Nr. 345 48. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Frederic Boutet : Wahrsagekunft
In einer ruhigen Gasse des linken Seineufers, im vierten Stock eines alten, seltsam aussehenden Hauses bewohnte Fräulein Endora, die Wahrsagerin, eine eigenartige kleine Wohnung, deren Einrichtung dazu beitrug, ihre Kundschaft in gewiffem Sinne zu beeinflussen. Durch die enge Eingangstüre trat man in einen schmalen, fensterlosen, schwarz tapezierten Raum, der durch eine
dichverhüllte Ampel schwach beleuchtet wurde und in dessen Mitte eine Wendeltreppe nach oben führte. Ueber diese steilen Stufen gelangte man in das Empfangszimmer, einen geheimnisvollen, dreieckigen, ebenfalls schwarz ausgeschlagenen Raum. Unter dem matten Licht einer grün verhängten Lampe arbeitete Fräulein Endora vor einem schwarz bespannten Tisch in einer Wolfe von Wohlgerüchen, die aus einem Räucherbecken emporstieg.
Fräulein Endora war eine lange, dunkelhäutige Person, gewöhnlich in ein rötliches Gewand gehüllt, mit wohl gemessenen Bemegungen und voll klingender Worte. Sie leistete Vorzügliches im Kaffeesatz und in den Karten, verstand es, Träume zu deuten, Vorahnungen zu erklären, Horoskope zu stellen. Dagegen verachtete sie aber als findisch Geisteranrufungen, die magischen Rezepte. Sie fagte ,, meine Wissenschaft" und nannte sich ,, Seelenarzt". Ihr Ansehen war groß unter den von Hirngespinsten geplagten Frauen ihres
Stadtviertels.
Gegen Ende eines langen Nachmittages, an dem sie seit der Mittagsstunde ohne Unterbrechung wahrsagte, machte fie fich eben daran, das rötliche Gewand abzulegen, um sich auf einen kleinen Epaziergang zu begeben, als ihr Mädchen einen Herrn meldete, der unten wartete und darauf bestand, von ihr unbedingt noch empfangen zu werden.
,, Lassen Sie ihn heraufkommen", erwiderte Fräulein Endora und erneuerte den Inhalt der Räucherschale.
Bald darauf erschien ein ziemlich starker Mann von ungefähr 40 Jahren, gut aber ohne jede Gewähltheit gekleidet. Wortlos mies ihm Fräulein Endora einen Siß ihr gegenüber. Er nahm Blazz, legte seinen Hut auf den Boden, blickte mißtrauisch und erstaunt um sich, öffnete den Mund, um zu sprechen, mußte aber heftig husten, zweifellos wegen der aromatischen Wolke.
,, Verfluchtes Zeug", brummte er mit einem wütenden Blick auf den Rauchentwickler.
44
,, Seien Sie nicht böse", meinte er schließlich beinahe kleinlaut.
Sie sind die einzige, die die Dinge wieder in Ordnung bringen
fann. Tun Sie es aus Herzensgüte, wenn Sie es nicht um Geldes willen machen wollen, was ich sehr hochschätze..."
,, Ich bedauere", erwiderte Fräulein Endora in etwas sanfterem Ton. Es ist mir unmöglich, Ihre Bitte zu erfüllen. Selbst wenn
Sonntag, 26. Juli 1931
Er schien neuerlich einen Augenblid zu zögern. Dann, wie unter dem Zwang einer zu starken Versuchung, bat er mit verlegenem Lächeln:
,, Da ich nun schon hier bin... Ich wäre wirklich neugierig.. O, ich sage Ihnen das, aber ich muß wiederholen, daß ich nicht eine Sigung machen, das ist doch das Geringste, das ich Ihnen daran glaube... Es ist nur, um zu sehen... Möchten Sie mir bieten kann, nachdem ich Sie schon so lange aufgehalten habe..." ,, Setzen Sie sich näher an den Tisch", befahl Fräulein Endora und griff nach ihren Karten..
