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Morgenausgabe

Nr. 323

A 163

sgabe intsitua

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme", Technit", Blick in die Bücherwelt", Jugend- Borwärtsu. Stadtbeilage"

and

50101

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Dienstag

14. Juli 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 1 Reflamezeile 5,- RM. Kleine in zeigen" das fettgedrudte Bort 25 Bf. Guläffig zmei fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 12 Pf. Rabatt It. Zari. Stellengesuche das erste Wort 15 Bf. jedes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Basel verspricht Hilfe.

Erklärung des Verwaltungsrats der Reparationsbank.

Basel , 13. Juli.

Nach Schluß der heutigen Spätabend sizung um 11 Uhr wurde folgendes Kommunique ausgegeben:

Der Verwaltungsrat hat von der Darstellung Kenninis genom­men, die der Präsident der Reichsbank, Dr. Luther, von der Situation in Deutschland und von der deutschen Wirt­schaft und Finanzlage gegeben hat, die trotz der durch die Abzüge

von in Deutschland angelegten kurzfristigen Kapitalien hervor­

gerufenen Krife befriedigend ist.

In Anbetracht des Umstandes, daß sich die deutsche Regierung an die verschiedenen Regierungen wegen finanzieller Unter­ſtützung an ihren entsprechenden Märkien gewandt hat,

erklärt sich der Verwaltungsrat überzeugt von der Notwendigkeit einer solchen Unterstützung- unter den gegenwärtigen Um­ständen bereit, an dieser Hilfe mitzuwirken und sie mit allen den Zentralbanken zur Ver­fügung stehenden Mitteln zu verstärken. In der Zwischenzeit hat der Verwaltungsrat den Präsidenten er mächtigt, in Uebereinstimmung mit den anderen beteiligten In­

stituten den Anteil der B33. an dem der Reichsbant fürzlich ge­

währten Redist onttredit zu erneuern."

Reichsbankpräsident Dr. Luther gab in tiefer Be wegung am Schluß der ihn umringenden Presse zu verstehen, welchen schweren Kampf Deutschland gegenwärtig führt, der nicht durch eigenes Berschulden hervorgerufen ist, sondern durch fremde Eingriffe von außen, indem seit Mai Deutschland in unerhörtem Maße die ausländischen Gelder ab­gezogen werden. Dadurch ist Deutschland natürlich immer weniger in der Lage, aus dem Ausland Rohstoffe zu beziehen und Waren

einzukaufen. Ohne eine gesunde ruhigen Entwicklung in Mittel­ europa ist an eine gesunde Weiterentwicklung auch der übrigen

Welt nicht zu denken.

New Yorf wartet auf Basel .

New York , 13. Juli. Von maßgebender der Federal Reserve Bank nahestehen­der Seite wird erklärt, daß die Frage der Kreditgewährung für abhänge. Die New Yorker Federal Reserve Bank beabsichtige Deutschland von der Entwicklung der Baseler Verhandlung nicht, selbst die Initiative zu ergreifen; fie warte vielmehr ab, bis ein gemeinsames Programm" der Leiter der euro­ päischen Zentralnotenbanken vorliege. Selbstverständlich werde fich die Federal Reserve Bank an der Durchführung eines solchen Programms befeiligen.

Hoover fann persönlich nichts mehr fun.

Washington , 13. Juli. Präsident Hoover tonferiert seit den Morgenstunden des

Es

Montag ununterbrochen mit dem Unterstaatssekretär Cast! e. Die Attaches im Beißen Haufe erklären, daß der Präsident der Lage in Attachés im Weißen Haufe erklären, daß der Präsident der Lage in Deutschland ungeteilte Aufmerksam feit" widme. stehe jedoch nicht in seiner Macht, über das Moratoriumsangebot hinaus irgendeine Aktion zu unternehmen. Anderseits werde iede Maßnahme, die zur Lösung der Krise beitragen fönnte, die vollste moralische Unterstützung des Präsidenten finden.

Die Newyorker Börse war heute infolge der schlechten Nach­richten aus Deutschland schwach. Immerhin hielten sich die Kurse besser als an anderen ausländischen Märkten.

Heute Banken geschlossen.

Postschedkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3, Dt. B. u. Disc.- Gef., Depofitent., Jerusalemer Str. 65/66.

Soll man den Kopf verlieren?

Eine Betrachtung zur Lage.

