Morgenausgabe
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48.Jahrgang
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Vorwärts
Berliner Boltsblatt
Sonnabend
18. Juli 1931
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Brüning und Curtius abgereist.
Der Reichskanzler für deutsch - französische Berständigung.
Brüning und Curtius sind abgereist. Was wird| fterialdirektor Dr. Graf Schwerin, von Krosigt( Reichs-| treten, dessen Ergebnis, wie ich hoffe, den Weg für eine vertrauensdas Ergebnis ihrer Reise sein? Das ist eine Schicksalsfrage finanzministerium). für uns alle.
Weder die wirtschaftliche Lage in Deutschland , noch die deutsch - französischen Beziehungen fönnen bleiben, wie sie sind. Sie müssen in den nächsten Tagen viel besser werden oder oder viel schlechter!
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Deutschland braucht eine Milliardenanleihe. Es ist selbstverständlich, daß derjenige, der Geld braucht, nach den Be= dingungen fragt, unter denen er es haben kann. Geld, soviel man haben will, ohne Bedingungen bekommt man pielleicht im Himmel, aber bestimmt nirgends auf Erden.
Wie die Bedingungen wirklich und endgültig aussehen merden, weiß heute noch niemand. Es kann daher auch niemand sagen, ob sie annehmbar sein werden oder unannehmbar.
Möglicherweise werden sie so sein, daß sie auch nach unserer Ansicht unannehmbar sind und daß wir ihre Ablehmung durch die Vertreter Deutschlands billigen. Es ist aber ebensogut möglich und zweifellos münschensmerter, daß ein Einvernehmen erzielt wird, das die Krise überwinden hilft und die deutsch - franzöfifchen Beziehungen verbessert. Ein solches Einvernehmen zu vereiteln, sei es durch Festhalten an unbilligen Bedingungen, sei es durch Ablehnung billiger, wäre ein Verbrechen.
Die Teilnahme Englands und Amerikas an den BerhandDie Teilnahme Englands und Amerikas an den Berhandfungen ist eine starke Garantie für das Gelingen. Denn sie birgt für den Unnachgiebigen die Gefahr der moralischen Isolierung.
In Berlin aber und in Paris - besonders in Paris - sollte man aber überlegen, ob es nicht für Frankreich und für Deutschland besser wäre, wenn sie einander verstehen könnten auch ohne die Hilfe eines Dritten.
Man fann hoffen, daß Engländer und Amerikaner den Weg der Billigkeit und des gesunden Menschenverstandes zeigen werden. Dafür werden wir ihnen dankbar sein. Aber schöner wäre es, wenn Deutsche und Franzosen diesen Weg allein finden könnten!
Die deutsche Sozialdemokratie hat alles getan, mas fie fann, um den schweren Weg, den Deutschland jetzt zu gehen hat, zu erleichtern. Ihr Bemühen hat bei den französischen und den englischen Sozialisten Verständnis und Unterstützung gefunden.
Die deutschen Nationalisten wollen nicht den Erfolg, sondern den Mißerfolg, nicht die Sanierung, sondern die Katastrophe, nicht die Verbesserung der deutsch - französischen Beziehungen, sondern die Berschlechterung. Sie sind entschlossen, die Vertreter Deutschlands bei ihrer Heimkehr mit Schmähungen zu empfangen.
Die Sozialdemokratie wünscht Brüning und Curtius Erfolg und wird sie nach ihren Taten beurteilen.
Kabinettsbeschlüsse vor der Abreise.
Die deutsche Delegation für Paris und London . Amtlich wird mitgeteilt: Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning und unter Beteiligung des Reichsbankpräsidenten Dr. Luther befaßte sich das Reichskabinett geffern in eingehender Aussprache mit der gesamtpolitischen Lage.
