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VcIksveTsländnisMiadVölkerveFsländnia Man dürste nicht zu hoch greifen, wenn man annimmt, daß weit über 90 Prozent aller Höier nur die Darbietungen„ihrer" Senver, d. h. der nächsteelegenen Rundfunkstationen, empfangen. Selbst wer die Mittel besaß, um sich ein stärkeres Empfangsgerät als«inen normalen Dreiröhrenapporat anzufchasfen, beschränkt sich häufig auf eine kleine Auswahl von Stationen, die er stets klar und einwandfrei in den Apparat bekommt, und die ihm vor allem dazu dienen müssen, seinen Bedarf an mehr oder weniger künstle- rischer Unterhaltung zu decken. Nur eine geringe Anzahl von Hörern hat die Möglichkeit und das Verlangen, entlegene Stationen einzufangcn, und von diesen sucht wohl der größere Teil die lieber- brückung der räumlichen, nicht der geistigen Entfernung.. Vielen kommt das Gefühl der geistigen Entfernung überhaupt nicht zum Bewußtsein. Jede Sendung, die ihnen in den Apparat kommt, be- oder perurteilen sie. als sei si« an sie persönlich adressiert. Es ist eigenartig und doch sehr natürlich, daß die Stimme des Rundfunkmikrophons, die weittragendste Stimme, die je in der Welt erscholl, jeden einzelnen ihres Publikums die Mithörer vergessen lassen kann. Der Mensch, der in seinem Zimmer den Worten oder Klängen lauscht, die aus seinem Lautsprecher strömen, muß sich um so deutlicher als Mittelpunkt ihrer geistigen Welt sühlen, je enger sein eigenes Weltbild ist. Mit einer naiven Kritik wird er zu jeder Darbietung und ihrem Kulturkreis Stellung nehmen und das ihm geistig Fremde und Ferne überheblich oerspotten oder ablehnen. So wird dieser Hörertyp, welche Länder und Erdteile auch immer in den Klängen in seinem Zimmer schwingen> mögen, stets nur„sein" Programm heraushören. Die, denen der Rundfunk wirklich die Welt erschließt und ossen» bart, stellen zweifellos heute eine kleine Minderheit dar. Die Funk- Programme versuchen zwar mit einzelnen Darbietungen den Kreis dieser bewußten Radiohörer zu erweitern, aber doch nur in recht vorsichtigem Ausmaße. Sehr viel weiter als bis zum Verständnis des eigenen und des befreundeten Nachbarvolkes liegt das Ziel ihrer Hörererziehung nicht. Der arme Pegasus, der mit gebundenen Flügeln über die Aecker seines zufälligen Besitzers den Pslug ziehen mußte, hat im Rundfunk einen späten Bruder bekommen. Wird dieser Bruder auch noch einmal fliegen lernen? Menschen- und Völkerverständigung durch den Geist des Rund- funks, so sehr sie möglich ist, blieb bis heute mehr als ein frommer Wunsch, selbst innerhalb de» eigenen Volkes. Die einzelnen Sender versuchen zwar, Veranstaltungen auszutauschen oder auch selber zu bringen, die entlegene Landesteile ihren Hörern naherücken. Aber sie haben darin selten eine glückliche Hand. Was sie auswählen, ist oft hübsch und wirksam gedacht! nur— dem Ohr des Hörers stellt es sich nicht so dar. Beliebt war bei der Funkstundc, und wahrscheinlich auch bei anderen Sendern, die Uebernahme von heiteren Abenden aus den verschiedensten Gegenden des Landes. Allmählich scheint man hier allerdings zu der Erkenntnis gekommen zu sein, daß nur sehr selten daraus für die Hörer ein Gewinn entspringt. Selbst «inein Programm, dem ein sehr anspruchsvoller bodenständiger Kritiker volle Anerkennung zollen würde— und zahlreich scheinen heitere Unterhaltungen von dieser Qualität nirgends zu sein—, selbst solchem Programm ober kann der Fremde selten etwas ab- gewinnen. Man muß Menschen sehr genau kenn»», um imstande zu sein, ihre Familicnwitz« zu verstehen und zu genießen, und an einem bodenständigen heiteren Abend ist eben ein Volksstomm unter
