QusU Jlernmayr:
Wir leben beide in der Großstadt. Sind oon außerhalb nach hier gekommen, um Arbeit zu suchen. Ich Hab« welch« gefunden, Karl nach nicht. Ich kenn ihn gar nicht, er wohnt nur neben mir. wir beide Hausen bei der gleichen Wirtin. Unsere Zimmer münden auf einen langen, dunklen Flur. Vom Flurfenster sieht man auf einen trost. losen steinigen chof. Am Anfang, als ich noch Arbeit suchte, war der tiesgelegene 5?of für mich Ziel meines baldigen Selbstmordes. Nun. da ich keinen Hunger mehr habe und meine Wirtin nicht mehr droht, mich hinauszuwerfen, hat sich mein Sinn gewandelt. Ich seh« gor nicht mehr in den 5?of hinab. Ich dachte an meinen Nachbar nebenan, an Karl, der schon seit vierzehn Tagen nichts zu sich nimmt, außer Tee und etwas trocken Vrot, was er von unserer Wirtin bekommt. Wir grüßten uns anfangs und fanden Kontakt, so lange ich keine Arbeit hatte. Kaum hatte ich Arbeit und wollte ihm helfen, da wurde er zurückhaltend, ja fast schroff. Am W-ihnachtssciertag lief er davon und kam ausgefroren erst am Neujahrstag wieder zurück. Seine Schuhe waren noch zerrissener, sein Anzug noch durch- sichtiger und speckiger. Nur wer selbst in stillen Nächten sein einziges Oberhemd einmal schnell auswusch und am Fensterrahmen trocknete, der weiß, wie Karls Wäsche aussieht, die er schon zwei Monate lang so behandelt. Was die„Wohlfahrt" tut, bekommt die Wirtin und der Rest reicht noch zu Zigaretten, das Stück für zwei Pfennig. Er schreibt fieberhaft Manuskripte. In seiner naiven Art meint Karl, daß die Filmgesellschaften auf seine Werke warten. Seine Ideen sind gut, doch meist zu traurig. Hunger und Kälte sind keine Anreger zu prächtigen, fröhlichen Erzählungen. Die Filmwelt will aber nur solche sehen. Jeden Tag, in oller Frühe, schleicht er durch die Straßen zum Arbeitsnachweis, zu Bekannten, und jeden Abend schleicht er zurück, mit Absagen und leeren Versprechungen. Immer eisiger wird sein Zimmer, der kalte Zigarettenrauch un» erträglich. Karl wird mürrisch und weist auch meine Hilse zurück. Gestern ober schrie er laut durch den muffig riechenden Korridor „Frau Wiesner. vergessen Sie mich nicht morgen um sieben Uhr zu wecken! Ich habe Arbeit!"' Das Wort Arbeit schallt durch den Korridor in sämtliche Neben- gemache, auch ich höre es, ich höre auch die ganze Nacht hindurch Schritte in dem Nebenzimmer. Ist er krank, denk ich mir? Ich will zu ihm, doch seine Tür ist
verschlosien. Nu» erfahre ich eine Speisekarte, erfunden von einem Gehirn, das sein Magen bezwang. Erst rechnet er. „Für Deutsch und Französisch bekomm« ich als Komparse M Mark an einem Tage, für zwei Tage zweimal 30, das sind 60 Mark. Ich werde kaufen Wurst, Fleisch, Speck— Strümpfe werde ich wohl auch brauchen, aber nein, Schuhe und Strümpfe brauche ich jetzt noch nicht.— Aber essen werde ich. ssien.. Irgendwo schlägt eine Turmuhr die elfte Nachtstunde. Karl geht auf und ab und ruft„es ist erst 11 Uhr". Er zählt „12, 1, 2, 3, also zirka 12 Stunden, 15 Stunden, in 18 Stunden habe ich das Geld in der Hand' Dann kann ich mich richtig satt essen! Richtig satt esien!" „Warum ist die Nacht heute so unendlich lang?" „Warum kann ich nicht schon arbeiten?"