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Drei Forderungen.

Bon der Mißwirtschaft zur Birtschaftsführung.

Von Fritz Naphtali .

Die Anerkennung der Bordringlichkeit, das erschütterte Kreditgebäude in diesem Augenblick zu stützen und den stocken­den Zahlungsverkehr, von dem eine Lähmung auf die ganze Wirtschaft ausgehen muß, zunächst mit allen Mitteln wieder in Gang zu setzen, darf den Blick nicht dafür trüben, daß in diesen Krisentagen ein Maß von fapitalistischer Mißmirt­schaft vor der breitesten Deffentlichkeit entrollt worden ist, das dazu zwingt, mit den Forderungen zur organischen Um­gestaltung der Wirtschaftsführung Ernst zu machen.

Der Augenblick, in dem der Schleier zerrissen ist, hinter dem sich wirtschaftliche Fehlleitungen in großem Stile und einer Häufung von verantwortungsloser Mißwirtschaft im einzelnen verborgen hatte, darf nicht nur dazu dienen, einzelne Wunden auszubrennen oder zu verbinden, er darf nicht nur dienen zu einer ,, Sozialisierung der Pleiten", bei der das Reich helfend den kapitalistischen Risikoträgern beispringt, sondern er muß auch benutzt werden, um die seit langem notwendigen, aber auf Grund der Widerstände der Interessenten immer wieder ver­schleppten Reformen durchzuführen. Die Reformen, die den Weg von der kapitalistischen Mißwirtschaft zu einer plan= mäßigen Wirtschaftsführung und kontrolle weisen sollen, und die wir heute als vordringlich auf die Tages­ordnung setzen, stellen nicht einen Sprung vom Kapitalismus zum Sozialismus dar, sie stellen nicht eine plötzliche Ueber­windung aller Schäden der freien privaten Verkehrswirtschaft dar, die wir im Augenblick der Krise gar nicht für möglich halten, aber sie weisen die Richtung, in der die Entwicklung vorwärts getrieben werden muß, wenn man bei uns selbst und in der Welt das Vertrauen dafür gewinnen will, das nach den Erfahrungen der jüngsten Zeit die Mißwirtschaft nicht verewigt werden soll, sondern daß der Weg zu einer gesunden Wirt­schaftsführung gebahnt werden soll.

Sonntagsprediger Hugenberg

DANAT BANK GO

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GESCHLOSSEN!

Nachtausgabe

17.3

RTAG

* 3hr lieben deutschen Landsleute, verzaget nicht. Denn sehet, ihr Kindlein, ich bin bei euch und bei mir sind 23 Millionen von der Danat- Bank ..."

Unhaltbare Reichsbankmaßnahmen.

Nicht von einzelnen Personen, nicht von irgendeinem mit mystischen Kräften ausgestatteten Wirtschaftsdik­tator fönnen wir die notwendige Anbahnung des Systemwandels erwarten. Dazu bedarf es vielmehr des Einbaus von Institutionen der Wirtschaftskontrolle und der Wirtschaftslenkung. Diese Institutionen müssen Berechtigter Gemeindes und Sparkassenbedarf einfach an demokratisch aufgebaut sein, sie müssen bei der Arbeit der Wirtschaftslentung das Monopol oder,

man

fann vielleicht richtiger sagen, die Inzucht des Kreises der sogenannten Wirtschaftsführer brechen und der Ge­semtheit der arbeitenden Bevölkerung, deren Anteil am Risiko falscher Wirtschaftsführung niemals deutlicher demonstriert worden ist als in diesen Tagen, den Weg frei machen zur Teil­nahme an der Lentung der Wirtschaft, die unser Schidsal ift. Nicht das gesamte Programm der wirtschaftlichen Um­gestaltung soll in diesem Augenblick neu entrollt werden, fondern wir wollen uns begnügen, in diesem Augenblick drei Forderungen in den Vordergrund zu rücken, für deren sofor­tige Erfüllung auch unter Benutzung des Mittels der Notver­ordnung uns die Verhältnisse reif, ja, überreif zu sein scheinen

1. Die Reform des Attienrechts. Jahrelang hat man unter der Hemmung der Interessenten gezögert, Miß­stände im deutschen Attienwesen zu beseitigen, und infolge­dessen hat man immer neue Mißwirtschaft sich entfalten lassen und neue Vertrauenserschütterungen erzeugt. Bom Fapag Krach bis zur Nordwolle ist ein langer Weg, der mit Leichen gepflastert ist. Es kommt jetzt nicht darauf an, jede Einzelheit der vorgeschlagenen Aenderungen eines Ministerialentwurfes zur Attienrechtsreform zu verwirklichen oder zu diskutieren. Aber es gibt einige Punkte, in denen unverzüglich die Reform in Kraft gesetzt werden muß.