f&echlsf vagen des Tages Hutwerlwmg Ein Inkassogeschäft kaufte von einer Konkursmasse für billiges Geld ausgeklagte Forderungen auf, und erhielt die betreffenden Sehuldtitel ausgehändigt, Die Forderungen stammten aus der Vor- kriegszeit und lauteten auf Papicrmork. Im Jahre 1923 forderte das Inkassogeschäft den Schuldner aus, sich wegen Auswertung mit ihm in Verbindung zu setze«! der Schuldner antwortete indes nicht. Mit dem Schuldtitel m vorliegender Form war indes nichts an- zusangen, eine Vollstreckung wegen Papiermark konnte der Gerichts- Vollzieher nicht vornehmen! da» Jnkasiogeschäst hätte durch«ine neue Klage vom Gericht'die Aufwertung der Papiermarksorderung in Reichsmark erwirken müssen, um eine wirksame Vollstreckung durch- führen zu können. Erst Ende 1930 klagte das Inkassogeschäft auf Aufwertung der etwa 2000 Papiermark betragenden Forderung und verlangte zu- nächst einen Teilbetrag von 200 Reichsmark. Dos Gericht wie» die Klage ab. Allerdings verjähren aus- geklagte Forderungen erst nach 3 0 Jahren: eine Verjährung komme also nicht in Frage: das Inkassogeschäft hätte ober nicht so lange Zeit verstreichen lassen dürfen, wenn der Schuldner aus eine Ausforderung im Jahre 192S nicht reagiert«. Auch das Reichsgericht stehe auf dem Standpunkt, daß der Anspruch verwirkt sei, wenn der Gläubiger erst nach so langer Zeit die Auswertung seiner Fvr- derung gerichtlich geltend mache. „WeaenlUchBv"Bealandleil'* Der Mieter eines Hause«, in dem noch keine elektrische Licht- anlage vorhanden war, ließ sich von einem Installateur eine söge- nannte Steigeleitung von der Straße aus bis in seine in der ersten Etage befindliche Wohnung legen. Ein Mieter desselben Hause» in der zweiten Etage ließ sich an diese Leitung anschließen, ohne die Genehmigung des ersten Mieter» nachzusuchen. Dieser erhob Klage und verlangte Entfernung der von der ersten Etage ab weiterge- führten Leitung oder eine angemessene Entschädigung, mit der Begründung, daß durch die Weiterführung der Anlage die Stärke seines elektrischen Lichtes beeinträchtigt werde. Der Beklagte beantragt« Abweisung der Klage und führte aus, daß von der Straße au« die Steigeleitung fest in die Mauer des �Hause» hineingebaut und daher Bestandteil de» Grundstück» geworden sei. Diesen Ausfüh- rungen widersprach der Kläg«r nicht. Die Klage wurde abgewiesen. Die unwidersprochen gebliebene Einwendung des Beklagten, daß die Steigeleitung fest in das Grund- stück.hineingebout ist. beweise, daß sie zu einem wesentlichen Bestandteil de» Grundstücks geworden ist: si« kann nach§ 63 Bürger- lichen Gesetzbuch» nicht mehr von dem Grundstück getrennt werden, ohne daß der eine oder der andere Teil der Anlage zerstört wird. Eigentümer der Steigeleitung ist daher der Grundstückseigentümer geworden, nur e r wäre berechtigt, auf Entfernung der weiter hinauf- geführten Leitung zu klagen. Eine Entschädigung könne aber der Kläger deshalb nicht verlangen, weil durch die Wciterführung der Anlage bis zur zweiten Etage die Stärke des elektrischen Lichtes in der ersten Etage in keiner Weise beeinträchtigt wird. �sargaretfte k'asjeankelcl.
