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BERLIN Donnerstag 13. August

1931

Der Abend

Erfcheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin SW68, Lindenstr.3 Fernsprecher: Dönhoff( A 7) 292-297

Spalausgabe des Vorwärts"

10 Pt.

Nr. 376

B 188

48. Jahrgang

Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezetle 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Postscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H.. Berlin Nr. 37 536. Der Verlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Deutschnationale Korruption

Deutschnationale Wohnungsbaugesellschaft in Braunschweig zusammengebrochen

Braunschweig , 13. August.( Eigenbericht.) Nach dem Krach der Devaheim, in dem außer dem völkischen Rechtsanwalt Brandes, dem Verteidiger im Jkehoer Bombenlegerprozeß, mehrere rechtsstehende Würdenträger der evangelischen Kirche verwickelt sind, wird ein neuer nationaler Korruptionsfall bekannt:

In Braunschweig ist soeben gegen den Geschäfts­führer der Wohn- und Zweckbau G. m. b. H. Straf­antrag gestellt worden, da er 48 000 Mart unter. schlagen hat. Unter seiner Leitung hat die mit einem Kapital von 20 000 Mart ausgestattete Gesellschaft

Verluste in Höhe von 170 000 Mark erlitten. Obwohl also nach den gesetzlichen Bestimmungen längst der Konkurs hätte angemeldet werden müssen, haben die nationalen Hintermänner versucht, die Gesellschaft zu halten.

Die Hauptgesellschafter sind sämtlich führende deutschnationale Politiker.

Ihnen waren die Unterschlagungen, die bis in das Jahr 1928 zurückgehen, seit längerem bekannt. Sie hatten allen Anlaß, Vertuschungspolitk zu treiben. Die Wohn- und Zweckbau G. m. b. H. wurde auf das stärkste von dem deutschnationalen Finanzminister Küchenthal unterstützt, der ihr mehr Hauszinssteuermittel bewilligte als sämtlichen gemeinnützigen Baugenossen­schaften und Baugesellschaften Braunschweigs zusammen.

Die durch diesen neuesten Korruptionsskandal heillos fompromittierten deutschnationalen Politiker gehören den Kreisen an, die seit Jahren gegen den gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbau und ganz besonders gegen die Errichtung des mustergültigen Bebel- Hofs in Braunschweig mit den gröbsten Verunglimpfungen Sturm liefen. Sie sind Mitglieder der Partei, die den traurigen Mut besessen hat, im Preußischen Landtag die Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Berwirtschaftung öffentlicher Gelder im Wohnungsbau" zu beantragen.

Wir empfehlen den Herrschaften, die Prüfung der öffent­lichen Finanzierung des Wohnungsbaues Berufeneren zu überlassen, die auch die moralischen Qualitäten mitbringen, und sich auf die Bildung von Untersuchungsausschüssen zur Prüfung der Rorruption in den nationalen Wirtschafts= freisen zu beschränken. Man muß leider nur befürchten, daß hier niemals Untersuchungsausschüsse, sondern nur Ver­tuschungsausschüsse gebildet werden!

Lahusens Opfer.

3mmer neue Kündigungen bei Nordwolle .

Delmenhorst , 13. August.

Die Leitung der Norddeutschen Wolltämmerei und Kammgarn­spinnerei hat weiteren 300 Personen die Kündigung zugestellt. Wie verlautet, hat die Berwaltung die Absicht, die Hauptverwal­tung wieder von Bremen nach Delmenhorst zurückzu­verlegen. Ferner beabsichtigt die Direktion der Nordwolle , den Betrieb nach und nach auf eine Schicht umzustellen. In diesem Falle muß mit noch weiteren kündigungen gerechnet werden, da für den Betrieb mit einer Schicht schätzungsweise nur 1600 bis 1800 Arbeiter nötig sein werden.

Die Not der Gemeinden.

Beratung der Reichsratsausschüsse.- Brüning berichtet.

Baumwolle wird vernichtet.

Ein Drittel der Ernte soll zerstört werden.

Washington, 13. August.

Der Federal Farm Board hat den Gouverneuren der 14 baumwollerzeugenden Staaten telegraphisch anemp fohlen, den Pflanzern nahezulegen, ein Drittel der bevorstehenden Baumwollernte einfach zu vernichten. Als Gegendienst verpflichtet sich der Farm Board, seinen Ueberschuß an Baumwollvorräten ein Jahr lang zu ver­

nichten.

