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BERLIN Dienstag 21. M 1931

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Slraftmsahren gegen Danalwrstand

Konkurs über den Nordwolle -Konzern heute vormittag eröffnet

Bei der StaatSanwaltschast 1 in Berlin schwebt ei« Strafverfahren gegen den Vorstand der Darmstädter «nd Rationalbank(Danatbank). Sachbearbeiter ist StaatAanwaltschaftsrat Grüneberg. Dem Bernehmen«ach ist die eingehend« Anzeige, die das Borgehen der Staatsanwaltschaft hervorgerufen hat» auf die Rechtsvertreter der Gebrüder L a h u s e n zurückzuführen. Di« betrügerische Ronzernleitung und die Bankleitung scheinen seht mit gegenseitigen Gnt« hüllungen herauszukommen.

Nordwolle in Konkurs. Sanierungsverhandlungen zerschlagen. Bremen , 21. Zuli. Li« Znfiizpresse steile teilt mit, daß über das vermögen der ftorddeulschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei. Bremen , heute morgen der Konkurs eröffnet worden ist. Die vier stellvertretenden Vorstandsmitglieder und Reichsonwalt Dr. LI f. fchih find beim Konkursrichler erschienen und haben erklärt, daß die Gesellschaft zahlungsunfähig ist. Zum Sonkursverwaller wurde Rechtsanwall Dr. h e i n e m a n, Bremen , ernannt.

Der letzte Akt der Nordwolle -Tragödie hebt an. Die Sanierungs» Verhandlungen haben zu keinem Ergebnis geführt und mutzten a b- gebrochen werden, da sich die Gläubiger nicht zum Still» halten, d. h. zur Stützung des heruntergewirtschafteten Konzerns entschließen konnten. Den Ausschlag für diese ablehnende Haltung der Gläubiger hat ganz zweifellos dl« oerwerfllchc und verbrecherische Art der Geschüftsleilung bei der Nordwoll« gegeben, die in ihren Einzecheiten erst jetzt nach und nach bekannt wird und eimn moralischen Tiefstand enthüllt, der In der Geschichte der Wirtschaftsskandale seinesgleichen sucht. Der grötzte deutsche Wollkonzern mit den erstklassigsten Be- trieben geht also in Konkurs. Der Vergleich mit dem Zusammen- bruch de« Stinneskonzerns tm Jahre 1925 und der rlesenhaften Berramschung der Stinnesbetriebe drängt sich auf. Nur dah diesmal Jakob Goldschmidt , der damals der Schlächter des Stinnes- konzerns war, heute selbst auf die Schlachtbank muh. Die entscheidende Frage bei dem Konkursverfahren ist, was aus der Belegschaft des Nordwolletonzerns wird. Roch im September vergangenen Jahre» betrug die Belegschaft de» gesamten Konzerns 17 600 Mann und bei der verhältnis­mäßig befriedigenden Wollkonjunktur in Deuischland dürfte der Belegschaftsstand zur Zeit noch fast 14 ovo Personen umfassen. Um das Schicksal von 14<X)0 Arbeitern und Arbeiterinnen und «inschliehlich ihrer Familienangehörigen, um das Schicksal von 50000 Menschen geht es bei dieser Abwicklung eines der ärgsten Wirtschaftsoerbrechen unserer Zeit. Es gilt auch die enormen wirtschaftlichen Werte, die in den an sich hochrentablen Nordwolle-Betrieben in Delmenhorst und Hamburg -Bahrenseld, in Leipzig , Kaiserslautern , sowie in Eisenach , Fulda und Mühlhausen stecken. Nund 400 000 Spindeln verarbeiteten im Durch- schritt der letzten drei Jahre rund 15 Millionen Kilogramm Wolle, deren Wert 1928 einen Höchststand von 170 Mil- lionen Mark erreichte und in den letzten beiden Jahren immerhin noch einen Stand von 90 bis 100 Millionen Mark be- haupten tonnte. Bei einem besseren Stand der Reichssinanzen wäre ein Ein- greisen de» Reiche» zur Erhaltung dieser wertvollen Betriebe im Interesse der Arbeiterschaft und der volkswirlschast durchaus vernünftig gewesen. Tine derartige Stützung ist gegenwärtig nicht möglich. Um so schärfer müsien daher die Behörden darüber wachen, daß bei der Abwicklung des Konkursverfahrens eine sinnlose Verschleude- rung von Werten unterbleibt. Es gilt, die volkswirtschaftlich wert- vollen menschlichen und materiellen Kräfte dieses Unternehmens, die in den Strudel des Zusammenbruches gerissen wurden, mit allen vorhandenen Mitteln zu schützen und der .Sejamtheij z« erhaltes,

Vtinifter Ankunft auf dem IMctoria Stahnhof in Xondon

Ton Unk» nach rechig: Utenderfon, Qrandi, Curling, SSrünlng, Ttlar- Honald, SSriand, Xaral

