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Unglück in der Löwenstraße

Von M. B. Forster

An der Basse, die mit Winkelzügen einige der belebtesten Straßen der Stadt verbindet, mar zwar das Schild mit der Be­zeichnung Löwenstraße neueren Ursprungs, doch an der Natur des Derhuselten Bassenüberbleibsels hatte sich damit wenig geändert.

Immer wieder, in einem Jahrzehnt wie im anderen, saßen zu­meist ältliche oder meißhaarige Menschen in oder vor den Häuschen. Immer aufs neue wurden goldglänzende Uhren aus gestanztem dünnem Messingblech unter Glasballons, daneben schadhafte Reiter­pistolen, verschnörkelte Kommoden und schadhafte Miniaturen in den Derlassenen Lädchen ausgestellt, an deren Türen schetternde Blech­glocken den seltenen Käufer meldeten.

Kinder fah man faum, und vormärtstreibendes junges Blut rettete sich sobald wie möglich aus der muffigen in die bewegtere, herbere, auch sonnigere Luft der Umgebung, schwang sich in weitere 3onen.

Das unter dem Gebot elterlicher oder verwandtschaftlicher Macht noch in der märchenhaft stillen Welt der Gasse ausharren mußte, dieses heranwachsende, dünn gefäte Geschlecht guckte sehnsüchtig zum engen Streifchen Himmelsblau wie zu mondbeglänzten Dächern auf, es erwartete Erlösung durch irgendeinen Zauberspruch oder plante fpätere Empörung.

Vielleicht war es gerade dieser Berzicht der Bejahrten, die der spärlichen jugendlichen Einwohnern eine tüchtige Prise herausfordern­der Reckheit, das heiße Verlangen nach lautem Streit wie nach irgend. welcher Betätigung schenkte. Die Jungen waren brüst daherschrei­tendes Bolt, die Mädchen marmorschön und bleich oder zigeuner­braun. Verhaltene Glut, Feuer in der Einsamkeit!

Am Ende eines zeitigen Frühlingstages, als milder Atem selbst das Reich der grauen Gasse berührte, huschte Frau Mechanikermeister und Verbandssekretär Wilhelmine Heinze nach einem Nachbarhause, über dunklen Flur und fnisternde Treppe. Rasch, noch bevor ihr Klopfen hinter der Stubentür verhallte, betrat sie die schon völlig Don Abendschatten beherrschte Wohnung des Schreinermeisters

Moser.

Frau Moser erhob sich aus den Rohrstuhlkissen, ging dem Be­such stumm entgegen. Die Frauen näherten ihre Gesichter in der Finsternis auf Handbreite, tauchten die Blicke fest ineinander, fahn­deten im Gegenüber nach tiefster Einsicht in den Ernst der Lage, von dem seit wenig Wochen verschiedene Häuser der Löwenstraße mehr oder weniger beschattet waren.

Beide Frauen verstanden sich: ganz Mitgefühl hier, offenfun­diger Dank für die Abendvisite dort. Und auf beiden Seiten feuchte Augen.

gleiche. Mich wundert nur, daß er bei dem Bösewicht nicht schon Minderwertigkeitstomplege festgestellt hat."

Berwundert horchte Frau Heinze auf. Sie scheinen Gedanken zu lesen, Herr Moser. Gerade davon hat er wiederholt gesprochen. Trotzdem wird er den Schulbigen strafen. Zugunsten des Ansehens unserer Straße will er zugreifen; meiteres Aufsehen müſſe unbe­dingt verhindert werden. Da werde ihm jeder zustimmen, auch wer fein Moralist sei."

Herr Moser zog den besseren Rod an, nahm den Hut: Ach, die geschäßte Moral!" rief er." Sie entschuldigen schon, Frau Nachbarin, wenn ich mich entferne. Der Dämmerschoppen im Rats­ftüble muß nachgeholt werden, um den Merger hinunterzuspülen. Gruß an den Herrn Gemahl, und er solle mit seiner Donnerbüchse feinen Unfug anrichten zu allem bereits vorhandenen Unheil." Wiedersehen, Herr Moser! Und nehmen Sie sich die peinliche Sache weniger arg zu Herzen."

