Die grüne Internationale.
„Eine wesentliche Bedingung des menschlichen Glücks ist der Boden- besitz, welcher früher bestand und jetzt nicht mehr. Das Land gehört nur wenigen, und die Masse geht leer aus. Es besteht eine ganze lasse der Besitzlosen, welche ihre Not weiter oererbt: dies ist die Ursache des sozialen Unbe- Hagens. Der Vaterlandsgedanke hat bei vielen seine Anziehungskraft ver- loren, weil tatsächlich Vaterland und Bodenbesitz zueinander gehören. Sie haben eben kein Fleckchen Erde mehr und können sich keines mehr an- eignen." Diese Worte stammen aus einem offenen Brief, den das Büro der „Grünen" Internationale an den Völkerbund gerichtet hat. Eine „Grüne Internationale"! Nur wenige Menschen außer den Kleingärtnern und Bodenreformern wußten etwas von ihrer Existenz, obwohl sie die Hauptländer des Kontinents verbindet und bereits bis nach Aegypten hinübergreift, denn Kleingärtner gibt es auf der ganzen Welt. Sie hat ihren Sitz in Brüssel , und alle bedeutenden Organisationen wie der Pro- vinzialoerband der Kleingärtner Groß-Berlin sind ihr angeschlossen. Die politischen Ereignisse dieser bewegten Zeit übertönen freilich einen solchen Ruf. der doch der einzig ruhende Pol in der Erschei- nungen Flucht genannt werden darf. Immer ist der bescheidene und fleißige Kleingärtner in seinen Forderungen hintenan geblieben, ob- wohl sein Streben der Allgemeinheit zugute kommt. Auch jetzt er- hebt sich die Frage: was geschieht mit der Sleingarlenbewegung. wer hilft den Kleingärtnern? Die Laubenbesitzer machen eine schwere Zeit durch. Wer an ihren blühenden und fruchttragenden Gärten vorüber wandert, der soll sich nicht täuschen lassen oder sie gar um ihren Besitz beneiden. Die Arbeitslosigkeit hat in den Reihen der Laubenbesitzer am heftigsten gewütet, denn es find vornehmlich ältere Arbeiter, Beamte und Angestellte, die zur Arbeitseinstellung gezwungen wurden, und nur ältere Leute sind es, die sich den Sinn für den Kleingarten be- wahrt haben. Das schönste Stück Grünland hilft nicht, sie über ihre Sorgen hinwegzutrösten. Dazu kommt, daß die Unterhaltung und Pflege des Gartens der Familie keine Entlastung, vielmehr eine B e- l a st u n g bringt. Wer hat von den arbeitslosen Kleingärtnern überflüssiges Geld, teuren Dung, teure Sämereien oder Gemüse- pflanzen zu kaufen? Wer kann noch Aufwendungen zum Schmuck der Lauben, zur Reparatur der Zäune machen? Die laufenden Aus- � gaben für Pachtzins und Wassergeld müssen von der knappen Arbeitslosen-Unterstlltzung abgespart werden. Darum sieht man auch ollerorten an den Wegen die Laubenbesitzcr mit Blumen und Früchten stehen, die sie über den Zaun hinweg anbieten, damit durch diese kleinen Einnahmen die Kosten des Gartens sich verringern. Dennoch ist es eine Freude, zu konstatieren, daß sich der Kleingärtner auf dem Wege der Selbsthilfe und de» genossenschast- lichen Zusammenschlusses über die Schwere der Zeit hinwegzuhelfen versteht. Für viele ausgesteuerte Familien ist der Kleingarten die letzte Zuflucht geworden, wenn sie bei aller Not auch noch aus der Wohnung vertrieben wurden. Zu Tausenden Hausen ste draußen in primitiven Hütten in den Gärten. Zeichen der Zeit! Di« Polizei tut gut daran, gegenüber diesen gewiß nicht angenehmen Zuständen ein Auge zuzudrücken. Doch gibt es auch erfreulichere Dinge zu be- richten: Sieht man z. B. die gepflegten Laubenkolonien auf der Jungfernheide und erlebt dort ein Volksfest wie an einem der letzten Sonntage im Volkspark Jungfern Heide, dann er- kennt man in den Laubenbesitzern die Pioniere für das Ganze, die unentwegt dem Fortschritt Bahn brechen. Was wäre wohl aus dem schönen Wald geworden und der Gegend, die heut«
