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Jlr. 335 48. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Dienstag, 21. Juli 1931
Die Fremdwörter vom Tage. Kleines Wörterbuch zur gegenwärtigen Finanzkrise.
Die wirtschastfichen Vorgänge, bis sich augenblicklich ins»ige der schweren Krebiterschiüterimg in Deutschland   abspielen, sind ihrer Natur nach in den Zusammenhängen außerordentlich schwer zu ver- stehen und in den Erscheinungsformen verwirrend für den Laien und für den Fachmann. Was in Tausenden von Aufsäßen erläutert und in Millionen von Gesprächen erörtert wird, wird aber noch um einen Grad schwerer verständlich und verwirrender, als es in der Sache selbst liegt, durch die unvermeidlich« Anwendung einer Fülle von Fachausdrücken, die nieist nicht aus der deutschen Sprache stammen, sondern Fremdwörter sind. Wir glauben deshalb, dem Bedürfnis unserer Leser zu dienen, wenn wir in oller Kürze einige der wichtigsten Fachausdrücke erläutern, die heute in aller Mund« sind, die der Laie ober nicht immer richtig verstehen kann. Fangen wir gleich mit dem Gebiet an, das leider heut« die größte Wichtigkeit gewonnen hat, mit den Fremdwörtern rings um die Pleite. Insolvenz" ist die Zahlungsunfähigkeit eines Unter- nehmen?. Die Zahlungsunfähigkeit kann ein« vorübergehende sein. Es kann nach der Zahlungsunfähigkeit der völlige Zusammenbruch dadurch verhindert werden, daß die Glärubiger dem Schuldner ein M o r a t o r i u m", d. h. einen befristeten Zahlungsausschub ge- währen. Ein solcher vereinbarter Zahlungsaufschub ist ein pri- vates Moratorium. Ein gesetzliches Moratorium liegt dann vor, wenn entweder für alle Schuldzahlungen oder für bestimmte Arten von Schulden(Teilmoratorium) durch den Staat der Schuldner zeitweis« von der Zahlungspflicht befreit wird. Bon einem Aus- l a n d s Moratorium spricht man, wenn dieser gesetzliche Ausschub der Zahlungsverpflichtungen sich im besonderen auf Schuldverpflichtungen an ausländische Gläubiger bzw. Schuldverpflichtungen in sremder Währung bezieht, von einem Inlands Moratorium, wenn der Zahlungsaufschub inländische Zahlungsverpflichtungen betrifft. Ist die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens nicht nur vor- übergehend, wird ihm ein Zahlungsausfchub nicht gewährt, so gerät das Unternehmen inKonkurs", d. h. es wird nach besonderen gesetzlichen Vorschriften die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger aus dem vorhandenen Dermägen durchgeführt und dos Unternehmen aufgelöst. Gelingt es, diese Auflösung ohne den gesetzlichen Konkurs- npparat in freier Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger durchzuführen, so spricht nwn von einerstillen Liquidation" des Unternehmens. Die Erschükkerung des ganzen Kreditgebäudes ist gegenwärtig entstanden durch einenR u n"(deutsch  : rennen, sprich rön) auf die Banken. Bon einem Run spricht man dann, wenn gleich- zeitig ein« außerordentlich große Zahl von Gläubigern der Banken oder Sparkassen ihr Guthaben zurückverlangt. Da das Geschäft aller Banken und Sparkassen darauf beruht, die bei ihnen gegen Verzinsung eingezahlten Gelder ihrerseits wiederum zinstragend an- zulegen, ist keine Bank und keine Spartass« in der Lage, im Falle eines Runs, d. h. einer gleichzeitigen Abziehung großer Teil« der Guthaben, sofort über die nötigen baren Zahlungsmittel zu verfügen. Der Run muß deshalb zwangsläufig zur zeitweiligen Schließung der Kassen führen. Der Grad, in dem den Verpflich- tungen der Danken oder Spartasien flüisiig«, d. h. sofort in bares Geld umzuwandelnde Bermägensanlogen gegenüberstehen, ist die Liquidität" der Kreditinstitute. Ein