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Luitpold ist ein sehr frommer fünfundsiebzigjähriger Herr, man weiß, daß er den Königsthron nur besteigt im Glauben, das Gottesgnadenthum in seiner Person für Bayern zu repräsentirem Das geht aber nicht, so lange der legitime König Otto noch lebt. Dieser ist zwar wegen völligen Irrsinns entmündigt, aber er ist verhältnißmäßig gesund und kann nach Ansicht der Aerzte noch manches Jahr leben. Karlsruhe . 16. Juni. (Eig. Set.) Der badische Landtag, welcher vor der Vertagung steht, hält bei geradezu unheimlicher Temperatur 6 7stündige Sitzungen täglich ab, um die ver- schiedenen Initiativanträge aus der Mitte des Hauses sowie einzelne Nachtragsforderungen der Regierung noch vor Thores- schluß zu erledigen. Gestern wurde neben der Wahlrechtsfrage auch das neue Gemeindeordnungs-Gesetz zur Abstimmung ge- bracht. Die Abstimmung über die Abänderungsanträge bezüglich des Wahlrechts haben eigentlich zu keinem Resultat geführt. Der reaktionäre Antrag der Nationalliberalen wurde zwar mit 29 gegen 29 Stimmen durch Stimmentscheid des Präsidenten angenommen; allein um eine Ver- fassungsänderung herbeizuführen, ist ein» Zweidrittel-Mchrheit der Kammer erforderlich, welche aber für einen solchen Antrag nie zu finden sein wird. Es bleibt also alles beim alten, sofern man von der kleinen formalen Verbesserung der Einsührung amtlicher Wahlkouverts absieht. Die kirchenpolitischen Anträge. welche gestern cbensalls wieder zur Berathung standen, waren verhältnißmäßig bald erledigt. Die kulturkämpserischen Reden, die man in früheren Jahren regelmäßig zu hören bekam, wurden Heuer uuterlasien. Ter nationalliberale Führer Fieser beschränkte sich auf die Erklärung, daß, wenn die Regierung Klöster und Orden zulasse, zwischen der »ationalliberalen Partei und der Regierung ein unheilbarer Riß eintrete. Man nimmt allenthalben an, daß dieser Zustand für das badische Volk nur vortheilhast sein könnte. Der Antrag des Zentrums auf Zulassung der Orden wurde mit 32 gegen 28 Stimmen abgelehnt. Ein weiterer Antrag, die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen betreffend, jedoch mit 32 gegen 26 Stimmen angenommen. Karlsruhe , 17. Juni. In der heutigen Sitzung der zweiten K a n> m e r wurde die von der Verfassungskommission beantragte Resolution auf Neu- Eintheilung der Wahl- kreise einstimmig angenommen. Die Resolution ersucht die Regierung, dem Landtag einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, wodurch das Gesetz von 1870 betreffend die Wahlkreiseintheilung einer Aenderung unter Berücksichtigung folgender Punkte unter- zogen wird: 1. Die seil 1670 gellenden Städteprivilegien sollen unverändert weiter bestehen bleiben; 2. das übrige Land soll in Wahlkreise eingetheilt werden, für deren Umfang die Einwohner- zahl in der Weise die Grundlage bilden soll, daß der Wahlkreis im Durchschnitt je 25 000 Einwohner zuertheilt erhalte. Bei den GemeinderathSwahlen in Elsaß , Lothringen hat die Sozialdemokratie bedeutende Erfolge errungen. Selbst die gegnerische Presse muß das zugeben. So entnehmen wir einem Bericht derKölnischen Volkszeitung" aus Elsaß- Lothringen : Die GemeinderathSwahlen in den größeren Städten deS Landes haben das Ergebniß gehabt, daß mit Ausnahme von Colmar überall nur Minderheiten gewählt wurden und die Hauptschlacht erst am nächsten Sonntag geschlagen werden muß. Straßburg , welches 1691 gleich im ersten Wahlgang eine» fast vollständigen Rath ergab (nur zwei Nachwahlen waren im sogenannten altdeutschen Viertel nolhwendig) weist diesmal nur 13 Gewählte und 23 Nachwahlen auf; drei volle Wahlbezirke mit 16 Rathssitzen haben als Er- gebniß:Niemand gewählt!" Unter den 13 Gewählten sind 6 Katholiken. 