Beilage
Donnerstag, 16. Juli 1931
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iWi dongle Der Abend
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Der„ geistige Mensch" und das heute
Versuch einer Richtunggebung von Leo Friedmann
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Die Epoche tiefster Umwälzungen, in der wir leben, findet in der fulturellen Ebene ihren sichtbarsten Ausdrud. Die Erkenntnis der materialistischen Geschichtsauffassung, daß sich mit dem sozialen Sein auch der„ kulturelle Ueberbau" wandle, wird nicht nur da durch gerechtfertigt, daß die Dinge und Institutionen, daß Kunst und Lebensformen ihr Gesicht grundlegend verändern; es ist im tiefsten der Mensch selbst, der, ohne daß es ihm recht zum vollen Bewußtsein tommt, diesem ungeheuren Wandel unterworfen ist. Mehr oder weniger schmerzlich, je nach Empfindsamkeit und fozialpsychologischer Anlage, vollzieht sich dieser Wandlungsprozeß im Bewußtsein und Unterbewußtsein des einzelnen. Wenn wir hier vom ,, geistigen Menschen" und dessen besonderer Beziehung zur Hoch schule sprechen, so meinen wir zunächst jenes bürgerliche Einzelschid sal, dessen Besonderheit darin zu suchen ist, daß es sich ständig auf dem Wege zur Selbstbesinnung. zur Einngebung des Lebens und feiner Mannigfaltigkeit befand. Getragen pon einer sich mit ruhiger Stetigkeit vormärts entwickelnden, selbstbewußten Klasse, erfüllt von dem Bildungs- und Kulturideal dieser Klasse, so stellte diese im wahrsten Sinne des Wortes edelste Schicht des deutschen Bürgertums den geistigen Mittelpunkt der Wertstala dar, die wir heute noch als ie wir heute n ,, bürgerliche Kultur" bezeichnen.
Die Entwidlung vor dem Kriege.
Schon Marg und Engels bezeichneten sich als die Erben der Klassischen deutschen Philosophie". Es war im wesentlichen ein philos sophischer Typus, der uns in der deutschen Geschichte gleichsam als ein besonderer, national begrenzter Menschenschlag aufbewahrt geblieben ist. Er war der Träger der modernen weltlich- bürgerlichen Hochschule. In der verwirrenden stofflichen Fülle des wissenschaft lichen Materials ging es darum, einheitliche Leitlinien aufzufinden, eine geistige Durchficht durch die Einzeldisziplinen zu ermöglichen, gemeinsame Orientierungs- und Wertmaßstäbe festzu stellen. Noch fonnte das Bürgertum fich den Lurus großer Gesichts punkte leisten, die alle gesellschaftliche Tätigkeit in eine Generalper, spettive einzuordnen versuchten.
Doch immer waren auch die entgegengesetzten Energien in der Entwicklungsgeschichte des Bürgertums wirksam, deren Resultat auch die spezielle Begriffsbestimmung des geistigen Menschen" war; denn der geistige Mensch konnte naturgemäß nur als Gegensatz zu einem onderen Typus gedacht werden. Dieser Gegensatz trat in der Hochschule als Unterscheidung zwischen Geistes. und Naturwissenschaften auf. Ihm lag die allgemeine Gesezmäßigkeit der fapitalistischen Arbeitsteilung zugrunde. Wie in der Produktion die entwickelte Trennung der Arbeitsfunktionen, so herrschte in der Wissenschaft die fachliche Differenzierung. Die eraften" Naturwissenschaften beschäftigten sich mit den realen Erfordernissen des materiellen Gesellschaftsprozesses und die Geisteswissenschaften mit der Deutung und geistigen Durchdringung der bürgerlichen Gesellschaft. Aber diese beiden Elemente des akademischen Lebens konnten nebeneinander existieren und sich sogar zeitweise ergänzen, weil sie den einenden Prinzipien der humanistischen Bildung und Weltanschauung unterstanden.