*

Nachts gegen zwölf Uhr, als Windlers große weiße Kaze Kleo patra foeben die Nase an der Fensterscheibe platt stieß, weil an einem gegenüberliegenden Gebäude wohlvertraute, süß empfundene atonale Mufit laut wurde, drückte der Mechanifermeister Heinze

bie Büchse los, denn im Mondschein mandelte und fang der häßliche Derliebte Sünder, der Kater Mumme. Mit Donnergetöse flng eine Ladung Schrot in das Stadtviertel und zugleich bohrten sich einige Körnchen in das weniger lebenswichtige Viertel des Staters.

Entfezt mich Kleopatra vom Fensterbrett; verstört, mit Behe rufen statt neuer Liebeserklärung, souste ihr grauer Galan dapon. Spornstreichs steuerte er seinem Standquartier zu, fauchte eine Treppe hinauf, nahm noch eine Stiege in gewaltigen Sägen, bis er sich im vertrauten Speichermintel sicher fühlte. Da erst mim­merte er gelockerter in sich hinein, belecte auch ausgiebig den dick­fleischigen Siz hinterer Minderwertigkeitsfomplete nach Freud in

erbärmlichem Leide.

Massatriert nach dem Wunsche des Herrn Heinze mar er affo zweifellos noch nicht.

Verdammt und zugenäht! so etwa empfand er. Du bagiebst dich mit deiner Liebe in die Löwenstraße; hübsche Tiere sehen dich an, mit bernsteinfarbenen Augen; aber ein Vertreter der Mensch­heit schießt, und du bist gezwungen, den Schwanz einzuziehen und zu flüchten vor einem Feuer, das fehl am Orte ist. Eine sonder­bare Welt, das darf man wohl sagen. Eine fazenjammervolle Welt!-

Er verfann sich in bunte Phantastereien.

Allein im folgenden unruhigen Schlafe gespensterte bereits die Absicht durch seine Träume, demnächst, statt in der Löwenstraße, in der Rheingasse fein Glück weiter zu versuchen, wo er eine an lehnungsbedürftige orientalische Schönheit wußte, der unverbessers liche Rater Mumme.

Tilman Riemenschneider

Zu seinem 400. Todestag am 18. Juli

gesteigerten Geschossen, das Zusammenwirten zahlreicher oft über. lebensgroßer Gestalten und Bildszenen in einem gewaltigen Architek turgefüge, die Pracht der plastischen und farbigen, mit Bergoldung erhöhten Einzelheiten steht einzig da in der Kunst aller Völker und mird zur Erhabenheit gesteigert durch ihre Einordnung in das hohe Gewölbe des gotischen Chors und feine Raumschönheit. Faßt man den ergreifenden Eindrud der einzelnen Gestalten Riemenschneiders zusammen mit jener göttlichen Symbolik gotischer steil aufschießender Architektur von Altar und Kirchenchor, so muß man mohl gestehen, daß dies zu den stärksten und erschütterndsten Eindrücken der Kunſt gehört.

Wie viele seiner Zeitgenossen in der stürmischen Uebergangszeit| lichen Geistes gehören. Das System des Aufbaues in kunstvoll Dom Mittelalter zur ,, Renaissance" hat Tilman Riemenschneider ein vielbewegtes Leben geführt. Um 1460 in Osterode a. Harz geboren, führte ihn das übliche Wanderleben des Gefellen als Bilbhauer an den Rhein über Kolmar , mo er wohl bei Schongauer gearbeitet hat, und Nürnberg schließlich nach Würzburg ( 1483), mo er dann bis zu feinem Tode am 18. Juli 1531 geblieben ist. Seine Werkstatt ver­forgte die Städte und Dörfer Unterfrankens mit jenen großen Schnizaltären, von denen heute noch, nach vielen und gründlichen Zerstörungen, der Heilige Blut- und der Annen- Altar in Rothen burg o. Tauber und der in der Herrgottskirche zu Creglingen an Ort und Stelle zu sehen sind; während 3. B. von dem gewaltigen Hoch altar im Dom zu Würzburg , mie von dem Münnerstädter und zahl= reichen anderen nur Bruchstücke in öffentlichen und privaten Samm­lungen erhalten sind. Die späteren Umbauten der Kirchen von der Barodzeit bis zum 19. Jahrhundert haben uns unzähliger kostbarer Werte unserer großen Gothiker beraubt.

