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Stoland Wartvite: Sigtläl IUI Iflebel

Banz leise schlingerte die Jacht. Wir hatten Anker geworfen und beschlossen, die Nacht draußen zu bleiben. Fern am Ufer schim- mert-n die Lichter der Klubhäuser und Tanzlokale. Wir jedoch saßen im Dunkel. Nur die kleine Laterne am Schisfsmast glimmte. Mr. Corday, unser Gast, ließ seine Büchse voll honiggoldenen Shags weitergeben. Zuletzt stopfte er sich selbst die kurze dunkle Pfeife. Jemand hatte die Geschichte eines Mannes erzählt, der, in Starr- krampf oerfallen, für tot gehalten und beinahe begraben worden war. Corday ließ sich den Begriffscheintot" erklären, den er nicht kannte, obgleich er deutsch sprach. Vier Kriegsjahre im Inter - nierungslager waren ihm eine gute Schule gewesen. Dann nickte er.Auch ich bin einmal scheintot gewesen, Boys. Ich kenne das." Wir schwiegen. Corday durfte nicht gedrängt werden. Er zün- dete sich erneut die Pfeife an. Beim Aufflammen des Benzin- flämmchens seines Feuerzeugs sahen wir. daß sein Gesicht todernst war. Seine Augen blickten in eine große Ferne.Das war allo vor drei Jahren im Herbst. Ich war in Brüssel . Wie ich da die großen Autocars sehe, die noch den Schlachtfeldern in Flandern rattern, ist mir's, als hört' ich meines Bruders Stimme. Komm!" sagt er. Aber ich weiß ja, er kann's nicht gewesen sein. Er ist lange tot. Gefallen vor Ppern im Herbst 18. Das heißt, wir wissen es eigentlich nicht. Er war als oermißt gemeldet. Noch lange nach dem Kriege hat unsere Mutter gehofft, er würde doch noch kommen. Jemand wollte gesehen haben, wie er in deutsche Gesangenschast geriet. Ein anderer schwor, ihn in einem französischen Lazarett schwer verwundet verlassen zu haben. Das waren schlimme Zeiten, als die Hoffnung noch zuckte. Damals freilich, in Brüssel , wußte ich schon: er kommt nicht wieder. Daran mußt« ich denken und wurde erst wieder wach, als man mir ein Ticket hinhielt und kassieren wollte. Der Regen rann. Die Erklärungen des Führers, der mit uns durch den Lehm stapfte, interessierten mich nicht. Ich blieb ein wenig zurück und ging meinen eigenen Weg. Einmal stieß ich gegen einen Helm. Der Regen mußte ihn frei gespült haben, denn was sonst herumliegt, wird schnell gesammelt und nach den Verkaufsbuden getragen. Ich hob ihn auf. Es war einer unserer Stahlhelme. Vielleicht war es meines Bruders Helm gewesen. Das kann niemand sagen.Laß ihn mir!" hörte ich da wieder Cicils Stimme und schrak zusammen. Den Helm legte ich nieder, wo er gelegen. Ich wußte, daß ich wohl ein wenig Fieber haben könnte. Dieser flandrisch» Nebel ist schlimmer als unser Londoner . Es hatte geregnet: wir waren im offenen Wagen gefahren; da konnte man sich schon etwas weggeholt haben. Ich sah auf die Uhr. Zwei Stunden waren ver- gangen, seitdem ich mich von den anderen getrennt hatte. Ich eilte zurück nach der Chaussee, wo unser Auto gehalten. Es war fort. Natürlich war es fort, und nun kam schnell wie ein fallender Schleier das Dunkel. Ich machte ein paar zögernde Schritte.Geradeaus!" Nun erschrak ich schon nicht mehr.Danke, Cecil", sagte ich. Ich ging die Chaussee entlang. Aber ich wußte, daß ich nicht allein war. Mein Bruder war bei mir, und nicht nur mein Bruder. An meiner Seite und vor und hinter mir wußte ich hunderte, tausende marschie- render Soldaten. Fieber ist eine gute Sache. Es nimmt uns die Enge des Alltagsblicks: es macht unser Ohr hellhörig für die stummen Töne. Es nimmt auch die Furcht vor dem anderen, dem Unde- kannten. Wir zogen weiter, und plötzlich sah ich die Lichter von Dpern in der Ferne. Man konnte die Silhouette dieser alten, jetzt so jungen, neuen Stadt erkennen. Dann klang ein Signal. Es war unser tattoo." Corday suchte nach einem deutschen Worte.Zapfenstreich" half ihm Axel, der im Auswärtigen Amt sitzt.Des Zapf en streich", versuchte Corday das schwierige Wort zu wiederholen. Aber die kleine Unterbrechung hatte ihn verwirrt. Er ward einsilbiger und schien sich seiner Geschichte zu schämen. Wir mußten den Schluß mühselig erfragen. Das englische Signal war keine Täuschung des fiebernden Corday gewesen. Tatsächlich tritt ja noch heute an jeden? Abend der Trompeter eines kleinen, in Dpern stationierten britischen Detachements vor das Stadttor, den Zapfenstreich zu blasen. Ein Signal an die englischenVermißten" in Flandern. Wieviel sind es?" fragte Axel.Neunundfünfzigtausend", gab Corday zur Ant- wort,und einer von ihnen ist mein Bruder." Wir schwiegen. Unser Gast erzählte zu Ende.Als das Signal erklang, fühlte ich, daß alles stillstand. Nur ich schritt weiter.Leb wohl!" härte ich Cecils Stimme.Gute Nacht, Bruder", gab ich zurück und ging dem Trompeter entgegen, der eben das Horn absetzte. Als ich kurz vor ihm war, rief er mich an. Ich trug einen jener Trenchcoats, die den Menschen unserer Truppen so ähnlich sehen und wie sie damals eben Mode geworden waren. Die Mütze hatte ich verloren. Der Trom- peter also rief mich an. Ich hätte vorübergehen können. Aber etwas ließ mich antworten:Leutnant Cecil Corday, Infanterieregiment Manchester ." Meine Stimme llang wie die meines Bruders. Der Soldat salutierte. Er hatte dunkle Augen wie die Highlands, von denen viele das Zweite Gesicht haben.Sie sind der Erste, Sir", sagte er.So?" Ich wandte mich um, zurückblickend auf die Chaussee, von der ich gekommen war.Ja, Sir. Immer seh ich sie, die Kameraden. Dort drüben aus der Landstraße marschieren sie aus Dpern zu. Aber immer, wenn ich die Trompete hebe, chnen das Signal gebe, verschwinden sie. Jetzt aber sind Sie gekommen,

