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Nr. 381 48. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 16. August 1931

Letinech

Das Hotel Whelosen

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Wenn man die Geschichte der Zünfte und Innungen früherer Zeiten nachliest, dann hört und liest man stets, daß es als das beste Mittel zur Vollendung des Wissens galt, zu wandern. Mit dem Felleisen auf dem Rücken, Geld in der Börse und einem munteren Lied in der Kehle. Der frohe Wandersmann war überall gerne gesehen und wenn er Arbeit fand, dann nahm er sie und blieb einige Zeit an dem Ort. Auf der anderen Seite gab es aber noch andere Wanderer, das waren die Tippelbrüder, die wir als Wandervögel ,, Kunden" nannten und uns gerne mit ihnen unterhielten. Sie waren uns Jungen der Inbegriff der Männlichkeit, Freiheit, Unge­bundenheit, wenn auch die Bauern auf die Lotterhelden schimpften, die nur betteln konnten und nicht zu arbeiten verstanden.

Das alles war einmal. Für viele längst verklungene Zeiten. Wie es heute ist, erfährt man im Heim der Stadt Berlin , das an der Peripherie liegt, da wo Rummelsburgs Schorn­steine rauchen. Nach einem Gesetz früherer Jahre ist jede Gemeinde verpflichtet, den man­dernden Gesellen Unterkunft zu bieten, und das für Berlin bestimmte Heim befindet sich neben dem Altersheim und dem Arbeitshaus in Lichtenberg.

3m Wandererarbeitsheim.

Die von Blankenstein ähnlich dem Berliner Rathaus erbauten roten Gebäude sehen von außen etwas falt und nüchtern aus. Mit dem Amtmann der Anstalt darf ich einen der üblichen Inspektionsgänge machen, der uns in jeden Saal, in jede Kammer un in jeden Arbeitsraum führt. Beim Verlassen des Verwaltungs­hauses erhalte ich die ersten Informationen. Das riesige Gebäude wurde von der Stadt als Altersheim, Waisenhaus und Arbeitshaus verwendet. Erst im Jahre 1924 wurde das Wandererarbeitsheim ein­gerichtet, das etwa 200 Perfonen Raum bietet. Meist kommen nur Männer, da Frauen selten auf der Wanderschaft sind. Die Männer hier werden vom Gesichtspunkt der Beamten in zwei Klassen geteilt, und zwar in die wirklichen Wanderburschen und in die Kunden.( Hier versteht man unter Kunden einen alten, vielfach auch arbeitsscheuen Dauerwanderer.) Nachdem wir einen Hof überschritten haben, gelangen wir in die Bäckerei, die

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feine Arbeit und ist jetzt froh, hier untergekommen zu sein. Auf die Frage, was er denn später machen woll, zuckt er die Achseln, und dasselbe wird der Fürsorgebeamte machen, der ihm eine Stellung besorgen soll. Hier in der Bäckerei arbeiten 19 Wanderarbeiter, die meist jahrelang auf der Landstraße liegen und nur zu gewissen Beiten in Heime gehen. Oben sind die großzen, luftigen Eßräume und Baderäume.

Dreißig Jahre auf der Landstraße.

Die Menschen, die vielleicht seit dreißig und mehr Jahren immer auf der Landstraße gelebt haben, sind Einzelgänger geworden, die sich einer Gemeinschaft nur schwer einordnen können. Mit sehr viel Liebe und Geduld muß man sie an die menschlichen Sitten wieder gewöhnen und immer wieder mit ihnen von vorne beginnen. In einem anderen Raum steht ein alter Mann, der uns freundlich grüßt. Na, Papa Endel, wie gehts!" Der alte Mam freut sich, daß man mit ihm spricht. Er ist mit der älteste Insasse. Dreißig Jahre wanderte er. Kreuz und quer durch Deutschland , dann ging es nach Desterreich und von dort nach Dänemark . Heute weiß er viel zu erzählen, und die Jungen sigen am Abend um ihn herum und lassen sich berichten. Mehr herumgekommen ist nur ein Insasse, der vor dem Kriege Gewürzhändler war und in fast allen Ländern der Erde einkaufte. Später wurde er aus der Bahn geworfen und landete schließlich als Tippelbruder hier, bis ihn eines Tages wieder die Wanderlust packt, um ihn hinaus auf die Land­straße zu treiben.

Im Nebenhaus befinden sich die anderen Werkstätten. Schuster, Schneider , Tischler, Korbflechter, Mützenmacher, Buch­binder, Klempner und Schlosser. Ueberall sitzen die Genossen der Straße und nähen, schneiden, klopfen, hämmern und sägen mit einem Eifer, der fast erstaunt. Lächelnd meint der Vorsteher, daß gerade diesen Menschen viel Unrecht geschehe, denn sie wären gerade das Gegenteil von Tagedieben oder Nichtstuern. Sie wären flei­Big, arbeitsam und friedlich und meist sehr freundlich, so daß es fast eine Lust sei, mit ihnen zu schaffen. Und eine Lust ist es auch zu sehen, wie diese Menschen hier leben. Man hört so oft vom häßlichen Ton in Gefängnissen und anderen Anstalten. Mag es nun hier der Fall sein, daß die Fenster weit offen stehen, daß der Blick auf riesengroße Gärten fällt, daß die Sonne in den Raum scheint oder mag es daher kommen, daß eine humane und gerechte

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Eingang zum Heim. Leitung hier waltet furz es gibt verhältnismäßig wenig Reibe­reien und sogar alte Kunden schreiben noch Postkarten an die Ver­waltungsbeamten und senden ihnen Grüße von irgendwo Europa . Wie gesagt, die Insassen leben wie in einem Hotel. 8 Stun den müssen sie arbeiten und in der Mittagszeit haben sie eine längere Spanne Zeit, um im Garten zu sitzen oder Sport zu treiben. Die Schlafsäle zwingen sie nicht in Massen zu schlafen. Jeder erhält zwei Hemden pro Woche, zweimal frische Bettwäsche. Das Essen ist reichlich, kräftig und wohlschmeckend. Radio, Spiele, Lektüre stehen den Männern zur Verfügung. Ihre Wäsche und Anzüge bekommen fie außerdem noch im Hause gewaschen, repariert und gebügelt und als Arbeitsentschädigung erhalten sie 18 Mark pro Woche.

