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SA- Terror in Koburg . - Städtische Polizei machtlos.- Hilferufe an die Regierung. Müschen. 24. Juli. (Eixenbcrichi.) Aus der Stadt Koburg , deren Verwaltung seit Jahresfrist unter einem ch a k e n k r e u z r e g im e n t steht, sind am Freitag dringende Hilferuf« der Arbeiterbevölkerung an den bayerischen Innenminister gelangt. Seit Montag werden in Koburg in den Abend- und Nacht- stunden die Straßenpassanten von SA.- Leuten tcrrori- s i e r t, die in Trupps von sechs bis acht Mann durch die Straßen ziehen. Wer irgendwie als links eingestellt verdächtig oder bekannt ist, wird von diesen Rowdys angerempelt, mißhandelt und bei Gegenwehr niedergeschlagen. Die blaue Polizei, die dem Nazi-Vürgcrmeister Untertan ist, verhält sich völlig passiv. In der Nacht zum Donnerstag war die allgemeine Unsicherheit in den Straßen Koburgs derart, daß die sozialdemokratische O r t- l« i t u n g den als Stadtkommissar eingesetzten Bezirksamts. Vorsteher um den Einsatz der grünen Polizei ersuchte. Da der Swdtkommissar sich von den boltanischen Zuständen in seiner Stadt überzeugt hatte, beauftragte er ein Streifenkommando der Landes- polizei, vor dem die braunen W«g«!lagerer Reißaus nahmen, die Straßen zu säubern. Der bayerische Innenminister hat versprochen, den wüsten Terror der Nazis mit allen Mitteln zu brechen.

Hochbetrieb bei Schweizer Banken. Nervosität der Kapitalflvchtlinge. Basel , 24. Juli. (Eigenbericht.) In der S ch w e iz herrscht bei den meisten Banken in den letzten Tagen Hochbetrieb. Vielen Kapitalflüchtigen aus Deutschland scheint die Notverordnung gegen die Kapitalflucht doch in die Glieder gefahren zu sein. Jedenfalls haben zahlreiche deutsche Konteninhaber ihre Guthaben bei Schweizer Banken gekündigt. Auch sind auf viele Konten Schecks in Höhe der Guthaben gezogen worden, die offenbar der Reichsbank angeboten werden sollen. Auch die starke Nachfrage nach Morknoten, der bereits am Donnerstag den Markturs auf 122 hinaufgetrieben hatte, hielt am Freitag an.

Das Llrteil im Kehmarn-Prozeß. Keine ausreichende Sühne für die brutalen Ausschreitungen. Siel, 24. Juli. (Eigenbericht.) In dem Naziprozeß in Burg auf Fehmarn , in dessen Verlauf die Ueberfälle in Lemkenhafen während der Pfingstseiertage behandelt wurden, erhielt der Naziführer von Fehmarn fünf Monate Gefängnis. Di« übrigen drei Angeklagten wurden zu Geld st rasen von insgesamt 720 Mark verurteilt. Für die Verhandlung waren 41 Zeugen geladen. Die Brutalität der Nationalsozialisten steht fest. Man hat an der Straße stehende Leute niedergeschlagen, man ist unter Beschädigung von Türen und Fenstern gewaltsam in Häuser ein- gedrungen, hat die Wohnungen durchsucht und die Bewohner herausgezerrt, geprügelt, gestochen und dannSchuldige" dem Nazi- führer Böhmcker dem Verteidiger der Nazis in diesem Prozeß porjesuhrt. der sie schließlich mit großer Gest« entließ. Die Zeugen-. aussagen belasteten die Nazi» sehr schwer.'''An Pause' der Verhaftd- lung ergab sich auch die dringende Notwendigkeit«inet Lokaltermin». In Lemkenhafen schilderten die Bewohner die einzelnen Vorgänge, qu» denen man entnehmen muß. daß die Nationalsozialisten von einer geradezu fanatischen Zerstörung»- und Prügel- wut befallen waren. Es steht nach der Lokalaufnahm« unzweifel- Haft fest, daß die Nazis wie die Wilden gehaust haben. Der Staatsanwalt bezeichnete die Ausschreitungen der Natio- nalsozialisten in seiner Anklage als ein ganz gemeines und brutales Vorgehen. Die Strafanträge lauteten gegen die vier Angeklagten auf insgesamt 16 Monat« Gefängnis. Der Verteidiger Böhmcker bemühte sich natürlich, seine Leute rein- zuwaschen, allerdings mit recht zweifelhaftem Erfolg. Die Taktik der Angeklagten wie des Verteidigers ging im wesentlichen dahin, sich durch Belastung des großen Unbekannten z u e n t l a st e n. Do» Gericht war noch den Ausführungen des Vorsitzenden davon überzeugt, daß die Strafen keine ausreichende Sühne für die außerordentlich schweren Ausschreitungen darstellen, sah sich aber angesichts der Zeugenaussagen außerstande, zu härteren Strafen zu kommen. Artillerie schießt in Sevilla . Havptqvaftier der Syndikalisten zerstört. Sevilla . 24. Juli. (Eigenbericht.) In Sevilla wurde in der Rächt zum Freitag aus Anordnung des Mililärbesehlshaber» der hauptsih der hiesigen Syndi- k allsten, ein bekanntes Restaurant, nach vorheriger Warnung durch 22 Artilleriegeschosse völlig zerstört. Menschen kamen nicht zu Tode, da die Syndikalisten das Lokal vor dem Bombarde- ment geräumt hallen. Nachts um 2 Uhr kam es wieder zu Schießereien. Ein Haupt. mann der Zivilgarde und ein Arbeiter wurden getötet. Alle Führer der Syndikalisten sind inzwischen aus der Festung Cadis in l eruiert worden.