Kunstmaler Heckendorfs Vergehen. Am Donnerstag Termin vor dem Schöffengericht Potsdam . Der Kunstmaler Franz heckendors und sein Bruder Waller werden sich am kommenden Donnerstag vor dem Schössengericht Potsdam wegen gemelnschastlichen schweren Einbruchsdiebstahl» und anderer vergehen zu verantworten haben. Beide Brüder befinden sich in Untersuchungshaft und stnd ge» ständig, am 12. Januar dieses Jahres eine einen Meter hohe, von dem Bildhauer Prof. Dr. Kolbe geschaffene Bronzestatue, die ein nacktes Mädchen darstellt, im Werte von 5000 Mark aus dem mit einem Drahtzaun umschlossenen Garten des Bankdirektors Dr. Jei- dels in Wannsee gestohlen zu haben. Zunächst stellten ste sie in der Wohnung von Franz Heckendorf unter, der sie dann einige Tage später in die Wohnung des mit ihm befreundeten Rechtsanwalts Dr. Krüger nach Dahlem brachte.
Franz Heckendorf , der im Hause de» Rechtsanwalt» Dr. Krüger verkehrte, behauptet, daß er dem Rechtsanwalt Dr. Krüger ver- sprachen habe, ihm eine Plastik von Prof. Kolbe zu beschaffen, die dieser gegen ein paar von ihm gemalte Bilder austauschen wollte. Da Rechtsanwalt Dr. Krüger auf Beschaffung der Plastik gedrängt habe, wollte er die Bronzestatue durch«inen Abguß er- setz«n. Da Krüger den künstlerischen Rat Heckendorfs hoch einschätzte, besichtigte er mit ihm, als er ein Haus kausen wollte, mehrere Villengrundstücke. Als sie bei einer Dillenbesitzerin wertvolle Perser- brücken sahen, wurde Dr. Krüger von Franz Heckendorf gefragt, ob er nicht von der Villenbesitzerin«inige Perserbrücken er- werben wolle. Das lehnte aber Dr. Krüger ab. Als aber«inige Tage später Franz Heckendorf mit Perserbrücken, die angeblich aus dem Besitz der Villenbesitzerin stammen sollten, kam, kaufte er ihm doch fünf Perserbrücken für 1000 Mark sowie eine Kohlezeichnung von Liebermann und eine Radierung von Rembrandt für je 250 Mark ab. Diese Dinge stammten au» der Sommervilla des Fabritbesitzers Göritz in Geltow . Franz Heckendorf will davon nichts gewußt haben. Sein Bruder habe ihm vielmehr erzählt, daß
Heim und Arbeitsstätte. der modernen Gartenstadtbesiedlung näherrückt, hätten die Lauben- besitzer nicht seit 30 Jahren vorgearbeitet! Hier haben die Klein- gärtner eine Jugendbewegung ins Leben gerufen, dt« ihresgleichen in Berlin vergeblich sucht. Die Kinder der Laubenbesitzer sammeln sich auf den der Kolonie zugehörigen Spielplätzen und werden von erwachsenen Genossen in gymnastischen Spielen untsrwiesen. Frisches Obst, so oft man danach verlangt,— und eine Butterstulle, ein Teller voll frischem Gemüse, das reicht zur Not auch, um die jungen Körper gesund zu erhallen. Es ist ein großes Stück Idealismus, was den Kleingärtner«an den Garten bindet. Das Gemüse ist bei den heutigen Marktpreisen sicher nicht t«urer als wie er es selbst produziert. Bei den Gärten ist es ebenfalls so wie bei den anderen Dingen: Wenn man nichts hineinsteckt, so kann man auch keine ergiebige Ernte erwarten. Da in diesem Jahr das Beerenobst und Kernobst mit reichem Behang aufwartet, so ist dieser unverhoffte Segen den fleißigen Kleingärtnern wohl zu gönnen. Ein« Angelegenheit freilich soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, nämlich die Frage der sogenannt«n „D a u e r k o l o