Die Pleite. Die Arbeiter lehne» den kommunistischen Verrat ab. Wenn man verräterische und unpopuläre Parolen ausgibt, dann soll man sich hüten, das Berliner Proletariat in den Sportpalast zu rufen. Man erlebt«ine Pleite. So ist es gestern den Kam- munisten passiert. Zwar hatte die„Rote Fahne" schamhaft zum„Masse rrf tum gegen tapitalistrsche Mihwirtschast" ausgerufen. Die„Welt am Zlbend" ober zeigte die gleiche Versammlung an als Kundgebung für den„Roten Volksentscheid"! Wer nun diese Kundgebung im Sportpalast mitmacht«, der war gezwungen zu sagen: Das ist ja einfach jämmerlich! Auf dem obersten Rang keine Menschenscele, leere Stichle, Platz sür Platz blicken dich an. Auf dem mittleren Rang alle Zt> Plätze einmal ein Zklümpchen Menschen. Auf dem untersten Rang mittlerer Besuch mit scheutzlichen Lücken, ja selbst im Jnnenraum wohl zwanzig Stuhlrechen leer. Wer sich die Muße nahm, hatte Gelegenheit, an diesem glorreichen Abend der KPD. mehrere taufend verschiedene Plätze nacheinander unbehindert einnehmen zu können. Die Stimmung miserabel. Bei Ulbricht , der die Einleitung machte, und bei Rem» mel«, der das Hauptreferat hielt, ab und an klägliche Beifalls- kundgebungen. Zum Schluß mußte eine deklamatorische Kanone der Kommunisten geholt werden, die nicht weniger als drei Gedichte abprotzte, und der Schslußredner mußte emen.Polizeistandai" ton- struieren, um auch nur etwas herauszubekommen, das so ähnlich wie Stimmung und Begeisterung aussieht. Ein sosialdemokra- tischer Besucher, der des Interesses halber zu dem kommunistischen Rummel gekommen war, sagte: So etwas Latschiges habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht mitgemacht! Als der Franzose Doriot sprach, war im Raum ein Spek» takel, daß man kaum fein«genes Wort, geschweige denn die Worte des Franzosen oerstehen konnte. Fortwährend ertönten vereinzelte Ruf«: Ruhe, wir wollen doch was hören!, aber es kümmerte sich niemand darum. Es war ja auch soviel Platz da. spozuren zu gehen und eine Plauderei«inzuschieben. Es war ja so wenig Inter - esse vorhanden, was sollte man sich da genieren. Die deutschen Kommunisten beschränkten sich auf die oft gehörte Hetz« gegen die Sozialdemokratie. Parteiredner, die als„Arbeiter» Vertreter" ein Bündnis mit Seldte, Hugenberg und Hitler abge» schloffen haben, dürfen sich nicht wundern, wenn die Berliner Arbeiterschaft über ihre Tiraden zur Tagesordnung übergeht und ihren Kundgebungen fernbleibt. Die Anprangerung des schmählichen kommunistischen Verrates durch das letzte Flugblatt der Berliner Sozialdemokraten hat es Herrn Ulbricht besonders angetan. Er verteidigte die Raufbolde, die unsere Flugblottvlrteiler anfielen, mit minutenlangem Eifer und nm so geringerer Ueberzeugungskraft. Bei den Unentwegten fand er hiermit Beifall, aber selbst dieser Beifall klang sehr matt und lau. Herr Remmele sprach von der Quittung, die am Sonntag über- reicht wird. Die Berliner Arbeiterschaft hat hat durch ihr Fern- bleiben von der„Maffenhundgedung" der Kommunisten diese Quittung schon gestern erteilt. Die Reklame zieht nicht. Zum K. August, 8 Uhr, hotte die Kommunistische Partei , Sektion Wittenau , zu einer Kundgebung für den Volksentscheid ein- geladen. Als Referent war angekündigt der Landtagsabgeordnete Kasper. Die Versammlung war s o„gut besucht", daß man doch schon um beginnen konnte. Da Herr Kasper auf einer Retlamereise ist, sprach der ehemalige nationalsozialistisch« Iugendführer von Mim- chen. Llpinski, und schwelgte in den üblichen Phrasen gegen die Sozialdemokratie und die preußische Regierung. Der zweite Redner sprach so„interessant", daß es die KPD.-Funktianär« für wichtiger hielten, Schach und Skat im Schantraum zu spielen. Leerer und leerer wurde die Persammlung, so daß es der Porsitzende vorzog, die Kundgebung vorzeitig zu schließen.
