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Nr. 353 48. Jahrgang

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3. Beilage des Vorwärts

Am Strand der Millionäre

Von Richard Hülsenbeck

Kuba , im März.

Es ist noch gar nicht lange her, daß Kuba ein Land für Leute war, die durch Abenteuer( ohne und mit gesehlicher Zustimmung) reich zu werden wünschten. Gelungen ist es natürlich immer nur wenigen, aber das Leben dieser wenigen ist so bunt und über­raschungsreich, daß die auf Draht und Flaschen gezogenen mittel­europäischen Existenzen sich daneben ausnehmen wie Schattenbilder. Im Süden der Insel, in Santiago da Cuba , hatten in grauen Vor­zeiten die Flibustier gehaust, Leute mit merkwürdigen Gewohn­heiten. Sie überfielen nicht nur die spanischen Karavellen, die das in Westindien gebuddelte und ehrlich zusammengestohlene Edelmetall zu den leeren Kassen der spanischen Könige brachten, sie machten aus ihrem Leben einen Roman, sie soffen, liebten und abenteuerten. Sie trieben's so toll, daß heute noch die Verleger der Knabenbücher der ganzen Welt Stoff daraus ziehen können.

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Als die Kubaner auf die Idee tamen, sich von der mehr als unangenehmen Herrschaft ihrer spanischen 3wingherren zu be= freien etwa um die Jahrhundertwende wurde das Land von amerikanischen Unternehmern überschwemmt. Das waren Leute, die irgendwie etwas tun wollten, sie gebärdeten sich als Ideen- und Rat­geber und fahen aus, als ob fie vor eitel Liebe zu den Kubanern platzten. Im Grunde dachten sie aber auch an ihren eigenen Vorteil, manchmal sogar ganz gehörig. Nach dem Siege über die Spanier erklärten diese Leute, alles sei nur für das bisher unglückliche, nun bald aber unter der nordamerikanischen Sonne aufblühende Kuba geschehen. Sie wiederholten das solange, bis sie das Nachhause fahren vergaßen.

Die Amerikaner haben dann gründlich die spanische Romantit der Insel zerstört; dort, wo die Bougainvillas an den Säulen ver­träumter Patios blühten, wuchs Wellblechdach um Wellblechdach aus der Erde. Da, wo man den Rhythmus der tanzenden Paare zu hören gewohnt war, begannen die Maschinen zu stampfen. Der Danzon( so heißt der tubanische Nationaltanz) wurde auf die Kabaretts beschränkt, die im Bädecker mit zwei Sternchen verzeichnet sind und deshalb das Recht haben, unerhört hohe Preise mit un­erhört großer Langeweile zu verbinden. Die Amerikaner drehten das Land um und um. Sie suchten nach den Schäßen der Flibustier, fanden aber nur Konservenbüchsen, Reste der zahllosen Reisegesellschaften, die, von den Staaten tommend, das Land über­schwemmten.

Als während und nach dem Kriege der Zucker im Preise stieg und jeder fubanische Liftboy an der New- Yorker Produktenbörse spielte, steckten die Amerikaner Geld in das Land, noch und noch. Ein neues großes Abenteuer begann, Kuba war wieder das Lager der Flibustier, wenn sie auch diesmal statt der blutgefärbten Hemden Frack und Smoking trugen. Niemals hatte Havanna etwas Derartiges gesehen; ein Rauschzustand, in Europa unbekannt, ergriff die Leute und veranlaßte sie, das Geld, das sie durch Nichtstun ver­dient hatten, für Nichtstun wieder auszugeben. Damals entstanden die Luxushotels, an der Spitze das Sevilla , in dem man ohne einen Rolls Royce und zwei Kammerdienern zu den Unbemittelten ge= rechnet wird. Das Kasino wurde erbaut; dichtgedrängt saßen hier um die Bakkarat- und Roulettetische die Zuckerbarone; eine 1000- Dollar- Note war ein Wisch, und die leichgesinnten amerika­ nischen Damen( es gibt von dieser Art mehr als wir Europäer uns träumen lassen) erlebten die besten Tage ihres Lebens. Geld war viel weniger wert als irgendeine neue Idee, wie man das Leben auf raffinierte Weise genießen könne.

Wie das so in dieser Welt ist; auf die Zeit der Millionäre folgte die Zeit der Pleitegeier. Den meisten schwand das Geld hin so schnell wie es gekommen war und am Ende, als das ganze Land einigen Deflationsgewinnlern gehörte, erfolgte ein graufiges Erwachen.