sich. Etwas anderes ist es, wenn im Rahmen einer volkskundlichen Unterhaltung Kostproben volkstümlichen Humors geboten werden, die aus dem Zusammenhang heraus dem Hörer verständlich sind. Aber wie sollen solche volkskundlichcn Unterhaltungen überhaupt aussehen? Das ist nicht leicht zu sagen, weil es dafür glücklicher- weise kein einheitliches Schema geben kann. Artverwandtere Volks- typen wird man ganz anders zueinander stellen müssen als ort- fremdere. Einmal wird der Mensch aus der Landschaft, einmal au» dem Arbeitsleben heraus sichtbar gemacht werden. Aus Schilderung, Dichtung und Musik wird sich sein Bild und das Bild seiner Heimat formen müssen. Die größte Schwierigkeit für die Gestaltung solcher Sendungen liegt anscheinend nicht in der Auswahl dessen, was zum Aufbau des Gesamtbildes nötig, sondern was für diesen geschlossenen Ausbau überflüssig und schädich ist. Je mehr sich solche Veranstaltung dem Kunstwerk nähert, je mehr sie auf Nebensächliches zugunsten der großen einheitlichen Linienführung verzichtet, desto lebendiger wird sie zum Hörer sprechen. Der Wunsch nach wissenschaftlicher Vertiefung ebenso wie das Bestreben, durch Unterhaltung die Veranstaltung zu beleben, tragen in gleichem Maße zur Zerstörung solcher Einheitlichkeit bei. Der Hörer erfährt, wie Menschen und Landschaft in historischen Epochen waren oder wie Opcrettenkomponisten und volkstümelnde Schrist- steller sie sich vorstellten: aber wie sie wurden und wie sie sind— davon bekommt er kein Bild. Denn die Schöpfer solcher Der- anstaltungen haben meist selber keins: sie zeigen nur die tausend
Einzelheiten, die sie selber sehen oder zu sehen glauben. Von alle« volkskundlichen Veranstaltungen, die den Berliner Hörern in den letzten Monaten geboten wurde», hinterließen nur wenige eine» nachhaltige» Eindruck. Die Sendung aus Köln „Rheinland und W e st f a l e n", obschon ihr zur Vollkommenheit noch manches fehlte, war wohl die gelungenste, wenn man nicht eine Darbietung in diese Reihe rechnet, die dem Programm nach nicht dazu gehörte: eine Führung zu französischen Bergarbeitern, die sich aus einem literarischen Querschnitt durch Zolas Werk entwickelte. Obwohl hier die Zeit um nahezu dreiviertel Jahrhundert zurück- gedreht wurde und manche Einzelheit kaum noch verständlich erschien, wurde der Hörer in einen Lebenskreis gestellt, der ihn bezwang, weil er ihn aus der Zuschauerperspektive zum menschlichen Mit- erleben führte. Die Wand der fremden Nationalität versank: sicht- bar wurde der Mitmensch. An dieser' Veranstaltung zeigte sich, mit welchen verhältnismäßig einfachen Mitteln der Rundfunk Volkskunde im besten Sinne treiben kann. Es kommt ja nicht darauf an, dem Hörer alles Wesentliche zu zeigen und verständlich zu machen: dazu wären Vortragszyklen nötig, die sich über einige Semester erstrecken. Verständnis zu wecken kann hier nur das Ziel sein: in Einzelheiten einzudringen, muß dem Hörer selber überlassen bleiben. Die Volkskunde-Veranstaltung, die mit allen der Sendestelle zur Verfügung stehenden Mitteln aufgebaut wird, kann natürlich sehr schön und fruchtbar werden, aber nur. wenn sie statt der Breite die Tiefe sucht und wenn sie nicht Lehr- stosf, sondern Leben ausbreitet. Die Menschen haben heute gegenseitiges Verstehen bitter not: nicht nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen. Der Rundfunk kann hier viel helfen, wenn er den guten Willen dazu hat und sich seiner Aufgabe bewußt ist. Tos.
eBuch
