Noch forum 20 Mart.
Noch immer Ansammlungen vor den Sparkassen.
Während im Berliner Bantenviertel wie schon am geffrigen Montag eine bemerkenswerte Ruhe herrscht, sind vor den Filialen der Städtischen Spartaffe auch heute noch Ansammlungen von Sparern zu verzeichnen, so daß Polizeiposten, allerdings nur einzelne Beamte, den Geschäftsverkehr regeln müffen.
Wie uns die Zentralverwaltung der Berliner Sparkasse um 1 Uhr mittags mitteilt, hat jedoch der Andrang gegenüber dem Montag etwas nachgelassen. Besonders die Haupttasse am Mühlendamm hat heute einen ruhigeren Betrieb. Das schließt nicht aus, daß das Bild vor den vielen Filialen der Sparkasse, die über das ganze Stadtgebiet verstreut liegen, nicht einheitlich ist. So find Zahlstellen zu beobachten, wo jeder Kunde ohne Warten sofort abgefertigt werden kann; andererseits aber liegen Beobachtungen von Filialen aus dem Norden der Stadt vor, wo sich die ersten Sparer bereits um 5 Uhr morgens angestellt haben, um Beträge bis zu 20 Mark abzuheben. Es handelt sich hierbei in der Hauptsache um Sparer, die am Montag erst furz vor Kassenschluß tamen und dann nicht mehr abgefertigt werden konnten, so daß sie fich heute schon in den frühen Morgenstunden anstellten. Benn andere Sparer derartige Ansammlungen sehen, durchschwirren sofort Gerüchte die einzelnen Stadtviertel und selbst bisher besonnene Sparer werden unruhig und stellen sich mit an.
Daß hierzu jedoch nicht der geringste Anlaß vorliegt, beweisen die Mitteilungen der Sparkasse der Stadt Berlin über die Auszahlungen am Montag.
Danach haben von 900 000 eingeschriebenen Sparern ganze 37 000, also noch nicht einmal 5 Prozent, von ihren Guthaben bhebungen gemacht. 326 Sparer haben sogar Einzahlungen vorgenommen.
Die Schlangen vor den Sparkassen dürften noch fleiner werden oder ganz aufhören, wenn endlich alle Kunden wissen, daß bis Donnerstag auf jedes Konto nur einmal Abhebun gen gemacht werden dürfen, wie es der Platataushang vor den Zahlstellen ja auch eindeutig sagt. Es ist zwecklos, jeden Tag anzutreten, um jeden Tag Geld abzuheben.
Eine Erklärung der Deutschen Bank.
Zur Zahlungseinstellung der Danat.
Die Deutsche Bank und Disconto Gesellschaft teilt mit: Die gegenwärtige Lage scheint uns ungeeignet, um auf die vielerlei Angriffe, die in der Deffentlichkeit im Zusammenhang mit der Zahlungseinstellung der Darmstädter und Nafionalbant gegen uns gerichtet worden sind, im einzelnen zu erwidern.
Wir beschränken uns daher auf die Feststellung, daß wir keinen Schritt unternommen haben, der nicht vorher mit den anderen Ber liner Großbanfen vereinbart war. Zur Kennzeichnung unserer Einstellung und unseres Bestrebens, die Zahlungseinstellung der Darmstädter und Nationalbank zu verhindern, sei die Tatsache an= geführt, daß die Deutsche Bank und Disconto- Gesellschaft noch am Sonnabend, also an dem der Zahlungseinstellung vorangegangenen Werktage, der Darmstädter und Nationalbank mit 30 mil. lionen Mart zu Hilfe gekommen ist.
3m Mauseloch.
Unternehmerführer sagen: Die Reichsregierung wird's schon schaffen.
Seit Deutschland in der schwersten aller Wirtschaftsfrisen steht, die es je durchzumachen hatte, hat man von den Wirtschaftsführern, die jahrelang allen Reichs- und Staatsregierungen gute Ratschläge zu geben wußten und sich im Schmälen gar nicht genug tun fonnten, fein Sterbenswörtchen gehört. Es ist noch fein einziger dieser sogenannten Wirtschaftsführer aufgeftanden, um der Deffentlichkeit zu sagen, wie man dem durch sie entscheidend mitverschuldeten Unglück zu steuern habe. Es ist 1931 beinahe wie 1918 mit den Bertretern des alten Systems. Unsere
braven deutschen Wirtschaftsführer scheinen sich heute ebenso in die Mauselöcher vertrochen zu haben wie damals die politischen. Freilich hört man eines Mannes Stimme: Herr Duisberg, der jetzige Ehrenpräsident des Reichsverbandes der deutschen Industrie, hat in der Vollversammlung der Solinger Industrie- und Handelstammer gesprochen. Er stellte als einmütige Meinung des Kollegiums fest: das deutsche Volt dürfe mit Zuversicht die Erwartung hegen, daß die Reichsleitung durch tatkräftiges Eingreifen die gegenmärtige Finanzkrise überwinden werde.