Erst der sozial entwidelte Liberalismus, der alle Pulturellen Traditionen abschwor, ging dem geistigen Gleichgewichts
verhältnis im Bildungssystem und seinem Exponenten, dem geistigen Menschen", an den Kragen. In dem Zweifrontenkampf mit staatlich- feudal- bürokratischer Bevormundung und der heraufsteigenden Arbeiterbewegung wurde das Freiheitsprinzip des Liberalismus zur Widerspiegelung der chaotischen, plan- und rüd fichtslosen ,, Freiheit" der kapitalistischen Wirtschaftsordnung.„ rei heit der Wissenschaft", ursprünglich gedacht als Barole wider die feudal- fleritale Monopolisierung der Bildung, wurde jetzt wider die feudal- klerikale Monopolisierung der Bildung, wurde jetzt zur Befreiung der Forderung von jedem übergeordneten Gefichts punkt; Abschaffung jeglicher geistigen Norm wurde angestrebt, Philosophie und Geisteswissenschaften wurden als Berufstategorien auf eine Insel zurüdgedrängt.
Als Folge dieser Entwicklung mußte der Wert der Hochschule als Monopol geistiger Meinungsbildung in Frage gestellt werden. Nicht nur die erwachende Arbeiterklasse vollzog ihre geistige Entwicklung zur Selbständigkeit außerhalb der Universität, von der sie ausgeschlossen war. Auch im Bürgertum tat sich eine luft auf zwischen akademischem und geistigem Leben, eine Kluft, die der Mechanisierung des Produktionsprozesses auf der einen und der Entfernung der Wissenschaft vom Leben auf der anderen Seite entsprach. Schon lange vorher war die Gegenfäßlich feit in der Ebene der künstlerischen Produktion zutage getreten. Jeht gewannen allmählich die Spannungen zwischen freier" und ,, akademischer" Kunst einen aktuell zugespizten Charakter. Eine Berbreiterung der Spannungsebene wurde durch die Jugendbewegung vollzogen, die ihre Rebellion gegen Elternhaus und Schule auf die Hochschule übertrug und eine neue Gesamtlebensorientierung außerhalb des Konventionalbildungssystems suchte.
Dem„ mechanischen Zeitalter" entgegen.
In der überreizten, mit Konfliftstoffen überladenen Atmosphäre der Borkriegszeit wurde die geistige Auseinandersetzung von der lauten Offensive des militanten Bürgertums übertönt. Es war sehr bezeichnend, wie impulsiv die bürgerliche Jugend ihre geistigen Ausbildungsstätten verließ, als der Krieg ihrer Aftivität ein Ventil öffnete. Schon wurde der Wissensstoff als Belastung empfunden, Bildung war nicht mehr Befreiung, sondern notwendiges Uebel. Diese Stimmungen haben sich nach dem Kriege fortgesetzt, aber sie haben auch eine qualitative Bewußtseinsunterlage erhalten, als das ,, mechanische Zeitalter" als neuer gesellschaftlicher und Psychologischer Begriff eingeführt wurde.
Das mechanische Zeitalter ist zunächst wohl nichts anderes als ein Sammelname für die Durchrationalisierung und Technisierung des gesellschaftlichen Lebensprozesses..., Wie der Mensch", heißt es im ,, Rapital von Marg" ,,, in der Religion vom Machwert seines eigenen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwert seiner eigenen Hand beherrscht". Von dieser Automatisierung der Arbeit with pou) aber nur per Arbeiter betroffen, wie fommit es, daß ihre negative Wirkung auch so start in das Bewußtsein breiter bürgerlicher Schichten getreten ist? Ja, es ist geradezu das Bürgertum, welches so heftig der rational- technischen Gestaltung feines Lebens widerstrebt.
Die Grundtendenz der tapitalistischen Rationalisierung geht das hin, alle Lebensbezirke dem Produktionsprozeß anzupassen, dem Profitstreben zu unterstellen. Sozial bedeutet dies für die Lebens
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gestaltung eine Technisierung ohne Beziehung zu einem geistigen Sinn". So ist die amerikanische Universität durchschnittlich derart organisiert, daß sie direkt von den Erfordernissen des Produktions prozesses aus funktioniert und die Funktionäre für ihn ausbildet. Tatsächlich kann die Universität vom entwidelten fapitalistischen Standpunkt auch nichts anderes sein. Die geistigen Substanzen find aufgelockert, die Meinungs- und Willensbildung vollzieht sich im sozialen Kampf die Hochschule muß immer entschiedener in die Rolle einer technischen Ausbildungsanstalt für die Berwaltungs- und Wirtschaftsfunktionäre hineingedrängt werden. während das Proletariat auf Grund seiner Klassenlage zu er kennen vermag, daß hinter Technisierung und Rationalisierung ein öfonomisches System steht, daß nicht, die Technik an sich be: fämpfenswert ist, sondern nur die tapitalistische Form ihrer An wendung so muß das Gros des Bürgertums der Täuschung erliegen, daß es die Rationalisierung als solche set, die seine gefell schaftliche Stellung herabmindere. Denn das Bürgertum ist nicht materiell durch Inflation, Niederfonfurrierung usw. der Rationalisierung zum Opfer gefallen; fast schwerer noch wiegt die Liquidierung des fulturellen Besitzstandes, der Einbruch in das Bildungsmonopol und in die Bürokratie, soziale und seelische Unsicherheit laufen miteinander parallel.