n i e n". Es ist in Berlin mit diesen Dauerkolonien viel hergemacht worden, nachdem die Kleingärtner seit Jahren um die Erfüllung ihrer Forderungen gekämpft haben. Berlin weist dies« Gärten aber nur auf zehn Jahr« au» und bleibt in der Beschaffung des nötigen Freilands well hinter anderen Städten zurück: Danzig und große rheinisch« Industriestädte haben vielmehr die Bedeutung der Kleingartenentwicklung im modernen Städtebau erkannt. Täglich fressen neue Wohnungsbauten an dem Bestand der Gärten, und meist sind es die ällesten und schönsten Kolonien wie die auf dem Schöneberger Südgelänlde, die der Be- bauung weichen müssen, ohne daß Ersatz für die verlorene Scholle geschafien wird. Durch die Richtlinien, die dl« Stadt den ausgewiesenen Dauer- kolonien aus den Weg mitgibt, entsteht die Gefahr, daß die Klein- gartenbewegung eine L u x u» a n g e l e g e n h« i t für wohlhabende Kreise wivd, die es sich leisten können, einige tausend Mark für Um- zäunung, Wegebepflanzung, Wasserbeschafsung und Typenlauben zu opfern. Die Stadt, die diese kostspieligen Richtlinien ausstellt, muß auch den Weg zur billigen Kreditbeschaffung freimachen, denn in diesem Punkt versagt selbstverständlich die Selbsthilfe der Kleingärtner. Wie ein Märchen klingt es dagegen, wenn man liest, daß auf Aussorderung des Kongresses der Kleingärtner in Hull in diesem Jahre die englische Regierung 200 000 Arbeitelosen kosten- los Kleingärten zur Verfügung gestellt hat. Eine solche Notverordnung würde sicher auch in Deutschland aufs wärmste begrüßt werden.
tt die Perserbrücken auf einer Auktion in Belgien billig er- worden und dann über die deutsche Grenze geschmuggelt habe. Diesen Angaben schenkt die Staatsanwaltschaft aber keinen Glauben, zumal Franz Heckendors wiederholt von seinen Bs- kannten gewarnt worden sei, doch den Verkehr mit seinem un» verbesserlichen Bruder auszugeben.
itvo-Mark-Verordnung verschärst Krise Die Mitropa will 30 Prozent des Personals entlassen. Die Notverordnung, die, von einigen Ausnahmen abgesehen, nach dem Ausland reisende Reichsdeutsche mit einer Sondersleuer von 100 IN. belegt, erweist sich, je länger sie besteht, als eine immer schwerere Beeinträchtigung de» Wirtschaftslebens. Besonders schwer betroffen ist die Reichsbahn. Wie uns auf Anfrage mitgeteilt wird, hat sich der Reiseverkehr nach dem Aus- lande, der beim Inkrafttreten der 100-Mark-Verordnung katastrophal zurückging, noch immer nicht erholen können. Diese Tatsache wirkt sich naturgemäß auch auf den Geschäftsbetrieb der Mitropa aus. Die 100-Mark-Derordnung hat dem durch die Unsicherheit im Wirt- � schaftsleben hervorgerufenen Rückgang des Reiseverkehrs gewisser- ! maßen die Krone aufgesetzt. Die Mitropa war gezwungen, ver- schieden? bisher gefahrene Kurswagen aus dem Verkehr zu ziehen. Davon ist vor allem der Verkehr nach der Schweiz betroffen. Aber auch auf den anderen Linien sieht es katastrophal genug aus. So schloß eine Linie nach der Tschechoslowakei mit einer Tageskasse von 1200 tschechischen Kronen ab, das sind in deutscher Währung rund 120 M. Jetzt verlangte die betreffend« Grenzstation für die sieben Mann Personal des Speisewagens die Ausreisegebühr von je 100 M. Es hat erst eines umfang- reichen Telegrammwechsels bedurft, das Personal der Mitropa von der Zahlung der lOO-Mark-Gebühr zu befreien. Im Hinblick auf alle diese Umstände beabsichtigt die Mitropa , wie wir von gewerkschaft- licher Seite erfahren, rund 30 Prozent ihres