6 Protestanten und der Sozialdemokrat Bühle. Bürgermeister Back und Beigeordneter Leiber wurden gewählt. Beigeordneter Bergmann dagegen nicht. Besonders bemerkenswerth ist der große Stimmenzuwachs der Sozialdemokratie. 1891 traten sie nur in drei Wahlbezirken auf, jetzt in allen sechs; mit» im 5. Wahlbezirk (Ruprechtsau), wo sie vor fünf Jahren gar keine Kandidaten auf- gestellt hatten, kam diesmal Bühle als einziger Gewählter durch, freilich nur mit vier Stimmen über die absolute Mehrheil; ein weiterer Sozialdemokral erhielt dort die drittgrößte Anzahl von Stimmen. Im Innern der Stadt erhielt Bühle im 4. Wahlbezirk wiederum die zweitgrößte Stimmenzqhl. und sein Genosse T r a x rangirt gleichfalls unter den höchsten; sie haben dort gegen 1891 um fast 1000 Stimmen zugenommen(damalige Höchstziffer 481, heute 1332). Auch in dem Jndustrieort M a r k i r ch haben die Sozialdemokraten zum ersten Male zwei Kandidaten durchge- bracht. In Mülhausen müssen 31 Nachwahlen stattfinden. Gewählt sind nur die fünf Kandidaten, welche auf den Listen außer der sozialistischen gemeinsam standen. Für die Nachwahlen wird eS in den allermeisten Fällen darauf ankommen, ob die Liberalen für die katholische oder die sozialdemokratische Liste eintreten. In Colmar sind gleich 21 Kandidaten der katholischen Liste durchgekommen, und bei den 12 Nachwahlen stehen die Kandidaten dieser Liste gleichfalls bei weitem an erster Stelle. Die vom katholischen Wahlkomitee ausgestellte Einigungsliste erhielt eine Stimmenzahl von 2067 bis 3433: dagegen erhielt der Chef der liberalen Volkspartei, Rechtsanwalt Blumenthal, trotz seiner großartigen Reden nur 1251 Stimmen und der Sozialistenführer Böll 1226. Diese 1226 Stimmen sind für einen so wenig industriellen Ort doch als ein Erfolg unserer Partei anzusehen. Metz, 15. Juni. (Eig. Ber.) Die Metzer Genossen haben bei den Gemeinderathswahlen 2136 Stimmen auf ihrer Liste ver- einigt, 1391 erhielten sie bei den Gemeinderathswahlen blos 478 Stimmen; wir gewannen also 1653 Stimmen. Trotz des großen Erfolges gelang es uns nicht, einen Kandidaten durch- zubringen. Der im Saarburger Gefängniß ver- hungerte Krüppel. Ueber die Verhandlungen wegen dieses scheußlichen Vorkommnisses vor der Strafkammer in Zabern , die wir in unserer vorgestrigen Nummer erwähnte«, sind noch einige weitere Einzelheiten bekannt geworden, die der Er- örterung werth sind. Die Anklage ist gegen die beiden Polizeidiener Gran und H e ck e l in Saarburg wegen fahrlässiger Tödtung erhoben worden. Es waren drei medizinische Sachverständige und 26 Zeugen geladen. Die erster«» gaben, derStraßburger Post" zufolge ihr Gut- achten dahin ab, daß der Gefangene zweifellos verhungert sei. TaS letzte, was man von dem Krüppel vernommen hatte. war sein Stöhnen und Wimmern am Sonnabend nach O st e r n; zwei auf dem Gefängnißhos spielende Kinder hörten seinen Ruf:Ihr Kinder, gebt mir ein bischen Kaffee!" Ain gleichen Tage sollte ein anderer Verhafteter in die Zelle, wo Stich lag, gebracht werden, wurde aber dann, da die Zelle besetzt war, weitergeführt. Der ihn geleitende Polizeidiener Grau trat zu Stich heran, konnte aber nur unverständliche Laute vernehmen. Ter Neuverhaflete, Dorie, näherte sich, als Stich aber- mals Laute von sich gab, demselben nochmals und glaute das Flehen nach Speise zu vernehmen. Darauf will der schon unter der Thür stehende Polizeidiener ebenfalls wieder herangetreten sein und nach seinem Begehr ge- fragt haben. Er habe aber nur die Lautehu, hu, hu!" ver- nommen. Da die Zeugenaussagen, wann der Arrestant