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Die Kubaner sahen ein, daß ihre ganze Freiheit keinen weiteren Sinn gehabt hatte als von der National City Bank of New York und der Royal Bank of Canada in die Tasche gesteckt zu werden. Sie begannen nach Schuldigen zu suchen, und es gab nun im Lande eine kleine Revolution nach der anderen. Hier und da wurde eine Zeitung verboten, die zu sehr die Wahrheit gesagt hatte. Um nicht fehl zu gehen, wurden dabei die Redakteure verprügelt und ins Gefängnis geworfen. Oder irgendein Mann, der sich äußerlich von anderen Männern nicht unterschied, indem er nämlich einen hellen Baumwollanzug und eine graue Melone trug, wurde öffentlich niedergeknallt, weil er einer Partei nicht paßte. Am Ende trat der General Machado auf und sagte, wenn man ihn zum Diktator ernenne, werde sich die Wirtschaftsnot bald beheben lassen. Die Kubaner, die generöse Leute sind und sich gern durch edle Gesten

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Beginn 1. August

Freitag, 31. Juli 1931

bahn zu fahren, also das billigste Berkehrsmittel zu benutzen, wäre dadurch nicht erst geweckt worden.

In der sehr schäbigen und mit Papierresten übersäten Straßen­bahn sagte er mir, er sei Anhänger der Einfachheit, wasche sich jeden Morgen mit einem nassen Laken ab und lebe hauptsächlich von Tomaten. Nach einer weiteren Viertelstunde erklärte er das ganze bestechen lassen, glaubten dem General Machado alles, sie er­menschliche Dasein für Schein und das Weiseste, was man tun nannten ihn zum Diktator. mit dem Erfolg, daß die Wirtschaftsnotfönne, sei, sich im Dulden zu üben. Nachdem Herr Meier das gesagt hatte, bekam er mit dem Kellner schrecklichen Krach wegen des heute noch schlimmer ist als zuvor. Trinkgeldes. Meier wollte nur 10 Prozent zahlen, während der Kellner behauptete, 15 ständen ihm zu.

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Die Millionäre, die heute in Havanna find, gehören zur Klasse der Menschen, denen es gegeben ist, an allem zu verdienen. Ob Inflation oder Deflation herrscht, ob immer es etwas gibt, was man als Weltkrise bezeichnet, für diese Haifische fällt ein Brocken ab. Sie geben sich als Biederleute und tun, als schwitzten sie ehrlich unter dem Geschick, Millionär zu sein.

Am Strande in Havanna habe ich einige fennengelernt; fie plagten sich damit, nach der Vorschrift des Arztes bestimmte Zeit in der Sonne zu liegen. Sie beklagten sich über die verordnete Diät, weil sie ihnen die Freude am Essen nähme. Sie hatten mannigfachen Kummer. Eins ihrer drei Autos zum Beispiel war gerade in Reparatur. Was zum Teufel fann man mit nur zwei Autos tun? Man kommt sich direkt vor wie ein dummer Anfänger, wenn einem nur zwei Wagen zur Verfügung stehen. Da war ein Mann, der den schönen deutschen Namen Meier trug, aber aus Chikago. stammte und durch den Engrosverkauf von Wollsocken in die Ge= sellschaft hineingekommen war, die unter dem Vorwand der Wirt­schaftsnotwendigkeit diejenigen Krisen herbeizuführen versteht, an denen sie selbst verdienen kann.

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Dieser Meier besaß wie sich im Gespräch herausstellte nicht nur drei Autos( darunter einen Pierce Arrow für 30 000 Mart, von dem er sagte, er sei gut und billig), sondern auch mehrere Flugzeuge und nebenbei noch einen Rennstall. Wegen des Renn­stalls befand er sich in Havanna ; er wollte seine Pferde auf den täglich stattfindenden Rennen laufen lassen. Ihr werdet's mir nicht glauben, Herrn Meier lernte ich in der Straßenbahn fennen. Meier fuhr prinzipiell Straßenbahn. Nicht etwa, daß seine Autos gerade in Reparatur waren oder daß seine Flugzeuge sich verflogen hatten oder daß sein Rennstall an Kolit erkrankt war. Das hätte ja auch alles vorkommen können, aber Meiers Gewohnheit, in der Straßen­

Außer Meiern lernte ich noch den Sohn eines europäischen Millionärs fennen, der mir sagte, man fönne nicht mehr nach machten. Auch Biarritz sei nicht mehr der richtige Platz für einen Deauville gehen, weil sich dort zu viele kleine Eristenzen breit Mann von Welt und von San Sebastian dürfe man wegen der trau­rigen politischen Verhältnisse in Spanien gar nicht reden. Der Ekel vor den geschmacklos aufgemachten europäischen Bädern habe ihn nun nach Havanna getrieben und er hoffe, hier seine Zeit gewinn­bringend zu verleben.

Bei dem Worte gewinnbringend lachte er, denn gestern abend im Kasino habe er nicht nur nicht gewonnen, sondern vielmehr ganz gewaltig verloren. Während wir redeten, saßen wir am Strand und ließen uns die südliche Sonne auf den Körper scheinen. Um uns war das Gesumm zahlreicher Menschen; das Bad war über­füllt, Kellner in weißem Tropendreß rannten und die Sonne wurde von dem silbernen Geschirr in blizenden Strahlen zurüdgeworfen.