Personals zu entlassen. Nicht andere Absichten dürften bei ähnlichen durch die Drosselung des Auslandsverkehrs betroffenen Instituten bestehen. Schon um diese Entlassungen zu verhindern, die die Krise nur noch mehr verschärfen, sollte man die 100-Mark-Verordnung endlich ver- schwinden lassen. Auch beim Reichsausschuß für sozialistische Bil- d u n g» a r b« i t ist die Lage noch ungeklärt. Wie uns das Reise- büro dieser Organisation mitteilt, schweben zur Stunde immer noch Verhandlungen mit den betreffenden Reichsbehörden, um die Reisegesellschaften, die im Monat August starten, von der 100-Mark- Gebühr freizubekommen. Man muß hierbei berücksichtigen, daß Hunderte von Arbeitern und Angestellten monatelang sich Spar- groschen für die immer ersehnte Reise nach dem europäischen Süden zurückgelegt haben und daß sich diese Kreise jetzt in ihren Hoffnungen betrogen sehen. Nicht zu reden davon, daß neben der Unterdrückung kultureller Bestrebungen das Reisebüro des Reichsausschusses auch eine empfindliche materielle Einbuhe erleidet. Dagegen fallen die Wochenendfahrten des Reichsaus- schusses nach Kopenhagen nicht unter die 100--Mart-Ver- Ordnung. Die Fahrten werden ausgeführt von einer deutschen Reederei und außerdem dauert der Etadtausenthalt der Reiseteil- nehmer in Kopenhagen nur S Stunden, bewegt sich also unter der 12-Stunden-Grenz«. Die nächste Fahrt nach Kopenhagen findet am kommenden Sonnabend statt. Todessprung vom Gmnewaldturm. Vor den Augen der Ausflügler. Am Grunewaldlurm. unweit Schildhorn, an der Havel , spielte sich gestern abend eine Schreckensszene ab. Als gegen lg Uhr noch mehrere Ausflügler auf der Plattform des Grunewaldwrme» weilten, erklomm ein Mann plötzlich die Brüstung de» Aussicht»- türme» und stürzte sich vor den Augen der entsetzten Leute in die Tiefe, ver schreckliche Borfall kam so überraschend, daß niemand den Selbstmörder zurückhalten konnte. Der Sturz von dem über 40 Meter hohen Turm hatte den sofortigen Tod de» Manne » zur Folge. Er wurde später von der Kriminalpolizei al» ein ZZjähriger Saufmava Georg Fürstenau aus der Marienfelder Straße in Marlendorf ermittelt. Das Motiv zu dem Berzweiflungsschritl ist unbekannt. Benzinexplosion im Lastkrastwagen. Führer und Beifahrer vollkommen verkohlt. Stralsund , 30. Juli 1031. In den Morgenstunden des Donnerstag wurde auf der Rostocker Chaussee in der Nähe von Damgarten Heller Flammenschein gesichtet. Hinzueilende Personen fanden dort einen Lastkraftwagen in hellen Flammen vor. Der 36 Jahre alte Fahrer K ü tz n e r und der 28 Jahre alte Beifahrer Dreier, beide aus Hammer, waren bereits bis zur Unkenntlichkeit ver- k o h l t, ehe sie geborgen werden konnten. Neuer Haftbefehl gegen Kollah. Der Untersuchungsrichter hat erneut Haftbefehl gegen den Albeiter Hans Kollatz erlassen. Kollatz hat seine früheren An- gaben vor dem Untersuchungsrichter widerrufen und es besteht jetzt der Verdacht der Verdunkelungsgefahr. Kollatz ist in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden und hat Bs- schwerde gegen den Haftbefehl eingelegt. Kollatz soll sich in der Siloesternacht an der Schlägerei in der Hufelandstraße beteiligt haben, bei der die beideü Reichsbannerleute Schneider und Grat ums Leben kamen. Er wurde seinerzeit schon einmal oerhastet, später aber wieder entlassen, da ihm nichts zu beweisen war. Seine beiden Mittäter tonnten erst vor kurzem festgenommen werden.
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