Eine Stunde später verließ Herr Letoque die Wahrsagerin und nachdenklichen Eindruck.
ich es wollte, fönnte ich es nicht. Ich bin nur der Dolmetsch jener ging langsamen Schrittes seinem Hause zu. Er machte einen sehr geheimnisvollen Kräfte, die die Menschen und ihr Schicksal be= herrschen. Die Wissenschaft, die mich erleuchtet, ist streng, gefährlich, hochachtbar. Nichts auf der Welt fönnte mich verleiten, sie zu verraten
Ja, glauben Sie denn selbst daran?" fragte Herr Letoque ganz starr vor Staunen. Sie glauben wirklich an all das? An den Kaffeesatz, an die Karten und die anderen Sachen?"
Ich glaube daran wie alle, die in guter Absicht sich mit diesen überwältigenden Geheimnissen befassen", erklärte Fräulein Endora mit viel überzeugender Feierlichkeit.
Der Schokoladenhändler schien einen Augenblick zu zögern. ,, Ach was, das ist doch nicht möglich, das ist ja alles Schwindel." fragte Fräulein Endora interessiert. ,, hat noch nie jemand in den Linien Ihrer Hand gelesen?"
,, Es läßt sich nicht leugnen, daß sie eine hervorragend tüchtige Person ist, sagte er sich. Es ist unglaublich, wie richtig sie mich erfannt hat... Es stimmt, daß ich sehr großzügig bin und gewisse Fähigkeiten für bedeutende Transaktionen habe. Ich habe es mir schon mehr als einmal gedacht, daß ein einfacher Laden mir feinen genügenden Wirkungskreis bieten kann. Natürlich weiß ich ganz gut, daß ich vor einer großen Fabrit ebenso wenig zurückschrecken würde wie vor der Leitung einer Großbant.. Ich weiß auch, daß ich die schöpferische Intelligenz und die Autorität eines Chefs befize. Sie hat wirklich treffende Ausdrücke. Und wenn ich mich mit Politik befassen wollte Ich bin ein guter Redner, ich verstehe es, Einwände zu widerlegen... Berflucht nochmal, es ist doch zu ärgerlich, mit meinen Fähigkeiten in einem kleinen Laden
,, Nein", antwortete er und bot ihr mechanisch seine offene zu verschimmeln... Handfläche.
,,, das ist aber ganz merkwürdig", meinte sie nach einem kurzen Blick darauf. Dann sah sie ihm ins Gesicht und fügte hinzu: " Sie haben auch eine eigenartige Stirnbildung."
Prof. Dr. Franz Baur:
Welcher Art Befragung wünschen Sie von mir?" fragte Fräulein Endora. Meine Wissenschaft ist so vielfältig..." Er unterbrach sie schroff: ,, Dante. Ich glaube an diesen ganzen Unsinn nicht. Ich Vorhersage
nicht
,, Mein Herr.
-
-
-
-
Er war vor seinem Schokoladegeschäft angelangt, einem schönen, erst fürzlich neu hergerichteten Laden. Zum ersten Male in seinem Leben betrat er ihn mit einem anderen Gefühl als Stolz. ( Autorisierte Uebersetzung von Madeleine Lichtwig.)