Frau Moser, Sie glauben schmerlich, wie weh mir Ihre so schlimme Erfahrung tut! Auch mein Mann läßt grüßen. Ueber die Unglücksbotschaft hat er fast seine geliebten Bücher vergeffen, Don denen er sich ungern trennt. Er fühle mit Ihnen, und mas an ihm sei, die Löwenstraße von schlechten Gästen zu säubern, das folle geschehen. In der Aufregung, als er von Ihrem Mißgeschick erst am Schlusse seines Lebens gehabt. Er stand beim Bischof und hörte, hat mein Mann die Flinte aus dem Schrant gerissen Er beabsichtigt-?"

Mindestens," so schimpft er, gehöre fich ein Schredschuß oder

zwei für den Uebeltäter: richtiger noch eine Badung Schrot. Mein Mann wird bestimmt Rache nehmen, so erbost ist er. Roch am Sonntag hat er an Ihr Lieschen fürsorglich gebacht. Bilhelmine, fo erklärte er mir, bereits orei Häusern unserer Straße ist unwill. tommene Rochfommenschaft sicher. Warne Mojers vor der gleichen Erfahrung. Ihr Lieschen ist zu gut dazu, das sollte Tag und Nacht

behütet perben. Das mar Sonntags, und schon heute mird uns bruhmarm berichtet, daß auch Ihr Lieschen Frau Moser, liebst: Frau Moser, wohin gelangen mir in dieser zerrütteten Zeit!"

Daß sich gleich drei oder vier so hübsche Besen von dem häß­Tichen, ruppigen und struppigen Sünder in einigen unbeobachteten Minuten mürden einlullen lassen, das auszudenken, ging über un­seren Berstand hinaus."

Ihr Lieschen, so meinte ich immer, mürde nie in solche Klauen fallen."

"

Wir haben sie angefaßt wie ein rohes Ei und sie umsorgt mie das einzige Kind. Vor zwei Wochen allerdings fiel uns ihre plögliche Unruhe und Buzsucht auf; darauf hätten mir- mohl mehr achten sollen. Auch weilte sie öfter als sonst am Fenster. Allein mer vermutet gleich ärgstes Erleben!"

,, Bo befindet sie sich, wenn man sich erfundigen darf?" In der Kammer nebenan liegt sie, fast teilnahmlos. Ein frecher Strid-!" " Wahrscheinlich fiegte er, weil die schönere Ronkurrenz fehlte," fuhr eine tiefe Stimme aus der Ofenecke dazwischen. Ach, der Herr Moser ist zugegen!" begrüßte der Besuch den

Hausherrn.

Riemenschneider hat aber fein größtes und tragisches Erlebnis Domkapitel von Würzburg , nicht minder bei der Bürgerschaft in so hohem Ansehen, daß er von 1503 bis 1525 Ratsherr und eine Zeitlang auch Bürgermeister gewesen ist. Der Bauernfrieg 1525 ließ ihn, wie die Stadt Würzburg für die Unterdrückten Partei ergreifen, und nach der graujamen Niederschlagung dieser ersten großen Revolution hat auch er bie Rache des Bischofs spüren müffen, der ihn einterferte und den Folterfnechten überantwortete. Mit mühe entging der große Meister dem Henterstode, und sicher ist, daß er seitdem nichts mehr geschaffen hat. Die But der Tyrannen hat diesen großen Geist zugrunde gerichtet. Es verdient bemerkt zu werden, daß dieses Jahr der politischen Wende 1525 auch das Schicksalsjahr der deutschen Kunst und Kultur gewesen ist. Wie man Reattion hier auch zusammengewirkt haben: die große Zeit der deut­es nehmen mill, melche Gründe wirtschaftlicher, religiöser, fultureller schen Kunst, die etwa ein Jahrhundert umfaßt, ist um die Mitte der zwanziger Jahre beendet; und nicht bloß darum, weil fast alle Großen in diefen Jahren gestorben sind.