Seit gestern befindet sich das deutsche Volk- mit ihm die Regierenden und die Kapitalisten in einem Zustand der Panit. Eine Großbant hat mit allen ihr verbundenen Banken die Schalter geschlossen. Die Reichsregierung hat zwar für das Reich eine Bürgschaft für die Einlagen bei dieser Großbank übernommen und eine öffentliche Kontrolle eingesetzt, aber wer irgendwo Geld in Verwahrung gegeben hat, sei es bei Banken oder bei Sparkassen, ist doch um das Geld be= sorgt. Und wenn er auch hofft, daß die gegenwärtige Krise mit all ihren Gefahren vorübergeht, so will er sich doch sein Geld, oder wenigstens den größeren Teil seines Geldes holen, um sicher zu sein bis zu einem Zeitpunkt, wo die Gefahren eben vorüber sein werden.

Was dann eintritt, wenn jeder so handelt, das nennt man einen Run, einen Sturm auf die Banken und Sparkassen. Dieser Run hat in der Tat gestern in Deutsch­and eingesetzt. Die Banten waren schon nach wenigen Stunden nicht mehr in der Lage, alle diese Auszahlungen zum vollen Betrage vorzunehmen, man hat repartiert, d. h. nur einen Teil des Abgehobenen ausgezahlt. Bei den Sparkassen war es ebenso; sie brauchten dabei nur von den in allen Sparbüchern abgedruckten Kündigungsbedingungen Gebrauch machen. Aber mit solchen Maßnahmen ist ein Run

nicht aufzuhalten. Wenn er bei allen Banken und Sparkassen ausbricht, dann versagt die Geldquelle, die übrig bleibt: die Reichsbank, die feine Zahlungsmittel mehr hat, wenn fie feine ohne genügende Deckung ausgeben will, d. h. eine den Kredit weiter erschütternde Inflation machen will. Aber eine In­flation wird niemand wünschen, sondern jeder nur mit Schrecken an die von 1923 zurückdenken.

Nun ist die Reichsbant schon seit einiger Zeit bewegungs­unfähig. Sie ist es, weil sie mit Recht teine Inflation zuläßt, die durch strenge deutsche und internationale Gesetze unterbunden ist. Die Reichsbart ist selbst schon ausgepumpt, und zwar durch einen ausländischen Run, durch den Ansturm der ausländischen Gläubiger auf die deutsche Kredit­wirtschaft, der in den wochenlang vor sich gegangenen Kündi­gungen ausländischer Kredite bestand. Die Reichsbank könnte zwar noch ein paar hundert Millionen ausgeben, wenn sie eine Notensteuer bezahlt und den Zinssaß noch weiter herauffezt. Aber wenn man bedenkt, daß in den deutschen Banken auch jetzt noch ebensoviel inländische Gläu biger Geld stehen haben, so ist es ganz klar, daß die paar hundert Millionen, die die Reichsbank noch ausgeben fönnte, ein kleiner Tropfen auf einen heißen Stein sein würden.

Neue Notverordnung: Dienstag und Mittwoch Bankfeiertage. Sparaffen fiber 10 Milliarden eingezahlt find, und bei den

Für die Banken sind für Dienstag und Mittwurden die Kreditrestriktionen am heutigen Montag wesentlich woch Bankfeiertage eingelegt. Die Kassen der Banken werden also an diesen Tagen geschlossen bleiben. Die Maßnahme stützt sich auf folgende Ver­ordnung des Reichspräsidenten über Bankfeiertage vom 13. Juli 1931:

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsver­fassung wird verordnet:

§ 1. Die Reichsregierung ist ermächtigt, Bankfeier­tage zu erklären. Sie bestimmt, für welche öffentlichen und privaten Kreditinstitute und Einrichtungen die Bankfeiertage gelten und welche Rechtswirkungen mit ihnen verbunden sind.

§ 2. Die Verordnung tritt mit Wirkung vom 13. Juli 1931 in Kraft.

Nachfolgende Ausführungsbestimmungen legen Bank­feiertage für Dienstag und Mittwoch fest und zwar für sämtliche Zahlstellen.

Die Börsen werden voraussichtlich bis zum Sonnabend geschlossen bleiben.

Die Reichsregierung und die berufenen Vertreter der Banken und Sparkassen werden im Verlaufe dieser zwei Tage die nötigen Maßnahmen und Vorbereitungen treffen, damit am Donnerstag die zur Weiterführung der Wirtschaft und zur Bewirkung der Gehalts- und Lohn zahlungen erforderlichen Mittel bereitgestellt werden.

Devisenrestriktion der Reichsbank.