Wanmttgsflgual �923. Die Aoyeristhe Voltspariei warnt vor Hakenkreuzputsth. München . 6. August.(Eigenbericht.) Das führend« Organ der Bayerischen Dotkspartei. die.Fugs- burger Post-Zeitung", schreibt zu dem Urteil im Weil- heimer Landfriedensbruchprvzeß, daß die einzelnen Wendungen in der Urteilsbegründung eine aussolleiud« Unkenntnis des Wesens der nationalsozialistischen Agitationsmethoden enthalten: Die Enthüllungen, die in diesem Prozeßverfahren über die national- sozialistisch« Spionage in amtlichen Stellen gemacht worden seien, legten die Befürchtung nahe, daß der gesamte staatliche V e r- «altungsbetrieb von nationalsozialistischen Spitzel- teil» schon besetzt sei, teils noch durchsetzt werden solle. Ueber die ungeheure Gefahr dieser Bespitzelung brauche kein besonderes Wort verloren zu werden. Einer Partei» in welcher der Bruch des Ehrenwortes zu Parteizwecken als ein ethisch er- laubtes Mittel betrachtet werde, sei alles zuzutrauen. Reichs- und Staatsbehörden müßten die strengsten Maßnohmen gegen diese» Spitzelsystem ergreifen. Die Lage Bayerns vor dem Hitler - Putsch möge Reich und Ländern«ine War- nung sein! Wohlunterrichtete, feine Leuten Der Letter der Münchener Zweigstelle de» W£B., des Süddeutschen Corr.-Büros, gibt nachttäglich Kenntnis von einem Bor- gartg, den wir glauben der Oeffenttichkeit nicht vorenthollon zu dürfen, well er einen bemerkenswerten Einblick in die Umgangsformen der Leute gewährt, die Deutschland sittlich erneuern wollen: „Am 27. Juli rief einer unserer Herren um 19.15 Uhr die Reichsparteileitung der NSDAP , an. um anzufragen. ob die Partei zum Rücktritt Franzens eine Erklärung heraus- gebe. Er wurde an den„Böltischen Beobachter" verwiesen, der die alleinige Pressestelle der Partei darstellt. Dort meldete sich ein H e r r Zech, der unserem Beamten erklärte, daß die Meldung vom Rück- ttitt Franzens„nicht die erste Lügenmcldung des Wolss- Büro» sei. Darauf wurde erwidert, daß der Minister seinen Entschluß bereit» in eine« Schreibe« dem Präsidenten de» Braunschweigischen Landtag » mitgeteilt habe. Di« Antwort lautete: �Va» ganze ist eine Ente und. wie gesagt, nicht die erste und jeden- fall» auch nicht die letzte Lügemneldung. die das WTB. verbrettet"
Der Klagen furter tiomnmmfiensührer Rochu» Kersch« hat sich erschossen. Man bringt den Selbstmord in Zusammenhang mtt d-n Angriffe» kommuniitischer Demonstranten m der Hauptstadt Kärntens auf Polizeibeamte, was gegen de» Willen Kersch«» ge-
Sparer aus!
Helft der Hitler-Thälmann-Front durch ein„Ja' beim Volksentscheid die mühsam gestützten Sparkassen zum Einsturz zu bringen!
Der Terror beim Volksbegehren. Aichi nur die Zeiten wandeln sich, sondern auch die Kommunisten. Die Terrorisierten find beim Volksentscheid geschützt.