Die romantische Epoche hat schon vor hundert Jahren den Todestag Riemenschneiders, wie vorher den Albrecht Dürers, festlich begangen. Man empfand damals durchaus die geistige Verwandt­schaft mit dieser Zeit großartigen Aufschwungs und die Herrlichkeit der spätgotischen deutschen Kunst. Das superfluge 19. Jahrhundert hat dann in faft abenteuerlicher Weise an dem Bilde Tilman Riemenschneiders herumgemäkelt und aus seinem Wert alles Be­deutende entfernen wollen. Es war fein Geringerer als Wilhelm Bode, der Riemenschneider den Creglinger Altar und andere Haupt­merte aberfannte und aus ihm einen ziemlich mittelmäßigen Bild­schniger machte. Die neuere Forschung aber hat ihm alle Werke zurüdgegeben und die Größe dieser einzigartigen Persönlichkeit un­

Paul F. Schmidt.

Weiße Flecke

Der englische Forschungsreisende Bertram Thomas , dessen Berichte über seine Durchquerung der arabischen Sandmüste gegenwärtig in der englisch - amerikanischen Presse zu erscheinen be­ginnen, hat wieder einen meißen Fled, und zwar einen nicht un­beträchtlichen, non der bunten Karte der Welt getilgt. Denn das von ihm erforschte Gebiet, nicht meniger als anderthalbmal so groß

wie Frankreich , von den Küstenarabern als das Reich der Djinn 3, der bösen Dämonen bezeichnet, in das fein Weißer je Eintritt fand, mar dor Thomas so unbekannt, als ob es auf dem Monde loge. Der Müftensano, jo ging die Sape, habe tort bie tuinen utler Städte unter sich begraben, die zu einer Zeit blühten, da noch eine Handelsstraße das ungeheure Sandmeer bes Inneren Südarabien­

Don Osten her durchquerte. Ob sich dort fruchtbare Dasen por­fänden, ob barbarische Stämme dort lebten, mußte man ebenso­wenig mie, ob die Ueberlieferung zutreffe, bas gewaltige Flug­fandmassen den vormigigen Reisenden dort erstickten. Nun, Ber­ tram Thomas hat zwar teine alten Städte vorgefunden, aber den­noch eine der bedeutsamsten Forschertaten der lezten Zeit vollbracht. Hauptschauplatz des Kampfes der Wissenschaft gegen das Un­bekannte wird wohl auch in der nächsten Zukunft die Antarttis sein, deren Erforschungsgeschichte schon heute unlösbar mit dem Namen des Admirals Byrd verknüpft ift. Ist die Antarktis ein großer Kontinent oder handelt es sich bei ihr um zwei Kontinente, die durch eine stets vereiste Meeresstraße voneinander getrenni werden? Wie sind ihre mächtigen Gebirgstetten entstanden? Wie beschaffen ist der Einfluß dieser gewaltigen Eis- und Schneemassen auf das Klima der Welt?

Bon weit geringerem geographischen Interesse ist schon die Arttis, obwohl auch sie bald wieder durch das fühne Unter­nehmen von Hubert Wilfins, der im Unterseeboot zum Nordpol streben will, die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich lenten Die Flüge von Amundsen, Ellsworth und Wil­

wird.

Allemal ist er da und meint, zubringlicher faßenfreundlicher antaftbar wieber hergestellt; ein seltsamer Beleg für die Fähigkeit fins haben es außer 3weifel gestellt, daß es im Polarmeer nörd der Kunstwissenschaft, mit der Linfen Unheil anzurichten und mit der Rechten dem wahren Gefühl für das Unsterbliche zum Siege zu versteht nur eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit, daß in anderen helfen.