Sir, und die anderen werden folgen." Ich nickte. Er ging mir vor- auf durch das alte Tor und die Straße herauf. Ich blieb etwas zurück. Als ich aufblickte, war er verschwunden. Vielleicht war er schon in seine Wachtstube getreten, erwartend, daß ich folge. Ich suchte ihn nicht. Ich ging langsam, vom Fieber geschüttelt, nach dem Bahnhos und bekam den Nachtschnellzug nach Brüssel . In einer Bar, wo ich das Fieber mit Whisky bekämpfte, traf ich den dicken Amerikaner, der auf der Fahrt im Auto neben mir gesessen.Hallo, Sie waren vermißt!" lachte er als wäre ihm ein trefflicher Witz ge­lungen." Gordat) schwieg. Die kleine Lampe am Schisfsmast war er- loschen. Qefchichten von Shaw Bernord Shaw wird am 26. Juli 75 Jahre alt. Er hat sich den Unannehmlichkeiten des Jubiläums cntjagcn und eine Reise noch Rußland unternommen. In Hemdsärmeln. Shaw nahm es aft junger Kritiker mit seinem Anzug nicht genau und erregte dadurch bei seinen Lands- leuten, die damals in allen Sachen der Herrenmode viel strenger waren als heuie, großen Anstoß. Selbst bei Premieren erschien er nicht im Frack, wie es vorgeschrieben war, sondern in seinem langen, schwärzlichen Rock und einmal sogar in einer Samtjacke. Das war dem majestätischen Theaterdiener aber doch zu viel; er hielt ihn an der Tür auf und erklärte höflich, doch bestimmt, daß er so nicht«in- treten dürfe.Ach so, Sie meinen wohl die Samtjacke?" fragte Shaw mit ironischem Lächeln.Allerdings", lautete die Antwort. Schön", meinte Shaw gemütlich,dann ziehe ich sie eben aus!" Sprach's, tat, wie er gesagt, nahm die Jacke über den Arm und be­gab sich in Hemdsärmeln auf seinen Platz. In größter Bestürzung eilte ihm der Diener nach und bat ihn dringend, die Jacke wieder anzuziehen. Shaw hatte gesiegt. Nur Gemüse: Shaw ist bekanntlich ein leidenschaftlicher Vegetarier, uiid bevor er in England noch als Dichter berühmt war, sprachen schon seine beefsteak-liebenden Landsleute von dieser Marotte des geistvollen Mannes. Als er' einmal zu einem Festessen eingeladen wurde, antwortete er ebenso kurz wie grob:Es fällt mir nicht ein, die Einladung anzunehmen, mit herumzusitzen und Tier- leichen zu verzehren." Manmuhsichzuhelfenwissen. Die fremden Sprachen sind Shaws schwache Seite, und er gesteht selbst freimütig, daß er es nie so weit gebracht hat, um sich in einer anderen Sprach« ver- ständlich auszudrücken. Aber bei seinen Reisen im Ausland wußte

