Einzelbild herunterladen
 

Leon Blum für Revision der Verträge Auslandshilfe für Deutschland muß ohne politische Bedingungen gewährt werden

Wien . 31. Juli. (Eigenbericht.) In der Freitagsjtzung des Internationalen Kon- g r e ss es gedenkt der Vorsitzende Robert Grimm -Schweiz des vor 17 Jahren in Paris ermordeten Jean Ja u res. Der Kwigrefc und die Zuhörer erheben sich von den Plätzen. Grimm fügt hinzu: Wir können sein Andenken nicht besser ehren, als indem wir L4on Blum das Wort erteilen. Leon Blum -Paris , mit lebhaftem Beifall empsangen: Die letzten Tage und Stunden von Jean Jaures waren erfüllt von seinem luftigen Widerstand gegen die bevorstehende Katastrophe, die man zwar ahnte, die aber noch nicht ein- getreten war. Er wollte an sie nicht glauben, er sträubte sich auf das äußerste dagegen. Wenn es ettfas gibt, das ihn hätte trösten können über dieses Geschehen, so ist es die Tatsache, daß.jwch vier Jahren des fürchterlichen Völkermordens die Internationale wieder erstanden ist und heut« brüderlicher und einiger als jemals vorher dasteht. In diesem Sinne gedenken wir unseres unocrgeßlichen Führers, der seinen Geist und sein Leben dem französischen Sozialismus und der Internationale geopfert hat. Vorsitzender Grimm: Zum Vorsitzenden neben mir ist für heute Raphael Abromowitsch bestimmt worden. Damit wollen wir die russische Sozialdeniokratsiche Partei ehren, die so heldenhaft gegen den Zarismus gekämpft und der Internationale so wertvolle Kräfte geschenkt hat. Gerade Abramowitsch ist das Ziel niederträchtiger Verleumdungen der bolschewistischen Diktatur gewesen. Aber auch gegen unser« Internationale sind die schlimmsten Verleumdungen geschleudert worden, daß wir und die russischen Sozialdemokraten Sabotageakt« in Rußland und Interventionspläne gegen die Sowjetunion gefördert hätten. Mit Abscheu und Entrüstung weisen wir dies« niederen Verleumdungen zurück.(Lebhaft«! Beifall.) Abramowitsch, vom Kongreß herzlichst begrüßt: Wir russischen Sozialdemokraten danken euch innigst für alle Beweise der Soli- darität, die ihr uns immer wieder gegeben habt. Ueber die Stel- lung zur Sowjetunion hat jeder von uns und sicherlich auch viele von euch die schwersten inneren Kämpfe mit sich selbst ausgetragen. Diese Stellungnahme ist noch kompliziert durch die Frage: Sozia- lismus oder Staatskapitalismus, und dadurch, daß im heutigen Rußland alle Legrisse vertauscht sind, recht» und link» verwechselt Ist. Ich verweise auf die Glückwunschadrcsse, die eine Anzahl unserer Genossen in Rußland an unseren Kongreß gerichtet hat. Zu diesem Zweck haben sich diese Genossen heimlich an einem bestimmten Ort zusammengefunden. Auf Papiersetzen, mit chemischer Tinte geschrieben, haben wir diese erschütternde Urkunde erhalten, die wir im Bulletin der russischen Sozialdemokratie veröffentlicht haben. Wir werden unseren Kampf um die Freiheit des Gedankens und Wortes In Rußland und in der ganzen Welt fortsetzen, ohne uns durch die Versolgungen und Verleum- düngen darin beirren zu lasten.(Stürmischer, langanhaltender Lei- fall.)- Nunmehr wird die polltische Debatte üb«r da» Referat Otto Bauers und die Entschließung der Kommission begonnen. Pom Kongreß stürmisch begrüßt, ergreist als erster Redner tton Blum das Wort: Wie in chamburg 1823 im Augenblick der Ruhrbesedung stehen wir auch auf diesem Kongreß plötzlich vor einer nicht vorher- gesehen«» Frage von höchster Dringlichkeit, nämlich vor der dcut- s ch e n K r i s e. Die französische Sozialistische Partei erklärt ebenso feierlich, wie sie sich 1323 au die Seite der deutschen Sozialdemokratie gestellt hat in dem Kampf um die Einheit und Souveränität des Deutschen Reiche », so heute an der Seite der deutsche » Sozialdemokratie im Kampfe um die Demokratie und die Sicher­heit Deutschland » zu stehen. (Stürmischer, longanhaltender Leisall.) Wir sehen auch in dieser Krise