in daS Gefängniß gebracht worden war. ein- ander widersprachen, wurden die Angeklagten wegen Mangels genügender Beweise freigesprochen. Sollte denn die sonst so sindige Staatsanwaltschaft garnicht im stände sein, näheres zu ermitteln? Oesterreich-Ungarn. Neuwahlen dürsten in diesem Herbste in beiden Reichshälslen stattfinden. In Ungarn läuft die Wahlperiode des Parlaments ab, in Oesterreich soll Graf Badeni wünschen, an stelle des alten Parlamentes ei» neues nach seinem Wahlrechte, hoffentlich aber nicht mit seinen in Galizien so traurig bewährten Wahlpraktiken wählen zu lasten. Das österreichische Abgeordnete»- Haus hat seine Sitzungen geschlossen, in einigen Tagen wird es auch formell vertagt werden. Eine Auflösung des Parlamentes ist aber erst nach Schluß der Delegationen möglich. Deutsche Volkspartei, das ist die neue Firma, unter der die deutschnationale Vereinigung in den aller Voraus- ficht in diesem Herbste bevorstehenden Wahlkampf«intreten will. Das neue Programm zeigt eine Entwickelung zum früheren Programm Schönerer's . In erster Linie betont es den nationalen Standpunkt und fordert die Unterordnung aller innerpolitischen Fragen unter das nationale Interesse, dann wird die Aus- dehnung des Wahlrechts, aber nicht das allgemeine und gleiche Wahlrecht, als Forderung aufgestellt. Von den sozialpolitischen Forderungen dieser kleinbürgerlichen und kleinbäuerlichen Partei heben wir hervor: Die deutsche Volkspartei verlangt eine rasche und gründliche Gutmachung der schweren Versäumnisse durch eine kräftige Sozialpolitik zum Schutze der Arbeiter. In einer solchen erblicken wir zugleich das wirksamste Mittel, um unsere Arbeiterschaft der sozialdemokratischen Agitalion zu entziehen und sie mit dem Be- wußtsein der nationalen Einheit aller Klassen unseres Volkes zu erfüllen. Auch liegen einige der zunächst erreichbaren Resormen, wie Regelung der Arbeitsvermittlung, Vereinfachung der Kranken- und Unfallversicherung, Einführung der Jnvaliditäts- und illlters-Versorgung nicht nur ini Interesse der Arbeiter, sondern auch der Allgemeinheit und insbesondere der überlasteten Gemeinden. Budapest , 16. Juni. Die internationale Tele- graphenkonserenz wurde heute vom Handelsminjster Daniel eröffnet. Frankreich. Paris , 16. Juni. Angesichts der Erhöhung der Zuckerprämien in Deutschland fand heute Abend eine Versammlung von Senatoren und Deputirten statt, die sich über einen Gesetzentwurf einigten, der wahrscheinlich in der Kammer wird eingebracht werden. Aehnlich wie in Deutschland soll danach Frankreich die Ausfuhrprämie auf 4,50 Franks sür raffinirten Zucker und 3,50 Franks für Rohzucker festsetzen. Die gegenwärtig bestehende Zollsreiheit für Zucker, der aus den Kolonien fremder Staaten zum Zwecke der Rasfinirung nach französischen Häfen gebracht wird, soll aufgehoben und für den- selben der gleiche Zollsatz von 1,50 Franks entrichtet werden, der aus Zuckersorten aus dem europäischen Auslande gelegt ist. Durch besondere Bestimmungen sollen den Rasfineuren in den Hasenplätzen bestimmte Vortheile eingeräumt werden. Die Durchführung des Entwurfs würde eine einmalige Ausgabe von 16 Millionen Fr. verursachen. Die Erhöhung der Zuckerprämien in allen Ländern ist, wie wir vorausgesagt, die Folge des jüngsten Zugeständnisses unserer Regierung an die Agrarier gewesen. Eine Depesche vom heutigen Tage meldet: Ministerpräsident Meline empfing heute Vormittag eine An- zahl Senatoren und Depulirte aus den Zuckergegenden, welche seine Aufmerksamkeit aus die Lage lenkten, welche sür die sran- zösische Znckerindustrie durch die vom deutschen Reichstag be- willigte Erhöhung der