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Das Weltkrankenhaus.

Sie hätten bedenken sollen, Madame, daß diese Krankheit sehr ansteckend ist."

Betrug mit der Osthilfe. Ein ostpreußischer Dftitergutsbefiher erschwindelt 154000 Mark Osthilfe. Llrteil: 400 Mark Geldstrafe.

Stalins Rede. Rückzug oder Llmgehungsmanöver? Voll?stsr Grsrwy. Der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Die letzte Rede Stalins hat in bürgerlichen Kreisen unverhüllte Schaden- freudc und kaum verhüllte Hoffnungen hervorgerufen. Man sprach von einem geschichtlichen Wendepunkt, von einem Kurs- Wechsel, ji; von einer Rückkehr zur halbkapitalistischen Nep. Nichts davon ist richtig. Der bolschewistische S a u l u s ist nicht zum kapitalistischen Paulus geworden. Mit Recht wies bereits derVorwärts" darauf hin, daß die taktische Um- stellung Stalins vielmehrein neues Experiment ist, um das noch größere Experiment des Fünfjahresplans aufrechterhalten zu können". Also kein Aufgeben des Experiments. Nur die Mittel zu seiner Verwirklichung sollen nunmehr modifiziert, und zum Teil geändert werden. Es besteht eine gewisse Achnlichkeit zwischen der taktischen Umstellung Stalins von heute und seinem Rückzug im vorigen Frühjahr. In beiden Fällen kam die Wendung im letzten Moment von oben, um der Wirtschaftsschwierigkeiten Herr zu werden und die spontane Gährung von unten zu vereiteln. Im vorigen Jahre wurde der Rückzug durch die verheerenden Folgen der Agrarpolitik veranlaßt. Aber der Rückzug stellte sich bald als Schachzug heraus. Die Zwangskollektivierung war nicht aufgegeben, nur das Tempo sollte verlangsamt, und die Druckmittel sollten geändert werden. Dasselbe gilt jetzt für den jüngsten Rückzug Stalins auf dem Gebiet der Industrie. Die Zielsetzung bleibt unverändert. Aber der drohende Zusammenbruch der überstürzten Industrialisierung veran- laßte Stalin, die bisherigen Methoden der Produktions- steigerung, die offenkundig versagten, einer Revision zu unter- ziehen. Der Ton macht die Musik. Der Ton der Stalinschen Rede ist merkwürdig verstimmt. Vielleicht das wichtigste in ihr sind gewisse Eingeständnifle und Feststellungen. Sie kamen den zahlreichen kritiklosen Bewunderern derkritiklosen Plan- Wirtschaft" etwas unerwartet. Aehnlich wie die bürgerlichen Kreise in Europa noch vor kurzem das amerikanischeWirt­schaftswunder" bestaunten, so steht jetzt ein nicht unbeträchtlicher Teil der Arbeiterschaft dem sowjetistischen Wirtschaftswunder kritiklos gegenüber. Dabei wird die Aufwärtsbewegung in Sowjetrußland gleich der inzwischen gescheiterten amerika - nischen Prosperity als eine ewige betrachtet, obgleich die sowje- tistische Prosperity zum Unterschied von der amerikanischen statt Verbesserung, eine Verschlechterung der Lage der russischen Arbeiter mit sich gebracht hat. Die sowjetistische H o ch k o n j u n k t u r, die mit feinem un- geheuren Gründertum verbunden ist, dauert immer noch an. Aber es mehren sich beunruhigende Symptome eines heran- reifenden Umschwungs. Bekanntlich sollte die Industriepro- duktion im laufenden Jahre um 45 Proz. gesteigert werden. Indessen bezeichnet Stalin die tatsächliche Durchführung des Jahresplancs alsbuntscheckig". Während einige Industrie- zweige in den. verflossenen 5 Monaten ihre Produktion um 20 bis 45 Proz. im Vergleich zum Vorjahre erhöht haben, haben die anderen ihre Produktion nur um 6 bis 10 Proz. und weniger gesteigert. Das Schlimmste nach Stalin ist, daß zu den im Rückstand befindlichen Industriezweigen die Kohlen- gewinnung und die Metallurgie, also die entscheidenden Zweige der Schwerindustrie gehören. Dadurch wird der Fünf- jahresplan, der auf die Schwerindustrie eingestellt ist, ungemein gefährdet. Stalin polemisiert zwar gegen dieSpießbürger um die Partei", die behaupten, daß das Produktionsprogramm für 1931 unreal und undurchführbar sei. Aber er muß selbst zu- geben, daß die Lage ernst ist, indem er die wunden Punkte des Experiments enthüllt: Mangel an Kapital, Mangel an quali- fizicrten Kräften. Auch auf dem Gebiete der Industrie wurde dasSchwind- ligwerden vor lauter Erfolgen" zum Verhängnis. Man er- weiterte die Produktionsprogramme ins Uferlose. Man spielte mit der Inflation. Man träumte von geldloser Wirtschaft und vernachläsflgte jegliche kaufmännische Wirtschaftlichkeit. Die Staatsbank, dachte man, wird schon alles bezahlen! Nun kam die Stunde des Erwachens. Stalin stellt in seiner Rede fest, daß die finanzielle Grundlage des Fünfjahresplan ins Schwanken geraten ist. Die bisherigen Hilfsquellen der Kapitalaufhäufung reichen für die weitere for- eierte Entwicklung der Industrie nicht mehr aus. Dutzende von Milliarden Rubel sind in die Schwerindustrie hineingesteckt worden.Woher wurden diese Milliarden geschöpft?" fragt Stalin und antwortet selbst:Aus der Leichtindustrie, aus der Landwirtschaft und aus dem Staatshaushalt". Stalin verrät hiermit das Geheimnis der ursprünglichen sozialistischen " Kapitalakkumulation. Sie bestand bisher in der ungeheuren Drosselung des Dolkskonsums, in den überhohen Preisen für Fertigwaren, in der Ausplünderung der Bauernschaft durch diePreisschere", durch die Steuer- schraube, durch die gewaltsame Getreidebeschaffung zu festen Spottpreisen. Ein Drittel des Volkseinkommens wurde auf diesem Wege dem Moloch der Industrialisierung zum Opfer gebracht. Jetzt aber versagen nach Stalin diese drei Hilfs- quellen. Insbesondere die Landwirtschaft, die in aller Eilere- konstruie.'t wird, fordert seGsl immer größere Milliarden- summen vom Staate. Es bleibt nach Stalin nur ein einziger Ausweg, nämlich, die Schwerindustrie selbst, die in den letzten Jahren Milliarden und Abermilliarden verschlungen hat, cnd- lich rentabel zu machen, um den Fünfjahresplan vom Scheitern zu retten. DieRentabilitätd er Schwerindustrie zu er- möglichen, ist das eigentliche Ziel. Die Arbeitsleistung muß er- höht, die Gestehungskosten müssen herabgesetzt werden. sonst wird das gesamte Experiment scheitern. Daher die Einstellung der Hetze gegen die Spezialisten, die noch nicht ausgerottet sind, daher die Umwandlung der Wirtschastssührer zu tatsächlichen Betriebsleitern, viel- mehr Fabrikdirektoren, daher die Anerkennung des