Während die Reichshant bei ihren Devisenabgaben bisher die Abrechnung erst zwei Tage nach Berkauf vornahm, ist das Inftitut ab Montag zu einer schärferen Reftriftion in der Form ge­fchriffen, daß eine 2bgabe nur bei fofortiger Barbezahlung in Reichsmart erfolgt. Diese Maßnahme, die im Schaltergeschäft üblich ift, dürfte alfo nach Wiedereröffnung des Börsenverkehrs auch auf das Devisengeschäft an der Börse ausgedehnt werden. Auch sonst

schärfer gehandhabt, doch werden hierbei individuelle Ver­hältnisse nicht ganz außer acht gelassen. Im übrigen war am Montag wegen des Ausfalls der Börse das Devisengeschäft an der Reichsbant außerordentlich gering. Berschiedentlich soll die Reichs­bank in der Lage gewesen sein, Devifen hereinzunehmen.

Die Stimmung an der Londoner Börse .

London , 13. Juli.

druck der Hiobsnachrichten aus Deutschland gedrückt. Späterhin Die Stimmung an der Londoner Börse war unter dem Ein­erholte sich die Mart, als befannt wurde, daß New York die Lage zuversichtlicher beurteile. An dem Verhalten der Reichsbant wurde teilweise scharfe Rritit geübt, die sich auch in der Presse widerspiegelt. Es wurde bemerkt, daß Dr. Luther die vorbeugenden Maßnahmen 14 Tage früher hätte treffen sollen.

Die Aufmerksamkeit der Londoner Börse wendet sich auch außerdem der Frankenbewegung und dem neuen Angriff der Bant von Frankreich auf die englischen Geldvorräte zu. Die Bank von England verkaufte am Montag für 500 213 Pfund Goldbarren.

Erholung der Marffurse in New York .

New York , 13. Juli.

Eine Nachricht, daß die Baseler Konferenz die Erneuerung des 100- millionen- Dollar- Kredites beschlossen habe, führte zu einer Dagegen bröckelten leichten Erholung der Markturse. Berlust von 10 Buntten gegenüber dem Endkurs am Sonnabend zu deutsche Anleihen ab. Die Young- Anleihe hatte mit 62% einen verzeichnen.

Wie das Staatsdepartement zugibt, erklärt der amerikanische Botschafter in Berlin , Sadett, in seinem nach Washington über­mittelten Drahtbericht vom Sonntag, daß Deutschland allerschnellstens finanzieller Hilfe bedürfe.

Radikale Maßnahmen in der Schweiz . An den Schweizer Börsen wurden auf Grund einer Verein­barung zwischen den Börsenvorständen deutsche Effekten sowie der Martfurs gestern überhaupt nicht offiziell notiert.

Das Unglück, in dem wir uns gegenwärtig befinden, ist also weniger die Tatsache, daß Banken und Sparkassen nicht das auszahlen können, was die Einleger eventuell verlangen, berechtigtermeise für ihren Eigenverbrauch oder für die Lohn­zahlungen ihrer Betriebe, sondern der Run, d. h. der aus der Panit geborene Sturm auf die Banken und Sparkassen. Wenn werden sollen, dann muß der Sturm auf die Banken und die bei Banken und Sparkassen eingelegten Gelder sicherer Sparkassen aufhören; das ist der Schluß, der in der gegen­wärtigen Lage gezogen werden muß.

Um zu diesem Schluß zu kommen, sind einige einfache Ueber­legungen möglich und nötig. So schlecht, daß jeder Sparer in Deutschland Angst um sein Gespartes haben müßte, ist die Lage der deutschen Wirtschaft noch lange nicht. Wäre das Deutschland geliehene Auslandsgeld in Deutschland geblieben, so hätte es, besonders nachdem durch den Hoover- Blan vor­läufig feine Reparationen mehr zu zahlen waren, keine allzu große Verlegenheit in Deutschland gegeben. Die Berlegenheiten und Schwierigkeiten, die jetzt eingetreten sind, sind tatsächlich in erster Linie auf die Zurückziehung der ausländischen Gelder zurückzuführen. In demselben Augenblick, wo wieder 11 bis 2 Milliarden ausländische Gelder zur Verfügung gestellt wer­sicher funktionieren wie vorher und feiner brauchte sich Sorgen den, würde das deutsche Wirtschaftssystem genau so her un zu machen.

Wie hat die Kündigung der Auslandsgelder gewirkt? Deutschland hat vielleicht 25 milliarden Betriebs= fapital, das ständig in der Wirtschaft umgelaufen ist. Diese 25 Milliarden waren aber nur zu einem Teil ei genes Be­triebskapital Deutschlands , etma 9 milliarden waren Dom Ausland geborgt. Von diesen 9 Milliarden sind im Laufe eines Jahres mindestens 3 Milliarden Mark vom Ausland abgezogen worden: seit den Hitlermahlen traute