Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN  Montag 27. Juli

1931

Der Abend

Erscheint t& glid außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin   SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Donhoff( A 7) 292-297

6680

Spätausgabe des Vorwärts"

10 Pf.

Nr. 346

B 173 48. Jahrgang

Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezetle 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Bosscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b... Berlin   Nr. 37 536. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Henderson in Berlin  

Herzlicher Empfang auf dem Bahnhof Friedrichstraße  

Der englische   Außenminister Arthur Henderson   ist heute morgen 8 Uhr 37 auf dem Bahnhof Friedrichstraße ein­getroffen und im Namen der Reichsregierung vom Reichsaußen­minister Dr. Curtius begrüßt worden.

Schon bald nach 7 Uhr mertte man, daß die Gegend um den Bahnhof Friedrichstraße   in der Erwartung eines besonderen Ereig­nisses stand. Der Besuch des englischen Außenministers hatte selbst­verständlich besondere polizeiliche Maßnahmen zur Pflicht gemocht. Diese beschränkten sich aber angesichts der starken Sympathien, die Henderson in den weitesten Kreisen der Berliner   Bevölkerung ge­nießt, auf das allernotwendigste. Sehr früh waren Polizeipräsident Grzesinsti und Rommandeur Heimannsberg zur Stelle, um das Erforderliche zu veranlassen und das Entbehrliche zu verhindern, so daß sich der Empfang unseres englischen Gastes ohne jede Kei bungen vollzog. Auf dem Bahnhof versammelten sich um 19 Uhr die Bertreter der deutschen   Regierung, Reichsminister Dr. Tur tius, Staatssekretär von Bülow und andere Herren des Aus­märtigen, Amtes, die Mitglieder der englischen Botschaft unter Füh­rung des Botschafters Sir Horace Rumbold   sowie die Bertreter der Presse, unter denen man die Engländer aller Barteirichtungen fah. Ein zahlreiches Bublifum hatte sich eingefunden. Nach dem Einlaufen des Zuges verließ Henderson, nach allen Seiten grüßend, den Zug, um nach einem Willkommensgruß an Curtius und einem Dank an die Bertreter der Reichsbahnverwaltung eine Shalehand mit den übrigen Erschienenen zu machen. Als Henderson an ter Seite von Curtius den Bahnsteig verließ, wurden ihm durch dos Publikum

ftürmische Ovationen

Largebracht. Rufe wie: Es lebe Henderson"," Dem Freunde Deutschlands   ein dreifaches Freiheil!" und hoch der Friedensfreund Henderson!" flangen ineinander. Vor dem Bahnhof wartete ein Seerbann von Photographen, dem sich Henderson und Curtius ge­duldig stellen mußten. Der englische   Außenminister ward sodann gebeten, einige Worte für die Tonfilm- Wochenschau zu sprechen. Er sagte in englischer Sprache, daß es ihm eine besondere Freude sei, nach Berlin   zu tommen, um hier die freundschaftlichen Be­ziehungen zwischen der deutschen   und der britischen Regierung weiter zu pflegen. Er hoffe von ganzem Herzen, daß seine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein würden.

Schon auf dem Bahnsteig war Henderson durch die so überaus lebhaften und herzlichen Dvationen start überrascht und fichtlich erfreut. Auch bei der Abfahrt im Auto ertönten neue. Hochrufe, für die der Minister grüßend dankte.

*

Henderson hat mit Dr. Curtius heute vormittag eine Fahrt in

die Umgebung Berlins   unternommen.

Macdonald 17,17 Uhr Bahnhof Friedrichstraße. Der englische   Ministerpräsident Ramsey Macdonald   hat

feine Reifedispofitionen geändert. Er wird nicht mit dem Flugzeug in Tempelhof  , sondern mit dem Zuge 17 Uhr 17 auf dem Bahn hof Friedrichstraße in Berlin   eintreffen. Reichsbanner­tameraden und Parteigenoffen, die die Absicht haben, den Genoffen Macdonald zu begrüßen, werden hierauf besonders aufmerksam gemacht.

Aus Wien   zurüd.

Die Abgg. Wels, Breitscheid   und Hilferding  , die an dem betracht des Besuches der englischen Minister für einen Tag nach Wiener Kongreß teilnehmen, tehren am Dienstag früh in An­Berlin zurü d.

Stimson am Wannsee  .

Der amerikanische   Staatssekretär Stimson  , der Berlin   nach zweitägigem Aufenthalt und einem Empfang beim Reichspräsidenten  heute mittag wieder verlassen wird, weilte am Sonntag abend bei dem Reichskanzler zu Gast. An dem Essen nahmen außer mehreren Mitgliedern des Reichskabinetts auch zahlreiche ,, Wirtschaftsführer" teil. Am Bormittag hatten Dr. Brüning und der Reichsaußen minister den amerikanischen   Besuch nach Sanssouci   und von dort zum Wannsee   begleitet.

Der amerikanische   Außenminifter äußerte sich über seinen Berliner   Besuch wie folgt:

Ich hatte Gelegenheit, die Berliner   bei ihrem Feiertag und ihrer Erholung zu beobachten. Diese Gelegenheit war mir von Ruben und hat mich erfreut. Für Herrn Reichskanzler Brüning  und seine Mitarbeiter habe ich großen Respett und Achtung. Ich habe in den Konferenzen in Paris   sowie in London   gesagt, daß die amerikanische   Regierung und das amerikanische   Bolt 3utrauen

Hendersons.Ankunft in Berlin  .