Vier Verbannte entflohen. Im Segelboot auf stürmischem Vtittelmeer. Rom . 24. Juli. von der italienischen Verbannungsinsel Lampedvsa im Mittelweer sind vier politische Verbannte entslohen. Ein fünfter wurde au der»üste gesange». Er gab zu. mit einem Leiden,- genoffeu da« Gitter seines Schlafraum«, durchsägt zu haben und aus- gebrochen zu sein. Die vier Verbannten konnten sich eine» Fischer- boote» bemächtigen und find damit trotz stürmischer See in« Mittel- meer hinausgefahren, um ein« austSndische«üste zu erreichen.

Abbö. Wetterle ist 71 jährig bei Lausann« gestorben. Er war elsässischer Neichstagsabgeordneter in der Vorkriegszeit und machlä schon damals aus seiner französischen Gesinnung kein Hehl. Bei Knegsrnisbnich begab er sich nach Frankreich und wirkte dort für den Sieg der Entente. Nach dem Krieg« war er zunächst Abgeord- neter der französischen Kammer, später bereitet« er als Mitglied der sronzösisch-n Botschaft in Rom die Wiederaufnahme der Beziehun- gen Frankreich « zum Vatikan vor. vi« rumänische Potizet hat in den letzten Tagen zahlreiche be- kannte Kammunisten, darunter auch Abgeordnet«, verhaftet. In Bukarest find bisher aklein tS führend« Kommnnisten fest­genommen worden.

Wie aus einem fchwarz-weiß-roten Volksentscheid...

... im Handumdrehen einroter" wird!

Krauenkampf gegen Faschismus.

Die Internationale Zrauenkonferenz.