„Ich will doch arbeiten, viel arbeiten! Nur mich einmal wieder sattessen, so richtig satt- essen!" ..Sottessen" war das letzte Wort, dos ich hörte, dann hörte ich nur einen Plumps, als ob sich jemand schnell niedersetzte. In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Es war mir, als säße mein Nachbar Karl an meinen Füßen und reiße mir das Fleisch herunter, um e» zu verzehren. Naß war es am nächsten Morgen, von den Dächern tropfte es. Frau Wiesner und ich standen im Dustern auf dem Korridor und klopften zugleich an die Tür meines Nachbars. Er öffnete nicht und antwortete nicht. Ein kräftiger Tritt und wir standen im Zimmer. Am Boden mein Nachbar. Er knabbert an einer Handbürste, am ganzen Körper zitternd und fiebernd. Kein Wort kam heraus. Neben ihm lag ein Schreibhekt auf dem Boden, eine Seite auf- geschlagen. In großen Zügen stand: Morgen habe ich Arbeit, morgen taufe ich mir Wurst, 2 Brote, Speck und Fett, Eier, Milch usw. Unten stand: Ich freue mich, daß ich Arbeit habe, denn ich leide furchtbar, ich habe Hunger! Die Rettungsmannschaft brachte Karl auf die psychiatrische Ab- teilung nach der Charit« und der Aufnahmeleiter eines großen Filmkonzerns strich den Namen Karl...„wegen Unzuverläfsigkeit" für immer aus. „Der Mann wird bei uns nie beschäftigt, weil er heute nicht gekommen ist." In eine Zwangsjacke gesteckt, phantasiert Karl fortwährend davon, daß er„morgen Arbeit hat". Mir gefällt es in dieser Wohnung nicht mehr. Es schnürt mir so eigenartig die Kehle zu, wenn ich den dunklen Korridor entlang- gehe und im Nebenzimmer Schritte höre, wieder eines Menschen, der auf den Moment wartet, rufen zu können:„Frau Wiesner, ich habe morgen Arbeit."
•mm xey: Wie figeii enlUehen
Es ist«in Irrtum, anzunehmen, daß es»ur politisch« Schlag- warte gäbe, auch die Wissenschaft kennt welch«. Ein», das der alt« Darwin selbst geprägt hat, spricht von der Lückenhaftigkeit der paläontologischen Ueberlieferung". Man hat dies Wort seitdem oft gebraucht und noch Meinung mancher auch mißbraucht. Wenn man sich die Sache aber einmal richtig überlegt, dann ist es eigentlich ein Wunder, daß wir überhaupt Versteinerungen hoben. Jeder Naturfreund kennt ja das Schauspiel: Ein Tier ist ge- starben und meist schon nach wenigen Stunden ist die Leiche o«» schwunden. Aasfresscr aller Größen, vom Aasgeier der Tropen herab bis zum Totengräberkäfer, haben ihr Werk gründlich ver- richtet. Was sie übrig lassen, fällt den Fäulnisbakterien und der Verwitterung anheim. Im Gebirge kommt, besonders an Mld- dächen, noch die rein mechanische Zertrümmerung hinzu, die Tier- leiche wird vom Wasser gegen Felsen geschlagen und mit Steinen gestoßen, bis sie einigermaßen zur Ruhe kommt und dann den wasserbewohnenden Aasfresiern(in der Hauptsache Krebsen) zum Opfer fällt. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisi« ja auch im Meere, wo die Zahl der auch noch totem Fleisch hungrigen Mäuler noch be- deutend größer ist. Ueberlegt man sich das und versucht danach einige Fälle zu kon> struieren, in denen doch die Leiche des Tieres erhalten bleibt, und zwar so, daß sie die Iahrmillionen der geologischen Zeitalter über» dauert, so ist man im ersten Augenblick einfach ratlos und muß sich bei den trotz alledem(und recht reichlich) erhaltenen Fossilien erkun- digen, wie denn die Natur das eigentlich fertiggebracht hat. Da sieht man denn, die erste Bedingung für die Möglichkeit einer Fossilwerdung ist möglichst schneller und vollständiger Lustabschluß des Kadavers. Jenes Mammut zum Beispiel, das man blutigfrisch zu Anfang dieses Jahrhunderts von der Veresowka holte, war zu seinen Lebzeiten in einen Gletscher eingebrochen und durch die Kälte und die Kanservierungsfähigkcit