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In dieser Zeit schonungsloser Wertvernichtung im Spät tapitalismus befinnt sich das Bürgertum erneut auf feine ,, fulturelle Mission". Man sucht ein Bezugssystem, das dem Leben Sinn und Halt geben soll. Die Funktion des geistigen Menschen von ehedem erscheint in einer neuen follettivierten Ausformung. Aber aus seiner gesellschaftlichen Lage vermag das Bürgertum fein ihm angepaßtes fortschrittliches System mehr zu finden. Es greift deshalb zum Mystizismus oder zum Faschismus. Die nationalsozialistische Verseuchung unserer Hochschulen ist ein deutliches Symptom dafür, das aber auch das geistige Niveau dieser letzten
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großen Renaissancebewegung des deutschen Bürgertums fennzeichnet. Nicht aus geistiger Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Material, nicht aus einer wirklichen Durchdringung des Stofftompleges heraus fommt man zu den großen Vereinfachungen des Faschismus. Nein! Die Vereinfachung ist willkürlich, ungeistig, der geistige" Faschismus ist ein geistloser Tobsuchtsanfall engstirniger, enttäuschter, gesellschaftlich hoffnungsloser Armeen junger Spießer. the d Das Ziel neuer Sinngebung.
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Die Universität aber kann heute nicht mehr die auseinander strebenden Kräfte auffangen und sie in eine große geistige Einheit einmünden lassen, ja, sie vermag es nicht einmal, einige übergeordnete Prinzipien herauszustellen. Der Klassentampf ist in seiner politischen Gestalt in die Hochschule eingezogen. Wir Sozialisten haben feine Ursache, diesen Prozeß, soweit er von einem geistigen Raditalismus getragen ist, zu bedauern. Dem bürgerlichen Rahmen der Hochschule fonnten wir uns nicht einordnen. Heute aber benutzen wir die Hochschule als technisches Mittel zur Aneignung der Kennt nisse, die für den Aufbau einer neuen Gesellschaft und für unsere sozialistische Funktion in dieser Gesellschaft notwendig sind. Alles, tommt darauf an, daß unser Einfluß in der Hochschule unterbaut ist von den geistigen Elementen, die außerhalb der Hochschule, in der lebendigen sozialistischen Arbeiterbewegung, erzeugt werden. Diese Kraftquelle muß die sozialistischen Studierenden und hier. davor bewahren, in der techbesonders die Arbeiterstudenten nischen Betriebsamkeit und Gelehrsamkeit der Universitäten zu verfinten. Nur im Sozialismus vermag ein Geschlecht geistiger Menschen" neu zu erstehen, deren Bezugssystem die Kenntnis der Gesellschaft in ihren technischen und sozialen Bewegungsgesetzen vorausfegt, das aber erfüllt ist von der Leidenschaft des Kampfes um eine neue Sinngebung der menschlichen Entwid: lung. dolnom ni
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Wer schützt die Volksschule?
Ein paar Worte zur Aufklärung
Wer die Presseberichte über die Etatsberatungen in den verfchiedensten Gemeinden verfolgt, der erkennt in allen schweren Sparmaßnahmen einen gerade für uns sehr unangenehmen Faden: Abbau am Schulwesen. Es ist immer die gleiche Sache. Um bau am Schulwesen. Es ist immer die gleiche Sache. Um das Chaos, um größere not der Maffen zu verhindern, müssen unsere Minister und die nahmen unterstützen, die wahrhaftig nicht nach dem Herzen eines Gemeindevertreter der Partei Sparmak Sozialisten gezimmert wurden. Dadurch, daß immer größere Lasten den an und für sich schon finanzschwachen Gemeinden auferlegt werden und die ärmsten werden durch die Arbeitslosigkeit ja am stärksten betroffen entsteht natürlich überall ein Konflikt zwischen en Wohlfahrts und den Schullasten der Gemeinden. Will man Menschen nicht faitblütig verhungern lassen, jo tann man an den sozialen Lasten nicht sparen, und deshalb ist zu unserem größten Schmerz die Schule nicht selten verurteilt, sich Abstriche gefallen zu lassen. Niemand kann diese Abstriche bitterer empfinden als ein Sozialdemokrat, und es ist daher erklärlich, daß gerade sozialdemokratische Verwaltungsbeamte aus den eigenen Reihen recht geharnischte Protefte erhalten. Wir freuen uns über diese Notschreie um der Schule willen ganz außerordentlich, und die Gencssen Grimme und Severing werden das mit uns tun, weil wir alle stolz auf eine Parteibewegung sind, deren Mitglieder noch hungernd und darbend fulturelle Belange hochhalten.
