mit der Handlung eines Arztes, der einem Schwerkranken in höchster Lebensgefahr Sauerstoff zu­führt. Er handelte als gewissenhafter Arzt sicherlich nicht richtig, wenn er dem Kranken die Bedingung auferlegte: 5 Minuten darfst du Sauerstoff atmen, dann nehm« ich dir das rettende Instrument vom Munde, insbesondere dann, wenn der Arzt erkannt hätte, daß wenige Minuten weiteren Gebrauches die völlige Genesung des Kranken herbeiführen würde, während die Entziehung den Tod be- deuten müßte. In dem Plan des Präsidenten Hoover liegt soviel innere Kon- sequenz und ein so starkes Erkennen der Verbundenheit der Welt- Wirtschaft, daß ich die Hoffnung habe, daß er den Anfang darstellt' für eine wirkliche Beendigung des Krieges." Antwortielegramm Hoovers an den Reichspräsidenten. - Washington. 9. Iyli. Der Präsidont der Dereinigten Staaten Hoover hat in einem Telegramm an den Reichspräsidenten von Hindenburg seiner aus- richtigen Hoffnung und Erwartung Ausdruck gegeben, daß der Ms- ratoriumsplan das Vertrauen oller Lander untsreiander wieder- beleben und die Prosperität fördern möge.

Haftes Verhalten des Aufsichtsrates in An- fpruch genommen wird. Aber wenn auch die Schuldigen, wie es die Oeffentlich- keit stürmisch fordert, die ganze Schärfe des Gesetzes trifft, so werden auch Tausende von Unschuldigen mit in den Strudel gezogen. Wer hilft den Arbeitern und Ange stell- t e n in Leipizg, in Kaiserslautern , an der Wasserkante und in der Tschechoslowakei , die infolge des Zusammenbruchs auf die Straße fliegen? Diese Unglücklichen, die keine Bor- stellung davon haben, was sich hinter den Türen der Direk- torenzimmer in Bremen abgespielt hat, treffen die eigent- lichen Nackenschläge. Wenn es nach all den vorausgegan- genen Zusammenbrüchen bei Stinnes, Stumm, Linke-Hofmann, der Frankfurter Allge- meinen Versicherung noch eines Beweises bedurft hätte, daß zum Schutz der Arbeitskraft gegen die Willkür von Konzernmagnaten weitestgehende öffentliche Kontrolle eine Notwendigkeit ist, dann hat sie der Skandal um die Nordwolle erbracht! Nordwolle-Seneralversammlung vertagt. Die für den kommenden Dienstag einberufene ordentliche Ge- neraloerfammlung wird, wie die Verwaltung mitteilt, mit Rücksicht auf schwebende Rekonstruktionsoerhandlungen aufgehoben. So- bald die erwähnten Verhandlungen abgeschlossen sind, soll zur ordentlichen Generalversammlung neu eingeladen werden.

Merseburg auf Privatdienstvertrag. Ihm wurde fristgemäß ge- kündigt, weil er sich für die Hitler -Partei betätigt hat. Der Kläger stützte sich äuf Artikel 118 und 1ö9 der Reichsocrfassung. Der Ver- trcter des preußischen Staates hielt der Klage gegenüber, saß nur zu prüfen sei, ob der Beklagte berechtigt war, den Kläger zu entlasien. Dies Recht habe der Beklagte gehabt, er sei sogar dazu verpflichtet gewesen. Das Reichsarbeitsgericht wird eine grundsätzliche Entscheidung fällen. Es setzte die Urteilsverkündung aus bis zum 21. O k- tobcr 1931.

fiahlcnregelung zwischen Frankreich und Belgien . Der belgische Handelsminister hatte während eines mehrtägigen Aufenthaltes in Pari» mit Unterstaatsfekretär Francois-Poncet Besprechungen über d i« Regelung des Kohlenproblems zwischen den interessierten europäischen Ländern. Es wurde vereinbart, demnächst Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Frankreich und Belgien einzuleiten, durch das die Kohlen-Ein» und-Ausfuhr der beiden Länder gemäß dem gegenwärtigen Bedarf reguliert werdan foll.