Ein zweiter Hoover-Plan Umwandlung kurzfristiger in langfristige Kredite

Washington, 21. Zuli.(Eigenbericht.) Die amerikanische Delegation aus der Londoner Konserenz wird den Delegierten in der heutigen vormillagssihung einen ver- mittlungs Vorschlag hoovers unterbreiten. Amtlich ver- weigert man über den Plan zur Zeit noch jede Auskunst. Anscheinend laust er jedoch daraus hinaus, der Reichsregierung die Möglichteil der Umwandlung der kurzfristigen Kredite in i a n g s r i st i g e zu geben und ihr zugleich einen langfristigen Sonderkredit zu gewähren. In- wieweit dieser Plan ohne Frankreich durchgeführt werden soll bzw. ob Frankreich sich an ihm beteiligt, ist bisher ebenfall« noch nicht zu übersehen. Zn einer öffentlichen Erklärung hob Staatssekretär Castle her- vor, daß die Wirksamkeit der von Deutschland eingelciteien Abwehr- maßnahmen gegen die Krise die Aussichten der Londoner Konferenz stark fördere. OerWunsch nach direkierVerständigung Die englischen Danken sollen nicht billiges französisches Geld teuer nach Deutschland verleihen. Paris , 21. Zuli.(Eigenbericht.) Die pariser presse ist mit der ersten Sitzung der Londoner Konferenz wenig zufrieden und befürchtet für die weiteren Verhandlungen ernste Schwierigkeiken zwischen Frankreich und Eng­land in der Irage der finanziellen und politischen Garantien. Der Sonderberichterstatter desMatin* findet die Rede Mac- eonalds trotz ihres warmen und überzeugenden Tones wenig ver- ständlich. Denn nachdem Macdonald festgestellt habe, daß die Wiederherstellung des Vertrauens zu Deutschland eine der Haupt- bedingungen für oie Beseitigung der deutschen Krise ist, sei er dafür eingetreten, daß sich die Konfernz hauptsächlich mit der s i n a n- zielten Seite des Problems beschäftige. Dagegen stellt der Matin" mit Befriedigung, fest, datz Brüning ebenso wie Laval auf die ausgezeichnet« Atmosphäre hingewiesen haben, in der die oeutsch-sranzösischen Besprechungen in Paris stattgefunden haben. Diese Tatsache sei schon eine sehr große moralische und politische Borbercitung für eine Kreditoperation. Die Zeitung be» dauert, datz Macdonald nicht mit geeigneten Worten die Wirkung dieser deutsch -sranzösischen Annäherung unterstrichen und vertieft, sondern Im Gegenteil so getan habe, als ob er die Pariser Wer- Handlungen ignorieren wolle und als ob er ein eigenes Ver- fahren für die Wiederaufrichtung Deutschlands habe. Die Zeitung lehnt stch gegen die Forderungen oer englischen Bankiers auf. die allein den Nutzen aus der Kreditoperation zugunsten Deutschlands ziehen möchten, indem sie von Frankreich Geld zu niedrigen Sähen leihen und es zu hohen _ Säßen Deutschland weilergeben wollten.

Wenn Deutschland und Frankreich sich verständigen, brauche das französische Geld so schreibt das Blatt weiter nicht den Weg über London , New Jork oder Zürich zu machen, um in Deutsch - land zu arbeiten. Der Berichterstatter desPetit Journal� führt aus, England und Amerika hätten nur einen guten platonischen Willen und ihre Vertreter verlangten beinahe auch eine internationale Hilfe als Ausgleich für die Verluste, die ihre Landsleute bereits erlitten haben. Das sei nicht mehr ermutigend. Man müsse aber Geduld haben. Denn bei internationalen Konferenzen komme es häufig vor, daß sich die Temperatur erst während der Verhandlungen erhöhe und datz sich erst allmählich eine gewisse Solidarität bilde, die die Unter- Händler über die Grenzen hinwegziehe, die sie sich vorher gesteckt hätten. Für den Augenblick müsse man vorsichtig die Begeisterung feststellen.__ Das Augustgehalt. Zwei Naten für Beamte. - Ermächtigung für privat« Unternehmer zur Ratenzahlung. Aus Grund des§ 48 der Reichsversasiung hat die Reichs- regierung eine Rotverordnung erlassen, die bereits in der heute erschienenen Rummer de» Reichsgesehblattc» entHallen ist und nach der an die Beamten. Ruhegehaltsempsänger und Angestellten des Reiches, der Länder und Gemeinden vorübergehend an dem nächsten Gehaltssälligkeiks- lermin nur die hälste der sonst üblichen Zahlungen geleistet zu werden braucht und der Rest am 10. A u g u st gezahlt werden muh. Za dem Gesetz ist gleichzeitig eine Ermächtigung für die Privatunternehmer dahin vorgesehen, datz auch sie vor- übergehend gestasselte Gehaltszahlungen ein- fühlen können, und zwar nur, soweit es sich um Monats- ge Hölter handelt. In der Verordnung wird jedoch ausdrücklich bestimmt, daß am Fälligkeitstermin mindestens die Hälfte de« Gehalts zu zahlen Ist und zehn Tage später die andere Hälfte. Ferner sieht die Verordnung eine Bestimmung vor, nach der alle von ihr betroffenen Personen entsprechend der Kürzungen auch ihre Mieten entrichten können, d. h. seweils in zwei Raten. vor dem haager Gerichtshof verlangten Oesterreich und die Tschechoslowakei einen besonderen Richter ihrer Staatsangehörigkeit. Der Antrag wurde abgelehnt. Daun begänne» die Plädozers.