Wettervorhersage
Die ältesten wissenschaftlichen Versuche, das Wetter für längere Zeiten vorauszubestimmen, gingen von dem Gedanken der rhythmischen Wiederkehr der Witterung aus. Das Suchen nach ,, Witterungsperioden" war einige Zeit sehr modern. Die primitiven und fehlerhaften Methoden, mit denen sich auch Halbwissende daran beteiligten, führten jedoch bald dazu, daß schließlich eine so große Zahl von Perioden gefunden worden war, daß praktisch für die langfristige nichts damit anzufangen war. Die übergroße Mehrzahl dieser angeblichen Perioden ist überhaupt gar nicht wirklich vorhanden. Bei der Unregelmäßigkeit der Schwankungen der ,, Lassen Sie mich aussprechen. Ich glaube nicht daran, aber Betterelemente, besonders in der gemäßigten Zone, tann nämlich meine Frau... Vor allem, ich heiße Désiré Letoque... Sie durch gewisse Kunstgriffe und durch mißbräuchliche Verwendung nissen doch: Letoque u. Briant, Schokoladen, an der Ecke des gewisser mathematischer Verfahren fast jede beliebige Periode heraus: Boulevard Saint- Germain . Ich habe vor sechs Jahren geheiratet, gehoben werden, ohne daß dieselbe deshalb in Wahrheit vorhanden wir haben uns sehr gut vertragen, meine Frau und ich; wir hatten zu sein brauchte. Kritische Untersuchungen neuerer Zeit lieferten die gleichen Ansichten und denselben Geschmack. Niemals ein Wort das Ergebnis, daß im atmosphärischen Geschehen wohl Rhythmen lauter als das andere, niemals eine Wolfe; eine tapfere, fleine vorhanden find, daß dieselben aber in Abhängigkeit von übergeordFrau, heiter, fleißig, gefchäftstüchtig. Kurzum, wir waren foneten Erscheinungen so starken Veränderungen ihrer Länge und glücklich, wie man es nur sein kann. Plöglich, vor zwei Monaten, Intensität unterworfen sind, daß auf ihnen allein feine langfristigen wird meine Frau ganz anders; traurig, faul, zerstreut; man erzählt Borhersagen aufgebaut werden können. Meistens so scheint es ihr etwas, sie gibt verkehrte Antworten, man will sie zerstreuen, sie brechen die Wetterrhythmen gerade dann ab, wenn irgend jemand will nicht. Sie seufzt unentwegt und erklärt, daß das Geschäft sie es wagte, auf Grund einer einige Zeit hindurch mehr oder minder longweilt.. Ich bekomme es mit der Angst zu tun, will einen deutlich in die Erscheinung tretenden Periodizität eine langfristige Arzt befragen, sie widersetzt sich aber und behauptet, daß ihr gar Vorhersage zu geben. ,, Tücke des Objekts!" Vielleicht wird es später nichts fehlt. Ich habe Geduld und dente mir, daß es vorübergehen einmal, wenn noch längere, zuverlässige meteorologische Beobachwird; ganz im Gegenteil, es wird immer ärger. Nach und nach tungsreihen vorliegen als heute, möglich sein, aus vorhandenen fümmert sie sich überhaupt nicht mehr um den Haushalt. Sie langjährigen Perioden gleich auf mehrere Jahre hinaus zu schließen, weigert sich, ins Geschäft hinunterzugehen, bleibt den ganzen Tag in ob mit vorwiegend nassen oder trockenen Jahren, mit falten oder der Wohnung auf dem Divan liegen, in einen ganz verrückt bunten milden Wintern usw. zu rechnen ist. Für Wochen-, Monats- und Kimono gewickelt, raucht eine Zigarette nach der anderen, liest Ro- Jahreszeitvorhersagen kommen aber die Wetterrhythmen jedenfalls mane, Gedichte und was weiß ich was... Sie, die für unsere nicht in Frage. Wohnung und unser Geschäft begeistert war, die ganz darin aufging, rührt überhaupt keinen Finger mehr. Sie stellt nicht einmal die Mahlzeiten zusammen. Sie träumt von weiß Gott was. Wenn ich zärtlich sein will, stößt sie mich zurück... Und so bin ich immer unglücklicher geworden, ohne aber den Grund all dieser Veränderungen finden zu können... Was kann sie denn nur haben?' mußte ich mich immer wieder fragen. Ich bin dabei schon ganz verrückt geworden... Aber gestern habe ich es endlich erfahren. Pauline, meine Frau, hat alles der Frau meines Geschäftsfreundes erzählt, die es ihrem Mann gesagt hat und er mußte es mir wieder holen. Also, Pauline hat sich so verändert an dem Tage, an