Wien , 24. Juli. (Eigenbericht.) Am Donnerstag begann im Wiener Konzerthaussaal die IV. Internationale Frauenkonferenz. Anwesend sind etwa 30» Delegierte aus 27 Ländern. Die Delegierten wurden zunächst von Adelheid Popp - Wien begrüßt. Den Zweck der Konferenz umschreibt sie wie folgt: Unsere Frauenkonferenz wird Kampfmittel suchen, um die An- griffe abzuwehren, die in manchen Ländern die Rechte der Frauen bedrohen. Die Frauenorganisation unserer Arbeiterinnen» internationale ist in ständigem Aufblühen. In Marseilles 1925 ge- hörten 739 671 Frauen den in der Sozialistischen International« vereinigten Parteien an, Ende 1930 waren es 1 282 588. Unser ist die Zukunft, wenn wir wie bisher mutig und entschlossen weiter- kämpfen. Unser Ziel muß sein, noch mehr Einfluß zu ge- Winnen als bisher, überall wo wir können, auf die Gestaltung de« Mutterschutzes und die Verbesserung der Lage der Arbeiterinnen hinzuwirken. Ich heiße Sie, die Sie aus allen Richtungen der Erde gekommen find, um im gleichen Sinne für ein gleiches Ziel zu wirken, herzlich willkommen.(Lebhafter, anhaltender Beifall.) Im Namen der österreichischen Sozialdemokratie und der Stadt Wien spricht dannBürgermeister-G« sitz Begrüßungsworte:Do, alte Oesterreich, reaktionär und klerikal, konnte den Gedanken nicht fassen, daß die Frau im öffentlichen Leben teilnehmen könne, daß die Frau irgendeinen anderen Beruf haben könne, als den, wie man so schön sagte, der Mutter und der Gattin. Einer unserer Gegner hat uns damals ganz offen gesogt: es ist ein sonder- bares Verhältnis, wir wissen, daß wir mit dem Frauenwahlrecht siegen würden, wir wollen es aber nicht au« unseren Grundsätzen, und ihr wißt, daß ihr mit dem Frauenwahlrecht unter- liegen werdet, und ihr tut es trotzdem. Ich habe ihm darauf ge- antwortet: Ja, wir wollen es, und wenn wir ein« völlig« Nieder- läge erleiden. Wir wollen es nicht nur au» unseren Grundsätzen, sondern weil wir wissen, daß der Sozialismus entweder niemals siegen wird, oder siegen wird, mit Hilfe der Frauen. Wir haben das neue Wien ausgebaut, die einzig« Millionenstadt, die von Sozialisten verwaltet wird. Wir sind uns der Beschrän- kungen dieser Verwaltung und der engen Lebensbedingungen, die uns. gezogen sind, wohl bewußt. Wir wissen, daß wir mitten i m kapitalistischen Staat und mitten in der kapitalistischen Wirtschaft leben, und daß wir daher nicht sozialistisch ver- walten können. Aber in jeder Verwaltung kommt es schließlich auf den Geist an, der sie trägt, und dieser Geist der Verwaltung Wiens ist ein sozialistischer Geist. Möge die Frauenorganisation sich so gestalten, daß wir in absehbarer Zeit eine Spezialorganisation der Frauen nicht notwendig haben, weil wir olle. Frau und Mann, dienen als ein Herz und eine Seele dem großen Gedanken des Sozialismus."(Lebhafter Beifall.) Im Namen der Arbeiterinternationale begrüßt« deBrouckere- Belgien den Kongreß:Seit Marseille ist e» den sozialistischen Frauen geglückt, ihre Zahl fast zu verdoppeln, und wir sehen hier in Wien , was ein« Frauenorganisation leisten kann. Aber auch in anderen Ländern gebt e» vorwärts. Groß ist die Zahl der sozialistischen Frauen in allen Ländern, größer sind die Erfolge, die sie errungen haben. Wir durchleben jetzt bewegte Stunden. Seit einigen Wochen schwanken wir zwischen Hoffnung und Verzweiflung, wissen wir nicht, was das Morgen bringen wird, wissen wir nicht, ob wir nicht vor neuen Katastrophen stehen. Die Verantwortlichen beginnen zu fühlen, wie gefährlich die Situation ist. Niemand sieht noch klar. Aber eines zeigt sich immer d-ut- licher: was die ganze Welt, was die menschliche Gesellschaft braucht, das ist mehr Zusammenhalt, mehr Liebe, mehr Fomiliengeist. Die Frauen hoben die Aufgabe, diesen Geist der Warme und der Lieb« in stärkerem Maße in die Politik zu bringen.(Lebhafter Beifall.) Der Kongreß tritt nunmehr in die Tagesordnung ein. Tom Sender-Berlin spricht über das Thema:»Die Wirkung der politischen Reaktion auf die Freiheit der Frau": Noch nie war der Glaube an die herrschende Ord- nung so stark erschüttert wie in unserer Zeit. Wir erleben«ine rasche Proletarisierung des Mittelstandes. Da der materielle Existenz- boden dieser Schichten ins Wonken geriet, wurden sie auch in ihrem ideellen Sein erschüttert. Wohl sind sie sich der Tatsache ihrer Proletarisierung bewußt geworden, ober sie wehren sich da- gegen, völlig ins Proletariat zu versinken. Jedoch an die alten bürgerlichen Parteien glauben sie nicht mehr. Werden fie nun, so müssen wir uns ftagen. die bisher die festesten Stützen der bürgerlichen Gesellschaft waren, zur Ann« de» Prvle-