Wir halten es nicht für unbedeutsam, daß die Solinger Industrie- und Handelskammer , die ja immerhin auch zum Ruhr gebiet gehört, der Reichsregierung ihr Vertrauen ausspricht. Aber daß es das tatkräftige Eingreifen des Staates ist, das die gegenwärtige Krise überwinden muß, daß es nicht die sonst so großfpurigen Wirtschaftsführer sind, die sich diese Aufgabe zutrauen, das ist eine Situation, die das Versagen unserer Wirtschaftsführer nur zu gut charakterisiert.
Hitlers , legale" Fluchtzentrale.
Wieder Nazimörder in Defterreich verhaftet. Nach den Nazimördern aus der Hufelandstraße ist jetzt wiederum ein wegen Mordtat steckbrieflich verfolgter reichs deutscher Nationalsozialist in Desterreich verhaftet worden. Es handelt sich um einen gewissen Erich Böttcher aus Berlin- Siemensstadt , der beschuldigt wird, in Kolberg a. d. Ost see einen Parteigegner erschossen zu haben. Böttcher ist ebenso wie die Mörder aus der Hufelandstraße durch die Fluchtzentrale der NSDAP . über die österreichische Grenze gebracht worden. Es wurde ihm in Graz eine Anstellung besorgt und er trat auch dort der Heimwehr bei!
Damit ist wieder einmal das streng legale" Treiben der Nationalsozialisten bligartig beleuchtet. Während Hitler vor Gericht Eide schmört, wonach jede illegale Handlung automatisch den Ausschluß aus der NSDAP . nach sich ziehe, werden in Wirklichkeit Mörder und Totschläger in strafbarer Weise von der Parteileitung begünstigt. Es wird höchste Zeit, daß die Staats. anwaltschaft sich sehr energisch um diese systematische Fluchtbegünstigung bekümmert und rücksichtslos gegen alle Personen einschreitet, die strafrechtlich verfolgten National sozialisten zur Flucht über die Grenze verholfen haben.
Zum französisch- fchweizerischen Streit um die erste Zone hat die Schweiz beantragt, vom Haager Gericht entscheiden zu lassen, da die französischen Borjchläge unannehmbar seien.
Drohung mit Verbrechen
Nationalistischer Erpressungsversuch an Brüning
EQE
Die Führer der„ nationalen Opposition" haben, wie TU. mitteilt,| Erklärung nachfolgen, die deutlicher noch als die Kundgebung an Reichskanzler Brüning nach London folgendes Telegramm ge- vom 10. Juli unverhüllte Drohungen gegen richtet: über der Reichsregierung und die Ankündigung hochverräterischer Unternehmungen enthält.
Dem ursprünglich als Erleichterung gedachten Plan des ameritanischen Präsidenten Hoover wird die unverhüllte Absicht Frant. reichs entgegengesetzt, das deutsche Bolt auf die Dauer unter sein Diktat zu zwingen. So soll aus der Erleichterung eine Berschlimmerung werden. Es wird den verantwortlichen Kreisen in Frankreich nicht unbekannt sein, daß in unserem gequälten Wolfe, insbesondere in der Jugend, die Verzweiflung derart gewachsen ist, daß allerorts gefährliche Gedankengänge auffeimen. Das deutsche Volt, das sich von der Schuld am Kriege frei fühlt, will und kann die ihm aufgezwungenen ungerechten Lasten nicht länger tragen. Erst recht aber ist eine weitere Schmälerung der deutfchen Staatshoheit unerträglich und nicht zu verantworten.
Die gesamte nationale Opposition macht daher in aller Form Die gesamte nationale Opposition macht daher in aller Form darauf aufmerksam, daß sie gemäß ihrer Grundeinstellung auf nene Bindungen, die gegenüber Frankreich eingegangen werden, als für sich sehen wird.
rechtsverbindlich nicht
an
Graf von der Goltz, Hitler, Hugenberg, Graf kaldreuth, Bethge, Lind, Seldte und Düfterberg.
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Die sogenannte ,, nationale Opposition" benutzt die schwierigsten Situationen, um systematisch die Verhandlungssituation für Deutschland durch ihre Kundgebungen zu verschlechtern. Sie läßt ihrer Erklärung vom 10. Juli, daß sie in den Entscheidungskampf zur Niederringung des heutigen Systems eingreifen und durchringen wolle, heute eine zweite
Die Londoner Konferenz.
Schluß nicht vor Ende der Woche.