Königsberg . 16. Juli. (Eigenbericht.) Der Rittergutsbesitzer Willi K r o e ck auf Tiefentkamm im ostpreutzischen Kreise Wehlau beantragte am 19. September 1928 Osthilfe. Seine Ehefrau hatte auf dem Gut ein« Hypochek von 50 900 M. stehen. Gleichzeitig mit dem Antrag auf Osthilse stellten sich eheliche Differenzen ein. Die Frau verlangte eine Entschädigung. Es wurde ihr der gesamte Viehbestand im Werte von 60 000 M. übereignet. Im Jahre 1927 mar Tiesentkamen auf 556 800 M. geschätzt worden. Nach dem Antrag auf Oschilfe verlangte die Landesbank neue Schätzung. Am 31. Januar 1929 erfolgte die neue Abfchützung. Der Rittergutsbesitzer führte dabei dem Taxator den prächtige« Viehbestand vor. verschwieg aber, daß da» Vieh ihm nicht mehr gehörte. Infolge dieser Täuschung wurde die frühere Schätzung für zutreffend erklärt. Am l5. April 1929 wurden 154000 M. aus Mitteln der Ost hilf« ausgezahlt. Trotz dieser ansehnlichen Subvention machte Herr Kroeck Bankrott . Bevor das Gut unter den Hammer kam, oerschleuderre