Die Verschärfung der Verantwortlich teiten und der Regreßpflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaften ist dringend notwendig, um das Gewissen zu schärfen, um zu verhindern, daß die Ver­antwortlichen, wie es so oft geschieht, mit einem blauen Auge davonkommen, während breite Massen der Bevölkerung die Kosten ihrer Mißwirtschaft zu tragen haben.

Die Einführung der Pflichtrenisionen nach dem Borschlag des Reichsjustizministeriums muß unverzüglich durch­geführt werden, damit endlich die Veröffentlichung der Ber­maltungen der Aktiengesellschaften das Bertrauen genießen können, um das sie durch Bilanzschwindel und verschleierung in legalen und illegalen Formen in hohem Maße gebracht worden sind.

Die Publizitätsvorschriften bei den Aktien­gesellschaften, deren Unzulänglichkeit befannt ist, müssen sofort verschärft werden. Die Vorschläge des Reichsjustizministeriums, die manchen Fortschritt enthalten, tönnen dabei zur Grund­lage genommen werden. Sie sind aber zu ergänzen vor allen Dingen durch die Verpflichtung der vollen Beröffentli­chung aller Bezüge von Vorstand und Auf­sichtsratsmitgliedern. Die Publizität dieser Bezüge ist notwendig zur Hemmung des gerade in unserem Attien­wesen außerordentlich scharf ausgeprägten Systems der Be­reicherung der Verwaltungsmitglieder, das auch dann zur An­mendung gelangt, wenn es dem Unternehmen schlecht geht, wenn die Aktionäre keine Dividende erhalten und den Ar­beitern die Löhne gekürzt werden.

die Wand gedrückt.

In den deutschen Städten und Gemeinden, besonders in den jenigen mit starker Arbeiterbevölkerung und mit hohen Arbeitslosen giffern, besteht ein erheblicher Raisenbedarf zur Auszahlung der Wohlfahrtsunterstügungen. Dieser Kassenbedarf ist vorhanden und muß befriedigt werden, bis die laufenden Steuern eingegangen find. Außerdem müssen die Gemeinden, soweit die Steuern und leberweisungen nicht ausreichen, Kredite für die Unter ftügungszahlungen aufnehmen.

Alle Publizitätsvorschriften werden aber unwirksam bleiben, wenn nicht eine Reichsinstanz geschaffen wird, die über ihre Einhaltung zu machen hat. Nach dem herrschen­den Recht bleiben alle Verlegungen der Bublizitätsvorschriften so lange ungeahndet, bis es bei einer Gesellschaft zum Krach fommt. In Zukunft muß es eine Instanz geben, die darüber wacht, daß der Brunnen der Berschleierung zugedeckt wird, be­vor das Kind hineingefallen ist.

Gegenwärtig ist es unmöglich, ohne weiteres von den Spar tassen und sonstigen öffentlichen Banten die er forderlichen Kredite zu erhalten. Die einzige Kreditquelle ist für die Städte gegenwärtig die Reichsbant. Die Möglichkeit zur Befriedigung des tommunalen Kreditbedarfs ist dadurch gegeben, daß die Spar lassen und Rommunalbanten ihre feftperzinslichen Kapitalanlagen Staats- und Gemeindeanleihen sowie Pfandbriefe bei den Reichsbankstellen und bei der Reichsbant in Berlin beleihen Iaffen.

