(Beilage Sonnabend, 25. Juli 1931
SiVÄbMS SfrnlaulQa&e Je* ibu}t£r&
Das sozialistische Proletariat hat die Idee der internationalen Vereinigung von seinen Vorgängern im Kampfe gegen die feudal- obsolutistische Reaktion des vormärzlichen Europas , b. h. von den in den ersten Jahrzehnten nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Armee in allen Ländern Europas in großer Anzahl entstandenen nationalrevolutionären Organisationen übernommen. Diese Organisationen, die sich in erster Reihe die Aufgabe der nationalen Befreiung gestellt hatten, bezeigten geringe Neigung zu einem internationalen Zusammenschluß Sie wurden aber dazu durch die allgemeine Situation jener Zeit gezwungen. Nach dem Sieg über Napoleon hat die internationale Reaktion aus dem Kongreß, der 1815 in Wien tagte— in demselben Wien , das jetzt mit so großer Gastsreundlichkeit seine Tore der Sozialistischen Arbeiterinternationale öffnet—, eine Jnternationule der Re a k t i o n, des heiligen Bundes der Könige im Kampf gegen die freiheitlichen Bestrebungen der Völker, gegründet. Die reaktionären Monarchen Europas hatten sich verpflichtet, sich bei jeder Volks- bewegung gegenseitig zu unterstützen und ihre gemeinsamen„Erb- rechte" geschlossen zu verteidigen. Diese Beschlüsse blieben keines- wegs auf dem Papier. Die unzufriedenen Elemente in jedem ein- zelncn Lande mußten es sehr bald merken, daß sie nicht nur den Widerstand ihrer eigenen Regierung zu überwinden hatten. Unter diesen Bedingungen mußte unwillkürlich bei den-evolutionären Massen Europas der Gedanke auftauchen, daß der reaktionären Internationale der Könige, die sich zum Kampf gegen die Völker vereinigt hatten, eine Internationale der Völ- Ter zur Befreiung von der königlichen Tyrannei gegenübergestellt werden müsse. Dieser Gedanke lag damals tatsächlich in der Luft. Man be- gegnet ihm immer wieder bei dem Studium der Geschichte der revo- lutionären Geheimorganisationen in den Iahren 1820 bis 1840. Es wurden schon sehr früh Versuche unternommen, diese Idee zu ver- wirklichen. Aus den Berichten der Polizeiagenten von den Zwan- ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geht hervor, daß die Z c n- träte der Carbonari in der Schweiz einen Mittelpunkt dar- stellte, um den sich nicht nur Schweizer , sondern auch Franzosen , Deutsche , Italiener , Griechen u. a. sammelten. Eine klare Vorstellung von einer derartigen internationalen Vereinigung der Nationaldemo- kratischcn geheimen Verbände gibt das „Junge Europa" von Mazzini . das die nationalen Sektionen der bedeutendsten Völker Europas der „Jungen" Italiens , Deutschlands , Polens , Frank- reichs, der Schweiz , Sp aniens usw. einschließlich des „Jungen Rußland", das zu jener Zeit wohl nur auf dem Papier bestand, vereinigte. Im direkten Zusammenhang mit dieser Vereinigung, d. h. mit der Internationale des„Jungen Europa", stand auch die Organi- sation, die mit Recht als die unmittelbare Vorgängerin der späteren internationalen Vereinigung des sozialistischen Proletariats bezeich- net werden kann. Das ist die Organisation der „Brüderlichen Demokraten" in den Jahren 1844— 48. Diese Organisation ist in England gegründet worden. Die Arbeiterbewegung Englands stand zu jener Zeit auf einer bedeutend höheren Entwicklungsstufe als in den anderen Ländern, hier ge- wann die Arbeiterbewegung zuerst den Charakter einer organisierten Massenbewegunwg. Hier bildeten sich zuerst die wahren proletarischen Massenorganisationen. Hier entstand endlich auch— früher als in allen anderen Ländern— eine selbständige Arbeiterpresse. Die Pioniere der Arbeiterbewegung in allen anderen Ländern