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Eberhard tKuhlmann: 'Mörder Jon QambeUa SuÄ Gambetta, meinen armen Freund. steckt hält, denn ich bin kein Freund der Polizei, aber ich will kurz und bündig seine Geschichte erzählen und warum er zum Mörder wurde. Und die, die seine Geschichte kennen, werde» dann vielleicht einen kleinen Haß oerspüren gegen sogenannte seine Herren und vor allem gegen gewisse Bluthunde, 2000 Stück an der Zahl, die man auf Panzerwagen und Mortorradkoppeln hinter ihm herhetzte, hinter Jon Gambetta, meinem armen Freund. Allen Schnüsslern, Denunzianten und sonstigen Dunkelmännern sei aber gleich gesagt, daß tn meiner Geschichte die Namen mit guter Absicht verändert wurden. So heißt mein armer Freund in Wirk- lichkeit gewiß nicht Gambetta, und wenn ich von New Jork spreche, so kann ebensogut Philadelphia oder Boston gemeint sein, ihr werdet's nicht erraten. In New Dort also war's. Ion und mir war es nach vielen dreckigen Wochen, von denen hier gar nicht gesprochen werden soll, gelungen, den Winter über bei der RevueWunderbares Märchen- land" unterzukommen,.er als Hilfsinspizient, ich als Techniker. In Ion , das weiß ich, steckte das Zeug zu einem erstklassigen Theater- mann, er hatte die besten Einfälle, sein ganzer Kops schien voll- gepfropft damit, und in seinem Elternhaus in Frankreich ja, Ion stammt aus Frankreich , aber feine Eltern hatten ihn, weil sie von seinen Talenten nichts wissen wollten, in ziemlich herzloser Weise einfach nach New Dork abgeschoben, und ich erkläre ösfentlich: die Alten sind ab allem schuld Ion hatte also schon in den frühesten Jugendtagen daheim in Frankreich mit Jungens und Mädels Theatervorstellungen gemanagt, und hätte er nur die richtige Bezie- Hungen gehabt, er wäre heute ein besserer Revuecheaterleiter als mancher andere ahnungslose Kerl, der sich mit'ner dicken Havanna zwischen den Zähnen wichtig tut oder sich in seinem Büro mitten am hellen Tage stundenweise einschließt. Aber so ist's im Leben, und der begabt« Ion mußte froh sein, als Hilfsinspizient mitmachen zu können, aus Klingelknöpfe zu drücken, die Seeschlangen rauszuschickcn oder den Zauberleuchter herabzulassen. Man wird gleich verstehen, warum der Zauberleuchter Ions liebste Nummer war. Der Zauberleuchter war nämlich kein üblicher Leuchter, wie sie hierzulande in den Kinopalästen oder in den Kirchen hängen, sondern er bestand aus einer gläsernen Plattform, die an langen goldenen Ketten hing, und auf der Plattform standen, das war der Clou, fünf lebendige bronzierte Frauen und hielten auf den Köpfen und mit erhobenen Armen eine riesige Krone brennender Kerzen: Das war ein Bild, sage ich, und wenn der Leuchter aus die Bühne herabgelassen wurde, wo ein altertümlicher Saal aufgebaut war, und wenn ich dann noch von der Beleuchtungsbrücke meinen hellsten Scheinwerfer auf die Bronzedamen richtete, so war das tat- sächlich so etwas wie ein Zauberspuk, und die Zuschauer draußen staunten mit offenen Mäulern und manche riefenah, wundervoll!" und manche klatschten. Die vorderste aber von den Bronzedamen war Jon Gambettas Freundin Minny Roberts, hübsch, schlank und golden. Man kann also begreifen, daß Ion den Zauberleuchter nicht ungern herabließ, denn dann konnte er ihr von der Kulisse aus zu- lächeln und sehen, wie ste sein Lächeln erwiderte. Das war natürlich ein Trug, sie ahnte höchstens, daß er unten stand, denn sie tonnte ja den Kopf nicht bewegen, sonst wäre die