Reichsbantleitung hat jedoch die Zombardierung von Wertpapieren Bersuche dazu sind in den letzten Tagen gemacht worden. Die der Sparkassen und Kommunalbeamten rundweg abgelehnt. Sie lehnte sogar die Beleihung von Staatsanleihen und Pfand­briefen ab, die auch nach dem Gesetz bei der Reichsbant lombard fähig sind. Selbstverständlich, daß sie die Beleihung von Kommunal­anleiheftüden ablehnte, nachdem der unerhörte Zustand immer noch besteht, daß Kommunalanleihen, obwohl sie mündelsicher sind, von der Reichsbank schlechter behandelt werden als Pfandbriefe von Privatbanken und anderen Anleihearten, die nicht mündelsicher find. folgendem: im Generalrat der Reichsbant figen in erster Der Grund für dieses Berhalten der Reichsbant liegt in Linie Bertreter der privaten Großbanten. Mit Zustimmung der Reichsbankleitung scheint das gesamte Kredit. tontingent, das bei der Reichsbank zur Berfügung steht, einfach auf die Großbanken verteilt worden zu sein. Wir haben Grund zu der Annahme, daß die Beteiligung der Sparkassen und Kommunalbanten an der Kreditgewährung der Reichsbant nicht

Deutschland . Wir haben deshalb seit langem aus Gründen der allgemeinen Wirtschaftspolitik und der Konjunkturpolitik die Forderung nach einer weitgehenden öffentlichen Monopol- und Kartellkontrolle erhoben. Wir haben immer betont, daß der Träger einer wirklich wirksamen Monopoltontrolle ein Reichs­amt sein muß, in dem neben den beamteten Kräften die Ver­treter der Wirtschaft, d. h. paritätisch die Bertreter der Unter­nehmer und der Arbeiter und Angestellten und die Vertreter der Konsumgenossenschaften, mitarbeiten müssen. Wir können hier auf die Darlegung von Einzelheiten verzichten. Der so zi aldemokratische Initiativgesegentwurf vom 9. Dezember 1930, der alle notwendigen Bestimmungen enthält, liegt der Regierung vor. Es handelt sich jetzt nur dar um, ihn unbekümmert um alle Interessentenwiderstände endlich in Kraft zu setzen.

ohne Absicht ausgeschlossen haben. Da die Reichsbanf. leitung das geduldet hat und da sie sich auf der anderen Seite

über die un absehbaren Gefahren im flaren sein muß, die mit der Ausschließung der Sparkassen und der finanziellen Aus­hungerung der Städte und Gemeinden verknüpft sind, wird man in ihrem Vorgehen einen neuen Beweis unzulänglicher Vor­aussicht und Urteilsfähigkeit erblicken müffen.

3. Bankenaufsicht und Kapitallentung. Der Fall der Danat- Bant hat gezeigt, daß die wahren Risito­träger der Großbantinstitute nicht die Aktionäre, die bisher ihre Dividende erhalten haben, und nicht die persönlich haften­den Gesellschafter, die bisher aus Geschäftsgewinnen und Auf­fiichtsratstantiemen Millioneneinfommen bezogen haben, son­dern alle deutschen Steuerzahler sind, die bisher noch nie etwas von der Bant profitiert haben, jetzt aber für die Bürgschafts­übernahme des Reiches einstehen müssen. Es geht nicht an, daß die Deffentlichkeit sich um die Führung der großen Kredit institute erst dann fümmert, wenn sie zahlungsunfähig sind. 2. Die Kontrolle der Kartelle, Trusts und Die Banten müssen in ihrer Geschäftsgebarung einer öffent­aller monopolistischen Bindungen. Zur Krisen- lichen Kontrolle unterworfen werden, damit das geschwundene verschärfung, zur Fehlleitung von Kapital, zur Hemmung der Vertrauen in die Weisheit und Zuverlässigkeit ihrer Führung Preissenfungen, die zur Krisenüberwindung auf den Gebieten allmählich wiedergewonnen wird. Man kann dabei an die der künstlichen Preishochhaltung notwendig sind, haben wenige Einrichtung eines Bantaufsichtsamt es mit bestimmten Erscheinungen mehr beigetragen als die Fehler der Preis- und Kontrollaufgaben denken. Es gibt dafür in begrenztem Um Produktionspolitik der großen Monopolorganisationen infange ein Borbild in dem Reichsaufsichtsamt für Privatver