Institut istliquide", wenn es in hohem Maße in der Lage ist, Rückforderungen von Gut- baben bor auszuzahlen; es ist illiquide", wenn das Gegenteil der Fall ist. Der Kredit, der Unternehmungen oder Privatpersonen von Banken eingeräumt wird, hat verschiedene Formen. Di« eifach« .Zurverfügungstellung eines Guthabens bei der Bank heißt Buch- Kredit oderKonto-Korrent-Kredit". Der Konto-Korrent- Kredit" istgedeckt", wenn dem Kreditgeber besondere Pfänder in Gestalt von Wertpapieren, Waren oder Grundstücksbeleihungen ge- geben sind,ungedeckt", wenn er mir auf dem persönlichen Ver- trauen zu der Zahlungsfähigkeit des Schuldners beruht. Ein« andere Form ist derD i s k o n t- K r e d i t", d. i. der Ankauf von Wechseln durch die Bank unter vorherigem Abzug des Zinssatzes bis zur Fälligkeit des Wechsels. Der Zinssatz, der bei diesem Wechselankauf zum Abzug gebracht wird, heißt derDie- k o n t s a tz". Da die Reichsbank ihren Kredit in der Hauptsache in der Form des Ankaufs von Handelswechseln vollzieht, ist der fiir den Reichsbankverkehr maßgebend« Zinssatz der Reichsbank- Diskont. Neben dem Ankauf von Wechseln gibt es bei der Reichsbank auch die B e l e i h u n g von Wertpapieren und von gewissen börsen- mäßig gehandelten Waren. Diese Kreditgewährung gegen Ver- Pfändung nennt man.Lombard-Kredit". Der Zinssatz, den die Reichsbank dafür berechnet, ist der Lombardsatz. Wenn ein Bankinstitut seinerseits Wechsel ankauft, also dis- kontiert, uud dann später diese Wechsel weiter verkauft, z. B. an die Reichsbank, oder wenn die Reichsbant von ihn angekauft« Wechsel an andere Institute, z. B. ausländische Notenbanken, weiter verkauft, so spricht man von einemRediskont". Die Einräumung der Mög­lichkeit, solche diskontierten Wechsel weiter zu verkaufen, nennt man Rediskont-Kredit". Eine andere Kreditform, die im internationalen Berkehr eine wesentliche Roll« spiest, ist derR e m b o u r s- K r e d i t"(sprich
etwa: ramburs). Der Importeur, d. h. der Kaufmann, der Waren einführt, muß i» de? Regel überseeische Lieseranten dadurch bezahlen, daß er dasAkzept", d. h. den angenommenen Wechsel einer BaNk, zur Verfügung stellt und daß gegen die Aushändigung dieses Akzepts die Berschifsungsurkunden über die Waren(Konnossemente) ausgehändigt werden. Diese Kreditgewährung, die mit der Finan- zierung des Einfuhrgeschäftes zusammenhängt und durch die Verschiffungsurkunden besonders gesichert ist, kann durch aus- ländische oder inländische Bonken erfolgen; sie erfolgt oft auch in der Form, daß der Importeur den Kredit von der inländischen Bank erhält, die inländische Bank chrerseits wieder den Kredit von aus- ländischen Banken bekommt. In allen Fällen spricht man bei diesen Geschäften vom Rembours-Kredit. Schließlich noch ein paar Fremdwörter aus dem Gebiet der Währung. Die Reichsbanknoten sind bis zu einem gewissen Prozentsatz ge- deckt durch Gold(gemünztes Gold oder ungemünztes Gold, das un- gemünzte nennt man Barren) und durch Devisen.  Devisen" sind entweder Wechselsorderungen in einer fremden Währung(Valuta) oder Zahlungsanweisungen(Schecks) auf Buchforderungen bei ausländischen Banken in fremder Währung. Als Notendeckung kommen nur Devisen, die aus eine fremde Gold Währung lauten, in Betracht. Der Teil des Notenumlaufs, der nicht durch Gold oder Devisen gedeckt ist, ist durch reichsbankfähigeDiskonten" ge- deckt, d. h. durch Handelswechsel, die höchstens drei Monate lausen und in der Regel die Unterschrist von drei, in Ausnahmefällen auch nur von zwei zahlungsfähigen Firmen tragen. Das Verhältnis zwischen zwei Währungen, z. B. Mark und Dollar, das dem Goldwert chrer Münzen entspricht, von 1 Dollar 4,20 Mark, nennt man dieP a r i t ä t". Steigt der Wert über den Goldwert, d. h. über den Paristand, so Hot das im Wert gestiegene Geld ein Aufgeld, das manA g i o  "(sprich etwa: aschio) nennt. Sinkt der Wert unter den Paristond, so spricht man von demDis- a g i o".