be- wunderten und verfolgten mit großem Interesse die englische Ar- beiterbewegung und waren bestrebt, ihrem Beispiel zu folgen. Auch die Führer der englischen Arbeiterbewegung waren sich ihrer Rolle bewußt und waren stets bereit, den anderen Organisationen aus Grund ihrer Erfahrungen mit Rat und Tat beizustehen. So haben sich bereits im Jahre 1830 die Führer der Londoner „A r b e i- t e r- A s s o c i a t i o n" an die Arbeiter Belgiens , wo sich damals eine große Streikbewegung vorbereitete, mit einem besonderen Schreiben gewandt, in dem sie die belgischen Arbeiter auffordern, eine proletarische Klassenorganisation zu gründen. England war bereits damals das Land, das den politischen Emigranten aller Länder als Zufluchtsstätte diente. Diese Flüchtlinge gründeten auch hier ihre Organisationen. Nach der Verbannung Mazzinis aus der Schweiz siedelte auch die Zentrale des„Jungen Italien " nach England über. Auch die Führer des„Jungen Polen" mit Oborsky, Worcel u. a. an der Spitze fanden hier ein Asyl sowie die Ucberbleibsel der revolutionären Organisation Blanquis, die nach dem mißlungenen Ausstande im Jahre 1830 vollständig zertrümmert wurde. Im Jahre 1840 wurde hier auch der Deutsche Arbeiterbildungsverein, der die kommunistisch gesinnten Elemente der deutschen Emigration ver- einigte, ins Leben gerufen. Die Vertreter aller dieser Gruppen standen in engen Beziehungen zu den Führern der englischen Ar- beiterbewegung und informierten sie über die Vorgänge in ihrer Heimat. Dies alles ebnete den Boden für einen engeren und dauernden organisatorischen Zusammenschluß. Den unmittelbaren Anstoß zur Bildung einer gemeinschaftlichen Organisation gab die Ankunft Wilhelm Weitlings in England. Wilhelm Weitling war Anfang der vierziger Jahre eine nicht nur unter den progressiven Elementen Deutschlands angesehene Per- sönlichkeit. Seine Erstlingswerke:„Die Menschheit wie sie ist und sein sollte" und„Garantien der Harmonie und Freiheit" enthielten viele interessante Gedanken voll jugendlicher Frische und sozialer Leidenschaft und erregten grcßes Aufsehen. Als-w in Zürich verhaftet und vor Gericht gestellt wurde. bildete er den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Die Presse widmete ihm große Aufmerksamkeit. Seine Auslieferung an Preußen rief einen Sturm der Entrüstung gegen die Rückständigkeit der Schweizer „Republik " hervor. Man verfolgte mit großem Inter- esie alle Mitteilungen über die Schikanen, denen er in seiner Heimat ausgesetzt wurde, wie der Versuch, ihn in den Militärdienst als Ge- meinen einzureihen, ihn unter Polizeiaufsicht zu stellen und schließlich seine lebenslängliche Verbannung aus Preußen. Es ist deshalb durchaus begreiflich, daß er, als er im Herbst 1844 noch London
£
übersiedelte, dort nicht nur von den deutschen Emigranten allein als Held und Märtyrer der Arbeiterbewegung gefeiert wurde. Die Volksversammlung am 2 2. September— zu Ehren des Jahrestages der Französischen Revolution— verwandelte sich in eine Huldigung für Weitling . Sämtliche Reden, die von den Ver- tretern verschiedener Nationen gehalten wurden, waren von der Idee der internationalen Solidarität der arbeitenden Massen durch- drungen. Der Vorschlag des Vertreters des Deutschen Arbeiter- bildungsoereins K. S ch a p e r, eine Organisation zur Propaganda der Idee des Zusammenschlusses der Demokratien oller Länder zu bilden, wurde einmütig und mit graßer Begeisterung a.