Der Amtliche Preußische Pressedienst schreibt: Die Betelligung der Kommunisten am Volksentscheid ruft die Erinnerung an die Kleine Anfrag« Rr. 2443 im Preußischen Landtag vom 27. Mai 1931 wach. In dieser Anfrage der Kommunistischen Partei hieß es: „In der Provinz Ostpreußen haben die Gutsbesitzer nn- geheuren Terror ausgeübt, um die Landarbeiter zu zwingen, sich zum Volksbegehren für die Landlagsausläsung einzuzeichnen." Es solgteu dann mtt namentlicher Rennung und genauer Orts- angabe nicht weniger als 53 Fälle, in denen, sei es durch Be- drohung mtt dem Ziehschein, fei es durch Mißhandlungen, fei es durch Gewährung von Freibier, durch körperlich« Bedrohung, durch Lorspiegelung falscher Tatsachen, durch wirtschaftliche Schädigung wie Entziehung der Kuh oder des Kartoffelackers, oder durch ge- schloffene Hinsuhrung zum Einzeichnungslokal unter Führung de» Gutsbesitzers n.a. m., die Landarbeiter zur Eintragung gegen ihren Willen gezwungen worden seien. Die Anfrage der kommunistischen Lanhtagsfraktion schloß mtt den Worten: „Das gedenkt das Slaalsm inlsteriym zn ver anlasten, n» die Wählerschaft in Ankunft gegen derartige Terrorakt.-- zu schütz»?" Die Staatsregierung hat alle sehr zahlreichen Klagen der Preffe und der Gegner des Volksbegehren» in Pommern und Ost» preußen genau prüfen lassen. E» ist dabei festgestellt worden, daß das wirtschaftliche Lbhängigteitsverhältnis auf dem Lande in der Tat eine groß« Anzahl von Personen oeranlaßt hat, sich gegen ihre lleberzeugung zum Volksbegehren«rnzuttagen. Als charatte- ristisch sei hier z. B-«in Fall aus Pommern angeführt, wo sich bis zum zwölften Einttagungstage von 54 Personen eines Ortsteiles nur 6 zum Volksbegehren eingettogen hatten. Erst als durch die Ortszeitung(deutschnationol) mitgeteill wurde, daß entgegen den Erwartungen der Bevölkerung die Einttagungslisten den örtlichen Beauftragten des Stahlhelm ausgehändigt werben mühten, erfolgten 33 Einttagungen, bei denen übereinstimmend und ausdrücklich Er- tlärungen in dem Sinne abgegeben wurden: 1.„Wir setzen unsere Ramcn gegen unseren Willen unter da» Volksbegehren." 2.„Wir sind dazu genötigt, weil wir andernfalls unsere mttt- schaftliche Existenz mittelbar bedroht sehen." 3.„Dir werden in der geheimen Akstimmuna des kommenden Volksentscheids unsere gegenteilig« politisch« lleberzeugung mtt „Nein" quittieren." Dies« Fälle werden voll verständlich, wenn man nachprüft, wer die„örtlichen Beauftragten" de» Stahlhelm gewesen sind: zumeist
Großgrundbesitzer und andere Arbeitgeber oder lokal sonst sehr einflußreiche Personen. E» werden Fälle berichtet, in denen Wähler sich unter Tränen und unter Verwünschungen gegen den Arbeitgeber eingetragen haben. Die vom Minister des Innern eingeforderten amtlichen Berichte lasten überhaupt in vielen Fällen einen vom moralischen Standpunkt au» geradezu erschütternden Schluß auf die Zwangsmatz- nahmen zu, die gegen Arbettnehmer im Osten angewendet worden sind, um sie zur Eintragung heranzubringen. Diese ungesetzliche Beeinfluffung hat sich über den Kreis der landwirtschaftlichen Arbeitgeber hinaus übrigens auch auf andere, z. B. auf in- dustrielle Unternehmungen erstreckt, von denen Menschen in kleinen Ortschaften in größerer Zahl abhängig sind. Erheblich ist auch die Zahl der s e l b st ä n d i g e n Geschäftsleute, die sich aus Furcht vor wtttschastlichem Boykott gegen ihre lleberzeugung emgettagen haben. Die zwangsweise abgegebenen Stimmen er- reichen vielfach einen hohen Prozentsatz jn den einzelnen Bezirkest-- Es ergibt sich aus einer Durchsicht der amtlich eingeforderten richte ein empörendes Bild der Brutalität Und d er Skrupellofigkeit, mit der man in einer ganzen Anzahl von Orten die wirtschaftliche Abhängigkeit politisch andersdenkender Men- schon mißbraucht hat. Di« preußische Staatsregierung behält sich vor. dieses gesamte� Material in der geeigneten Weise dem Landtag« und der OeffeNt-' lichkeit zugängig zu machen. Etne spezielle Antwort an die kommunistische Landtagsfraklion erübrigt sich wohl, da in der Zwischenzeit, seit dem 27. Mai d. Z„> ja die Kommunistisch« Partei eine Schwenkung vollzogen und den gleichen Landarbeitern, bei denen sie in ihrer Anfrage Terror von rechts festgestellt zn haben glaubt, nunmehr durch Portetparole zn- mutet, mit dem ste terrorisierenden Gutsbesitzer zusammen freiwillig zum Volksentscheid zn gehen. Das kommende neue Sttafgesetzbuch bringt erfreulicherweise nach dem jetzt schon vorliegenden Entwurf die bisher leider noch fehlenden schweren Strasbestimmungen für Wahlverruf und Terror bei Volksbegehren und Volksentscheiden. Heute aber bei diesem Volksentscheid haben die- jeuige» Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, welche sich gezwungen sahen, beim Volksbegehren gegen ihren Willen sich einzuzeichnen, wenigstens die Möglichkeit, geschützt durch das Wahlgeheimnis, mit„Nein" zu stimmen oder ungültige» Wahlzettel abzugeben. eiue«««gültigen Wahlzettel abzugeben.