Ausfuhrvergütung geschaffen sei. Meline sagte zu, daß er eine außerparlamentarische Kommission ernennen werde, welche aus Vertretern des Ackerbauministeriums, des Handels- und des Finanzministeriums bestehen und ohne Verzug die Aussagen der Interessenten entgegennehmen solle behufs Aus- arbeitung eines Gesetzentwurfs, über den die Regierung Beschluß fassen werde. Belgien . An geblich um dieTr unksucht zubekämpfen wurden gestern in der belgischen Repräsentantenkammer Zölle und Accise aus Spirituosen erhöht. Große Entrüstung rief es ans der Linken hervor, daß die Vorlage in derselben Sitzung, in der sie eingebracht wurde, von, Parlamente nach einer formellen Be- Handlung in der Kommission zum Beschlüsse erhoben wurde. Italien . Rom , 16. Juni. D e p u t i r t e n k a m m« r. Sluf eine An- frage des Abgeordneten Rampoldi erklärte der Kriegsminister Ricotti, daß im April und Mai unter den Soldaten in Afrika einige Todessülle an Typhus infolge der anhaltenden Trockenheit und der Truppenansaminlung vorgekommen seien. General Baldissera melde jedoch, daß gegenwärtig der Gesundheitszustand der Truppen ein vorzüglicher(?? Red.) sei. Rom , 16. Juni. Nach Privattelegrammen aus Asmara soll das Urtheil im Prozeß gegen den General Baratieri einen Passus enthalten, welcher besagt, daß die plötzliche Entscheidung des Generals Baratieri, am 29. Februar den Feind a u z n g r e i f e n, sich auch aus den nicht immer maß- voll gehaltenen dringlichen Aufforderungen der Zentralregierung, aus der Unthätigkeit herauszukommen, erklären lasse. Damit wird also indirekt zugestanden, was alle wußten, was aber die deni früheren Ministerpräsidenten nahestehende Presse stets bestritten hat, daß Crispi die moralische Schuld für die fürchterliche Niederlage der Italiener in Abessynien trifft. Türkei . Kreten fische s. Aus Athen wird gemeldet: Abdullah Pascha hat das vom Sultan an das Volk von Kreta «rlaffene trade bekannt gegeben. Der Sultan ladet darin die kretensischen eputirien ein. sich zur Tagung in Kanea zu versammeln und erklärt seine Bereitwilligkeit, jede legale Beschwerde in Erwägung zu ziehen, welche die Versammlung vorbringen sollte und welche mit den SouzeränitätSrechten des oltomanisches Reiches in Einklang stehen werde. Der Sultan fordert die Aufständischen auf, die, Waffen niederzulegen und verspricht eine Amnestie, ferner erklärt er daß die türkische Armee nicht die Ofseustve ergreisen werde' außer in Fällen von Störung der öffentlichen Ordnung. Das kretensische Zentralkomitee in Athen hat an die Rc- gierungen der Großmächte telegraphisch das dringende Ersuchen um Einmischung des christlichen Europas gerichtet im Hinblick auf die Lage der Frauen Und Kinder aus Kreta , von denen Taufende dem schlimmsten Elend ausgesetzt sind, nachdem ihre Behausungen Plünderungen und Feuers brünsten zum Opfer sielen. Eine Abschrift dieses Aufrufs wurde auch der griechischen Regierung zugestellt, deren Hilfe gleichfalls vom Komitee zu gunsten des ausschließlich philanthropischen Charakter tragenden Zweckes er- strebt wird. Amerika . St. LouiS , 16. Juni. In der heutigen Eröffnungssitzung der republikanischen Nationalkonvention erklärte der vorläufige Vorsitzende Fairbanks , die Partei werde dem Versuche der Demokraten, die M ü n z w äh ru u g Amerikas auf die Stufe der Währungen Indiens und Chinas herabzudrücken, Widerstand entgegensetzen. Unter- dem Beifall der Versammelten erklärte er, die Republikaner werde» den p r o t e k t i o» i st i- scheu Tarif wieder herstellen und das höchststeheude Münzsystem aufrechlerhallen. Schließlich gab Fairbanks der Hoffnung Ausdruck, die neue Republik Kuba erstehen