Gegenüber dieser Tatsache müßte eigentlich alle Demagogie der Leute vom Hakenkreuz und Sowjetstern wirtungslos zerflattern, wenn das politische Analphabetentum in Deutschland nicht so groß wäre. So aber müssen wir es täglich erleben, daß nicht nur die, welche Deutschland durch ihre Zustimmung für Hitler und Thälmann an den Rand des Verderbens gebracht haben, Ursache und Wirkung nicht erkennen fönnen, sondern auch weite andere Kreise, die in zwischen einen schulpolitischen Blick gewonnen haben müßten. Vor allem von der Boltsschullehrerschaft dürfen wir die Erfenntnis verlangen, daß gerade die Sozialdemokratie die Volksschule der aus der Rolle der Armeleuteschule befreit und zu einer wirklichen Boltejdule in schwerster Zeit entwickelt hat. Ist es doch bezeichnend, daß in einem Berlin benachbarten Ort die Rechtskreise der Gemeinde für 180 Kinder nur drei Lehrer behalten möchten, wobei Klassen mit 80 Schülern entstehen, da es unmöglich ist, einfach schematisch zu teilen. Das hindert dann allerdings dieselben Kreise nicht, aus demagogischen Gründen über die Sparerlasse unserer Minister zu zetern, obwohl die Erlasse nur unter dem Druck der finanziellen Notlage der Gemeinden gegeben wurden und in ihrer Art allein schon die Vorzüge des modernen Breußen aufweisen. Kein ehrer abbau ist verfügt worden, sondern ein Einsparen von Stellen, genau so, wie die Sozialdemokraten Berlins dafür sorgen, daß die Junglehrer nicht entlassen werden. Es ist schon cin Unterschied, ob Menschen aufs Straßenpflaster geworfen oder ob vorübergehend feine neuen Kräfte eingestellt werden. Gewiß sind andere uns in demagogischen Forderungen, auf die wir ganz perzichten, über, aber im Einzelfall hofft man dann wieder auf uns. Deshalb waren auch die heftigen Ausfälle ungehörig, die ein Vertreter auf der Tagung des Deutschen Lehrervereins in Frankfurt a. M. gegen den Genossen Grimme führte. Der Genoffe Menzel, selbst einst lange Führer im Lehrerverein und wohl unser ältester Ministerialrat in der Partei, fuhr dem Vertreter gehörig in die Parade. Er hatte ein besonderes Recht dazu, weil er seit 1918 unsere sozialdemokratische Aufbauarbeit für die Volksschule an vorderster Front mitgemacht hat und einst von Konrad Hänisch als Vertrauensmann der Lehrerschaft berufen wurde. Wir stellen mit Genugtuung ſeſt, daß die„ Breu Bilche Lehrerzeitung" sich ziemlich eindeutig auf die Seite Menzels gestellt hat. Immer hin haben wir das Zeichen zu beachten und zu erkennen, daß man die Leistungen unserer Partei für die Volksschule nur zu garn ver gißt. Aufgabe der Lehrer- und Elterngenossen wird es sein, durch Aufklärung zum Angriff überzugehen,
Wir wollen doch einmal die Partei sehen, die ähnliche Leistungen für die einheitliche Volksschule aufzuweisen hat! Die Führer
der Lehrerschaft werden wissen, daß sie oft nichts erreicht hätten, wenn ihnen unsere Genossen im Reichs- und Landtag nicht helfend zur Seite geftanden hätten. Vor der letzten Gemeindevertreterwah! sprachen auch auf den Dörfern selbst rechtsstehende Lehrer uns gegenüber die Hoffnung auf Verstärkung der SPD. aus, weil der Berwandtschaft trennen können, doch erkannten, daß der sozial fie, die fich gefühlsmäßig noch immer nicht von der Rechtseinstellung demokratische Tagelöhner für die Bolksschule mehr übrig haben muß als der Gutsbefizer, der seine Kinder in die höhere Schule schickt. Damit wird eine Leistung der Sozialdemokratie berührt, die der Schule sehr geholfen hat: die Eingemeindung der Guts= bezirke. Die Genossen außerhalb der Städte wissen, wie nach dieser Maßnahme die Gutslehrer aufatmen konnten. Und haben nicht viele Lehrer und Eltern unsere Genossen im Landtag erfolgreich aufgesucht, wenn sie von reaktionären Bevölkerungskreisen bedrängt wurden?