Sympathie für Deutschland . Die Wirkung des internationalen SoBatistenkongresses. Nationalistische Kläffer in der deutschen Rechtspresse haben den Versuch unternommen, den Internationalen So- zialistenkongreß in Wien zu neuer nationalistischer Hetze gegen die Sozialdemokratie auszunützen. Ueber die wahre Wirkung des Kongresses für Deutschland schreibt ein unbefangener Beobachter, der Korrespondent des„Berliner Tageblatts" in Wien : „Der Wiener Kongreß der Zweiten Internationale hat durch da« Echo, das feine Redner in ihren Heimathinden gesunden haben, die Sympathien sür Deutschland in einem kaum zu ermessend« n Maße gesteigert. Schon darum müßt« seine Abhaltung aus deutscher Seite beachtet werden. Wie sich jetzt nirgendwo zwei Vankier» oder Minister bis herab zu den kleinsten Mitgliedern der Bourgeoisie auf dem ganzen Erdenrund treffen können, ohne„wie geht es Deutschland ?" zu fragen, Hot der Kongreß gleichsam die„andere Seite der Menschhett", die sozialistische Riesenpartei, versammelt mtt» hat sich durch dieselbe Fragenstellung mtt all jenen Fragenden, mögen sie der sozialilftischen Well noch so ferne stchen, in einem vertieften Sinn« verbrüdert. Der Deutsch « ist heute Amfortas, er leidet; und alle treten mit jener Parsisal-Frage an ihn heran: Was fehlt dir?" Die Berichte über den Kongreß haben diese Wirkung be- reits so stark hervortreten lassen, daß de« nationalistisch«» Kläffer» der gute Glaube bei ihren Lugriffe» nicht zuge- billigt werde« kann.
Verbot der Zeitschrist„Reichslandbund " Der Amttiche Preußische Pressedienst meldet: Dos Wochenblatt „Reichslandbund ", Organ der gleichnamigen Organisation, ist von der preußischen Staatsregierung auf drei Wochen soeben verboten worden. Der preußische Ministerpräsident hatte die vom Vorsitzen- den des Reichslandbund, Grasen Kolckreuth, erhobenen Vonpürse gegen die preußisch« Staatsregierung. sie habe die Osthilfe sabotiert, mtt einer Entgegnung beantwortet, in der an Hand der Tatsachen und belegt durch genaues Zahlenmaterial nachgewiesen war. daß die preußisch« Staatsregierung mit ollen ihr zu Gebote stehende» Mitteln tätig gewesen ist und noch tätig ist, um den deutschen Osten in den vollen Genuß der von der Osthilfe angestrebten Hilfe zu bringen. Der„Reichslandbund " hat in seiner Antwort auf diese Entgegnung den Vorwurf der bewußten Sabotage der Osthllse durch Preußen, verbunden mit schweren Beleidigungen und B«r- öchtlichmachung der preußischen Staatsregierung, in einer Weife wiederholt und ausdrücklich noch erweitert, die ein Verbot unum- gänglich notwendig macht. Der preußische Ministerpräsident wird außerdem gegen die Schriftleitung des„Reichsländbund" noch Strafantrag stellen. Dem Verdienste feine Krone. Hilter hat den bisherigen Schriftleiter der vor de« finanzielles Zusammenbruch stehenden„Essener Rationalzettung", Dk. Diet» rich. zu sich ins Braune Haus nach München befohle» und ihn beauftragt, die Leitung der Pressestelle bei der Reichsleitung der RSDAP . zu übernehmen. Diesen Freundschostsdienst war Hitler dem abgebauten Redakteur schuldig. Dietrich ist einer der erfolg- reichsten Vermittler zwischen der Nationalsozialistischen „Arbeiter"- Partei und der rheimschen Schwerindustrie, insbesandere dem sogenansten herein für bergbauliche Interessen".