Kerzenkrone ins Schwanken gekommen. Aber Ion freute sich und strahlte und wurde erst wieder ernst, sogar etwas traurig, wenn der Zauberleuchter nach oben ver- schwand, denn Minny und die anderen mußten bis Schluß der Bor- ftellung da oben hängen bleiben. Das mit Ions Freude ging, sagen wir, zwei Wochen lang, dann begann ihm der Anblick des Zauberleuchters unbequem zu werden. Er ahnte wohl die vielen tausend Augen, die auf Minny gebannt waren, auf ihr Lächeln, ihre Brüste und ihren schmalen Leib, und das alles so grell beleuchtet. Ion war eifersüchtig, und Tag für Tag, wochenlang, das hat er mir selbst mal gesagt, war ein höllischer grausamer Moment für ihn, wenn er den Zauberleuchter herablassen mußte, der Schweiß brach bei ihm aus, und seine Knie zitterten dann vor Aufregung. Seine Minny nackt und allen Blicken preis- gegeben! Und ich sah von meiner Brücke, wie Jon in den Kulissen herumrannte und die Leute, die hinaufblickten, kurzerhand verjagte, und dann stand er am seitlichen Guckloch, stierte in den Zuschauer- räum hinaus und kontrollierte die Gesichter. Armer Ion! Und wenn ich jetzt sage, daß Jon infolge solcher gräßlichen Qualen einmal vergaß, den Zauberleuchter zur rechten Zeit ver- schwinden zu lassen und deshalb Knall und Fall seinen Posten ver- lor, so werden, daß weih ich, viele kommen und von Jons grober Pflichtoernachlässigung reden. Aber bedenket, ihr Hartherzigen, ob Jon, wäre er bei Sinnen gewesen, auch nur die kleinste Sekunde gezögert hätte, den verdammten Zauberleuchter rechtzeitig fortzu­bringen und so, was ihn doch am meisten peinigte, sein nacktes Mädel den tausend Blicken zu entziehen. Doch das ist's ja gerade: Ion war nicht bei Sinnen, und nun stand er aus der Straße und ohne Arbeit, und unsere RevueWunderbares Märchenland" be­deutete bei ihm nicht viel anderes als das graue Elend. Denn Minny mußte ja weitermachen, so sehr er sie auch beschwor, alles aufzugeben. Aber wovon sollte so ein armes Statistenmädel leben, sie unterstützte ihn ja auch so gut es ging, das hatte Ion wohl ver- gessen. Ob er nun, da er mit dem Zauberleuchter nichts mehr zu tun hatte, ruhiger geworden war, kann ich nicht sagen, er sprach kaum davon, hatte eine zerfurchte Stirn und fraß alles in sich hinein, und daran konnte man schließlich erkennen, daß er doch noch litt. Wenn er den ganzen Tag nach Arbeit herumgerannt war wir hatten damals einen eklig kalten Winter, brachte er Minny ins Theater und holte sie drei Stunden später ab; er ließ sie niemals einen Schritt allein gehen. Mein Gott, es hätte alles gut ausgehen können, die Revue sollte nur noch vier Wochen spielen, und dann wollten die beiden aufs Land nach West-Birginia zu Minnys Mutter, die dort irgendwo sowas wie ein Kaufhaus besitzt. Jon dachte sich, daß es dort leichter wäre, ganz von vorn anzufangen und was Rechtes zu beginnen, als in irgendeiner von den großen Städten. Aber nein, das waren schöne Träume, denn ausgerechnet dem armen Ion mußt« es passieren, daß er eines Abends vergeblich am Bühnenausgang wartete, sie kam nicht, nicht nach einer Stunde, nicht nach zwei, sie tarn nicht. Natürlich ist es eine einfache Sache, jetzt mit den Schultern zu zucken und lächelnd zu versichern, man wisse ja seit langem, daß Statistenmädel und Treusein zwei unreimbare Begriffe seien. Gut, gut, ich weiß, von wem solche fabelhasten Berleum- düngen ausgedacht werden, aber ich nehme hier alle Statistenmädels und an der Spitze Minny öffentlich in