wiederum, wie die Fortschritte der Technik statt zum Wohle der Gesamtheit zu gewaltigen Pro- siten für die einen, zu Not und Arbeitslosigkeit für die anderen werden. Wa» wir jetzt erleben, bedeutet den Zu- sammenbruch einer Ideologie, nämlich des neuen Wirtschast«» opiimismus, der der Arbeiterschaft den Klassenkampf verschleiern wollte, indem er ein unbegrenztes Steigen der Profite, der Löhn« und der Preise versprach. Di« hohen Kosten der konzentrischen Zu- sammenlegung der Industrie und der höchsten Verbesserung der Technik hat soviel neues Kapital erfordert, daß die auf- gehäuften Profite der Industrie dazu nicht mehr ausreichten. Di« Inanspruchnahme des Finanzkapitals und der allgemeinen Spor- kraft gab der Hochfinanz die Macht über die Industrie, und so sehen wir. daß die Danatbank unier der Krise der Industrie zusammen- gebrochen ist, während insolg« des Zusammenbruches der Oester» reichischen Kreditanstalt die von ihr kontrollierte Industrie r u i- n i e r t worden ist. So mußte die Hilfe des Auslairde» gesucht werden. Sie bestand in Krediten. Die Rückberufung der Kredit« war die Ursach« der Panik und ist heute die Ursache des drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs in Deutschland . Ausländische Hilfe für Deutschland muß unverzüglich und in einem Maße eintreten, das allen Dedürfnissen der deutschen Wirtschast entspricht. Diese Kredit« müssen ohne jede polltlsche Bindung geschehen. wir haben ununtctbrochen von unserer Regierung gesorderl. daß sie so vorgehe, und wir wiederholen hier den formellen Prolest, den wir gegen die Bedingungen der französischen Regierung erhoben haben. Aber wir sprechen die Zuversicht aus, daß ein solcher Dewei« inter - nationaler Solidarität durch finanzielle Hilfe für Deutschland unter der Mitwirkung und durch die Initiative Frankreichs «inen wohl- tuenden Einfluß auf wenigsten, einen T«il der öffentlichen Meinung in Deutschland und des deutschen Volkes ausübsn und beitragen wird, dem deutschen Volke zu zeigen, daß nicht aus dem Wege des nationalen Egoiimus, nicht auf dem Wege des Haste ». sondern nur auf anderen Degen Deutschland oder irgend«!» andere« Land sein Heil suchen kann nur auf dem Weg« der herzlichen Verständigung. d«r Freundschaft, de» Vertrauen», der Zu- sammenarbeit aller Völker in einem neuen Europa. (Lebhafter Beifall.) Wenn wir gegenüber dem Streit der Regierenden in einer Welt, die den Frieden ersehnt, die Einigkeit der Arbeiterklast« zeigen. wenn die Sozialisten der beiden Rationen, di« sich im Weltkriege am stärksten feindlich gegenüberstanden, hier sich bruderlich mit- »inander vereinigen, ja wird das die stärkst« Propaganda für den

Sozialismus sein, indem sie zeigen, daß die Brüderlichkeit der Völker keine Phrase ist. sondern daß es nur gilt, diese brüderliche Einigkeit zur W- l t e i n i g k e i t zu erweitern!(Stürmischer Beifall.) Wir Sozialisten haben das Ziel, die kapitalistische Gesellschaft zu zerstören, nicht in ihrem materiellen Bestand, sondern in ihrem rechtlich gesellschaftlichen Zusammenhang. Zugleich aber ist es die Pflicht der Sozialisten, di« Interessen, Rechte und die Wohlfahrt der Arbeiter zu bewahren und zu schützen. In der Praxis besteht manche Schwierigkeit, diese beiden Ausgaben zu vereinen. Wir haben aus der kapitalistischen Unordnung di« revolutionäre Lösung zu finden. Bestände heute auch nur di« Mög- lichkeit, daß aus der Zerstörung der kapitalistischen Wirtschast wirklich di« sozialistische Gesellschaft hervorginge, dann wäre ich dafür e» zu tun. Aber da» Kapital wird auch diese Krise wie die früheren über st ehe«, wenn auch vielleicht mit manchen Besitz» Veränderungen: aus allen vorhergegangenen Krisen ist der Kapita- li»mus vielleicht verändert, aber im Wesen noch stärker hervor­gegangen. Am schlimmsten aber leiden dann unter der oerdoppelten Lost dieser neuen Oligarchie die Arbeiter und in diesem Falle die deutsche Arbeiterschaft. Nicht dem deutschen Kapitalismus wollen wir helfen,- sondern den deutschen Arbeitern. Damit verteidigen wir den Frieden Europas , der nicht möglich ist ohne di« deutsch « Demo- kratie. Ebenso wie Otto Bauer habe auch ich keinen Zweifel über den Ausgang dieses Kampfes, der auf die Kraft und den Mut der deutschen Arbeiter gestellt ist.