Abhub habe leider glänzende Aussichten, Unerfahrene zu betören." Und so etwas spricht der Herr Moser aus?" Ja, meine beste Frau Heinze, mein Mann macht mir bittere Bormürfe, weil ich Lieschen zu selten in die frische Luft geführt hätte, unter Aufsicht

statt sie jest Gaudieben auszuliefern. Der Beweis ist da!" trumpfte Herr Moser auf.

"

Frau Heinze erinnerte begütigend an die Flinte ihres Mannes. Doch Herr Moser war micht völlig zufrieden. Frau Heinze," brummte er, wenn Ihr Herr Gemahl nach mehrfachem Standal mit dem Pascha furzen Prozeß macht, so ist er meines Segens ge= miß. Aber angebrachter wäre frühere Lynchjustiz gewesen, bevor die halbe Löwenstraße am Branger stand. Wie ich gestern im Ratsstüble vernahm, ist auch Koßmanns Jüngste, kaum von der Tante der Frau angelangt­

ebenfalls vertrauensselig genug gewesen, auf heimliche Fensterpromenaden hereinzufallen. Sie haben recht gehört. Ich habe die Botschaft direkt aus Koßmanns Hauje, durch das Dienst­mädchen. Die Familie ist wie vor den Kopf geschlagen. Berreißen fönnte man den Uebeltäter, mit avec sogar, bei lebendigem Leibe." Bei totem wäre die Mühe überflüssig!" spottete Herr Moser. Berlassen Sie sich auf meinen Mann. Bis in die Knochen empört ist er besonders, jeit Windlers Kleopatra Schicksalsgenoffin Ihres Lieschens ist und Jugend erwartet, von so einem charakter­lofen Gesellen."

,, Kleopatra!" fuhr Herr Moser empor, Kleopatra ! Ja, wenn so hochtrabende Namen por Bech schüßten! Die ganze verstiegene Windlersche Sippe hat man vor sich, wenn man den Namen ver­nimmt: Kleopatra ! Man fann nur laut lachen, verehrte Nach­

barin."

Mein Mann fühlt freilich anders," entgegnete Frau Heinze. Er trauert um die Kleopatra . Den unergründlichen Blid der Mona Lisa habe sie beseffen, behauptet er, und einen herrlichen Körper."

Abermals juchzte Herr Moser laut auf und schlug sich auf die Knie: Kleopatra ! Mona Lisa ! Jezt will ich Ihnen etwas sagen, Frau Heinze: 3hr werter Herr Gemahl lieft zu viel Bücher, ohne e zu verbauen; sonst verfiele er seltener auf fo verbohrte Ber

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Kunst, deren Wert als unveräußerliches Gut der Menschheit immer Denn Riemenschneider ist ohne Zweifel einer der Großen in der erhalten bleiben muß. Er gehört in die Reihe der Genies, die das deutsche Empfinden von der Tragit des Daseins rein und vollkommen ausgedrückt haben; er gehört an die Seite von Grünewald, Beit Stoß und Rembrandt . Das spürt man unmittelbar vor seinen holz­geschnigten Heiligengestalten, von denen das Deutsche Museum in Berlin eine föstliche Auslese in einem Raume versammelt hat( ein positives Verdienst von Bode und seinen Mitarbeitern!). Die Ein­fleibung seiner Weltanschauung in die üblichen Gestalten der christ. fleidung seiner Weltanschauung in die üblichen Gestalten der christ­lichen Legende fann auch eine ungläubig eingestellte Menschheit nicht irritieren. Es handelt sich bei diesen asfetisch hageren Gebilden ebenso sehr um eine Wiedergabe fatholischer Vorstellungen, als um das unmittelbare Erlebnis des menschlichen Leidens, das Riemenschneider in ihnen verförpert hat. Oft genügt nur eine Hand, ein tränenloser Schmerzensblick der gequälten Kreatur, um uns das unermeßlich Tragische des Lebens mit tiefer Erschütterung wahrnehmen zu lassen. Ja, es ist so, daß selbst die Kleiderhülle um seine Figuren in ihrer wilden Zerknitterung als Symbol leidenschaftlicher Klage erscheint; daß wir in diesen hart gebrochenen Falten dasselbe Gefühl der Zer­tnirschung und des Leidenmüssens sehen, wie in seinen hageren Ge fichtern und Gebärden. Gerade der Proletarier wird hier überall das Mit- Leiden mit der Qual unerbittlichen Daseins erleben, einen Spiegel feines eigenen Elends in den Gestalten des großen Bildners sehen. Denn ihnen allen, gleichgültig, mie ihre Namensbestimmungen lauten, ist von dem Meister das Zeichen der Lebensnot unauslöfch­lich eingebrannt.