Schutz! Daß Minny an jenem Unglücksabend nicht kam, war nicht ihr freier Wille. Jon saß indes in seinem kalten Zimmer, es war eine schlimme Nacht, und ich oersuchte ihn mit so dummen Worten wie: Jon, sei ein Kerl, oder Wetten, daß sie in'ner Stunde da ist! zu trösten, mir fiel nichts anderes ein. Jons Berfassung war grauenhaft. Er quälte sich ab, Möglichkeiten und Gründe rauszusinden, er dacht« sich die tollsten Sachen aus, und dazwischen weinte er, und dann kam ich mit meinen Tröstungsversuchen. Plötzlich stand Minny in der Tür. Es war schon hell draußen. Minny, bloß, mit zerheulten Augen, auch sonst nicht in bestem Zu- stände. Sie fällt ihm gleich um den Hals, und Jon, ganz benomnien, lacht und sagt: Minnymädel, und sie sagt: Mein armer Ion! Es war ein richtiges Wiedersehen. Aber dann kam alles an den Tag, und die Stunde werde ich nicht vergessen! Minny erklärte anfangs. sie wisse eigentlich nichts, rein nichts, und sie sprach auch wirr und unverständlich, aber schließlich reimte sich alles zusammen. Und als Jon, der Mund und Augen immer weiter aufriß und leise keuchte und mit den Fingern und dann mit den Fäusten sinnlos herum- trommelte, als John erfahren hatte, daß Minny auf Bcranlassung des Direktors noch vor Beginn der Borstellung von eineni gelben Wagen einem Lincoln glaubt sie nach Norden zu aus der Stadt hinausgefahren und in einem Landhause von einem älteren Manne, anscheinend dem Besitzer, empfangen worden war und mit Altohol und anderen Rauschmitteln, durch raffinierte Nerführungs- künste, aber auch durch gewaltsamen Zwang soweit gebracht worden ist, daß sie mein Gott, der Zaubcrleuchter in seiner sicheren Höhe wäre dagegen nicht der geringsten Eifersucht wert gewesen daß sie, paßt jetzt auf Jon auf, daß sie willenlos unterlag, da stand Jon zuerst aus, wie hochgezogen, sein Gesicht verzerrte sich noch mehr, und dann mit einem Male brüllte er so, wie ich in meinem Leben noch keinen brüllen hörte: im Kriege sollen sie in ihrer Todesnot auch oft so sehr gebrüllt haben, aber ich war noch zu jung dazu. Jons Brüllen aber war die Wut, die ohnmächtige Wut, daß man mit ihm, ausgerechnet mit seinem Mädel so hundsgemein nmzu- gehen gewagt hatte, und er hörte auch gar nicht mehr auf Minnys Berzsihungsbitten, sondern rannte einfach aus dem Zimmer und war fort. Tags darauf wurde der rätselhafte Mord bekannt. Ein Liebes- paar, das trotz Schnee und Kälte draußen am Rande irgendeiner Landstraße in seinem Auto saß(an Sommerabenden parken sie dort zu Tausenden) war von einem Manne überfallen worden. Der männliche Begleiter, so hieß es, wurde erschossen, das Mädchen aber zur nächsten Autobushaltestelle geführt. Der Wagen war ein gelbes Lincoln-Kabriolett! Und Ion der Täter, das stand bei mir fest. Ich habe nie mit ihm über die Einzelheiten gesprochen, kann also hier nur meine ungefähren Kombinationen angeben: Jon, der sich den ganzen Tag unter furchtbaren Seelenqualen und kaum mehr zurechnungsfähig herumgetrieben und Rachcpläne ausgedacht hat, Ion sieht plötzlich, es wird gegen Abend gewesen sein, vor dem Theater einen gelben Wagen stehen, einen Lincoln. Der Eigentümer des Wagens kommt mit einem jungen Mädchen, er ist ein älterer Mann, das hat Jon genau gesehen.