(Lebhafter Beifall.) Den Gegnern der deutschen Sozialdemokratie entreißen wir ein« mörderische Waffe, wenn wir in der Resolution klarer als jemals den Gedanken der Revision der Friedensverlrüge eingefügt vnd unterstrichen haben. Zw Hamen der französischen Delegation erkläre ich unsere volle und freimütige Zustimmung zu Äesem Punkt. Ich habe da» schon auf dem Kongreß in Homburg 1323 gesagt, die Haltung der französischen Settion der Internationale hat in diesem Punkt niemals geschwankt. Immer haben wir die Un- gerechtigkeiten und Unsinnigkeiten in den Friedensverträgen hervor- gehoben. Alle sozialistischen Parteien der Siegerländer werden durch die Entschließung verpflichtet, an diesem Werk zu arbeiten und dort, wo sie noch kein« Aussicht haben, Einfluß auf die Regierung zu gewinnen, wenigstens Aufklärungsarbeit im Volk zu leisten. Wenn wir von Demokratie sprechen, denken wir nicht allein an den Parlamentarismus mit seinen Schwächen, ober wenn wir in einem Augenblick wie diesem von Demokratie sprechen, dann verknüpfen wir sie mit einer beftimmten Form der Regierungsgewalt. Demo- kratie ist heute etwas für un«. was un» der Faschismu« in den letzten Jahren sehr Aar gemacht hat. Demokratie ist für uns die Ordnung des Staatswesens, die den Mensch«» ein Mindestmaß der persönlichen Freiheilsr�chle gibt, die seit einem Jahrhundert nicht bestrittener und vollkommen gesicherter Besitz der Kuitunneilschheit gewesen sind und erst soft 10 Jahren in manchen Staaten umgestoßen und besudelt worden sind. Demokratie ist- für uns der Boden, aus dem sich der Sozialis- mus stützt. Wenn wir di« Demokratie verteidigen, kämpsen wir nicht für Regierungen oder Koalitionen, sondern wir kämpfen für uns. Wir fordern dabei die Genossen auf zum sozialistischen Kamps für die Interessen der Arbeiterklasse selbst.(Lebhafter Beifall.) In diesem Kampfe haben wir alle» Vertrauen in unsere Internationale. aber wir haben auch kein« Scheu vor der furchtbaren letzten Möglichkeit, die Otto Bauer gezeichnet Hot. Wenn der Kapitalismus sich unfähig erweist, die Krise zu meistern, wenn au» der wirtschaftlichen Zerstörung der Gewaltstreich, hie Diktatur, her- vorzugehen droht, dann sagen auch wir, daß wir den Verteidigungs- kämpf ausnehmen werden. Da» sage ich im Namen einer Partei, deren Sozialismus hervorgegangen ist aus einer mehr als hundert- jährigen revolutionären Tradition.(Stürmischer Beifall.) Dreimal ist die französische Republik hervorgegangen aus dem Willen der Gewalt und der Empörung der breiten Massen(wiederholter leb- hafter Beifall). Ebenso wie Otto Bauer wünschen wir selbstverständ» lich den gesetzlichen Weg, und wir ziehen die gesetzlichen Mittel vor, mit einem Wort von Jule» Guesd«:Wir wenden alle Mittel, auch die gesetzlichen, an!" Wir können uns nicht ein- sperren lassen in den Rahmen der Gesetzlichkeit, wir können unsere Aktion nicht beschränken auf diesen Rahmen. Die Internationale kann eine solche Berpslichtung nicht übernehmen, weil auch niemand dies« Verpflichtung un, gegenüber übernommen hat(sehr richtig). Warum soll die Gewalt immer nur die Dienerin der herrschenden klasie, die Dienerin de, Unrechte, sein? Aus allen diesen Gründen stimmen wir der Resolution voibehaitlo« und au» ganzem Herzen zu. Seit dem End« des Kriege», seit der Wiederherstellung der Internationale, Ist die Zusammenarbeit mit den sozialistischen Parteien der anderen Völker, besonders mit der deutschen Sozialdemokratie, unser oberstes Gebot. Wir denken an den herrlichen Festzug zu Ehren des Kongresiee hier in Wien und wir sagen mit der Arbeiterjugend, al, sie in ihren Händen die leuchtenden Fackeln erhob:Für den Frieden, für den Soziali-mu», wir schwören!"