Genoffe Henderson in der Mitte Außenminifler Curtiu srechts Englifcher Botschafter Rumbold   links

Garantiekonsortium der Sparkassen

Zur Vorbereitung der Auszahlungen

Der Gründung der Atzept- und Garantiebant, an der das, Redistontkredit bei der Reichsbant in Anspruch zu nehmen. Reich mit 80 Millionen Mart beteiligt ist und deren Zweck darauf Bei diesem Geschäft läuft die Reichsbank feinerlei Risiko, da das hinausläuft, einen möglichst schnellen Abbau des beschränkten Giro der Akzept- und Garantiebank eine zusätzliche Sicherheit Zahlungsverkehrs herbeizuführen, dürfte bereits heute oder morgen gewährleistet. eine ähnliche Aktion der deutschen   Sparkassen folgen. Die

Berhandlungen mit der Reichsbant, find bereits eingeleitet. Um

die Schalter wieder restlos öffnen zu können, benötigen die Spare tassen verhältnismäßig hohe Mittel. Sie verwalten an sich ein Bermögen von 12 Milliarden Mark, die jedoch zur Hälfte in erst stelligen Hypotheken angelegt sind.

Die Reichsbank wird ebenfalls zum Zwecke der restlosen Schalteröffnung das bisherige System der Kreditkontingentierung verlassen und an dessen Stelle die Kreditverteuerung sehen. Die Banken können, wenn sie ihre Schalter öffnen und das Bublikum zu Abhebungen schreitet, bei der Reichsbank im Gegen satz zu deren Verfahren in den letzten Tagen, wieder Wechsel distontieren und Effekten lombardieren, um sich auf diese Weise in den Besitz von flüssigen Mitteln zu sehen, deren sie zur Befriedigung der Angstabhebungen bedürfen. Gleichzeitig aber soll der Preis, den die Reichsbank für ihre neuen Kredite fordert, so beträchtlich heraufgesezt worden, daß jedem die Luft genommen wird, die Notenbank mehr als unbedingt notwendig in Anspruch zu nehmen. Ihre Aufgabe besteht darin, den Banten, deren Liquidität infolge der Abhebungen besonders gelitten hat, die Möglichkeit zu geben, der Reichsbant auch wirklich reichsbanffähige Werte zum Diskont anzubieten. Alle Banken, das heißt also auch solche, die nicht zu den Gründern der Atzept- Bant gehören, können bei dieser Bant nicht unbedingt reichsbanffähige Wechsel diskon­

tieren.

Die Garantiebank hat wiederum die Möglichkeit, den

hat zu Deutschland  , seinem Bolte, seinen Hilfskräften und seiner Zukunft, und meine Ansichten sind durch das, was ich bei meinem Besuch gesehen habe, bestätigt worden. Ich glaube, daß die gegenwärtigen finanziellen Schwierigkeiten zum größten Teil zu rückzuführen sind auf vorübergehenden Mangel an 3u trauen und daß mit Mut und dem wiederkehrenden Bertrauen Deutschland   fein Wohlergehen wiedererlangen wird."

Verhandlungen über den Stilthaltekredit.

In Berlin   beginnen am Montag Verhandlungen zwischen der Reichsbank als Vertreterin des in Deutschland   gebildeten Stillhalte­tonsortiums und mehreren ausländischen Bantiers als

Bertreter der Gläubigerbanken. Man hofft, vor allem die großen Finanzinstitute Englands, Ameritas, der Niederlande   und der Schweiz   dazu bewegen zu können, daß keine neuen Kreditkündigungen mehr erfolgen. Tatsächlich sind bis in den letzten Tagen der ver­kreditkündigungen erfolgt. Die Summe der bereits fällig gangenen Woche bei den Berliner   Banken noch umfangreiche gewordenen, nicht prolongierten ausländischen Berpflichtungen der deutschen   Banken, die auf Grund der Notverordnung jedoch nicht reguliert werden durften, wird auf 300 bis 500 millionen Mart reguliert werden durften, wird auf 300 bis 500 Millionen Mark geschätzt.

Mysteriöser Mord in Wien  .

Ein politischer Abenteurer erschossen.

Wien  , 27. Juli.

Jn Wien   ist am Sonnabend ein Kaufmann namens Georg Semmelmann aus Köln   in seiner Wohnung er­mordet worden. Der Täter, der sich Egon Spielmann nennt, wurde verhaftet. Er gesteht die Mordtat zu, ver­weigert aber über seine Motive jede Auskunft. Es steht fest, daß der Name Spielmann, den sich der Täter beigelegt hat, falsch ist, jedo chtennt man den richtigen Namen nicht. Der ermordete Semmelmann war eine äußerst zweifel hafte politische Abenteurerpersönlichkeit. Nach der Revolution schloß er sich zunächst den Freikorps   an und gehörte zur Schwarzen Schar" des vielseitigen Leutnants Roßbach. Dann tauchte er bei den Kommunisten auf, wo er sich im Jahre 1928 durch die Befreiung des angeklagten Kommunisten Br a un aus der