zu sehen. Die Konvention wurde alsdann auf morgen vertagt. Foraker aus Ohio wurde gegen die Stimmen der Silber- leute zum Präsidenten des Resolutionskomitees gewählt. N e w- I o r k, 17. Juni. Die demokratische Kon- vention des Staates Delaware nahm eine Resolution zu gunsten des gegenwärtigen Goldstandards an and sprach sich gegen freie Silberprägung in irgend einem Ber- hältniß zur Goldprägung, wie auch gegen den Zwangsankaus von Silberbarren seitens der Regierung aus. St. LouiS , 17. Juni. Das von dem U n t e r a u S s ch u ß der republikanischen Nationalpartei ausgearbeitete Programm betont aufs neue das Festhalten der Republikaner an der protektiv ni st ischen Politik und bekämpft den gegenwärtigen Zolltarif. Es fordert für fremde Einfuhren. welche den amerikanischen Waaren Konkurrenz machen, einen Tarif, welcher nicht allein die zur Deckung der nothwendigen Ausgaben der Regierung erforderlichen Ein­nahmen zu liefern, sondern auch die amerikanische Arbeit gegen dos Herabdrücken auf das Lohnniveau der Arbeiter anderer Länder zu schützen vermag.(Diese Begründung des Schutzzolls kommt uns recht bekannt vor. Damit haben die Schutzzölluer von jeher die Arbeiter für sich zu ködern versucht.) Das Programm sordert ferner die Erneuerung der von der vorigen Regierung getroffenen Reziprozitäls-Bestimmungen, spricht sich zu gunsten des Baues eines Nicaragua -Kanals durch die Vereinigten Staaten aus und hält fest an der M onrose? doktrin. Es verlangt den Schutz der amerikanischen Bürger im Auslande, insbesondere der amerikanischen Missionare in Armenien und bringt die Sympathie für die um ihre Unabhängigkeit kämpfenden Kuban er zum Ausdruck, indem es sich sür die Anerkennung derselben als kriegführende Macht ausspricht. Washington , 17. Juni. In einem Schreiben an denNew- Jork Herald" erklärt Präsident Cleveland , er könne nicht annehmen, daß das Glaubensbekenntniß der demokratischen Partei die Forderung der freien, unbegrenzten und unabhängigen Silber- ausprägung enthalten werde, da die demokratische Partei weder unpatriotisch noch thöricht sei und es klar scheine, daß ein der» artiges Verfahren die Interessen des Landes sehr schädigen würde. Afrika . In Johannesburg (Transvaal ) wird ein italienisches Konsulat eingerichtet. Genosse Liebknecht» der seit gestern abend wieder in Berlin ist, hat aus der Herreise an das Offenbacher Parteiorgan sol- gende Berichtigung geschickt: Ein Telegramm derFrkf. Ztg." läßt mich ans dem vor- gestrigen Banlet in Paris sagen, meine Reichstagsreden seien so von französischem Geiste erfüllt, daß meine Freunde mich den Fran- zosen nennten. Narürlich habe ich keinen derartigen Blödsinn ge- sagt. Ein französischer Freund Guesde, wenn ich nicht irre bemerkle gelegentlich, es ginge uns deutschen Sozialisten genau so wie den französischen, wir würden als Agenten des Auslandes hingestellt und wie man sie, die französischen Sozia- listen, in der Bourgeoispreffe als Agenlen Deutschlands angreife, so habe man mich in Deuischland als denAbgeordneten für Frankreich " bezeichnet welche Bemerkung allerdings der Wahr- heil entspricht. Zeitungskorrespondenlen waren der dem auf meinen Wunsch stritt privaten Banket nicht zugegen. Der Berichterstatter derFrankfurter Zeitung " hat also nach Hören- sagen telegraphirt. Offenbach , den 15. Juni 1396. W. Liebknecht. Liebknecht's Aufenthalt in Frankreich war rein privater Natur, nur den Freunden gewidmet. Er wohnte bei Lafargue , dessen Frau, eine Tochter von Marx, ihm von ihrer frühesten Kindheit vertraut ist. Natürlich sah Liebknecht auch viele der zahlreichen Freunde, die er in Frankreich hat. Und nachdem er