(Vielleicht ein Freund des Di- rektors oder ein Aktionär, dem zuliebe jeden Abend ein Revue- müdel beurlaubt wird, denkt Jon grimmig, was weiß man.) Ion ist seiner Sache sicher, folgt dem Wagen und erschießt den Verführer seiner Minny. Das Mädchen, in dem Jon ein neues unschuldiges Opfer vermutet, geleitet er zur Haltestelle. Und dieser Weg vom Mordplatz zur Haltestelle, nächtlich, heimlich mit einem schluchzenden Mädchen, muß aus Jon, ich habe meine Gründe dafür, einen fa- natischen Beschützer alles Schwachen, aller Unschuld gemacht haben, dann am folgenden Mittag veröffentliche dieTimes" einen Brief des(wie sie schreibtoffenbar geistesgestörten") Mörders, worin er mitteilt, daß noch andere Männer von seiner Hand sterben würden, denn es sei seine Pflicht, die Mädchen vor Verführung zu bewahren! Armer Jon. Zwei Wochen später trat er eines Nachts elend und abgemagert in mein Zimmer. Er hatte einen Brief für Minny, worin er sie bat, sie möge bei ihrer Mutter auf ihn warten. Ich konnte Jon natürlich nicht bei mir unterbringen, die Gckahr wäre zu groß ge- wesen, aber ich gab ihm Geld und andere Kleider und ein paar Adressen. 2000 Polizisten und 400 Detektive sind hinter ihm her, und Panzerwogen patrouillieren auf den Landstraßen, damit die parkenden Autos an den Wegrändern ihre Ruhe haben. Ion, das hoffe ich, wird sie auch bald wieder haben. Wetten, daß sie ihn niemals zu saffen kriegen? EeMe und unechte Zwillinge Irgendwie sind die Zwillinge etwas Seltsames, etwas Geheim- nisvolles, eine Durchbrechung der Regel. Sie locken die Wissenschaft zur Erforschung des Ungewöhnlichen, der Abweichung. Sie geb�n den Forschern die Hoffnung, daß man an dieser Stelle einen Blick in viele bisher noch unerforschte Geheimnisse des menschlichen Lebens tun kann. Die Anthropologen haben ein besonderes Kapitel der Zwillingsjorschung gegründet und studieren gerade an den Zwillingen wichtige medizinische Probleme, wie die Frage der Vererbung, der abweichenden Entwicklung, der Einwirkung der Außenwelt, der Frei- heit des Willens. Kurzum selbst die letzten Probleme der Mensch- heit finden gerade in diesem Zwillingsproblem eine besondere Stütze. Nach dem Stand der bisherigen wissenschaftlichen Forschung zum Problem der Zwillinge unterscheidet man bekannttich ein- und zwei-eiige Zwillinge, das heißt, solche Zwillinge, die sich entweder aus einem befruchteten Ei entwickelt haben das sind die echten Zwillinge oder die aus zwei befruchteten Eiern stammen, das sind die unechten Zwillinge. Diese unechten sind auch die uninter- essanten für die Wissenschaft. Sie sind nichts anderes als gewöhn- liche Geschwister, die nur zufällig zu gleicher Zeit geboren wurden. Mit ihnen kann man nichts anfangen. Anders ist es aber mit den ein-eiigen, den echten Zwillingen. Während die unechten Zwillinge zweierlei Geschlechts sein können, sind ein-eiig« Zwillinge immer gleichgeschlechtlich. Bei ihrer Ent­stehung teilt sich das Ei in zwei erbgleiche Hälften, so daß eigentlich zwei Lebewesen entstehen müßten, die auf Grund der ererbten Eigenschaften einander völlig gleich sein müßten. Das ist nun aber keineswegs der Fall. Die Zwillinge weisen gar mancherlei Unter- schiede auf. Und diese Unterschiede sind es, die für die Zwillings- forschung von größter Bedeutung sind, denn an diesen Unterschieden kann man den Einfluß der äußeren Umwelt auf die Lebewesen stu- dieren. Die Wirkung der Umwelt auf das Lebewesen beginnt eben schon in dessen frühesten Entwicklungsstadium. Die Aenderungen hängen schon von der Lage der Zwillinge im Mutterleib ab. Es ist heute eine für die Wissenschaft bekannte Tatsache, daß es günfttge und ungünstige Plätze im Mutterleibe gibt. Der eine der