des Eises erhalten geblieben. Es ist klar, daß ein solcher Fall sich nur be! Fossilien au» der letzten Einszeit finden kann, und auch da nur in Gegenden, wo die Eis- zeitgletschcr niemals vollständig abgetaut sind, denn sonst wären die Tierrefte nach dem Abtauen der Gletscher von genau demselben Schicksal getroffen worden, wie frische. Ein anderes Beispiel ähn- licher Art findet sich in Amerika . Ich meine die berühmten Fossilien der„Taar-pools". Hier hat nicht Eis konserviert, sondern eine asphaltähnliche Mass«: daneben gibt es auch noch Tiermumien an anderen Stellen, die in Erdwachs gebettet sind, wie Fliegen und Mücken in den samlöndischen Bernstein . Auch hier hoben wir über- all dos gleiche Bild: ocr flüssige Asphalt, Erdwachs oder Baum- harz umfließt die noch lebenden Tiere luftdicht, so daß weder aas- fressende Tiere, noch Fäulnisbazillen dem Kadaver zu Leibe gehen können. Etwas anders liegt der Fall bei Fossilien, die ihren Ursprung in vulkanischen Katastrophen heben. Gewiß bildet auch hier der meist mit Regen vermischte Aschenstaub der Vulkanasche bald einen luftdichten Abschluß— was jedoch erhalten bleibt, ist sebr oft nicht der Körper des eingeschlossenen Lebewesens, sondern ein« spätere Ausfüllung der von dem Körper im ursprünglichen plastischen Ma- terial geschaffenen Form. Man spricht in diesem Falle von Aus- güssen, wie sie besonders bei Muschel- und Schneckengchäusen sehr häufig sind. Damit verwandt sind die ebenfalls häufigen Abgüsse. Natürlich werden auf solche Weise nicht nur die Tiere selbst. sondern auch ihre Spuren erholten. Di« meisten Fährten au, der Urwelt— und man kennt deren nicht wenige— denkt man sich so entstanden, daß das Tier in Schlamm seine gußtapsen eindrückte, daß dieser Schlamm dann bald unter den glühenden Strahlen der urweltlichen Mittagssonne trocknet« und die Spuren von Flugsand zugedeckt wurden. Wo-, man findet, sind dann abwechselnd die Spuren im steingewordenen Schlamm selbst oder die verhärteten Spurenausgüsie des darüber gewehten Flugsandes. Dies Motiv eröffnet wieder neue Ausblicke. Man kennt aus Wüteldeutjchland eine Steinplatte von kaum einem Quadratmeter
Größe mtt den Resten von mehreren Dutzend winzigen Urwelt- krotodilen, die in solchem Flugsand eines wohl heftigen Wirbel» stürme» erstickt sind. Di« andere Möglichkeit ist, daß der Schlamm selbst nachgab und e» dem Saurier so ging wie dem Beresowka- mammut: das Tier brach ein und geriet so direkt unter lustdichten Konservenbüchsenverschluß, damit die Nochwelt ihr« Forschungs- gegenständ« bekommt. Durch solchen tückischen Triebsandstreifen sind uns beispielsweise die oielbesagten 23 Igoanodont» von Bernissort in Belgien überliefert worden, deren Fußspuren man schon lange vorher gefunden hatte. Wie fein die Konseroierungsfähigkeit von Schlammstreifen für Fahrten sein kann, sieht man an den berühmten Schiefern von Solnhofen . Di« Solnhofcner Schiefer haben uns nicht nur die Krabbelspuren von Krebsen und Würmern erhalten, sondern auch noch viel feinere Fährtengebilde ganz sonderbarer Art, von denen Professor Abel vermutet, daß es sich hier um den„versteinerten Blütenregen" irgendeines Urweltbamnes handelt. Trotzdem manche Fossilien aber etwas rätselhaft sind, man hätte doch gern noch eine ganze Menge davon, da man mit ihrer Hilf« vielleicht andere Rätsel lösen könnte, die uns am Herzen liegen— aber die paläontologisch« Ueberlieferung ist eben lücken- hast--.