Der Farm Board erklärte in einem Telegramm: Wenn dieser Vorschlag voll durchgeführt wird, so be deutet er eine Verminderung der gesamten Baumwoll­vorräte um mindestens 4 Millionen Ballen und eine Ein­schränkung der Belieferung des diesjährigen Marktes um weitere drei Millionen Ballen.

Die

Aufräumungs­arbeiten bei Jüterbog

mit Spezialkränen neuester Konstruktion werden die entgleisten D- Zugwagen wieder auf das Gleis gehoben

Wirtschaftssystems hat es noch nicht gegeben: Ein Drittel der Bann­mollernte der Vereinigten Staaten soll vernichtet werden, meil die Größe der Ernte auf der einen Seite und die Absatzschwierigkeiten auf der anderen Seite die Preise so gesenkt haben, daß nur eine Massenvernichtung des Produktes sie heben kann.

Hunderttausende von amerikanischen Baumwollfarmern gehen wirtschaftlich zugrunde, weil sie zuviel" produziert haben.

Hunderttausende von Baumwollspinnern sind arbeitslos, weil es für Baumwollmaren feine Käufer gibt.

Hunderttausende und Millionen von Menschen laufen schlecht bekleidet herum, weil sie nicht genügend Geld haben, um sich Stoff und Kleider aus Baumwolle zu kaufen.

-

die Textilarbeiter

-

die

Die Massen hungern nach Baumwollwaren hungern, weil sie feine Baumwollwaren herstellen können Farmer verhungern, weil sie zuviel Baumwolle haben: das ist die Situation des vollendeten Wahnsinns, in die sich die fapitaliſtiſche Wirtschaftsordnung hineinbegeben hat.

Ein tolleres Beiſpiel für die Widerfinnigkeit des tapitaliſtiſchen Ein gemeiner Hafenkreuzmord

Auf in den

Sportpalast!

Freitag 20 Uhr

Otto Braun :

Reichsbannervorsitzender von Lagow niedergestochen.

Am Sonntag, dem Tage des Bolfsentscheids, kam es in Cagow im Kreise Zielenzig zu einem empörenden Ueberfall von Haken­freuzlern auf Reichsbannerkameraden. Die Nazi- SA- Gruppe Petersdorf, die durch ihre Schlägereien und Ausschreitungen in der ganzen Gegend bekannt ist, trieb auch am Sonntag in Cagow ihr Unwesen. Eine Gruppe in Stärke von etwa 10 bis 15 Mann begab fich gefchloffen, zum Teil in voller Uniform ausgerüstet, in das Viertel der Stadt, in dem die meisten Republikaner wohnen. Dorf fam es auch bald zu heftigen Wortwechseln mit Reichsbanner­leuten.

Die Nazis wurden tätlich und stachen dem Vorsitzenden des Reichsbanners, Arbeiter Paul Müller, in feigfter und gemeinster Weise von hinten ein Meffer in den Rüden. Müller brach zusammen. Er mußte in das Krankenhaus Meferit übergeführt werden. Sein Zustand ist sehr bedenklich, da infolge Ber­lehung des Rüdgrats eine ähmung eingetreten ist.

Ms Täter kommt ein petersdorfer SA- Ange­höriger in Frage, als Mitfäter bzw. Helfer der kaufmann Feodor

Der Volksentscheid bor Seydel jun, und ein Horft Wienſtowiti, beide

In den Bereinigten Ausschüffen des Reichsrates werden heute Otto Wels :

auf Wunsch der Länder die Regierungsmaßnahmen der letzten Wochen und besonders die finanzielle Notlage der Ge­meinden besprochen. Reichskanzler Dr. Brüning hat längere Ausführungen dazu gemacht. Die Beratung ist vertraulich

Mitglieder der braunen Mordgarde.

Wetter für Berlin und weitere Umgebung: Teils woltig, teils heiter und am Tage etwas wärmer. Für Deutschland : Im Süd­often noch

Gebt uns die Macht! Den modh etwas Regenneigung, ſonſt vorübergehende Wetterbeffe­

rung und geringe Erwärmung.