>fgcnowmln. Eine derartige Organisation wurde auch bald darauf unter der Bezeichnung „Bund der Brüderlichen Demokraten" gegründet. Sie entwickelte in den darauffolgenden Iahren eine»echt intensive Tätigkeit, die besonders in der Einberufung von Volksver- sammlungen zur Propaganda der Idee der„Brüderlichkeit der Völker" und des Zusammenschlusses mit den brüderlichen Organi- fationen in den anderen Ländern zum Ausdruck kam. In dieser Organisation spielten eine führende Rolle einerseits die Vertreter des sozialistischen Flügels der englischen Arbeiterbewegung mit I u l. H a r n e y an der Spitze, und andererseits die Vertreter des Deut- schen Arbeiterbildungsvereins in London . Die Propagandatätigkeit dieser Organisationen fand lebhaften Anklang bei den revolutionären sozialistischen Organisationen aller Länder. Von ganz besonderer Bedeutung war die Unterstützung der„Brüderlichen Demokraten" seitens der Führer des deutschen „K o m m u n i st e n b u n d e s"; das geschah, nachdem Marx und Engels nach ihrem Siege über den utopistisch-verschwörerischen Flügel des Bundes eine führende Rolle in diesem zu spielen be- gannen. Im Herbst 1847 wurde ein Manifest aller Nationen veröffentlicht, in dem der Plan der Gründung einer weitverzweigten Organisation der„Internationalen Association entwickelt wurde, die den Angehörigen aller Nationen zugänglich sein und die... inter - nationale Komitees in einer möglichst größeren Anzahl von Städten gründen sollte". Im Zusammenhang damit stand der Plan der Einberufung in möglichst absehbarer Zeit eines allgemeinen Kon- gresses dieser Internationalen Komitees. Als Losung wurde im Programm die Parole der„demokratischen und sozialen Republik " aufgestellt, in der„Reichtum durch Arbeit als Quelle und Garantie der Gesellschaft und ihrer Rechte ersetzt werden soll". Diese Idee fand besonders lebhafte Unterstützung in Belgien , wo dank den Marxschen Bemühungen ein lokales internationales Komitee-nach dem Plan der„Brüderlichen Demokraten" unter dem Namen„Demokratische Gesellschaft zur Vereint- gung aller Völker" gegründet wurde. Marx war Vizepräsi- dent dieser Assoziation und wurde von ihr beauftragt, eine Rede auf dem internationalen Meeting, das in London am 29. November 1847— am Jahrestag der polnischen Revolution— stattfinden sollte, zu halten. Diese Marxsche Reise nach London ist in der Geschichte des So- zialismus wohl bekannt, da er sie zwecks Beteiligung an jenem Kongreß des deutschen „Kommunistenbundes" unternommen hatte, in welchem der Entschluß gefaßt wurde, das berühmte„M a n i f e st der Kommuni st ischen Partei" herauszugeben. Für die Geschichte der Internationale ist dieser Reise Marx' auch noch von
einem anderen Standpunkte von großer Bedeutung: während seines Aufenthalts in London machte Marx den„Brüderlichen Demokraten" den Vorschlag, den von ihnen beabsichtigten Plan der Einberufung eines internationalen Kongresses insofern abzuändern, al? man ihn zu einem Kongreß der Arbeiter aller Nationen gestalten sollte. Vom rein organisatorischen Standpunkte betrachtet, stellte dieser Vorschlag eine nur unwesentliche Aenderung dar. Marx hatte keines- wegs die Absicht, irgend jemanden, der an dem Kongreß der „Brüderlichen Demokraten" teilnehmen sollte, zu verdrängen. Das geht deutlich aus den Prinzipien hervor, die Marx der Brüsseler „Demokratischen Association " zugrunde legte. Diese Association ver- einigte Demokraten verschiedenster Richtungen, soweit sie die Parole der Londoner „Brüderlichen Demokraten",„demokratische und so- ziale Republik ", anerkannten. Der Vorschlag Marx' war insofern von besonders großer Bedeutung, als er grundsätzlich und entschieden aus die soziale Schicht hingewiesen hatte, die die Haupt st ütze der neuen internationalen Verein!» gung bilden sollte. Marx' Vorschlag fand in London lebhaften Anklang.