Prinzips des differenzierten Arbeitslohnes, daher die Abschaffung der Fünftagewoche, daher die rücksichts- loseste Durchführung des Grundsatzes der kaufmännischen Berechnung von oben bis unten. Ob die neuesten Richtlinien, die im Munde Stylins soviel wie Staatsdekrete find, ausreichen, um den Mangel an ökonomischen und kulturpolitischen Voraussetzungen für den sozialistischen Aufbau zu ersetzen oder wenigstens das Gelingen des Fünfjahresplancs zu sichern, bleibt dahingestellt. Man kann wohl eine Arbeiteraristokratie mit dem Mittel des diffe- renzierten Arbeitslohnes aufzüchten, man kann aber dadurch die Arbeiterklasse als Ganzes nicht auf eine höhere Stufe heben. Man kann zwar die dezimierte Intelligenz zur Mitarbeit auf- fordern, man kann aber nicht bei Fehlen der geistigen Freiheit die notwendige Arbeitsfreude und schöpferische Initiative der technischen Intelligenz sichern. Man kann die weitere Durch- führung der technologischen Seite des Fünfjahresplanes mit neuen Antreibe- und Verlockungsmethoden versuchen, man kann aber nicht mit der gepanzerten Faust der Diktatur die ökonomischen Gesetze vergewaltigen. Die letzte taktische Umstellung Stalins ist nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein parteipolitischer Schachzug. Unsere Politik, versichert Stalin , besteht gar nichtinderVerwandlungderkommunistischen Partei ineine abgeschloss�eneKast e". Damit hat er das offene Geheimnis verraten, daß die bolschewistische Partei in den Augen der Arbeiterklasse und des ganzen Volkes als eine K a st e, als ein privilegierter Herrscher- st a n d gilt. Die von Stolin in seiner Rede aufs neue ver- suchte Liebäugelei mit denParteilosen" unterstreicht nur die wirkliche Sachlage". Stalins Rückzug ist als Umgehungsmanöver gedacht, das eine Atempause bringen soll.

Faschisten greifen papstvLügen" an. Brutale Erwiderung auf die Botschaff. Rom . IS. Juli. Da» Direktorium der Faschistischen Partei, da» unter Borsitz Mussolinis im Palazzo VcNezia tagt«. Hot zu der kürzlich erschie- ncnen päpstlichen Enzyklika folgende drei Erklärungen angenommen: 1. Das Direktorium der Faschistischen Partei protestiert auf da» bestimmteste gegen die Behauptungen einer kürzlich erschienenen päpstlichen Enzyklika, wonach der Eid der Schwarzhemden mit Rücksicht auf dos Brot, die Laufbahn oder da» Leben abgegeben werde. Di« Schworzhemden hoben bewiesen, dqß sie auf Brot, Lauf- bahn und auch das Leben verzichten können, wenn es für das Bater­land oder die faschistische Revolution notwendig ist. Di« schwer« Be- leidigung wird deshalb zurückgewiesen, mit der man versucht hat,

Frau Kroeck den Viehbestand für 36 000 M. und stellte das Geld ihrer zwanzigjährigen Tochter als Bietungskaution zur Der- fügung. Die Tochter ersteigerte das Gut. Di« Familiensanierung war geglückt, die ehelichen Differenzen, die zur Schiebung gehört hatten, hörten prompt auf. Der Herr Rittergutsbesitzer lebt jetzt mit seiner Frau in Köslin von den Erträgnissen des von der Tochter verwalteten Gutes. Die Staatsanwalt erhob wegen der Schiebung mit dem Vieh- bestand Anklage gegen Herrn Kroeck wegen Betrüge«. Im Prozeß beantragt« der Staatsanwalt gegen den Rittergutsbesitzer 6 Monate Gefängnis. Das Urteil lautete auf 400 vi. Geldstrafe. Nach dem Empfang von 154 000 M. Osthilf« und einem Bankrott, der Familie und Gut auf so günstige Weise aus Kosten der Gläu» biger gesund gemacht hat, wird Herr Kroeck diese 400 M. mit Vergnügen bezahlen. Derartige Schiebungen mit der Osthilse, noch mehr ober der- ortige Urteile müssen in der gegenwärtigen Situation autzervrdent- lich provozierend wirken!