tariats übergehen? In diesem psychologischen Augenblick begann eine neue Bewegung, die es verstand, erfolgreich an das Resfanti- ment der Mittelschichten zu appellieren. Es entstand die national- sozialistische, die faschistische Bewegung. In allen Ländern bietet die faschistische Diktatur ein Bild menschlicher Entartung. Wir aber dürfen uns nicht damit begnügen, mit unserer ganzen Kraft gegen solche Barbarei zu protestieren, sondern wir haben auch zu untersuchen, welches die Ursachen dieser Bewegung sind. Und da müssen wir feststellen, daß der Faschismus seine Kraft nicht einer Idee verdankt, sondern derAngstderherrschenden Klasse vor dem stürmischen Vormarsch der sozialistischen Arbeiter- bewegung und der Auflösung der bisherigen sozialen Schichten der Gesellschaft durch den raschen Gang der Industrialisierung. Es muß ober dazu noch festgestellt werden, daß der Faschismus einen beson- der» günstigen Boden findet in den Ländern junger Demo- t r a t i e, oder in den Staaten, in denen die Demokratie durch die starken Parteien fest verankert ist. Der Faschismus bedeutet nicht -nur Bergewalttgung olle? arbeitenden Menschen, sondern auch Eni- rechtung der Frauen. Verrohung und Verflachung der Jugend. Schließlich ober zwingt noch ein Gründ die sozialistischen Frauen zu höchster Aktivität: die mit dem Faschismus stet» per- bundene Kriegsgefahr. Man vergesse nicht die Wirkung einer militärischen Erziehung und des militärischen Aufbau» der faschisti - schen Parteien. Die Anhänger werden zum Mythos der Größe und Unfehlbarkeit des Führers erzogen. Die faschistisch« Jugend be- trachtet sich als Eilte d e r N a t i o n und dürstet nach kriegerischen Taten. Und mag man selbst der Auffassung sein, daß auch ein Wil - Helm II. den Krieg nicht direkt gewollt habe, so hat er doch das Wort gesprochen, daß man dos Puloer trocken und da« Schwert ge- schliffen halten müsse. So ist er schließlich der Sklave seiner eigenen Phraseologie geworden und Hot dem Militär entscheidende Gewalt über da» Schicksal des Volke» verliehen. Mit gleichen Gefahren droht der Faschismus. So können wir in Abwandlung«ine» Worte» des großen Sozialisten und Friedenskämpfers Jean Jaures sagen: Der Faschismus ist der Krieg, der Sozialismus wird der Frieds fein.(Lebhafter Beifall.) Toni Sender legte dem Kongreß folgende Entschließung vor: Der Faschismus bedroht nicht nur die unter dem Einfluß und Wachsen de» internationalen Sozialismus erreichten allgemeinen sozialen und politischen Errungenschaften, sondern er gefährdet auch im besonderen die politischen Rechte der Frau und ihre Unabhängig- teit in Gesellschaft und Beruf. Er peitscht die n a t i o n a l i st i s ch e n Leidenschaften auf, vergiftet die Jugend mit chauvinistischer und ge- waltanbetender Gesinnung, lenkt die Unzufriedenheit mit den inneren Zuständen im saschlstisch regierten Lande ab auf Eroberungsstreben und Atachtvergrößerung nach außen, auf diese Weise zu neuem Kriege vorbereitend. Die in der Sozia- listischen Arbeiterinternationale zusammengeschlossenen Frauen sind sich daher ihrer Pflicht bewußt, im Kampfe gegen Faschis- mus und Reaktion in vorderster Front stehen zu müssen. Sie bekennen sich nach wie vor zu dem alten sozialistischen Grund- sotz, daß die Befreiung der Arbeiterklasse nur durch den gemein- samen Klassenkampf von Mann und Frau erreicht«erden kann. In Ablehnung der Tendenz des Faschismus, der die Menschheit einem neuen Völkermord entgegentreibt, ruft die Sozialdemokratie die Frauen als Spenderinnen und Hüterinnen neuen Leben» auf, sich in die Front des kämpfenden Proletariats gegen Faschismus und Kriegshetze einzureihen." In der Diskussion sprach zunächst Frau Dr. Marion Philipp» �Großbritannien ). Sie unterstützte die von Toni Sender «ingebracht« Resolution und gedenkt dann vor ollem der Leiden der Arbeiterschaft in P o l e n und in U n g a r n. Sie sei beauftragt, sowohl im Namen der brittschen Arbeiterpartei wie der britischen Gewerkschaften zu erklären, daß die englischen Sozialisten ein tiefes Mitgefühl für da» geknechtet« ungarisch « Volk und für die verfolgten ungarischen Frauen haben. Man wisse, daß es dort unerhört viel Unglück und unerhört viel Berfolgungen gebe, und daß überall, wo der Faschismus herrsche, dafür gekämpft werden müsse, das System der Gewalt zu brechen.

sechs Transportstugzeuge mit insgesamt 882 Werte von 150 635 090 Franken Angetroffen.