Vor der heutigen Vormittagskonferenz hatten Reichskanzler Dr. Brüning und Staatssekretär Dr. Schaeffer vom Reichsfinanzministerium eine einstündige Besprechung mit Snowden und Roß im Schazamt, während Reichsaußenminister Dr. Curtius und Staatssekretär von Bülow eine Unterredung mit Henderson im Foreign office hatten.
Um 10 Uhr begann dann die Konferenz der sechs Regierungen.
Die Londoner Konferenz wird sich, wie in Berlin erflärt wird, voraussichtlich bis Ende dieser Woche hinziehen. Am Donnerstagabend findet ein Empfang der Konferenzteilnehmer durch den englischen König staff.
Finanzminister heute nachmittag. Um die dauernde Gefundung Deutschlands .
Die Siebenmächtefonferenz vertagte sich um 12.45 Uhr über die
Mittagspause. Ueber die Vormittagsfigung wird folgendes
Communiqué ausgegeben:.
Die Konferenz ist um 10 Uhr im Foreign office zufammen getreten und hat über internationale finanzielle Zusammenarbeitsmöglichkeiten beraten, die geeignet sein fönnten, möglichst umgehend das wirtschaftliche Gleichgewicht in Deutschland wiederherzustellen, und zwar als Vorbereitung zur Prüfung weiterer Maßnahmen, die sich als notwendig herausstellen sollten, um die
Finanzfituation Deutschlands für dauernd wieder auf eine fest e
Grundlage zu stellen.
Es wurde vereinbart, daß die Finanzminister der auf der Konferenz vertretenen Mächte somie Reichskanzler Brüning, heute nachmittag unter dem Vorsiz Macdonalds zu einer neuen Sigung zusammentreten sollen, in der die Prüfung der aufgeworfenen Fragen fortgesetzt werden soll.
in der Jugend keimen", ist die nackte und unverhüllte Der Hinweis auf die gefährlichen Gedankengänge, die Drohung, daß Brüning und Curtius dasselbe Schicksal erleiden fönnten, wie Erzberger und Rathenau . Niemand im In- und Ausland wird daran zweifeln, daß dieser Satz diese Bedeutung haben soll. Eine solche Drohung gegenüber den Vertretern Deutschlands in London ist mehr als ein Erpressungsversuch, es ist ein Verbrechen!
Die weitere Erklärung, daß die sogenannte nationale Opposition weitere Bindungen gegenüber Frankreich für sich nicht als rechtsverbindlich anerkennen werde, ist praktisch bedeutungslos, denn die Herrschaften bilden nicht die deutsche Regierung. Aber diese Erklärung wird den franzöfischen Scharfmachern Wasser auf ihre Mühlen gießen, und sie ist deshalb ebenfalls geeignet, die Verhandlungssituation für Deutschland zu verschlechtern.
Verantwortlich für diese Erklärung sind die Führer der Deutsch nationalen, der Nationalsozialisti. schen Partei, des Reichslandbundes und des Stahlhelms. Wie lange will die Reichsregierung der unverantwortlichen Mordheze und der unverhohlenen Anfündigung hochverräterischer Handlungen, die von diesen Kreisen ausgehen, noch zusehen?
Blutige Gaalschlacht.
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Sechs Reichsbannerkameraden schwer verwundet. Bad Oldesloe , 21. Juli. 1
Im Laufe eint am geftrigen Abend hier abgehaltenen Ber sammlung der Radikaldemokratischen Partei fam es zwischen 60 Reichsbannerleuten, die den Saalschuh versahen, und einer 100 Mann starken Abteilung Nationalsozialisten, welche teinen Einlaß mehr fand, zu einer blufigen Schlägerei, bei der sechs Reichsbannerleute schwer verwundet wurden. Die Polizei nahm vier Nationalsozialisten feft.
Schwere politische Bluttat.
Ein Toter und drei Schwerverlette.
englón Glogau , 21. Jufi.' In Aufzug( Kreis Frenstadt) am Schlawaer See fam es am Sonntag bei einem öffentlichen Tanzvergnügen zu schweren und blutigen Ausschreitungen zwischen etwa 30 Kommunisten und Nationalsozialisten sowie Mitgliedern des Stahlhelm.
Drei Nationalsozialisten sind dabei schwer verwundet worden. Der 65jährige Landwirt Hermann Schmeißer, der dem Stahlhelm angehören soll, wurde durch einen Schlag mit einer gefüllten Bierflasche auf den Kopf getötet. Das Lotal murde fast vollständig demoliert und der Gaffwirt, ein 80jähriger Mann, verlegt. Die Staatsanwaltschaft in Glogau hat die Leiche des Erschlagenen beschlagnahmt. Die Täter sollen den Behörden be fannt sein.
Haussuchungsaktion in Frankfurt .
Große Mengen kommunistischen Materials beschlagnahmt.