j ihre durch Opfer schon bewiesene Treue zu erniedrigen. Di« Fa- schistische Partei ist nicht eine Partei wie die übrigen früheren und gegenwärtigen Parteien, sondern eine Kampforganisation militärischer Art, die eine Revolution gemacht hat und die die Pflicht hat, diese gegen jeden zu verteidigen. 2. Da» Direktorium der Faschistischen Partei lehnt mit Eni- rüstung und mit genauer Kenntnis der Tatsachen die Behauptungen ab, die in dem kürzlich vom Vatikan an das Ausland gerichteten Appell enthalten sind, wonach die Freimaurer wieder zu An- sehen in den Reihen der Partei gelangt seien. Die Haltung der Faschistischen Partei war und ist in dieser Beziehung außerordentlich klar. Das Direktorium der Faschistischen Partei wacht, um zu ver- meiden, daß die alten Ueberbleibsel der dcmokratisch-steimaurerisch- liberalen Kreise in irgendwelcher Weise wieder irgendwelche Tätig- keit und sei es nur am Rande des Regimes wiederaufnehmen können. Nach dieser Klarlegung stellt das Direktorium der Faschi- stischen Partei das unerhörte Bündnis fest, das sich zwang»- läufig zwischen dem Vatikan und der Freimaurerei gebildet hat, die heute durch die gemeinsam! Feindschaft gegen den faschistischen Staat verbunden sind. 3. Das Direktorium der Faschistischen Partei protestiert gegen die Lügen und wendet sich gegen die Behauptungen, die in einer aus vatikanischer Quelle stammenden ausländischen Note gegen die faschistischen Knabenoerbände B a l i l l a enthalten sind, die die Kraft, der Stolz und die Sicherheit des faschistischen Regimes sind, und erklärt, daß es niemandem erlaubt sein darf, eine große Orgo- nisation zu verleumden, für die Tausende von streng ausgewählten Faschisten, Tausende von Lehrkräften der öffentlichen Schulen und 2000 Kapläne arbeiten, eine Organisation, die diejenigen vorbereiten soll und vorbereiten wird, die die faschistisch« Revolution fortsetzen werden. Das Direktorium fordert olle Faschisten auf, daran mit- zuwirken, daß der faschistische Knabenoerband bald unter den Fahnen de» Littorenbündels die neuen Generationen voll ständig ver- einigt.

75 Mark Geldstrafe! Oer Tarif für freche Ehrabschneider. Lischosswerda, 16. Juli. (Eigenbericht.) Das Amtsgericht Bischofswerda verurteilt« den nationolsozia- listischen Bezirksleiter in Bautzen . Hartwig, wegen Beleidi- gung eines sozialdemokratischen Ortsgruppenoorsitzenden zu 75 Mark Geld st rase. Hartwig hott« den Sozialdemokraten, der einige unerhörte Schweinereien in der nationalsozialistischen Ortsgruppe aufgedeckt hatte, als«inen ganz ausgekochten Lügner, Verleumder und eine erbärmliche Kreatur bezeichnet. Hartwig ist wegen verschie- dener Delikte, darunter auch wegen Betrugs, vorbestraft. Unter der Anklage der Banknotenfölschung saß er schon in Untersuchung»- hast. In der Begründung des Urteils betont« der Richter, daß Hart- wig eigentlich wegen der schweren Beleidigungen eine Gefängnis- straf« oerwirkt habe, daß da» Gericht aber Milde habe walten lassen, weil die Beleidigungen im politische» Kamps« ersolgt sind-