e? sich als findiger Mann zu helfen. Als er einmal in München weiUe, verriet er einem Freunde, wie er seine Besucher empfange: Wcmr ich deutsche Gäste bekomme, dann lasse ich sie ruhig sprechen, höre ihnen aufmerksam zu, und sobald eine Pause entsteht, sage ich abwechselndausgezeichnet" unddoch". Wenn sie dann weggehen, schüttele ich ihnen kräftig die Hand und sage freundlich:Kommen Sie gut nach Hause." Noch alle haben daraufhin erzählt, ich spräche vorzüglich deutsch, während ich mich stets bei meiner Umgebung erkundigen muß, was die Leute eigentlich von mir gewollt haben." Der hinkende Bräutigam. Shaw war lange Jung- geselle gewesen, aber nach einer langen Krankheit, in der er von seiner späteren Frau aufopfernd gepflegt wurde, entschloß er sich zur Ehe. Er pflegt selbst zu sagen, daß er in diesem Augenblick besonders schwach" gewesen sei. Zu der seierlichen Handlung er- schien er auf Krücken und in seinem gewöhnlichen Anzug, der, wie stets, etwas schäbig war. Seine beiden Zeugen hatten sich dagegen in ihre besten Sachen geworfen.Der Beamte", so erzählt Shaw selbst,konnte nicht ahnen, daß ich der Bräutigam war. Er hielt mich für einen der Bettler, die ja bei keiner Hochzeit zu fehlen pflegen. Dagegen erschien ihm mein Freund und Trauzeuge Wallace als der gegebene Herr der Lage. Er war schon dabei, diesen mit meiner Verlobten zu trauen und machte ein sehr erstauntes Ge- ficht, als Wallace mich in den Vordergrund schob." Der gesunde Wohnsitz. Eines Tages fragte sein ameri- konischer Biograph, Archibald Herdenson, Shaw, wie er darauf ge« kommen sei, sich gerade dos kleine Gut in Herfordjhire auszuwählen, das er zu seinem Sommersitz gemacht Hot. Shaw sagte kein Wort, sondern führte den Amerikaner zu dem nahegelegenen kleinen Dorf- Friedhof. Hier zeigte er ihm den Grabstein einer Frau, die im Alter von 83 Jahren gestorben war; darauf stand geschrieben:Ihr Leben war kurz."Als ich bei einem Besuch dieses Dörfchens diesen Grabstein erblickte", meinte der Dichter dazu,da sagte ich mir, wenn hier 83 Jahre für ein kurzes Leben gelten, muh der Ausenthalt gesünder sein als irgendwo sonst." Der Tierfreund. Der englische Humorist K. Ierome er- zählt in seinen Erinnerungen, er sei eines Tages mit Shaw spazieren gegangen, und da hätten sie ein paar Jungens gesehen, die einen Hund mißhandelten. Shaw, der ein großer Anhänger des Tier- schutzes ist, erhob sofort seinen Spazierstock und nahm mit seinen langen Beinen die Verfolgung der Bcngels aus, die bei der drohen- den Gefahr den Hund losließen und die Flucht ergriffen. Die Jugend war schneller als der Dichter, und so kehrte dieser bald atemlos zurück und erging sich in wilden Drohungen gegen die kleinen Uebel- täter, denen er eine gehörige Tracht Prügel zugedacht hatte.Aber ich denke, Sie sind ein strenger Gegner jeder körperlichen Züch- tigung?" fragte Ierome.Das bin ich auch", brummte Shaw,aber ich habe noch nie in meinem Leben darauf Anspruch gemacht, ton- sequent zu sein."