Meinrich Cduard Jacob; S)ie Ulagd VOH Aachen*� Die Belgier nennen es Aix-la-Chapelle . die Deutschen Aachen . Und wenn man dem belgischen Besotzungssoldaten, dem Unteroffizier Pieter Rijsmond, gesagt hätte, daß er sich in der Stadt Aachen , wo er die acht Jahre Militärzeit verbringen sollte, befinde, hätte er dies für ebenso unglaubwürdig gesunden wie die kleine Marie aus Meusdorf, die nach Aachen kam, um hier als Hausgehilfin und Köchin zu dienen: sie kam nach Aachen und nicht nach Aix-lo-Thapelle. Sprachen-, Dölkerwirrwarr! Picter versteht kein Wort deutsch. Marie kein Wort französisch oder flamisch, was natürlich in der Liebe nichts ausmacht. Es gibt sozusagen ein Esperanto der Liebe, mittels dessen man sich ausgezeichnet verständigen kann. Es reicht jedenfalls dazu aus, daß Marie von Pieter ein Kind empfängt. So peinlich es ist. wenn ein deutsches Mädchen von einem belgischen Soldaten«in Kind hat, so wenig trübt dieser Umstand das Glück der jungen Mutter, die in Pieter nicht den„feindlichen" Soldaten, sondern nur den Vater ihres Kindes sieht.(Symbol der Völkeroersöhnung!) Schlimm für das Mädchen wird es erst, als am 30. November 1929 die Besatzungsarmee aus Aachen abzieht. Und während über der Stadt ein Orkan von Jubel dahinbraust, alles, was deutsch ist, ein Begeisterungstaumel erfaßt, bricht das Herz des armen deutschen Mädchens, dos an diesem Tag« mit einem Kinde ohne Vater da- steht. Jetzt ist sie„eine von den Siebentausend"— wie der Untertitel des vorliegenden Romans lautet— eine von den sieben- tausend Müttern, deren Männer keine Männer, keine Väter, sondern — Soldaten sind. Und daß ein Soldat weder Mann noch Vater ist, wird Marie im folgenden noch einmal recht deutlich gemocht: Zu Weihnachten im selben Jahre macht sie sich mit ihrem Kinde auf den
Weg zu ihrem Pieter nach Lüttich , ohne Paß, zu Fuß, durch ver- schneite Wälder, in eisiger Winterkälte: halb erfroren wird sie mit dem Kinde am Wege aufgefunden, ein Auto bringt beide nach Lüttich . Pieter befindet sich aber in Antwerpen , wohin sie dann etwas mühe- loser gelangt und endlich ihren Pieter findet. Jetzt wäre olles wieder in schönster Ordnung, wenn es nur nicht diese verfluchten Pässe gäbe! Mari« ohne Paß— ein« Anzeige von der Paßbehörde gegen Marie ist durch Zufall bereits in Pieters Hände gelangt— das bedeutet für den Soldaten Unannehmlichkeiten mit der Militärbehörde, allen- falls Verlust der Karriere. Marie muß also sofort mit ihrem— keinem Kinde aus Belgien . Das Mädchen aber, das in Pieter den Soldaten nie und niemals begreifen kann, glaubt, daß Pieter von ihr und dem Kinde nichts mehr wissen will. Jetzt ist's mit ihr end- gültig vorbei. Nach Aachen zurückgekehrt, erleidet sie einen Nerven- Zusammenbruch, wird geheilt— und zuletzt wird doch alles wieder gut, dank dem Eingreifen eines Menschenfreundes, dessen Mittel es erlauben, nicht nur mit Rat, sondern auch mit Tat das Glück der beiden sich schon verloren glaubenden Menschenkinder zu begründen Ob das Schicksal in den übrigen scchstausendneunhundertneun- undneunzig Fällen so gnädig war wie in diesem, weiß ich nicht, aber es wäre zu wünschen. Das Problem der Besatzungskinder ist keineswegs irgendein« Frage, über die man so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen kann. Der in dieser sozialen, nationalen, vor allem aber rein menschlichen Frage scheinbar völlig verrammelte Ausweg könnte allenfalls gefunden werden, wie es der Verfasser des schönen, volkstümlichen Buches. Heinrich Eduard Jacob , be- weist. Hier könnt« ein entscheidender, vielleicht einer der ent- scheidensten Schritte zur Völkerverständigung getan werden. Daß diese Frage überhaupt literarisch behandelt wurde, ist ei» Verdienst. Jacobs Roman ist deshalb wertvoll, weil notwendig. Und wenn auch die rührende Geschichte vom deutschen Dienstmädchen und dem belgischen Besotzungssoldaten in ihrem zweiten Teile etwas wunderlich wird und daher vielleicht auch ein wenig unglaubwürdig, so betont darin der Verfasser lediglich den Wunsch nach einer guten Wendung des Schicksals von siebentausend braven und vielleicht heute so manchen unglücklichen Müttern. knedncli Liclitnekcr.