Wenn auch früher diese Heime als vorübergehender Aufenthalt gedacht waren, so haben sich die Zeiten so grundlegend geändert, daß es als Härte empfunden werden müßte, wollte man die Bewohner einfach auf die Straße sezen.

Das Haus der Alten.

Wir wandern weiter, tommen in den prächtig angelegten Garten. Hier sizen in der Mittagssonne die alten Männer auf den Bänken. 70- und 80jährige Greise. Ueberhaupt geht hier eines ins andere über. Eine Trennung besteht nicht. Die alten Männer, die mit 65 Jahren ihr Gnadenbrot erhalten, arbeiten noch vielfach mit, um sich ein Taschengeld zu verdienen oder um nicht als Faulenzer auf der Bärenhaut zu liegen. Einige Männer haben auch noch eine Familie in Berlin , die sie von Samstag bis Montag früh besuchen dürfen. Da das Heim offen ist die Insassen sind alle freiwillig hier darf sich jeder frei bewegen. Und diese Frei heit drückt sich auch überall aus. Keine mürrischen Gesichter. Die alten und die jungen Tippelbrüder wissen es, daß sich die Zeiten geändert haben. Es ist keine Lust mehr, ohne Arbeit zu wandern, denn die Gemeinden stellen zunächst ihre arbeitslosen Einwohner ein und dann nehmen sie Ortsfremde. Also warum auch wandern, men: man im Hotel hier besser, schöner und gesünder wohnen und leben tann, als in einem muffigen Zimmer einer Mietfaserne.

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Viele sind hier sehr sparsam und sparen bei der Nebenstelle der städtischen Sparkasse im Hause. Insassen aus den Jahren 1924 und 1925, die fleißig und nüchtern waren, haben bis zu 500 Mark zurück­gelegt, die sie aus Angst in den letzten Tagen abhoben und nun in selbstverfertigten Lederbeuteln auf der Brust tragen.

Aussichtshügel im Garten des Heims.

ganz modern eingerichtet ist und mit einer täglichen Leistung von 5000 Brofen und 18 000 Brötchen die drei anliegenden Heime und noch andere Anstalten der Stadt Berlin versorgt. An der Maschine ſteht ein blonder junger Mann, der die Backware prüft. Der In spettor ruft ihn und stellt ihn uns vor. Jochum" heißt er und ist seit einigen Tagen hier. Geboren ist er in Kaiserslautern , und von dort ist er über Wiesbaden , Köln , Hannover , Bremen , Hamburg nash Berlin gewandert. Täglich 50 Kilometer und nie fand er Arbeit. Der junge Mann ist gelernter Bäcker. Sein Vater ist Beamter und muß fünf Kinder ernähren. Nun soll der Einund­zwanzigjährige selbst verdienen und sollte wandern. Unterwegs wird sich schon Arbeit finden, und wer sucht, findet auch!" So ähn lich mag der Papa gesprochen haben, aber soviel der junge Mann auch suchte, er fand auf seinem fast tausend Kilometer langen Weg

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Deutschlandflug unterbrochen

Neutralisation wegen schlechten Wetters

Stuttgart , 15. Auguft.

Jn Stuttgart- Böblingen wurde um 13.20 Uhr das Deutschlandflugrennen wegen außerordentlich schlechten Wetters in Süddeutschland , besonders auf der Strecke Duisburg­Böblingen neutralisiert.

Als erste Teilnehmer trafen auf dem bei Stuttgart gelegenen Flugplaz Böblingen wieder die bisherigen Spizenflieger Poß um 12.36 Uhr und Dinort um 12.59 Uhr ein. Beide waren von dem letzten Teil des Fluges so erschöpft, daß sie sich sofort einige Zeit hinlegen mußten. Die nachfolgenden Flieger, für die bis zu ihrer Ankunft in Böblingen die Neutralisierung natürlich keinen Einfluß hat, werden ebenfalls mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu fämpfen haben, und es ist zu erwarten, daß besonders von den

jungen Fliegern ein größerer Teil nicht ohne weiteres über die Strecke kommt. Die Neutralisation an sich bedeutet, daß der Zwangs­aufenthalt in Stuttgart - Böblingen , der ausschreibungsgemäß eine Stunde betragen würde, soweit verlängert werden kann, bis Luft­polizei und Meteorologen das Wetter für den Weiterstart für günstig bzw. zulässig halten. Der allgemeine Stand des Rennens ist durch die aufgetretenen Wetterverhältnisse wieder recht offen ge­worden.

Der Flieger Croneiß, der bisher recht gut aus seinem in der technischen Prüfung erlittenen schlechten Stand aufholen konnte und vom 12. auf den 7. Platz vorgerückt war, hatte in Duisburg Pech. Er mußte nach dem Start noch einmal umkehren, da sein Motor nicht in Ordnung schien, und verlor dabei bis zum zweiten Start 34 Minuten.

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