dem sie auf den Rat einer Freundin hin zu Ihnen gekommen ist... Diese Freundin soll der Teufel holen... Angeblich haben Sie meiner Frau erklärt, daß sie bei mir nicht das richtige Verständnis findet, daß sie nicht das Leben führt, das sie braucht, daß sie für eine ganz außergewöhnliche Liebe, für ganz unglaubliche Erlebnisse bestimmt ist, daß sie sich mit allen schönen Künsten befassen, zur Bühne gehen, Abenteuer suchen, ein großes Leben führen soll, daß fie dazu ausersehen ist, in der Gesellschaft eine große Rolle zu spielen... und was weiß ich noch. Das kann doch nicht erlaubt sein, einer jungen Frau den Kopf mit solchen Dummheiten zu verdrehen... Allerdings hätte ich diese arme Bauline cuch nicht für so albern gehalten,... solchen Unsinn zu glauben!.. Sich derart verrüdt machen zu laffen... So, das muß aber jetzt ein Ende nehmen, fie muß wieder zur Vernunft tommen. Sie selbst müssen das Unheil, das Sie angerichtet haben, wieder gutmachen."
-
-
..
-
-
,, Ich verstehe Sie nicht", erwiderte Fräulein Endora falt. ,, Doch. Pauline kommt jeden Freitag um 4 Uhr zu Ihnen: eine fleine brünette Frau, sehr hübsch, wissen Sie, wen ich
meine?"
-
-
Ja. Und nun?" ,, Nun, wenn sie nächsten Freitag fommt, legen Sie ihr die Karten, befragen Sie den Kaffeefaß, wenden Sie den ganzen Humbug auf und erklären Sie ihr, daß sich alles geändert hat, daß sie das Leben führt, das ihr bestimmt ist, daß sie den Mann hat, der zu ihr paßt und so fort. Mit Ihren Redewendungen werden Sie ihr das schon klar machen und sie wird Ihnen glauben... Und, da ich nichts umsonst will ich bin nicht kleinlich in Geschäften werde ich Ihnen dann 500 Frank dafür geben."
-
Fräulein Endora fuhr auf. War sie wirklich empört über den Angriff auf ihren Charakter und die Majestät der Wissenschaft oder tat sie nur so, weil sie sich sagte, daß ein solcher Handel, den ihr Besucher zweifellos herumerzählen würde, ihrem Ansehen einen tödlichen Stoß versezen mußte..?
,, Gehen Sie, mein Herr", sagte sie eifig. Schweigen Der Schokoladenbefizer schien verblüfft.
Der zweite Weg, auf dem versucht wurde, der Lösung des Problems der langfristigen Witterungsvorhersage näher zu kommen, besteht darin, daß die Zusammenhänge zwischen den aufeinander folgenden Witterungserscheinungen verschiedener Gebiete der Erdoberfläche statistisch untersucht werden. Diese Forschungen gehen von der Tatsache aus, daß die Lufthülle( Atmosphäre) ihre eigenen Geseze hat. Das ist natürlich nicht so zu verstehen, als ob in der Atmosphäre andere physikalische Gesetze gelten würden als sonst, aber so, daß die Atmosphäre die von außen( z. B. von der Sonne) kommenden Anregungen auf Grund der, durch ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften bedingten Gesetzmäßigkeiten verarbeitet. Ein alltägliches Beispiel dafür ist, daß die Sonne zwar um 12 Uhr mittags am höchsten steht, daß aber die höchste Temperatur der Luft durchschnittlich erst um 2 Uhr nachmittags eintritt. Eine entsprechende Erscheinung bietet der Jahresgang der Temperatur Am 21. Juni erreicht auf der nördlichen Halbfugel der Erde die von der Sonne ausgestrahlte Wärmemenge ihren größten Wert; trotzdem tritt in unserem Klima die höchste Temperatur des Jahres in der Regel erst 4 Wochen später ein. Im Kalender steht am 21. Juni: Sommeranfang. Tatsächlich liegt aber der Beginn des Sommers in jedem | Jahre anders. Im regnerischen Jahr 1926 begann er im größten Teile Deutschlands erst am 12. August, im Jahre 1931 jedoch bereits Mitte Mai, zur Zeit der„ Eisheiligen"(!). Diese Abweichung ( Anomalien) und ihre gegenseitigen Zusammenhänge gilt es zu ergründen. Die dazu notwendigen umfangreichen statistischen Unterfuchungen müssen selbstverständlich durch theoretische Problemstellungen geleitet werden. Wir haben hier dasselbe Zusammenwirken von Theorie und Erfahrung, wie wir es auch sonst in der Physit sehen, nur daß dem Meteorologen die dem Physiker gegebene Möglichkeit, selbsterdachte Versuche( Experimente) zu machen, versagt ist.