Doch wird man seine Bedeutung völlig nur erfassen können beim Anblid eines der ganz erhaltenen Altäre, die man freilich in Creg lingen und Rothenburg im Taubertal aufsuchen muß( schöne Photo graphien davon hat die Kunstbibliothek in der Brinz- Albrecht- Straße ausgestellt). Die Kunst der ausgehenden Gotif gipfelte in diesen mächtigen Gebilden, die die ganze Höhe und Breite der Kirchenchöre einnehmen. Ihr Anblid mirft heute so überwältigend wie vor vier hundert Jahren, meil sie zu den größten Offenbarungen des mensch

lich der fanadijchen arttischen Inseln fein Festland gibt, und es be­unbekannten Teilen der Arktis Land vorhanden ist. Die Arktis ist heute hauptsächlich für die Meteorologen von Intereffe, da verläß­liche Wettervoraussagen ohne Stationen in diesem Gebiete nicht ge­macht werden können. Aber auch die Tiefenmessung des nördlichen Eismeeres ist von sehr großer Bedeutung, und zu diesem Zweck dient hauptsächlich die Erpedition von Hubert Wilkins . Doch nicht nur rings um die beiden Bole gibt es Arbeit für Forscher. Der südamerikanische Kontinent hat gleich­falls noch gewaltige unentbedte Gebiete aufzuweisen. Fast nichts wissen wir vom patagonischen Eistap, bem gewaltigten fontinentalen Eistap außerhalb der Polarçebiete. Nördlich davor dehnt sich der Gran Bajonal aus, cin riesiges, grasbewachsenes Tafelland, das vielleicht eines Tages besiedelt werden und heute von feindlichen Indianerstämmen bewohnt wird. Große Teile bes Gran Chaco , zwischen Paraguay und Bolivia , find, obwoh sie wiederholt Streitgegenstand für beide Staaten gewesen sind, nod: unerforscht. Die Pampa de Sacramento ist nur sehr wenig bekannt, und aus dem Gebiete der Zuflüsse des Amazonenstromes, östlich vom brasilianischen Hochland, kommen phantastische Berichte über unbekannte Boltsstämme und alte Städte. Und der größere Teil des Territor: ums zwischen den großen Zuflüssen des Amazonas in Bolivia , Ecuador , Kolumbien und Benezuela, südlich vom Drinofo, stellt ein Gebiet dar, wo der weiße Mann nur in der Gage lept. Die Suche nach dem Quellengebiete des Orinoto schließlich ist noch immer nicht abgeschlossen.

Wenn wir etwa noch große Teile 3entralaustraliens, die man zwar durchquert, aber nicht eigentlich erforscht hat, bas Ungapaland im Norden der fanadischen Provinz Quebec , Teile Nordsibiriens, in die bisher nur Nomadenstämme vorgedrungen find. Teile der Wüste Gobi , Tibets und der Lybischen Wüste er­wähnen, so dürfte die Aufzählung der unerforschten Gebiete der Erde wohl vollständig sein. Trog Aeroplan, Unterseeboot und Radio darf man wohl die Voraussage wagen, daß noch viele Jahre ver streichen werden, bevor der lekte meiße Fled von den Landkarten verschwunden sein und das Antlig der Erbe teine Geheimnisse mehr bergen mind. Dr. L. K