„Wir wissen recht gut"— schreiben die„Brüderlichen Demokraten" in ihrer Antwort—,„daß wir uns nur an das wirkliche Volk, die Proletarier, wenden müssen— an die Männer, deren Schweiß und Blut täglich fließen unter der Sklaverei, die ihnen durch das heutige Gesellschaftssystem auserlegt wird: wir wissen recht gut. daß nur diese Männer es sind, welche die allgemeine Verbrüderung her- stellen werden. Es ist das Interesse der Land- und Geldaristokraten, die Nationen zu teilen: aber es ist das Interesse der Proletarier, die überall durch denselben Zuchtmeister, die Bourgeoisie, unter- drückt, die überall durch dasselbe Räuberzeschlecht um die Früchte ihres Fleißes gebracht werden, es ist ihr Interesse, sich zu vereinigen." In den Konferenzen, die damals stattgefunden hatten, wurde auch der Zeitpunkt der Einberufung des ersten internationalen Ar- beiterkongresses festgesetzt. Er sollte in London am 25. Oktober 1S4S stattfinden. Die Vorbereitungen zum Kongreß wurden mit großer Energie betrieben. Auch der„Kommunistenbund" stellte zu diesem Zweck seinen Organisationsapparat zur Verfügung. Aber es gelang nicht, den Plan der Einberufung des Kongresses zu verwirklichen: es brach die Revolution von 1848 aus. Diese Revolution trug im großen Maße zur Entwicklung der Arbeiterbewegung in verschie- denen Ländern bei. Es entstanden überall neue proletarische Orga- nisationen, die immer größere Arbeiterkreise erfaßten. In der Ar- beiterpresse sowie in den Arbeiterversammlungcn wurde lebhaste Propaganda für die Idee der internationalen Solidarität der werk- tätigen Demokratie gemacht. Es gelang aber nicht, den Plan der Einberufung des internationalen Arbeiterkongrcsses organisatorisch zu verwirklichen, da die Reaktion in den Großstaaten Europas sich inzwischen derart verstärkt hatte, daß der Kamps gegen sie alle Kräfte in Anspruch nahm, so daß alle anderen Fragen in den Hintergrund treten mußten. Damals gelang es also nicht, die Idee des internationalen Ar- beiterkongresses zur Ausführung zu bringen. Aber trotzdem ist ihre Rolle nicht zu unterschätzen, denn sie war es, die den Boden für die späteren Pioniere des internationalen Zusammenschlusses ebnete. Indem die Sozialistische Arbeiterinternationale zum bevorstehenden Wiener Kongreß einen Rückblick auf die Vergangenheit wirft, muß sie auch derer eingedenk sein, die vor fast einem Jahrhundert als erste sich die Schaffung einer internationalen Vereinigung zur Auf- gäbe gemacht hatten. B. Nikolajewsky.
Ein unbekannterBrief vonFriedrichEngels
Bruno Sch ö n la n k j u n. hat uns aus dem Nachlaß seines Vaters den nachstehenden Brief von Friedrich Engels zum llrstabdruck freundlichst zur Verfügung gestellt. Bruno Schönlank , der einige Jahre auch„Vorwärts"-Redakteur war und schon 1901 — zweiundvierzigjährig— als Chefredakteur, der von ihm so glän- zcnd geleiteten„Leipziger Volkszeitung " starb, hatte sich 1887 an Engels gewandt mit der Bitte, ihm sein Buch„Die Fürther Ouecksilberbelegen und ihre Zsrbeiter" widmen zu dürfen, aus dem vorher schon Auszüge in der„Neuen Zeit" erschienen waren. Für den bedeutenden Geist des Schönlankschcn Buches mögen folgende Sätze aus dem„Vorwort" sprechen: „Ein Beitrag zur Naturgeschichte des Kapitalismus soll diese Schrift sein. Die Wirtschaftliche Detailuntersuchung hat die Be- wegungsgesetze der modernen Produktionsweise an konkreten Fällen auf enger abgegrenztem Beobachtungsfelde zu erforschen. Wenn sie ins Einzelne geht, so tut sie es nicht aus Lust an der Kleinmalerei: getreu ihrer Aufgabe wendet sie die mikroskopische Methode an, um in der bunten Mannigfaltigkeit des ökonomischen Getriebes den treibenden