Die statistischen Untersuchungen lieferten das für die langfristige Witterungsvorhersage wichtige Ergebnis, daß das Eigenleben der Atmosphäre so start ausgeprägt ist, daß das kommende Wetter in der Hauptsache von dem vorangegangenen abhängt. Dabei ist natürlich unter dem ,, vorangegangenen Wetter" nicht dasjenige an einem einzelnen Orte, sondern der vorangegangene Zustand der Es zeigte sich aber weiterhin, ganzen Atmosphäre zu verstehen. daß die irdische Vorgeschichte der Witterung andererseits auch nicht allein maßgebend ist. Selbst dann, wenn es möglich wäre, den Zustand der ganzen Atmosphäre in allen ihren Teilen zu erfassen und für die Vorhersage in Rechnung zu stellen, bliebe doch immer Diese Unbekannten sind die noch ein Rest von Unbekannten übrig. außerirdischen Faktoren.
Diese außerirdischen Einflüsse auf das Wetter sind vor allem, vielleicht sogar ausschließlich, in den Aenderungen der von der Sonne ausgehenden Strahlung zu fuchen. Tatsächlich ist auch und zwar
-
von den Amerikanern als dritter Weg zur Erforschung des Problems der langfristigen Witterungsvorhersage versucht worden, Beziehungen zwischen den Schwankungen der Sonnenstrahlung und den darauf folgenden Witterungsänderungen festzustellen. Diese Versuche blieben bisher ergebnislos, da sie zu einer Zeit unternommen wurden, als die Messungen der von der Sonne ausgehenden Strahlung noch unvollkommen und zu sehr von irdischen Fattoren, 3. B. den Schwankungen der Strahlungsdurchlässigkeit der Lufthülle abhängig waren. Dank der unermüdlichkeit und Geschicklichkeit des amerikanischen Astrophysikers Abbot und seiner Mitarbeiter ist es aber in den letzten Jahren, gestützt auf Millionenstiftungen amerikanischer Mäzene, schließlich doch gelungen, die tatsächlichen Strahlungsänderungen der Sonne messend zu verfolgen, so daß nunmehr die Möglichkeit besteht, die Zusammenhänge dieser Vorgänge mit den Witterungserscheinungen zu studieren. Auch die Staatliche Forschungsstelle für langfristige Witterungsvorhersage hat neuerdings die Untersuchung dieser Zusammenhänge in ihren Arbeits plan aufgenommen. Da aber, wie gesagt, das tommende Wetter in der Hauptsache irdisch bedingt ist, wäre es verfehlt zu glauben, daß allein aus den Vorgängen auf der Sonne die Witterungs= voraussage werden könnte. Erfolg kann mir das zusammenschauende Studium der physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre und auf der Sonne bringen.