Wir halten es für unbedingt notwendig, daß dieser Zustand sofort beseitigt wird. Wenn die Reichsbank aus eigenem dazu nicht in der Lage sein sollte, so muß das Reich selbst Mittel und Wege finden, die Aushungerung der Gemeinden zu verhindern und die Städte und Gemeinden mit den erforderlichen Geldmitteln aus. zustatten. Wir halten es auch für nötig, daß das Reich den stärksten Drud auf die Reichsbant ausübt, um der ein­feitigen Bevorzugung der Privatbanken ein Ende zu bereiten, endlich die Lombardfähigkeit der Kommunalanleihen zu erzwingen und nötigenfalls auch jene Veränderungen im Reichsbank. gese herbeizuführen, die eine einseitige Benachteiligung der öffentlichen Wirtschaft und der Gemeinden in Zukunft ausschließen.

Beamtenbund mahnt zur Besonnenheit. Die Beamten müffen das Beispiel geben.

Der Deutsche Beamtenbund mendet sich in seinem Dr. Beamtenschaft, in dem es heißt: gan ,, Der Beamtenbund" vom 17. Juli mit einem Aufruf an die

Nicht Nervosität, sondern Besonnenheit muß gerade jetzt von den Beamten an den Tag gelegt werden. Nur so nüßen sie dem Bolfsganzen, sich selbst und jedem Einzelnen. Kein aus Banitstim­mung geborenes unüberlegtes Handeln, wie Hamstern von Zah lungsmitteln oder Waren, wodurch die Sachlage nur verschärft meinfamen Ueberwindung der Katastrophenfrage beitragen, ver­wird, vielmehr durch das eigene Beispiel zur verständnisvollen ge­langt der Ernst der Lage von den Beamten. Daß wir ständig auf dem Posten sind, in jedem Augenblid für etwa bedrohte Interessen der Beamtenschaft eintreten zu können, ist selbstverständlich. Zu­nächst aber gilt es, als Deutsche die über das deutsche Volk her eingebrochenen schweren Gefahrentage unter Zurückstellung aller sonstigen Gegenfäße zu überwinden.

sicherung. Dieses Vorbild darf aber nicht einfach topiert werden. Es darf nicht in einem Bankaufsichtsamt das Schwergewicht des Einflusses neben den notwendigen Beamten bei den Ver­tretern der Banten selbst liegen. Man darf die Böcke nicht zu Gärtnern machen. Damit hat man auch, wie der Fall Favag zeigte, bei der Privatversicherung schlechte Erfahrungen ge­macht. Man muß dafür sorgen, daß das Bankaufsichtsamt de­mokratisch aufgebaut wird, daß neben den Sachwaltern des Staates auch hier die Vertreter verschiedener Wirtschafts­zweige in Parität zwischen Vertretern der Unternehmer und der Arbeiter und Angestellten zusammenwirken. Es genügt aber nicht, daß das Aufsichtsamt für die Solidarität der An­lagen und der Geschäftsführung im Interesse der Bankeinleger sorgt. Darüber hinaus muß in Verbindung mit der Reichs­bant als dem zentralen Kreditinstitut der Wirtschaft ein Ap­parat der Ueberwachung und Lenkung des Kapi­talstroms aus den verschiedenen öffentlichen und privaten Kreditinstituten unter voltswirtschaftlichen Gesichts­punkten aufgebaut werden. Es kommt darauf an, durch die Einschaltung der volkswirtschaftlichen Führung gegenüber den rein privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten die ungeheuren Fehl­lettungen zu verhindern oder mindestens start zu verringern, die sich in der Vergangenheit aus den prinatwirtschaftlichen Operationen, die von den Banten oder mit Hilfe der Banken durchgeführt wurden, ergeben haben.

Wenn diese drei dringlichsten Forderungen der Neuge staltung unserer Wirtschaft( abgesehen natürlich von der not­mendigen Wiederherstellung eines gefunden Geldverkehrs) mit Energie und Kühnheit in diesem Augenblick der allgemeinen Verwirrung durchgeführt werden, dann wird von ihnen eine große Vertrauensstärkung ausgehen. Denn man wird spüren, daß der Wille vorhanden ist, non der Mißwirtschaft den Weg zur Wirtschaftsführung zu finden,