(Der Kongreß bereftet Leon Vwm eine begeisterte. longanhaltende Ovation.) Darauf folgt« da» Referat von Breitscheid , über da» wir bereit« berichtet haben. NachmitiagMung. In der Nachmittagssitzung begrüßte der Vorsitzende Habrman-Prag den polnischen Delegierten Dr. Liebermann. Dieser dankt- und fährt fort:In dem Augenblick, wo die Abge- sandten de, Proletariat» aller Völker für da» deutsch « Proletariat einstehen, werden sie sich der Wichtigkeit nicht verschließen, daß der Sieg oder der Untergang der Demokratie in Polen «in« groß««uro- päische Schicksalsfrage ist. Und in diesem Kampf reichen wir pol- Nischen Sozialisten den deutschen Sozialdemokraten die Hände(stur- Mischer Beifall) und wiederholen: Jlit wieder die großen Streitigkeiten, die die Geschichte zwischen unfern Völkern aufgeworfen hak. Wir werden sie in der Liebe zUm Sozialismus lösen."(Wiederholter stürmischer Leisall.) AI » nächster Redner der politischen Debatte spricht Latham (Vritische Arbeiterpqrtei):Die Regierungen müssen oerstehen, daß der wirtschaftlich« Wiederaufbau Europas die wichtigste Ausgabe de» Augenblicks ist. Di« Gefahr für Deutschland » Demokratie und für die Lebenshaltung der deutschen Arbeiter ist jedem offenbar. Da»

Anwachsen der Arbeitslosigkeit in Deutschland bedeutet vermehrtes Elend auch für die Massen der englischen Arbeiter. Die deutschen Genossen werden am besten wissen, welche Mittel ihre Situation erfordert. Die Frage, ob Deutschland sich anstatt fremde Hilfe zu fordern, nicht selber helfen könnte, hat man in diesem Augenblick nicht zu stellen. Mit einem Ertrinkenden kann man keine Diskussionen dar­über beginnen, weshalb er ln» Wasser geraten ist. Man muß ihn retten. Die unabhängige Arbeiterpartei spricht nicht für die große Masse der englischen Arbeiterpartei. Die Labour Party will hier nicht gute Lehren erteilen. Sie hat Vertrauen zur beut- schen Sozialdemokratie und erklärt sich solidarisch mit ihr."(Leb- hafter Beifall.) Huysmans - Belgien : Die International« hat nichts anderes zu tun. als das voll- ständige Einoernehmen zwischen den deutschen und den französischen Genossen zu unterstützen und ihre gemeinsamen Bemühungen zu fördern. Di« belgische Arbeiterpartei begrüßt die Resolution, beson- ders die Formel, daß wir uns gegen die Folgen des Kriege» von gestern und gegen die Möglichkeit des Krieges von morgen wenden. Wir sind immer für die Abrüstung unseres Landes in dem Maß«ingetreten, in dem Deutschland ab- g e r ü ste t ist. Der Dichter Paul Valery hat gesagt, daß di« besten Kräfte Europas ein immenses Kapital nutzbringenden Wissens sind. Aber Europa macht nicht die Politik seiner Denker. Nur wir oer» treten dies« Politik des europäischen Denkens."(Lebh. Beifall.) Lee(Dereinigte Staaten): Unsere Partei übt trotz ihrer Kleinheit aus tue öffentliche Mei­nung, in Amerika einen verhältnismäßig großen Einfluß aus. Spät, ober doch erkannt« die amerikanische Oeffentlichkeit, daß«ine Wirtschaftskrise in Mitteleuropa die schwersten wirtschaftlichen Stö- rungen in der ganzen Welt hervorrufen müsse. Ein solcher Zu- sammenbruch könnte sich bis zum Bürgerkrieg oder Bölkerkrieg stei- gern. Die aufgeklärt« bürgerliche Oeffentlichkeit in USA . blickt heute vor allem auf die sozialistischen Parteien Mitteleuropas und auf die Sozialistische Arbeiterinternationale und erwartet von ihnen, daß sie Wege aus der Gefahr des Augenblicks weisen. Unser« Partei wird alles tun, was in ihren Kräften steht, um Volk und Regierung Amerikas dahin zu bringen, an der Lösung der großen politischen Probleme mitzuwirken: Hilfe für Europa und Abrüstung der Welt.