Wie steht es nun aber um die praktische Nuzbarmachung dieser Forschungen? Sind in absehbarer Zeit langfristige Witterungsvorhersagen möglich?
Aus den kurzen Andeutungen über die Wege, die beschritten wurden, um das Problem der langfristigen Witterungsvorhersage der Lösung näher zu bringen, geht schon hervor, daß das Getriebe der Atmosphäre außerordentlich verwickelt ist. Zu der Unzahl von irdischen Einflüssen, die zu berücksichtigen sind, treten auch noch die solaren, d. h. von der Sonne kommenden Einflüsse, über die wir gegenwärtig noch wenig unterrichtet sind. Es ist daher nicht daran zu denken, das Wetter für einen jeden einzelnen Tag für eine längere Zeit voraussagen zu wollen. Wir müssen uns damit begnügen, den allgemeinen Witterungscharakter eines größeren Zeitraumes vorherzusagen. Daher ist es grundsäglich richtiger, von einer langfristigen Witterungsvorhersage, statt von einer langfristigen Wettervorhersage zu sprechen. Daß die langfristige Vorhersage auch mit dieser Einschränkung noch von allergrößter Bedeutung ist, liegt auf der Hand. In den allerwenigsten Fällen handelt es sich ja darum, für einen einzelnen Tag auf längere Sicht das Wetter voraus zu wissen, sondern gerade das Witterungsgepräge im großen ist von ausschlaggebender Bedeutung für den Pflanzenwuchs, für die Wirtschaftlich feit und Möglichkeit der Ausnutzung von Naturkräften( Wasser, Wind usw.), für das Auftreten von Krankheiten, für den Bedarf an Hilfsmitteln zum Schutze gegen Witterungseinflüsse( Regenschirme, Heizstoffe usw.)
Am ersten werden zuverlässige Wochenvorhersagen möglich sein, wenn der Forschungsstelle für langfristige Witterungsvorhersage, die nur aus drei Personen besteht, aus dem Heer arbeitsloser Geistesarbeiter einige Rechenhilfskräfte zur Verfügung gestellt würden, wenn ferner gewisse Verbesserungen des zwischenstaatlichen Wetternachrichtendienstes, der gegenwärtig ganz auf die Bedürfnisse der Tagesvorhersage abgestellt ist, durchgeführt würden, könnten vor aussichtlich von 1933 an Wochenvorhersagen des Witterungscharafters gegeben werden, deren Eintreffwahrscheinlichkeit derjenigen der amtlichen täglichen Vorhersagen kaum nachstehen, ja dieselben sogar übertreffen würde.
-
Erheblich größere Schwierigkeiten bereiten Monats- und Jahreszeitvorhersagen. Dies liegt zum Teil daran, daß ganze Monate und Jahreszeiten nur selten ein einheitliches Witterungsgepräge aufmeisen. Dennoch besteht nach dem gegenwärtigen Stand der wiederum unter der VorausForschungen die Aussicht, daß es fegung der Verfügbarkeit ausreichender Hilfskräfte zur Bewältigung in absehbarer Zeit der zahllosen auszuführenden Rechnungen möglich sein wird, wenigstens in besonderen Fällen vor dem Eintritt extremer Witterungsverhältnisse( große Kälte oder Hize, länger anhaltenden Regenzeiten oder Dürren) zu warnen. Damit wäre zweifellos schon sehr viel gewonnen. Wer gegen die Wetter- und Witterungsvorhersage das Bedenken hat, daß eine absolut sichere Borhersage doch nicht möglich ist, der möge daran erinnert sein, daß wir ja auch sonst im Leben niemals mit absoluten Sicherheiten rechnen können. Darum ist es nicht gut ,,, alles auf eine Karte zu setzen". Es wird aber zweifellos von großem wirtschaftlichen Nugen sein, wenn wir fünftig bei unseren lleberlegungen und Anordnungen auch von den mahrscheinlich eintretenden Witterungsverhältnissen Kenntnis haben werden.