tUkol&s Aranyofi;
3)er„�iefllnpler" Es sei hier die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der sich eines Tages bei einem Dorfschuster der ungarischen Tiefebene ein- fand, um beb ihm Beschäftigung zu suchen. Er war etwa um die Dreißig her», und erweckte in dem Dorfschustcr wegen seiner städtischen, in den Augen der Landbevölkerung im Werte ohnehin nicht sehr hochstehenden Kleidung Mißtrauen. Doch die aufrichtige Miene, mit der der junge Mann erzählte, daß er die Stadt verlassen habe, weil sie ihm keine Lebensmöglichkeit bot, und daß sein sehn- lichster Wunsch wäre, das Schusterhandwcrk zu erlernen, stimmte den Bauernschuster allmählich um. In seiner primitiven Schlauheit faßte er gleich den Plan, sein« etwas ältliche Tochter mit dem gut- gekleideten, jungen Mann später mal zu verehelichen und mit diesem Hintergedanken erklärte er sich bereit, ihn in diesem ungewöhnlichen Alter mit freier Kost und freiem Quartier in die Lehre zu nehmen. Monate vergingen, der neue Lehrling zeigte eine außer- gewöhnliche Auffassungsgabe für das neue Handwerk und arbeitete zur vollsten Zufriedenheit des Meisters, bis eines Tages die Meistcrstochter erkrankte. Nun zeigte sich plötzlich der Lehrling von einer neuen Seit«. Denn als sich die alten Weiber des Dorfes mit Wunderkräutcrn an das Mädchen heranmachen wollten, erklärte der junge Mann dem Meister, daß er ein wunderbares Mittel hätte, mit dem er fein« Tochter heilen könnte. Und in der Tat, kaum vergingen ein paar Tage, und dos Mädchen war durch die Behandlung des Lehrling wiederhergestellt. Wie«in Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von der wundersamen Heilung im Dorse, und die wacklige Hütte des Dorfschusters wurde allmählich zu einem Wallfahrtsorte. Erst von der Nachbarschaft, bann vom ganzen Dorfe und alsbald von der weiten Umgebung pilgerten die Kranken zu dem jungen Heilkundigen, und für jeden hatte der junge Mann ein Mittel zu seiner Heilung. Er gab Salben und Pillen, ordnet« Naturhellmittel an, und al« das Cejchäst zu blühen anfing, verzichtete er ganz und gar aus die Schuhmacherzunft und mochte sich alz Naturorzt selb- ständig. Als aber die Gefundbeitsbehörden der Kreishauptstodt von der großoufgelegten Kurpfuscherpraxi» im Dorfe erfuhren— in Ungarn ist die freie Ausübung der Heilkunfi verboten—, da sandten sie ein Aufgebot von Gendarmen aus, um den jungen Raturheil- kundigen zu verhaften. Ohne Widerstreben ließ er sich abführen, in Begleitung der Gendarmen erschien er bei der Polizeihauptmann> jchast der Stadl, aber hier überreicht« er zum größten Erstaunen aller«twesendell PLUzeizewalllgea ihnea——[ein ArMplom.