(Lebhafter Beifall.) Tomaschek, der ehemalige Präsident der tschechischen revolutionären National- Versammlung und dann des Abgeordnetenhauses, führt aus: Unsere Wirtschaft steht in zu engen Beziehungen mit dem Wirtschaftsleben Deutschlands , um nicht durch die deutsche Krise schwer zu leiden. Es liegt in unserem Interesse, daß Deutschland geholfen wird. Wir sind sicher, daß oer Kampf der deutschen Sozialdemokratie gegen die Reaktion vom vollen Erfolg gekrönt sein wird. Wir vergessen nicht. daß die Friedensverträge Gerechtes enthalten, sie sind aber doch nur Menschenwerk, daher unvollkommen und können verbessert werden. Da» wirtsamste Mittel dazu ist da» Bestreben, die Solidarität der politischen und wirtschaftlichen Interessen zwischen allen Völkern und Staaten herzustellen. Sollte trotz unserer Bemühungen eine neue Finanzkotastrophe kommen, so werden wir den Weg finden, um die Gesellschaft aus der Periode kapitalistischer Unsähigteit in die Ordnung des schöpferischen oemokratischen Sozialismus hinüberzu» führen.(Lebhafter Beifall.) Dann sprach von der JLP. Maxton: Niemand bestreitet die entsetzliche Not, in der sich Deutschland besindet. Aber wo» ist die praktische Botschaft de» Sozio- lismu» an das deutsche Volk? Wechselt eure Geldgeber, erzielt bessere Bedingungen von euren Bankiers! Und diesen Rat geben wir nicht einmal dem deutschen -Volk, wir geben ihn den deutschen Finanz- Männern. Ist e» dentbar, daß ein internationaler Kongreß darum «ine Woche lang tagt. Hat der Sozialismus sonst nichts zu sagen? Warum sagen wir den Völkern der Erde nicht lieber, daß der Kapita- li»mu« nicht mehr stabilisiert werden kann, daß es ein vergebliches Bemühen ist, den Kapitalismus erhalten zu wollen! Eine Rettung durch kapitalistische Mittel ist nicht mehr möglich. Auch mir ist die Demokratie ein« lebendige, eine wichtige Sache.' Sie ist mir mehr als Wahlmaschine, sie bedeutet mir Freiheit der Rede, Freiheit der Versammlung. Freiheit der Organisation. Aber eben darum glaube ich, die Demokratie wird zum Hohn, wenn im Namen der Demokratie eine politische Partei mit Grundsätzen Vereinbarungen mit anderen politischen Parteien eingeht, die sie zwingen, alle ihre Grundsätze zu verleugnen oder zurückzustellen. (Wels: Er soll die Parteien nennen!) Ich habe von unserer insu- laren Stellung aus den Eindruck, daß der Faschismus in Deutsch - land gewachsen ist, seitdem di« deutsche Sozialdemokratie sich auf die Koalition»politit festgelegt hat.(Rufe: Unerhört! Beifall auf der Galerie.) pieiro Aenni-Italien : Wenn Maxton das Recht für sich gefordert hat. frei über die Taktik anderer Parteien zu richten, so bestreite ich ihm diese. Recht nicht, erinnere ihn aber, daß er auch die Pflicht hat, daran zu denken, daß binnen neun Tagen unsere Genossen in Preußen die letzte Festung der Demokratie in Mitteleuropa verteidigen werden. In dieser Situation darf kein Wort gesprochen werden, da, die Stellung unserer deutschen Genossen schwächt- Gewiß, wir hätten gewünscht, daß vor der Internationale einmal die große Debatte geführt wird, die längst fällig ist, die Debatte über alle unsere Er- fahrungen revolutionärer und reformistischer Politik in den letzten Iahren. Aber lassen Sie mich den Genossen von der JLP. sagen: Bieten wir heute nicht das Bild, das wir lewer manchmal in der Vergangenheit geboten haben, das Schauspiel der Schriftgelehrten, die sich am Formeln und Texte und Auslegungen streiten, während über unseren Häuptern das gemeinsame Dach brennt! (Stürmischer Beifall.) Wir haben Vertrauen zur deutschen Sozial- demokrati«, daß sie aus ihrer revolutionären Tradition und aus der Treue zu ihren Grundsätzen die Kraft findet, über Hitler zu siegen. wie sie über Bwmarck gesiegt hat. Den Kampf, den ihr führt, ihr führt ihn auch für uns, ihr kämpft für uns, ihr kämpft für die ganze Welt."(Lebhafter Beifall.) Nach einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte wird die Sitzung um 18.30 Uhr auf 21 Uhr vertagt.