3)er(Magnelherg der Wirklichkeil

Das Städtchen Kiruna in der Lule-Lappmark der schwedischen Provinz Norbotten liegt am Fuß des Kirunavara, der zusammen mit dem Luossaoara ein Bergmassio bildet, da» vom Fuß bis zum Gipfel, innen und außen aus fast reinem Eisen besteht. Er gleicht dem Magnetberg des Märchens, nur sind es nicht die Schiffe, die der Anziehungskraft des Magneten zum Opfer fallen, sondern die Menschen. Der Kirunavara ist nur 4 Kilometer lang und SM Meter breit, und der von ihm durch einen See getrennte Luossavara ist nur halb so breit und halb so lang. Beide Berg« find nicht höher als 700 Meter. Und doch versendet das kleine Berggebiet in der' schwedischen Lappmark, das gor nicht grandios' und eindrucksvoll wirkt, jahraus, jahrein über den norwegischen Hasen Narvik 6 Mil- lionen Tonnen Eisenerze nach England. Amerika , Deutschland , Frankreich und in andere europäische Länder. Zweihundert Jahr« long dienten die Renntiere dem Transport der Erze. Dieser Transport beschränkte sich auf zwei oder drei Sommermonate im Jahre, in denen die Erze auf 300 Kilometer Entfernung zur Verschiffung nach dem schwedischen Ostseehasen Lulea transportiert werden mußten. Natürlich konnte es sich bei diesen beschränkten Verhältnissen nur um die Verladung geringer Mengen von Eisenerzen handeln. Heute wird das Erz im modernen Maschinenbetrieb gewonnen und die wertvolle Fracht nicht mehr zur Ostsee , sondern durch die Bahn zum Atlantischen Ozean befördert, und zwar ausnahmslos jeden Tag zur Sommers- und Winterszeit. Die Eisenbahnstation Kiruna ist, äußerlich betrachtet, die kleinste Schwedens , trotz ihrem bescheidenen Aussehen aber ist sie die wich- tigste des ganzen Landes, da sie die höchsten Umschlagsziffern auf- weist. Alle halbe Stunde fährt ein aus SO Wagen bestehender Zug nach dem vier Wegstunden von Kiruna und eine Stunde von der schwedischen Grenze entfernten norwegischen Hafen Narvik , wo die Erze auf die Schiff« verladen werden. Die Anlage dieser elektrische» Bahn, die beständig weiter ausgebaut wurde und die nördlichste Bahnanlage der Welt ist, war angesichts der gesteigerten Förderung eine unabweisbare Notwendigkeit geworden. Sie erst machte die Förderung von Erzen, die in Europa nicht ihresgleichen haben. wirklich rentabel. Sind es doch Magneteisenstein mit 70 Prozent reinem Eisen.

Heut« verfügt der abgelegene Bezirk der Lappmark über ein vollkommenes und weitverzweigtes Eisenbahnnetz, das sich dem der volkreichsten Industriezentren ebenbürtig an die Seite stellt. Und tatsächlich hat sich dort ja auch mit der Entwicklung der modernen Gewinnungsmethoden, ein Bergwerksbetrieb entwickelt, wie er in- tenfiver nicht zu denken ist. Auch wenn die Quecksilbersäule des Thermometers 30 Grad unter Null sinkt, steht die Arbeit nicht still, die um 4 Uhr morgens beginnt und bis 10 Uhr abends dauert. Strapazen, wie sie die Arbeit der Erzförderung darstellt, sind natur- gemäß nur Menschen gewachsen, die in der Nordmark geboren sind, und deren Widerstandskraft von frühester Jugend an gestählt ist. Es sind in der Tat nur die Bewohner der nördlichsten Länder, aus denen sich die Arbeiterschaft zusammensetzt. Wie in Alaska im fernen Westen strömten auch hier alle Abenteurer aus Finnland , Schweden und Norwegen zusammen und gründeten eine neue Kolonie, die nördlicher liegt als die Beringstraße , nördlicher selbst als der Reise» weg Nansens auf seiner Grönlandexpedition. So entstand Kiruna , ein Städtchen, das heut« 10 000 Einwohner zählt. Auf der Hoch» eben« des Kirunavara und Luossavara am See Luossajärdie ge- legen, erfreut es sich aller Segnungen der schwedischen Zivilisation. Es hat Volks- und höhere Schulen, Krankenhäuser und Wohlfahrts- anstalten für die Arbeiter, Gebäude, deren schmucke, weiße Fasiaden die sehlenden Kirchtürme ersetzen, kurz, man könnte sich in eine schwedische Provinzstadt versetzt wähnen und hat keinen Augenblick das Gefühl, so fern und von der Welt abgeschlossen zu sein. Selbst Damen verirren sich dorthin, um Vorträge über Sexualhygiene zu halten. Am Abend des Sonnabend trifft sich alle Welt auf dem Bahn- Hof, wo sich ein lustiges Volkstreiben entwickelt. Auch dem Luxus der Blumenspenden huldigt man, wenn es gilt, sich von irgendeiner Dame, der Gattin eines Ingenieurs oder Abteilungsleiters, zu ver- abschieden, die den Zug besteigt, um nach dem Süden zu fahren. Da sind dann die großen Gesellschaftsereignisse, die während der Sommermonate das graue Alltagseinerlci unterbrechen. Dann herrscht Hochbetrieb in der Bahnhofshalle von Kiruna , die sich erst leert, wenn der Zug, auf die Minute pünktlich, ohne Signal wie ein Automat, aus der Halle hinausfährt.

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