Man hörte das ferne Hupen der Autos und das Geflingel der Straßenbahn, in der ich mit Meiern von Havanna gekommen war. Die Welt um mich herum war voller Millionäre, die Gott einen guten Mann sein ließen. Es gab alte Damen, die sich von Neger­jungen in buntbemalten Kisten schaufeln ließen. Herren mit weiß­quelligen Fleisch und Henri- quatre- Bart lagen bäuchlings auf dem Sand und spielten Cribagge, das mondäne Kartenspiel. Die jungen Damen waren nach dem letzten Modeschrei in weiße Matrosenanzüge gefleidet. Sie trugen breitrandige vielfarbige Hüte und lachten laut, wo immer sich Gelegenheit bot.

Auf dem Heimweg von einem Strandbesuch traf ich Meiern sehr niedergeschlagen. Denken Sie, sagte er, was mir passiert ist. Meine Badehose ist mir gestohlen worden.

Ludwig Thoma : Der Klient

Der Rechtsanwalt Jfat Tulpenstod war nach einigen Ber­mahnungen an das Kanzleipersonal soeben im Begriffe, sich in das Landgerichtsgebäude zu begeben, als ihm der Besuch des Dekonomen Mathias Salvermofer gemeldet wurde.

Salvermoser zeigte fich erstaunt.

,, Des ton i do scho net glaab'n", sagte er ,,, daß de G'sezmacher auf des vergessen hamm. Da hätt's es ja überhaupt net braucht, daß ma was Neu's triag'n. Des glaub i scho ganz und gar durch­aus net."

,, Glaubst du nicht? Brauchst du nicht zu glauben", sagte Tulpen­stod sehr ärgerlich.

,, Was für ein Volt, diese Bauernlümmel! Immer in der letzten Minut'! Immer zu spät! Gerad' so, als ob... lassen S' ihn rein!" Salvermoser hatte auf die Erlaubnis nicht gewartet, sondern war schon hinter dem Schreiber eingetreten. ,, Guten Morgen, Herr Kollega!" rief er einem Vorüber­,, Nu, was wollen Sie?" fragte Tulpenstod immer noch gehenden zu. Lassen Sie mich mitkommen, ich begleite Sie." ärgerlich. Salvermofer ließ sich nicht abschütteln. u. ,, A Frag hätt i, Herr Dofta." halten Ga wengl, Herr Dofta! I bin mo net firti. Moana ,, Wenn's eine gescheite Frag is, fommen Sie später. Ich muß G, es to mir was g'schehg'n. I to hundert Eid schwör'n, daß i zum Gericht.

Salvermoser verlor seine Ruhe nicht.

,, Nacha geh' i halt mit", sagte er ,,, i to Eahna ja auf'm Weg aa frag'n."

Tulpenstock bedachte, daß ein unangenehmer Klient besser ist wie keiner und ließ es zu, daß der Defonom neben ihm her ging. Es war ihm peinlich, weil die Leute sich nach ihnen umfahen und weil Salvermoser mit seinen Stiefeln auf dem Bürgersteige einen sehr unfeinen Lärm machte.

,, Nu, rücken Sie halt emal raus mit der Sprach!" sagte er ungnädig. Was haben Sie für eine Frag?"

"

Mathias Salvermoser blinzelte ein wenig mit dem linken Auge, dann stieß er den kleinen Rechtsgelehrten mit dem Ellenbogen an und sagte:

,, Sie, Herr Dokta, was tost' des, bal ma oan mit an floan Steden am Kopf aufi haut?"

"

Was das kost? Das fost emal viel, emal weniger Da gibt's tein Tarif."

,, Des woas i scho. Aba unser Bürgermoasta hat g'sagt, nach dem neuen G'set werd's billiger.

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,, Nach was für en neuen Gefeß?"

,, No, halt nach dem preußischen G'set, wo f' jetzt ei'gführt hamm."

in einer Notwehr befunden g'wen bi. Ueberhaupts hob i eahm bloß mit an floan Steckerl am Kopf aufi g'haut."

,, Nu, um so besser für Sie. Ich hab' jetzt fei Zeit mehr." g'wen als wia mei Finga." ,, Sie, Herr Dofta, mit an ganz floan Steckerl. Es is net dicer

vielleicht gar keinen Prozeß." ,, Was reden Sie dann? Wenn er nicht krant war, gibt es

,, Jaa, krank war er scho."

,, So?"

Tulpenstod interessierte sich doch etwas für den Fall. ,, Wann war die Sache?" fragte er.

,, Vor an sechs, an acht Wocha, beim Unterwirt." ,, Also eine Wirtshausgeschichte. Mhm! Wie lange war der Mann frank? Hat er sich ins Bett gelegt?"

,, Jaa, sell scho."

,, Nu, wie lang is er gelegen?"

Salvermoser blinzelte wieder mit dem linken Auge ,, Er liegt no", sagte er.

,, Was? Das ist ja ernsthaft! Ich fann nicht länger auf der Straße bleiben, tommen Sie ins Büro!"

Sie, Herr Dofta...!"

... Später, später!" Der Rechtsanwalt betrat schleunig das Ge­,, Ach so! Das Bürgerliche Gesehbuch! Da steht nig drin von richtsgebäude und ließ seinen Begleiter, stehen. Als er nach drei Strafen wegen Körperverletzung." Stunden wieder herauskam und eben daran ging, seinem verehrten

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