(Die gleichen Begriffe werden bei Wertpapieren ange- wandt, wenn der.Kurs", d. h. der Berkaufswert, über dem Nenn- wert, dem Paristand, steht oder wenn er unter dem Paristand, unter 100 Prozent, steht Disagio.) Der Handel in Wertpapieren und in Devisen, wie auch in manchen Waren, spielt sich ab als K a s s a- H a nd e l", wenn sofort das Wertpapier bezogen und be- zahlt wird. Daneben gibt es denTe r m i n- H a n de l" oder den Termin-Verkehr", bei dem die Kauf- und Verkaufsabschlüsse zur Lieferung und Bezahlung für einen späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden. Für Devisen ist der Terminverkehr, mit dem sehr oft eine Spekulation auf die künstig« Entwerwng einer Währung verbunden
ist, hurch die neue Notverordnung verboten. Die Berliuer Pro­duktenbörse hat fest vorigen Montag den Terminverkehr in Getreide eingestellt. Das sind einig« Fachausdvücke, die man heute kennen und ver- stehen muß, von denen wir ober nur wünschen können, daß sie so bald wie möglich wieder aus den Tagesgesprächen der Nichtfachleute verschwinden mögen. F. X. Die wichtigsten Diskontsätze. Seit den Septemberwahlen 2& und 3 fache Kredit­verteuerung in Deutschland  . Unter dem Druck der Finanz- und Kreditkrise hat die deutsche Reichsbank am 16. Juli den Diskontsatz von 7 auf 10 und den Lombardsatz von 8 auf 15 Prozent erhöhen müssen. Am 13. Juni erst hatte die Reichshank den Diskontsatz von 5 aus 7 und den Lombardsatz von 6 auf 8 Prozent erhöhen müssen, nachdem der Beginn einer Krediterschütterung unverkennbar geworden war. Am 9. Oktober vorigen Jahres mußte der Diskont schon von 4 aus 5 Pro- zent heraufgesetzt werden, weil die Septemberwahlen mit ihrer Stärkung des Rechtsradikalismus für die Reichsbank enorme De- vis«m>erluste(fast eine Milliarde Mark) gebracht hatten. Wir stellen die Diskontentwicklung auf den wichtigsten Kapital­märkten vom September 1930 bis heute gegenüber: September 1930 Ende Juli 1931 Berlin  ..... 4 Prozent 10 Prozent(seit 16. 7. 31) New York  ... 2l/3. 1'/,.(. 8. 5. 31) London  .... 3, 2>/z(. 15. 5. 31) Paris  ..... 2'/,. 2(. 3. 1. 31) Zürich  ..... 2'/,. 2(. 23. 1. 31) Amsterdam  ... 3« 2(, 16. 5. 31) Diese kleine Tabelle, aus der die Preisentwicklung für das Betriebskapital(hauptsächlich Wechselkrehit) in den einzelnen Län- dern abzulesen ist, ist sehr lehrreich. Seit dem September vorigen Jahres ist der Wechselkredit entsprechend der Freisetzung von Kapital durch die Krise in allen Ländern außer Deutschland   noch billiger geworden. In Deutsch  - l a n d ist der Wechselkredit ans 2 f a ch e, der Lombardkredit sogar auf das 3fache verteuert worden. Dadurch wurde die Arbeit»- losigkeit in Deutschland   uferlos vermehrt, die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland, das ja mit viel billigerem Kopital pro- duziert, unabsehbar verringert. Mit einem so fürchterlichen Preis müssen die Dummheit der Raziwähler vom 14. September, das FilmverbotIm Westen nichts Neues", die Stahlhelmparaden und die Seeckl-Reden und der Hoch­mut unserer privatkapitalistischenwirtschaftssührer" bezahlt wer­den, deren katastrophales versagen seht zutage liegt. Denn im Dis» kont messen sich in erster Linie die Solidität der Wirtschaftsführung und das Vertrauen, das das Ausland der wirtschaftlichen und po- litischen Geltung eines Industriestaates entgegenbringt.