Zwillinge kann vorteilhafter gelagert sein als der andere und deshalb besser em- wickelt zur Welt kommen. Allerdings kann das spätere Leben diesen Vorteil häufig wieder ausgleichen. Solche Aenderungen bezeichnen die Wissenschaftler als Nebenänderungen und sie betreffen nur alle nicht erblichen Dinge. Tritt eine Aendcrung der Erbmasse selbst ein, was allerdings sehr selten vorkommt, so bezeichnet man has als Erbänderung. Die Ursachen einer solchen Erbänderung sind heute der Wissenschaft noch völlig unbekannt. Die Frage ist nun, wie man ein-eiige und zwei-eiige Zwilling« unterscheidet. Früher galt als besonderes Merkmal dafür die Beschaffenheit der Eihaut, in die die Frucht gehüllt war. Die ein-eiigen Zwillinge stecken nämlich gewöhnlich in einer einzigen Haut, während die zwei- eiigen in zwei voneinander getrennten Häuten stecken. Neuere For- schungen haben aber gezeigt, daß das kein zuverlässiges Merkmal ist. Dagegen stimmen ein-eiige Zwillinge in einer großen Anzahl von erblichen Eigenschaften überein, und diese Uebereinstimmung grenzt oft ans Wunderbare. Es ist zum Beispiel charakteristisch für ein- eiige Zwillinge, daß einzelne Körpermerkmale bei ihnen spiegelblld- lich vorhanden sind. Außerdem haben die ein-eiigen Zwillinge die gleiche Temperatur, den gleichen Blutdruck, die gleiche Art der Herz. tätigkeit. Die Kinder lernen gleich rasch gehen und sprechen und haben auch in psychischer Hinsicht interessante Gleichheiten. Die echten Zwillinge besitzen gewöhnlich dieselben Neigungen, dasselbe Talent, sind unzertrennlich und ergreisen nicht selten den- selben Beruf, ja, gewisse vererbte Krankheiten treten zu gleicher Zeit bei ihnen auf, so Erkrankungen der inneren Organe: des Herzens, des Magens, der Ohren und der Nase, aber auch der Nerven und des Geistes. Die Zwillingsforschung steht heute noch in den An- sängen ihrer Entwicklung und wird uns wahrscheinlich in den nächsten Iahren noch wertvolle Ausschlüsse über die Entwicklung des Menschen und über die Probleme der Vererbung und der äußeren Beein- flussung bringen. SteUung der iBank Der 6. Dezember 1745 war ein Schreckensfreitag für London . Karl Eduard Stuart stand mit seinen schottischen Truppen schon in Derby, verkündete in einem Manifest die Wiederaufrichtung der Stuartherrschast, Ungültigkeitserklärung aller unter dem Hannooe- raner Georg I. aufgenommenen Staatsschulden und den Tod aller Gegner der Stuarts . Diese Nachricht traf am späten Nachmittag in London ein und wirkte in der Bank von England wie eine Bombe. Die Lage der Bank war durch den Anmarsch des aufständischen Heeres ohnedies äußerst schwierig geworden, sie war- dem zu erwartenden Run auf ihre Kassen nicht mehr gewachsen, man beriet also stundenlang, ent- schloß sich endlich, als letzten Versuch Gerüchte über die bevor- stehende Landung von französischen Truppen verbreiten zu lassen und holte sofort den Agenten David Maky. David Maky kam, hörte, schüttelte den Kopf. Er war die Ratte der Bank, die alle unterirdischen Kanäle kannte, durch die man wich- tige Nachrichten um einige Stunden früher erfuhr als die anbei en Banken, er war das Faktotum für alle verschwiegenen Aufträge, aber er erklärte jetzt, daß selbst der dümmste Makler Londons auf diesen Schwindel mit dem französischen Heer nicht hereinfalle und machte einen neuen Vorschlag, der schließlich angenommen wurde. Jetzt rannte David Maky von acht Uhr abends bis vier Uhr morgens durch ganz London , schellte bei