Hat nicht die Preußenregierung unter sozialdemokratischer Führung eine perfonelle Berwaltungsreform durchgeführt, die sich zum Besten einer freieren Betätigung der Lehrer auswirft? Sätte je eine Vorkriegsregierung Bertrauensleute ver Lehrerschaft berufen? Konrad Hänisch und Adolph Hoffmann waren kaum zwei Tage im Amt, als sie sich durch ihren Unterstaatssekretär
auch schon mit dem Deutschen Lehrerverein in Verbindung setzten. Muß man an denselben Konrad Hänisch erinnern, der zurücktreten wollte, wenn man die Lehrer schlechter einstufte? Natürlich hatte er dabei kein Berufsinteresse vor Augen, sondern die Wertschägung der bisher verachteten Volksschule. Sozialdemokraten haben die geistliche Schulaufsicht beseitigt, eine Tatsache, die junge Lehrer heute leider nicht mehr zu missen brauchen, Sozialdemokraten haben in vorderster Front für die Beseitigung der Vorschulen und
estigung der Grundschule gekämpft und wohl allein ein ungünstiges Schulgeset bisher verhindert. Und unter dem Genossen Grimme hat besonders start der Kampf gegen den Unfug des Berechtigungswesens eingesetzt und die sozialdemokratische Aktivität für die Verlängerung der Schulzeit.
Wir wissen, daß unsere Vertrauensleute im Landtag und Miniſterium ständig prüfen, ob die den Kommunaldezernenten der Regierungen gegebenen Vollmachten nicht etwa zu groß sind und daß man über furz oder lang den Rat der Schulleute mehr berücksichtigen wird. Auch Sparerlasse müssen sich einspielen. Wir müssen auch prüfen, ob es richtig ist, Gemeinden gegen ihre Leistungsfähigkeit und ihren flaren Willen Mehrstellen abzubauen. Sozialdemokratische Regierungsstellen sollten rechts stehende und oft repu blitfeindliche Stadtverwaltungen nicht zu sehr von der Verantwortung entbinden.
Auch der Planwirtschaft im höheren Schulmesen werden alle beteiligten Kreise größte Aufmerksamkeit schenken müssen. In Berlin ziehen viele Leute schon nicht um, weil für ihr Kind dann eine geeignete höhere Schule fehlt, da man mit ganz verschiedenen Sprachen beginnt. Unerträglich aber find in der Provinz die höheren Zwergschulen auf Kosten der Volksschule. Kein Sozialdemokrat wird eine wesentliche und notwendige Schule beseitigen wollen, aber für Schulen, die man nur aus Prestigegründen hält, ist kein Platz in einer Zeit, in der die Volksschule Not leidet. So soll in einer Gemeinde, deren Kinder bequem die höheren Schulen der Nachbarstadt besuchen können, jetzt schon die 4. Volksschulstelle abgebaut werden, während man die höhere Schule nicht abbauen fann, da die Lehrer von der Stadt angestellt sind. Hier sollte der Landtag ein entscheidendes Wort sprechen.
Damit sind Punkte berührt, die von der Sozialdemokratie schon immer zum Anlaß der Kritik genommen wurden. Noch auf eine Tatsache soll man alle verweisen, die der oberflächlichen Propaganda gegen uns zum Opfer fallen: Hätten wir am 14. September 1930 die Stimmen der Nazinachläufer und der von Moskau irrc= geführten Arbeiterschaft erhalten, dann würden wir uns unsere Steuern anderswo holen als in der Schule und im Haushalt der Ernst Schultz. Mermften.