| ffr war Arzt in einer großen Stadt, doch die Ausübung diese» Berufes hatte ihn nicht einmal ernähren können. Dieser Umstand machte ihn zum—.Iüefstapler"(dem Gegenteil des Hochstapler»), indem er an seiner Berufsleiter einige Stufen abwärts stieg und als Wunderdoktor auftrat. Und dieser Abstieg hat ihm nicht im ge- nngsten geschadet, im Gegenteil, nicht nur, daß ihm dieser neue Berus ein gute» Auskommen sicherte, er mochte ihn sogar zu einem wohlhabenden Mann. Dielleicht werden nicht olle Tiefstapler von solchem Erfolg g«' krönt wie unser Wunderdoktor. Trotzdem übersteigt heut« die Zahl der Tiefstapler tausend-, ja, Hunderttausendsach die der Hochstapler. Wir sind ja umgeben von Ingenieuren, die als kleine Elektro- Monteure arbeiten, von einst großen Hoffnungen der Musikwelt, die in Bars und Kaffeehäusern zum Tanz aufspielen, von Architekten und Kunstmalern, die als Tapezierer und Dekorateur« tätig sind, von Diplomkaufieuten, die als Platzverireter fungteren. von Schriftstellern, die ins Reklamefach übergetreten sind, von Schauspielern, die in Tonfilmen als Doubl« auftreten, von mehrfachen Luxusauto- besitzern, die ihren letzten Wagen als Autodroschte chauffieren, von einst berühmten Sportsleuten, die heute Sportschulen betreiben, von früheren Salonlöwen, die Eintänzer geworden sind, von«instigen Konfektionären, die sich auf den Altkleiderhandel geworfen haben, von Opernsängern, die als Stimmungssänger auftreten und von Aberhunderitaujenden von Menschen, die dem aufreibenden Kon- kurrenzkompf, den die Ueberproduktion in fast allen Berufen her- vorgerufen hat, nickt standhalten tonnten und. einem ungünstigen Ausgang ausweichend, sich kurzerhand zu etwas Praktischerem und Mehrversprechenderem entschlossen. Die Hochstopelei ist aus der Mode gekommen. In diesem Beruf ist nicht mehr viel zu verdienen. Es fehlt auch an dem Talent, dos dieser mit allen Salben geschmierten, mit allen Hunden gehetzten Welt gewachsen wäre. Auch die Zeiten sind vorbei, wo man mit einer guten Idee, mit einem Typ in di« Höh« klettern konnte. Das Feld der raschen Karrieren ist dem Feld Ver mühseligen Arbeit ge- wichen und einer ihrer Vertreter ist der Tiefstapler, der sich im Schweiße seines Angesichts emporzuarbeiten versucht. * Ich weiß, ihr wollt auch Namen hören, Namen„berühmter Tiefstapler". Nun: Voronoff, noch vor kurzem als Berjünger der Menschheit genannt, zieht sich infolge der allgemeinen Teilnahms- losigkeit seiner Verjüngungspraxis gegenüber in den Alltag zurück und will nur noch als einfacher Arzt tätig sein: Hermann Jadlowker , Kammersänger und Meteor des Opernhimmels, landete nach allem Ruhm in der Synagoge in Riga als Kantor: Brettensträter, der einstige Anwärter auf die Weltboxmeisterschaft, betreibt«ine Box- schule, Charles Willi Kayser, früher ein Filmstar von Format, will sich heute nur noch als Kinobesitzer behaupten, Wando Treumann ist Pensionsinhaberin, der ehemalige Sechstagefahrer Waller Rull Gastwirt und noch viele, viele einstige Größen, die in der Erinnerung des Publikums als bekannte Schauspieler, Filmstore, Varietetanonen, Politiker leben, haben im Laufe der Zell den Ruhm gegen eine hoffnungsreichere Existenz eingetauscht, oft sogar, ohne daß die neue Existenz mit der ruhmvolleren früheren etwas zu tun hätte.