Kräften nachzuspüren. Es gilt, mit rücksichts- loser Offenheit die Zustände zu schildern, wie sie sind, nichts zu ver- tuschen, selbst zu beobachten und aus den Quellen zu schöpfen____ La Rochefoucauld hat einst gesagt, zwei Dingen könne man nicht ins Gesicht sehen, der Ehe und dem Tode: lebte er heute, so würde er als drittes hinzufügen die soziale Frage. Die Bourgeoisie weicht jeder ernsthaften Erörterung des wichtigsten aller Probleme aus, sie wird empfindsam wie eine Mimose bei ungeschminkten Be- richten über die Lage des werktätigen Volkes. Das Unternehmer- tum liebt es nicht, daß man ihm einen Spiegel vorhält, auch das Spiegel fabrizierende Unternehmertum nicht. Sein bürgerlicher In- stinkt sagt ihm, daß wachsende Erkenntnis der gesellschaftlichen Miß- stände die fortschreitende Emanzipation der Ar- beiterklosse bedeutet____ Was ich Marx, was ich Engels, den genialen Bahnbrechern der niodernen Wirtschaftsgeschichte, in theo- retischer Beziehung verdanke, das sagt jede Seite dieses Buches____* Das Buch Bruno Schönlanks erregte bei seinem Erscheinen im Jahre 1887 großes Aufsehen. Es spielte auch eine Rolle in den Reichstagsverhandlungen und hat sogar, wie Mehring in seinem Nachruf für Bruno Schönlank schreibt,„die gemächlichen Geflogen- heiten der deutschen Bürokratie so weit angespornt, daß der Bundes- rat eine Verordnung zum Schutze der Quecksiiberarbeiter erließ".
Auch heute noch zählt Schönlanks Buch zu den besten Arbeiten der „deskriptiven(beschreibenden) Nationalökonomie". Engels' Brief an Bruno Schönlank (Schönlanks Brief an Engels hat Genosse K a m p s s m e y e r ani 30. April 1926 gelegentlich des 25. Todes- tages von Bruno Schönlank in der Abendausgabe des„Vorwärts" mitgeteilt.), den wir jetzt folgen lassen, spricht für sich selbst. j. B. Mayer. Eeastbourne, 29. August 1887. Werter Herr Schönlank. Ihr Brief, den Kautsky mir hierher nachgesandt, setzt mich in einige Verlegenheit. Ich habe die in der N.(suen) Z.(eit) abgedruckten Auszüge Ihrer verdienstvollen Arbeit über die Spiegelindustrie mit Interesse gelesen und würde der Sache nach nichts dagegen haben, daß Sie mir die Ehre antun, mir das Buch zu widmen. Aber erstens ist das Widmen doch ziemlich aus der Mode gekommen, und zweitens haben Marx und ich von jeher eine gewisse Scheu vor solchen, mehr oder weniger vom Zaun gebrochenen Ehrenbezeugun- gen gehabt. Und gerade jetzt bin ich in derselben Stimmung, wo es mir scheint, als ob meine Verdienste von mancher Seite stark überschätzt würden. Wenn man so glücklich war, vierzig Jahre lang mit einem Größeren zusammenzuarbeiten und sich täglich an ihm messen zu können, hat man Gelegenheit, die eigenen Leistungen auf das richtige Maß abschätzen zu lernen. Und jede übermäßige Her- vorHebung meiner Tätigkeit erscheint mir unwillkürlich als ein un- freiwilliger Abzug an dem, was wir alle Marx schulden. Auch kann ich Ihnen nicht beistimmen, wenn Sie mich den Be- gründer der deskriptiven Oetonomie nennen. Deskriptive Oekonomie finden Sie bei Petty, Boisguillebert, Vauban , A. Smith und vielen anderen. Schilderungen, speziell der Proletaricrverhältnisse, sind von Franzosen und Engländern, von mir gemacht. Ich hatte nur das Glück, ans Zentrum der modernen Großindustrie geworfen zu werden und der erste zu sein, der dort offne Augen kür die Zu- sammenhänge— wenigstens die oberflächlichsten— hatte. Also: persönlich lieber wäre es mir, wenn Sie von Ihrem Vorhaben abstünden, und zwar einzig aus den oben angeführten Gründen. Wenn Sie aber dadurch nicht überzeugt find, so will ich Ihnen keine Vorschriften machen. Hochachtungsvoll und ergebenst F. Engels.