seinen Agenten und Spitzeln, verteilte seine Anweisungen. Um fünf Uhr standen seine dreihundert Leute in der nebligen Finsternis vor der Bant von England und versperrten der Menge der später kommenden Kaufleute und Bürger den Weg. Und jetzt begann jene Komödie, die Maky ein schönes Stück Geld eintrug: Seine Garde ließ sich Mann für Mann am Schaller auszahlen, jeder erhielt einen Stoß kleiner Noten, die er vorsichtig nachzählte, jeder marschierte dann durch einen Seiteneingang in die Bank, liefert« dort sein Geld wieder ab und stellte sich sofort wieder an! Es wurde fast Mittag, bis die Leute David Makys erledigt waren. Dann kamen die ersten wirklichen Abheber an die Reihe, aber mit ihnen drängten sich auch schon wieder die ersten Leute Makys vor und sorgten mit ihren Ellenbogen dafür, daß die Bank von England rasch wieder zu ihren Pfunden kam. So rettete an diesem denkwürdigen Tage der kleine Agent Maky die Bank von England vor dem Run ihrer Einlegerl Volicmar Iro. tJnfektenWne und Temperatur Insekten reagieren so empfindlich auf den Temperaturwechsel, daß sie geradezu als lebendige Thermometer gelten dürfen. Auch die musikalische Betätigung gewisser Insektenarten ist von dem Grade der Temperatur abhängig. So ist die alsGrashüpfer" bekannte gemeine Laubheuschrecke, wie eine amerikanische Zeitschrift ausführt, bei 35 Grad Celsius am lautesten und stellt, wenn die Temperatur unter 16,6 Grad sinkt, das Zirpen ein. Bei einer Temperatur unter 7,2 Grad vermag der.Grashüpfer auch nicht mehr zu fliegen, und wenn das Thermometer auf 2,5 Grad sinkt, ist er außerstande, an einem Grashalm emporzuklettern. Hört man deshalb einen Gras- yüpfer, so kann man daraus schließen, daß das Thermometer min- bestens 17 Grad Wärme zeigt. Grillen", heit es in dem Artikel weiter,sind als Temperatur- anzeiger aber noch viel zuverlässiger". Bon den zwei Arten der Grillenfamilie sind die gemeine Hausgrille, das vielbesungene Heim- chen, und die weiße Baumgrille besonders gute Thermometer. Will man die Temperatur nach dem Gezirp des Heimchens berechnen, so braucht man nur die Zahl der Zirptöne, die es in 14 Sekunden hören läßt, zu zählen und vierzig zuzurechnen, um den Temperatur- grab(nach Fahrenheit) zu bestimmen, die an dem Ort, wo sich der Sänger aufhält, gerade herrscht. Die Zahl der Zirprufe der weißen Baumgrille und ihre Wechsel- beziehungen zur Lusttemperatur hat Professor Dolbear von Massa- chusetts auf eine exakte mathematische Formel gebracht und aus dieser Grundlage eine Thermometerskala aufgestellt, von der man die Zahl der verschiedenen Zirprufe entsprechenden Wärmegrade ablesen kann Die Berechnung gründet sich auf die Erfahrung, daß diese Zirprufe viermal in der Minute für jeden Temperaturgrad über 4,5 Grad erfolgen. Dies« weiße Vaumgrille ist deshalb als Thermometer verwendbarer als das Heimchen, weil zwar beide nur die Temperatur der umgebenden Luft anzeigen, erster« aber im Freien zirpt, während das Heimchen im warmen Winkel eines Hauses musiziert. Honigbienen schwärmen aus dem Stock, wenn die Temperatur etwa 39 Grad Wärme erreicht, während sie im Stock einen kam- pakicn Schwärm bilden, wenn oas Thermometer auf 14 Grad fällt. Bei 8,8 Grad beginnt der Bienenschwarm Eigenwärme zu pro- duzieren. Etwa 40 Grad Wärme sind für die Arbeit der Bienen die günstigste Bedingung. Bei diesem Wärmegrad sind sie auch harmlos, während sie sich reizbar und angriffslustig zeigen, wenn die Temperatur unter 21 Grad sinkt.