3)ie Zrürticklung des Telephons Das Telephon ist uns so sehr zu einem Hitfswjttel im täglichen Leben geworden, daß man sich«in« Zell ohne Telephon heute kaum nach vorstellen kann. Ein Geschäftsbetrieb ohne Telephon ist einfach undenkbar. Er wäre überhaupt nicht konkurrenzunfähig. Aber die Zeit, in der es ohne Telephon gehen mußte, liegt noch gar nicht allzu weit zurück, und sehr viel« von uns können sich dieser Zeit noch erinnern. Wenig mehr als 30 Jahre liegen di« ersten An. sänge des Telephons in Deutschland zurück. Deutschland war das erste Land, das Ende des Jahres 1877 die ersten Versuche mit dem von dem Amerikaner Grohem Bell konstruierten Telephon unter- nahm. Vor ihm im Jahre 1861 hat aber auch schon ein Deutscher, der Lehrer Philipp Reis in Friedrichsdorf bei Hamburg ,«inen Tele- phonapparat konstruiert, womit, wenngleich unvollkommen, Wort« in die Ferne übermittelt werden konnten. Im Laufe dieser 50 Jahre hat das Telephon, haben auch die Telephonanlagen mancherlei Wandlungen durchgemacht. Zuerst baute man große Apparate, di« 17 Pfund schwer waren. Alle Zu- behärtelle waren ebenso unförmig. Der moderne Telephonapparat wiegt kaum noch den vierten Teil davon. Von den früher üblichen Wandapparaten ist man fast völlig zu den bequemeren Tischappa- raten übergegangen. Di« Telephonleitungen, die ein immer dichteres Netz über die Dächer der Städte spannten, werden jetzt ausnahmslos als unterirdisches Kabel angelegt. Der Beruf der Telephonistin, der Tausende von Frauen ernährte, beginnt mehr und mehr aus- zusterben, weil alle modernen Telephonämter für automatischen Selbstanschluß der Teilnehmer eingerichtet werden und dadurch die Arbeit der Beamtinnen überflüssig machen. So langsam das Telephon sich anfänglich durchsetzte, so un- geheuer ist die Zahl der Anschlüsse in der letzten Zeit angewachsen. Berlin besaß vier Jahre nach dem ersten Tclephongespräch, das im Jahre 1877 geführt worden ist, also 1881, erst 48 Anschlüsse. Einer der eifrigsten Vorkämpfer des Telephons war Emil Rathenau , der Vater Walter Rathenaus.— Heute haben wir in Deutschland nahezu 3 Millionen Telephonanschlüsse, wovon ollein auf Berlin fast eine halbe Million entfallen._ 3)as größte 9taUennefl der TCeli In New York ist kürzlich Herr Billig, ein Deutscher, ein- getrofsen, der sich verpflichtet hat, die Riker-Insel von der Ratten- pest zu befreien. Billig hat den Kampf mit einem Giftstoff eröffnet, dessen Anisgeschmack das Gelüst der Nager so erregt, daß sie ihn mit Gier verzehren. Das Gift regt ein unstillbares Durstgefühl aus, das die Tiere mit Wasser zu stillen versuchen. Dies führt ihren Tod herbei, denn durch die Mischung des Giftstoffes mit dem Wasser entwickelt sich ein tödliches Gas. Die Riker-Insel ist die große Müll- ablagerungssiätte von New York und liegt am Zusammenfluß des Long Island -Sund mit dem East-River. Sie ist bemerkenswert durch zwei Dinge: die groß« Zahl der Ratten, die sie bevölkern, und das Feuer, das seit zwanzig Iahren ununterbrochen brennt, um die Müllabfälle zu vernichten, die täglich von durchschnittlich zehn Dampfern abgeladen werden. Jede Ladung bringt aber mindestens zwei Ratten mit auf die Insel, welche die kopfreiche Rogerkolonie noch weiter vermehren. Das Gesundheitsamt der Hudsonmetropole hat auf Grund seiner Untersuchungen über di« Fruchtbarkeit der Nager berechnet, daß ein einziges Rattenpaar in fünf Iahren ein-- Nachkommenschaft von genau 940 363 936 152 Tieren hat. voraus gefetzt natürlich, daß jede Ratte fähig ist, die Art zu erhallen. Die Rottenkolonie der Riker-Insel vereinigt rund 5 Millionen der ge- jährlichen Nager und ist die größte der Welt. Einige Tiere sind so kröstig. daß sie c» wagen dürfen, Hunde und Menschen anzufallen Bisher haben sich alle Mittel, welche die Stadt New York zur Der nichtung ihrer Feinde anwendet«, als fruchtlos erwiesen- auch die Giftgas« haben nichts geholfen. Man knüpft indesien an das von Billig gemachte Experiment die Erwartung, daß„ endlich gelingen wird, der Plage Her? zu werden.