WAS DER TAG BRINGT wiiiiniiininiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiniiiimiiiinmiimiiniiminiiiiiiHimnnHiiiiiniimiimiimiinMiiiiiiiiiiiniiiiiiiniiiiniiuiiiiiiiitiiiiiiuMiiiiiiiiiiimiiiiiiiiiiiiiMiiiiM ERZÄHLT VON YORICK
Die Glocken von Sagan A. Idylle. Zu Sagan in Schlesien läuten die Glocken. Denn Sagan ist fromm, ist gut katholisch sogar. Wenn in Sagan die Glocken läuten, dann fragt der Lehrer in Sagaus Schule die Kinder:„Was wollen uns nach Friedrich von Schiller die Glocken sagen mit ihrem Läuten?" Und dann sprechen in der Schule zu Sagau die Kindlein im Ehor: „Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute!" Friede und Freude für Sagan— wie sinnig!! B. Zweimal Historie. Historie 1:.... vnd ordnen Wir. Hertzog Trvdewin von Sagan, noch massen unserer allerhöchsten vnd landesherrlichen Weysheyt an und tun denen Vnterthanen kvndt vnd zv wissen, daß hiesiger Stadt- Pfarrkirchen Geläute sey eyne Angelegcnheyt unserer Stadtgemeynde Sagan, nit aber unserer Stadtpfarrey, vnd seynd ergo die Gelävt- kosten nit von der Kirchen, sondern hinfüro von der Stadt zv be- zahlen. Anno domini 1430- Trvdewin. Insigill." Historie 2:„Gestern haben auch unsere Glocken in den sieg- reichen Kampf für Kaiser und Vaterland ziehen müssen. Sie wurden unter allgemeiner Anteilnahme der Bevölkerung vom Turm der Stadlpfarrkirchs heruntergeholt. Nun werden sie eingeschmolzen und zu Kanonenrohren umgeschmolzen werden, und es ist gewiß, daß der Segen Gottes jeden Schuß aus diesen Rohren geleiten und recht viele Franzosen töten wird..."(Aus dem Bericht des „Saganer Generalanzeigers" vom September 1916.) -<7. Rauh« Wirklichkeit. Da nun die Stadtpfarriirche ohne Glocken nicht existieren kann, andererseits die Gemeindemitglieder sich nicht willig oder in der Lag« zeigten, die 13 S00 Mark, die neue Glocken kosten, aufzubringen, so entdeckte der Herr Stadtpfarrer von Sagan das Trudewinsche Der- tragsdokument aus dem Jahre 1430(in Worten: vierzehnhundert- unddreißig). Er verklagte die Stadt auf Grund dieses Rechts- anspruchs, und die preußischen Gerichte gaben ihm recht, denn es war dieser Vertrag aus dem Jahre 1430(in Worten: vierzehn- hundertunddreißig) niemals aufgehoben worden. So wurde denn die gute Stadt Sagan zur Zahlung von 13 300 Mark verurteilt, und die Kirche kann sich neue Glocken kaufen.
Hingegen wußte die Stadt infolge dieser plötzlichen, außeretat- lichen Belastung nicht, woher sie die Mittel zur Unterstützung ihrer Arbeitslosen und Wohlfahrtsempfänger nehmen sollte: erst im letzten Augenblick gelang es ihr, eine hochocrzinsliche Anleihe aufzunehmen. Die Stadtvertreterversammlung aber beschloß, die Kirche auf Zahlung all der Gebühren zu verklagen, die in früheren Jahrhunderten an die Stadt von der Kirche gezahlt wurden: das soll ein ganz nettes Sümmchen ergeben: es ist ihr von Herzen zu wünschen, daß sie damit durchkommt, denn die Not ist groß— und Rache ist süß... V. Wiederholung der Idylle. Siehe oben! Nur beim Vortrag den Tonfall ändern. Und schließen: „Friede und Freude für Sagan— wie sinnig! Und wie ver» logen..* Langsam drangen... In Wien erschien der Zeppelin. Die freudig erregten Wiener drängelten an den Luftriesen heran und drohten den Polizeikordon zu durchbrechen. Wie rufen die Polizcikordonisten in Preußen in sollen Fällen? Sie rufen:„Zu— rrück!! Zu— rrrückckckck!!!!" Wie aber rief ein braver österreichischer Wachmann in Wienr Die„Wiener Arbeiterzeftung" hat seinen Ruf für die Ewigkeit auf- bewahrt: er lautete gut österreichisch so: „Langsam drängen... langsam drängen, bittschön..." Die krachenden Erben In Breslau begrub man einen. Vorneweg fuhr er, der Tote, dahinter ging der Pfarrer, und zuletzt kamen die Leidtragenden. Dein Leid, heißt es, sollst du stumm tragen. Aber deine Erb- anspräche, so sollte es wenigstens heißen, darfst du nicht stumm tragen. Sonst kommst du nicht damit durch. Bereits im Trauerhause hotten die Erbtragenden leise getuschelt. Aus der Straße wurden sie heftiger. In der Kapelle irritierten ihre Auseinandersetzungen den Pfarrer. Am Grabe wurden sie laut. Und noch ehe der Sarg in die Gruft sank, gab's ein« solenne Prügelei. Di« Friedhofsverwaltung alarmierte das Ueberfallkommando. Das Ueberfallkommando erschien zwischen den Gräbern und brachte die Leidtragenden mit dem Gummiknüppel auseinander und im Polizeigewohrfam zur Ruhe. Nicht zur Ruh« gebracht wurde der Verblichen«. Er lag in seinem Sarge am Rande seiner Grube und wunderte sich vermutlich. Denn er war vergessen worden...