DerTanz um die Einsuhrscheine Wie man Eierkuchen macht, ohne Eier zu zerschlagen. Die landwirtschaftlichen Intereffentenoerbände und die Handels­kammern, in denen Getreidehändler Einfluß besitzen, versuchen jetzt mit allen möglichen Mitteln, für die Wiederbelebung des Einfuhr- fcheinsystems Reklame zu machen. Der neueste Dreh bei dieser Agitation besteht in der Behauptung, daß sich Deutsch- land durch einen Export von 500000 Tonnen Getreide 50 Millionen Devisen beschaffen könnte. Leider vergessen diese Neunmalklugen, daß man keinen Eierkuchen machen kann, ohne Eier zu zerschlagen. Bei einem größeren deutschen Getreideexport, zumal wenn er sich in der Form einer ungeregelten Aussuhr von vielen Getreidehändlern abspielt, entsteht durch gegenseitige Unterbietungen ein derartiger Preisdruck auf dem Weltmarkt, daß deutscher Weizen höchstens zu 80 Mark, Roggen höchstens zu 60 Mark je Tonne verkäuflich sein werden. Der Gesamtverkaufswert von 250 000 Tonnen Weizen und 250 000 Tonnen Roggen beträgt also nur 35 Millionen Mark. Um aber diesen Export durchführen zu können, müßten E x- portprämien gezahlt werden, die dem Unterschied zwischen den Weltmarktpreisen und den Inlandspreisen entsprechen. Herr Schiele will den Weizenpreis auf 250 Mark je Tonne halten. Das Reich müßte also die Differenz zwischen 250 und 80 Mark 170 Mark je Tonne, das sind für 250 000 Tonnen 4214 Millionen Mark, und. für Roggen bei einem Inlandspreis von 180 Mark Exportprämien von 30 Millionen Mark zahlen. Dieses einfache Rechenexempel, bei dem die Eier teurer find als der Eierkuchen, konnten diese Rat- geber für Beschaffung von Devisen anscheinend nicht lösen. Diesen Leuten kommt es auch gar nicht daraus an, ob das Reich 70 Mil- lionen Exportprämien zahlt oder nicht! Ein gleich tolles Stückchen leisteten sich di« w« st- deutschen Handelskammern in einer Kundgebung zur Verwendung der neuen Getreideernte. In einem Atemzug fordern sie die Wie»treinführung von Einfuhrscheinen und pflegliche Be- Handlung der Außenhandelsbeziehungen. Ueber di« innere Gegensätzlichkeit dieser beiden Forderungen haben sich die Herren aber anscheinend keine Gedanken gemacht. Jedenfalls wer- den sich die deutschen Auslandsbeziehungen zu jenen Ländern nicht gerade freundlich gestalten, die durch deutsches Getreide beglückt werden, das mit Hilfe von Exportprämien ins Ausland gepumpt wird. Die Armut am Geiste dieser Sorte Wirtschaftssührer wird auch durch folgende Gegenüberstellung schlaglichtartig beleuchtet. In
der erwähnten Kundgebung behaupten die westdeutschen Handels- kammern, daß mit der Wiederbelebung der Einsuhrscheine eine. Frachtersparnis erzielt würde, weil dann das ostdeutsche Getreide in das benachbarte Ausland und dafür ausländisches Ge-, treide nach Westdeutschland aus dem ihm frachtlich günstiger ge- legenen Auslande gebracht wird. Zur gleichen Zeit wird in einer Veröffentlichung der Schisfahrtskreise festgestellt, daß durch die Aufhebung der Einfuhrscheine ein Ausfall von 50 Prozent im Frachtverkehr entstanden sei. Infolgedessen fordern auch sie die Wiedereinführung der Getreideexportprämien. Die einen wollen also Einfuhrscheine, damit Frachtersparnisse ensitehen, und die anderen wollen Einsuhrscheine, damit mehr Getreide ein- und ausgeführt, also mehr Getreide spazierengeführt wird. So sieht Wirtschaftspolitik von Interessenten aus! Nichts anderes als Profitgier ohne Verständnis und ohne Rücksichtnahme auf die Allgemeinheit. Oer Garantieverband der Banken. Der am Sonntag von uns angekündigte Garantieverband der Banken(Ueberweisungsverband e. L.) wird morgen seine Tätigkeit aufnehmen. Wie in einer offiziellen Notiz mitgeteilt wird, handelt es sich um eine unter Führung der Reichsbank entstan- dene Selbsthilfeaktion der Banken, um den bargeld- losen Zahlungsverkehr wieder in Gang zu setzen. Schecks und Wechsel sind zunächst von diesem Ueberweisungs- und Abrechnungsverkehr ausgeschlossen. Ueber die betelligten 44 Firmen dürfen täglich höchstens 15000 Mark zu Lasten des einzelnen Kunden der Banken zur Ueberweisung gelangen Neue, nach dem 13. Juli errichtete Konten werden bei dem Ueberweisungsverkehr nicht beerücksichtigt. Das erste Geschäftsjahr läuft vom 18. Juli bis zum 31. Dezember 1931. Mitglieder des Vorstandes sind bisher Direktor Ehrhardt
EMS Katarrhe, Asthma, Emphysem, Grippefolgen, Rück- stände von Lungen- und Rippenfellentzündung, Herz- und Kreislaufstörungen Trink/, Bade#, Inhalations«, Terra tn kuren Unterhaltungen und Sport jeder Art /Zeitgemäße Preist EMSER WASSER/ PASTILLEN/ QUELLSALZ
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