am Dienstag bei seiner Ankunft in Frankreich von dem sozialistischen Maire und dem Stadtrath von Calais , die sämnit- lich ihm von früher bekannt waren, anss herzlichste begrüßt worden war, gaben ihm am Sonnabend vor seiner Rückreise nachdem er jedes öffentliche Auftreten abgelehnt die sozialisti- schen Kammerabaeordneten und die sozialistischen Gemeinderälhe von Paris ein Dejeuner, zu dem auch der greise russtsche Sozialist Lawroff, dessen 73. Geburtstag den folgenden Sonntag(den 14. d. M.) war, eingeladen wurde. Keiner der be- kannten Namen hat gefehlt. Und der herzlichst« Ton herrschte man warin Familie". Alle Anwesenden ver- sprachen, sich in London auf dem Kongreß wiederzusehen. Die Reden athmeten durchweg den Geist der Brüderlichkeit und der internationalen Solidarität. VArkei-Mmtzviifzten. Nu die Parteigenossen der Provinz Brandenburg ! Werthe Genossen! Nachdem der auch gegen uns im No- vember v. I. unternommene sogenannte Köller-Coup unsere Frei- sprechnng und gleichzeitig Aufhebung der über unS verhängten Schließung zeitigte, geben wir Euch hierdurch bekannt, daß wir unsere Thätigkeil nach dieser unfreiwilligen Ruhepause in vollem Umfange wieder aufgenommen haben. Alle Briefe und sonstigen Sendungen(Gesuche um Reserenten, Agitationsmalerial je.) sind deshalb nach wie vor an Carl Dimmick, Berlin 80., Elisabeth-Ufer 55, zu richten. Genoffen! Widmen wir uns nunmehr wieder gemeinsam freudig und mit erneuter Energie unserer Zlufgabe, tragen wir die Ideen der völkerbesreienden Sozialdemokratie in die e»t- lcgeusten Winkel und Hütten unseres Wirkungskreises, damit unsere Arbeit noch ersprießlicher werde wie bisher, den Gegnern zum Trotz. Die Agitationskommission für die Provinz Brandenburg . I. I.: C a r l D i m m i ck, Berlin 80., Elisabeth-Ufer 55. NE. Die in der Provinz Brandenburg erscheinenden Partei- Organe werden um Slbdruck gebeten. Ans der Parteikonferenz des Wahlkreises Hagen» Schwelm fand eine Resolntio», die sich gegen die v. Wächter- sche Agitation ausspricht, einstimmige Annahme. Ans Bayern . Uebec die parlamentarische Thätigkeit der bayerischen Landtagsfraktion gab Vellmar in einer stark de- suchten Münchener Parteiversammlung Rechenschast. Die Partei- genossen erklärten einstimmig, daß sie mit der Thätigkeit der sozialdemokratischen Abgeordneten einverstanden seien. Auf der Tagesordnung derselben Versammlung stand auch noch die Be- schlußfaffnng zum bayerischen Parteitag. Hierzu wurde zunächst angenommen ein Antrag des Genossen Ad. Müller, ans die Tagesordnung des Parteitages ein Referat über das allgemeine direkte Landtagswahlrecht zu setzen, und damit gleichzeilig die Einleitung zu einer allgemeinen intensiven Agitalion für das allgemeine direkte Landtagswahlrecht während der land- tagsfrcie» Zeit zu geben. Außerdem fanden Annahme einige Anträge betr. Agitation. Gewählt wurden sechs Dclegute, darunier die beiden Abgeordneien Vollmar und Birk. Dänemark . Die Sozialdemolratie von Dänemark hat folgende Genossen als Abgeordnet» zum internationalen Arbeiterkongreß gewählt: P. Holm. Harald Jensen, I. Jensen, K. M. K I a u s e n, P. K n u d s e n und Sigwald Olsen. Die Gewählten sind auch beauftragt, an der inter - parlamentarischen Konferenz sich zu betheiligen, welche neben dem internationalen Arbeiterkongreß tagen wird. Unter den obengenannten Delegirten sind zwei, I. Jensen und Sigwald Olsen. Verlreter des Fachvereins-Verbandcs (De samwirkonde Fachvoreniger") des Verbandes der dänischen Gewerkschaften. Polizeiliches, Gerichtliches ,c. Z u 50 Mark Geldstrafe wurde der veranlwortlickie Redakteur derRheluisch-westsälischen Arbeiterzeitung". Genosse