Im Hinblid auf die Abreise der deutschen Delegation nach Paris und London murden bereits heute diejenigen wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen grundsätzlich beschlossen, die für die nächste Zukunft erforderlich sein werden. Nähere amtliche Mitteilungen hierüber folgen gesondert,
Im gleichen Zusammenhang wurden alsdann diejenigen Probleme durchgesprochen, die mit der bevorstehenden politischen Aussprache in Paris und der Anfang fommender Woche in Condon stattfindenden internationalen konferenz zufammenhängen. Die deutsche Delegation wurde wie folgt zusammengesetzt:
Zu den politischen Besprechungen nach Paris begeben sich heute abend Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsminister des Ausmärtigen Dr. Curtius mit je einem Referenten, fomic Staatssekretär Dr. von Bülow ( Auswärtiges Amt ) und Mini
An der Londoner Konferenz werden von Montag nächster Woche ab außer den vorgenannten Persönlichkeiten noch Staatsjefrefär Dr. Schäffer( Reichsfinanzministerium), Ministerialdirektor Dr. Zechlin( Reichspresseabteilung) und Geheimer Finanzrat Dr. Bode( Reichsbankdirektorium) feilnehmen.
Bei der Bedeutung der bevorstehenden politischen Berhandlungen bleiben die übrigen Reichsminister in Berlin verjammelt. Das Reichsfabinett unter Leitung des Bizekanzlers und Reichsminiffers der Finanzen, Dietrich, wird durch den Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Pünder in ständiger Fühlung mit der deutschen Delegation bleiben.
Eine Kundgebung Brünings.
volle Zusammenarbeit freimachen wird.
Die bevorstehende Aussprache fann um so fruchtbarer sein, als mir gleichzeitig Gelegenheit haben werden, auch mit dem englischen Außenminister und dem amerikanischen Staatssekretär zusammenzukommen. Von Paris werden wir auf eine Einladung der eng lischen Regierung nach London weiterfahren, um den begonnenen Gedankenaustausch dort fortzusetzen. Ich hoffe, daß diese persönlichen Fühlungnahmen zur Klärung der Lage beitragen und einen sichtbaren Beweis internationaler Solidarität geben werden.
Die Abreise des Reichsfanziers. Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsaußenminister Dr. Curtius sind mit den Herren ihrer Begleitung heute abend um 10 Uhr mit dem fahrplanmäßigen Nordexpreß nach Paris a b
Reichskanzler Dr. Brüning gab furz vor seiner Abreise nach gefahren.
Nachdem die Reichsregierung die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um den Gefahren zu begegnen, die aus den schweren Erschütterungen des deutschen Geld- und Kreditsystems drohen, ist legten Rundfunkrede zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach
mir nun die Möglichkeit gegeben, den von mir schon in meiner
einem persönlichen Meinungsaustausch mit den französischen Staatsmännern zur Durchführung zu bringen. Der Herr Reichsaußenminister und ich fahren nach Paris mit dem festen Billen, in einen offenen gegenseitigen Meinungsaustausch einzu
Auf dem Bahnhof Friedrichstraße hatten sich außer einer großen Menschenmenge der französische Botschafter de Margerie, der englische Botschafter Horace Rumbold mit Botschaftsrat Newton, ferner Staatssetretär Dr. Bünder und eine Reihe von Herren des Auswärtigen Amtes zur Verabschiedung eingefunden.
Während der Reichstanzler und der Reichsaußenminister für einige Augenblicke den Photographen und Filmoperateuren zur Verfügung standen, wurden ihnen aus der Menge herzliche Wünsche zugerufen.
Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsaußenminister Dr. Curfius werden, wie Havas mitteilt, am Sonnabend um 16 Uhr vom Ministerpräsident Laval und den Ministern feines Kabinetis empfangen werden. Die für Sonntag vorgesehenen Berhondlungen würden einen mehr allgemeinen Charakter tragen, da außer den deutschen und den französischen Ministern der ameritanische, englische und italienische Außenminister aufgefordert würden, an diesen teilzunehmen. Diese Berhandlungen würden fich wahrscheinlich nicht über Montag früh hinaus verlängern. Da die englische Regierung für Montag abend in London eine konferenz der Regierungen zur Prüfung der durch die deutsche Krise entstandenen Lage einberufen habe. Aber es verstehe sich von selbst, daß
diese Londoner Konferenz nur Zwed haben könne, wenn eine vorläufige grundsätzliche Einigung zwischen den deutschen und den französischen Ministern über die Bedingungen der franzöfifchen Mitwirkung zur finanziellen Wiederaufrichtung Deutschlands erreicht worden sei.
Anmerkung des WIB.:
Wie wir hierzu feststellen können, ist die Aussprache des Reichsfanzlers und des Reichsaußenminifters mit den französischen Staatsladung nach Chequers befchloffen und in der Rundfunkrede männern bereits im Zusammenhang mit der Annahme der Eindes Reichstanzlers vom 23. Juni angekündigt worden, in der er das Bestreben nach einer Ueberwindung der Schwierigkeifen zwischen Deutschland und Frankreich und die Notwendigkeit zur gemeinsamen feelischen Ueberwindung des Bergangenen befont hat. In diesem Sinne ist der Besuch der deutschen Minister gedacht, und es ist beabsichtigt, dabei ebenso, wie das in Chequers mit gutem Erfolge geschehen ist,
einen gegenseitigen vertrauensvollen Meinungsaustausch zu führen.
Es ist selbstverständlich, daß in diesem Zusammenhange auch Probleme berührt werden, die nachher den Gegenstand der Londoner Konferenz bilden werden. Aber eine Borwegnahme der Beratungsgegenstände dieser Londoner Konferenz fann natürlich nicht in Frage fommen.
Heute um 4 Uhr erste Beratung in Paris . Paris , 17. Juli. ( Eigenbericht.)
In Erwartung des Reichskanzlers und seiner Begleitung haben am Freitagvormittag in Paris verschiedene Besprechun= gen stattgefunden. Ministerpräsident Laval empfing zunächst in Begleitung des Finanzministers Flandin den amerikanischen über die die Kommunisten ihren Gläubigen so- Staatssekretär Stimson und den amerikanischen Botschafter in viel vorzulügen wissen, sieht so aus, daß die Baris Edge sowie den englischen Außenminister Henderson und Sozialdemokratie in Berlin im letzten Quartal den englischen Botschafter Lord Tyrrell. Im Verlauf dieser Untertrotz aller bestehenden Not ihren Mitglieder- redung teilte Laval die Ankunft Brünings und Curtius offiziell mit und unterrichtete die Amerikaner und Engländer über die Ansichten bestand um 2800 erhöht hat. Nach den des französischen Kabinetts hinsichtlich der deutschen Finanzkrise und Angaben der Abteilungen betrug die Mit- der Beschlüsse des Ministerrats am Donnerstagabend. Eine Ausgliederzahl am Schluß des I. Quartals 1931= sprache über den französischen Aktionsplan hat nicht statt79 263 und nach Abschluß des II. Quartals gefunden. = 82075.- Ein Bravo den Funktionären! Und nun erst recht:
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Wo bleibt der zweite Mann?
I. A.: Alex Pagels.
Anschließend hatte Ministerpräsident Laval eine Unterredung mit dem italienischen Botschafter Grafen Manzoni, der ihm mitteilte, daß Außenminister Grandi auf der Reise nach London am Sonntagvormittag in Paris eintreffen werde. Man erwartet, daß die französischen Minister auch eine Besprechung mit Grandi führen. Eine Teilnahme Grandis und eines belgischen Delegierten an den Pariser Verhandlungen ist vorläufig jedoch nicht vorgesehen. Die Italiener und Belgier werden wahrscheinlich erst bei den Londoner Ministerbesprechungen zugegen sein. Ueber die Teilnahme Frankreichs an dieser Konferenz ist noch fein Beschluß