Die Polizei nahm heute in den frühen Morgenstunden mit großem Aufgebot eine Durchsuchung verschiedener tommunisti scher Büros und anderer fommunistischer Stellen vor. Der Polizei war es in der Hauptsache darum zu tun, gewisse Akten, die sich in kommunistischen Händen befinden sollen, aber auch zahlreiche Druckschriften zu suchen und sicherzustellen.
Die polizeiliche Aktion, die kurz nach 11 Uhr beendet war, midelte sich in aller Ruhe ab. Große Mengen von Material wurden in Wagen auf das Polizeipräsidium geschafft. Ueber das Ergebnis der Durchsuchung find nähere Einzelheiten noch nicht bekannt.
Racheaft einer Frau.
Die am Montag gemeldeten Ereignisse, in Sevilla waren äußerst schwerer Natur. Der Führer der Syndikalisten hatte in einer Bersammlung die Auflösung der Guardia Civil, den Kopf des Innenministers und ähnliches gefordert. Die Zusammenstöße mit der bewaffneten Macht wurden durch eine Manifestation Den Ehemann im Bett angezündet und verbrannt. der Syndikalisten ausgelöst, die das Begräbnis eines ihrer Anhänger zu einer großen Kundgebung ausnutzten. 3000 Manifestanten überrannten zuerst die Polizeiposten. Es entspann sich eine Schlägerei zwischen der Guardia Civil und den Syndikalisten, wobei die Syndikalisten die Angreifer waren. Hierauf erhielt die Guardia Civil den Befehl, auf Ansammlungen ohne jegliche Anfündigung zu schießen. Nachdem zwei Polizisten getötet worden waren, ging die Guardia Civil unerbittlich vor. Insgesamt wurden waren, ging die Guardia Civil unerbittlich vor. Insgesamt wurden zwei Polizisten und zwei Syndikalisten getötet und einige Personen schwer verletzt. Im Laufe der Nacht konnte die Ruhe wieder hergestellt werden. Es wurden 150 Verhaftungen vorgenommen. Die Druckereien haben sich dem 48stündigen Generalstreit der Syn dikalisten angeschlossen; es erscheinen feine Zeitungen, die Verkehrsmittel haben den Betrieb eingestellt. Teile der Stadt, in denen fich Streifende aufhalten, find völlig umzingelt.
Aehnliche Unruhen sollen sich auch in anderen Städten, wie Valencia , Cordoba, Cadig und Xeres, zugetragen haben.
1910
Wirtschaftszusammenbruch in Mexiko .
Merifo City, 21. Juli. ( Eigenbericht.) Die Berufung des Expräsidenten Calles zum Finanzdiktator steht angesichts der alarmierenden Währungsschwierigfeiten, unter denen Merito in lezter Zeit außerordentlich leidet, unmittelbar bevor. Die Regierung hat die Gehälter der Beamten und Angestellten sowie der Angehörigen der Armee start reduziert. Das Wirtschaftsleben ist durch die Entwertung des Silberpesos sehr gestört..
In der Nacht zum Dienstag hörten Bewohner eines Hauses auf dem Oberhaberberg aus der Wohnung des Eisenbahnaffiftenten B. gellende Hilferufe. Als sie die Tür erbrachen, fanden sie die Eheleute in den brennenden Betten vor. Der Ch2mann hatte bereits schwere Berlegungen erlitten, während die Ehefrau nur leicht verletzt war. Der Mann ist im Krankenhaus feinen Brandwunden erlegen. Die polizeilichen Ermittelungen haben ergeben, daß die Frau ihren schlafenden Mann mit Brennfpiritus übergoffen hat und ihn dann anzündete. Darauf versuchte fie auf die gleiche Art Selbstmord zu begehen.
Polen erschießt Spione. In Wilna wurde der wegen Spionage für Litauen zum Tode verurteilte Korporal Szymkolas hinge richtet. Er soll polnische militärische Dokumente an einen gleichzeitig verhafteten Agenten des litauischen Nachrichtendienstes verfaust haben.
Gegen 53 führende Firmen in Baltimore ist Anklage wegen Ver gehens gegen die Prohibitionsgefeßgebung erhoben worden.
Vor Beginn der Bayreuther Festspiele . Das Interesse für die diesjährigen Bayreuther Festspiele ist um ein Vielfaches größer als im Vorjahre. Alle Gerüchte, die den reibungslosen Verlauf der Festspiele mit der augenblidlichen Finanzfrise in Deutschland in Zu sammenhang bringen oder von einer Unterbrechung oder ähnlichem sprechen, sind vollkommen unbegründet. Die Festspiele werden programmäßig durchgeführt werden. Die Nachfrage nach den Eintrittskarten hat furz vor dem ersten Aufführungstag noch besonders iftart eingefeßt.